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Kulturgut

https://infobib.de/blog/2009/03/16/eichstatter-buchvernichtung-nur-vor-schoffengericht/

Aus der Augsburger Allgemeinen https://tinyurl.com/c3vvuv

Vor zwei Jahren geriet der Stein ins Rollen, als zunächst vergeblich eine alte Schallplattensammlung gesucht wurde, die der Uni als Schenkung überlassen worden war. Dann tauchten uralte Bücher auf Flohmärkten und in Antiquaren auf. Des Rätsels Lösung: Angelika Reich, die Chefin der Bibliothek an der Katholischen Universität in der Bischofsstadt hatte geschätzt etwa 80 Tonnen Bücher und Schriften in den Container werfen lassen. Die Stücke stammten aus dem Bestand der bayerischen Kapuziner, die der Uni anvertraut worden waren.

Für 45 Euro am Flohmarkt gekauft und 5000 Euro erzielt

Darunter könnten Werke von erheblichem Wert gewesen sein. Ein Antiquar entdeckte auf einem Flohmarkt mehrere sehr gut erhaltene Bände über Gartenkulturen, für die er 45 Euro zahlte. Wenig später verkaufte er „Deutschlands Obstsorten aus dem Jahr 1905 bis 1934“ für stolze 5000 Euro.

Dagegen leistete die ehemalige Spitze der Uni Eichstätt mit dem damaligen Kanzler Gottfried Freiherr von der Heydte und dem früheren Präsidenten Ruprecht Wimmer der Bibliothekarin Schützenhilfe. Die habe von ihrem Vorgänger tatsächlich sehr viel vergammeltes und verschimmeltes Material aus den Beständen der Kapuziner übernommen.

Es seien sicher nicht strengste Maßstäbe bei Durchsicht und Aussonderung angewendet worden. Im Endeffekt sei der Schaden aber hinnehmbar, hieß es bei einer Pressekonferenz zu dem spektakulären Fall vor Jahresfrist. Eine ähnlich lautende Einschätzung kam später von der Staatsbibliothek. Kritiker sprechen von einem Gefälligkeitsgutachten, das weiteren Schaden von der Uni anwenden sollte.

Ähnlich bewertet die Sachlage jetzt aber auch das Landgericht Ingolstadt. Die Staatsanwaltschaft klagte zuletzt noch die Veruntreuung von 14 Büchern an, das Landgericht reduzierte die Zahl auf zwei. Konkret geht es um ein „Handbüchlein für Kranke, und alle, die um sie herumseyn müssen“ und das „Leben der Heiligen“ von Sirius. Beide Bücher sind aus dem Jahr 1790, also aus der Zeit vor der Säkularisation und deshalb im Besitz des Freistaats.
Das Landgericht schätzt deren Wert aber nicht besonders hoch ein und hat den gesamten Fall deshalb nun an das Schöffengericht Ingolstadt verwiesen. Die Staatsanwaltschaft wird dagegen keine Beschwere einlegen: „Wir wollen da jetzt mal ein Urteil. Das geht ja schon fast zwei Jahre“, so Leitender Oberstaatsanwalt Dr. Helmut Walter zur Neuburger Rundschau. Wann die „Büchvernichtung von Eichstätt“ verhandelt wird, ist offen.


Siehe hier:

https://archiv.twoday.net/search?q=eichstätt

https://weblog.ib.hu-berlin.de/?p=6698

Friedrich Meyers Vorstellung von Teilhabe ist also nicht unbedingt diesselbe, die Bibliotheken pflegen (sollten). Wenn man wie er, warum auch immer, derart auf Konfrontationskurs geht, sollte man vielleicht mit etwas weniger feuchtem Pulver laden. Sonst wird’s nicht mal ein Börsenblattschuß.

Die Causa Karlsruhe geriet in den letzten Tagen verständlicherweise etwas aus unserem Blickfeld, aber die BLB berichtet wie gehabt:

https://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/besondere-bestaende/verkauf.php

Auszug:

Zu den Kunstgütern, die nach dem Gutachten der Expertenkommission bislang unstreitig Eigentum des Hauses Baden sind und vom Land erworben werden sollen, gehören vier Skulpturen aus der Kunsthalle Karlsruhe, sowie Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek. Darunter zwei Tulpenbücher, das Werk "Speculum Humanae Salvationis" sowie der Teilnachlass Hebel. Hinzu kommen weitere Tulpenbücher aus dem Generallandesarchiv, der künstlerische Nachlass von Joseph Kopf im Badischen Landesmuseum sowie die Wessenberg'sche Gemäldesammlung in Konstanz. Nicht verkaufen wollte das Haus Baden das im Generallandesarchiv lagernde Klosterarchiv Salem.

Siehe dazu auch

https://www.suedkurier.de/region/bodenseekreis-oberschwaben/salem/art372491,3663002

Monatelang durchliefen Scharen von Architekten und Kunsthistorikern die frostkalten Gemäuer. Jedes Bild, jeder Wandbehang, jeder Leuchter wurde inventarisiert, geschätzt und auf Besitz und Eigentum geprüft, was ein kleiner, aber erheblicher Unterschied im Streit um die badischen Kulturgüter ist. Anders als das Haus Württemberg, beließ es das Haus Baden seit Beginn des 20. Jahrhunderts bei einem rechtlich diffusen Zustand (siehe Text rechts). In den Museen und Bibliotheken des Landes hingen und standen Kunst- und Kulturgüter, die, wie die so genannten Tulpenbücher oder die Wessenberg'sche Gemäldesammlung in Konstanz, eindeutig dem Haus Baden gehörten.

Im Zuge der Verhandlungen kam, gestützt auf vorhandene Expertisen, mehr Licht ins Dunkel. Experten von der Kulturstiftung der Länder rieten, badische Kulturgüter für 17 Millionen Euro zu kaufen. Dabei nahm man längst nicht alles. Mal wollte das Haus Baden sein Klosterarchiv, den alten Thronsessel oder die Abtskrümme nicht veräußern, mal lehnte das Land wie bei der Jüncke'schen Sammlung dankend ab, weil deren historischer Wert den ministeriellen Fachleuten schon sehr übersichtlich schien.

Die "Einschränkung der freien Beweglichkeit" der rund 200 Gegenstände musste ebenso geprüft werden wie deren Eintrag in der Denkmalschutzliste. Man sprach über Preise, über Abschläge und Rabatte, weil etwa ein Beichtstuhl oder ein Kruzifix aus dem Salemer Münster zwar verkauft werden kann, seinen angestammten Platz aber wohl nie verlassen wird. Ein bisschen Bazar also. Aber es gab auch Gegenstände, die nicht eindeutig zuzuordnen, also juristisch "strittig" waren. Streitwert: rund 300 Millionen Euro. Als Oettinger einen ersten Vergleich anstrebte, scheiterte er kläglich. Die internationalen Hüter der Bibliophilie schlugen Alarm, als historische Bücher und Handschriften in der Verhandlungsmasse aufgehen sollten. Und Oettinger haftete der Ruf des geschichtslosen Managers an.

Das wurmte den Christdemokraten. War er doch der einzige, der dieses heiße Eisen anpackte, während die Filbingers, Späths und Teufels die Causa Baden immer aufs Neue in der untersten Schublade abgeladen hatten. Auch wenn der schwäbische Premier das frühere Zisterzienserkloster schon mal als "alten Kasten" tituliert, mit dem man kein Geld verdienen könne, wird er ins Geschichtsbuch eingehen als Ministerpräsident, der Rechtsfrieden herstellte mit dem Haus Baden. Zwar wird es keinen formellen "Klageverzicht" geben, aber doch eine Art "Generalbereinigung": Das Haus Baden übergibt Kunst und Kultur offiziell ans Land. 15 Millionen Euro zahlt das Land im Gegenzug. "Angemessen" sei das, meint Wissenschaftsminister Peter Frankenberg. Die Summe könne man "guten Gewissens" zahlen, um "reinen Tisch zu machen".

Das Land wird sich nicht verschulden müssen für die Salemer Immobilie samt "Aufbauten und Zubehör", die ab diesem Sommer durch die Staatliche Schlösser und Gärten Baden-Württemberg "bespielt" werden soll. Finanzminister Stächele gibt bereits den selbstbewussten Schlossherrn: "Vom Tag der Vertragsunterzeichnung an, muss spürbar sein, dass der Wind des Landes weht." Im Sommer ist ein großes Landesfest geplant. Dann allerdings könnte doch Manches beim Alten bleiben: Weinproben im Herbst, Weihnachtsmarkt im Advent.

Die markgräfliche Familie muss - theoretisch - für "private" Veranstaltungen auf dem Areal Raummiete zahlen, "wenn es nicht karitativ ist", so heißt es aus der ministeriellen Fachabteilung. Es scheint nur eine vertragliche Fußnote, aber für die politische Opposition bleibt es der zentrale Kritikpunkt: Das Adelshaus mit Oberhaupt Max an der Spitze residiert weiter in der Schlossanlage, genauer: in der Prälatur. Den "Prinz zum Anfassen", wie Oettinger einmal flapsig formulierte, wird es zwar nicht geben. Der Generalbevollmächtigte und Baden-Manager Bernhard wohnt mit Familie längst im früheren Forsthaus abseits. Aber das Haus Baden bleibt doch deutlich präsent. "Wir wären dumm, die Familie nicht als Ratgeber zu nutzen", verteidigt Finanz-Staatssekretär Gundolf Fleischer die öffentlich-private Lösung.

https://library-mistress.blogspot.com/2009/03/verbeamtete-langeweile.html

" Der Autor setzt dann fort: "Es scheint mir typisch für Leute, die vieles in ihren Bannkreis ziehen wollen, dies dann weder bewältigen noch sicher aufbewahren zu können". Hmpf. Als hätten die ArchivarInnen in Köln ihr Haus selbst zum Einsturz gebracht. "

https://www.boersenblatt.net/311872/

RF Meyer (anonym) antwortete am 13. Mrz, 15:35:
Sammler sind Kulturträger
Völlig falsch ist es, anzunehmen, die Kultur habe einen Vorteil davon, daß alles hinter Schloß und Riegel in Bibliotheken, Archiven und dergleichen verstaut sei. Abgesehen von der Geldfrage, denn es reicht ja noch nicht einmal für die wichtigen unikalen Stücke, bliebe der (sichere!) Lagerraum und die Bearbeitung. Erst gestern hörte ich wieder von einem Dichternachlaß, der seit mehr als zehn Jahren auf seine Bearbeitung wartet.
Es scheint mir typisch für Leute, die vieles in ihren Bannkreis ziehen wollen, dies dann weder bewältigen noch sicher aufbewahren zu können.
Angesichts der großen Verluste in den Kriegen, der kleineren durch Fehlrestauration, sinnlose Neubindung und unzulängliche Bewahrung, erscheint mir eine möglichst breite Zerstreuung kultureller Güter wesentlich sinnvoller: so überlebt mehr.
Und: Kultur bleibt nur lebendig, wenn möglichst viele direkt und unmittelbar an ihr teilhaben, auch darum gehören die meisten wichtigen Bücher, Autographen etc in den Handel, damit sie von Hand zu Hand gereicht werden, damit die überhaupt noch daran Interessierten an ihnen Vergangenheit wie Gegenwart miterfahren können und diese Erfahrung wie Kristallisationskeime ausstrahlen.
Bibliotheken und Archive strahlen nur eine mehr oder weniger gediegene, verbeamtete Langeweile aus. An ihnen wird sich unsere Kultur nicht erneuern.


[Nun auch https://www.boersenblatt.net/311872/ ]

Ich habe angekündigt, auf https://archiv.twoday.net/stories/5575697 weitere Kommentare zu löschen und das auch in diesem Fall getan. Die obige ideologische Antiquars-Jauche erscheint mir aber bemerkenswert genug, um sie zu dokumentieren. Angesichts des Kölner Unglücks wird man es für verständlich erachten, dass ich solche zynischen Positionen nicht goutieren kann. Wir haben zur Zeit Wichtigeres zu tun, daher gilt:

Ende der Diskussion

https://www.dhm.de/pipermail/demuseum/2009-March/009475.html

Die vielleicht letzte große Privatsammlung zu Leben und Werk von Heinrich Heine hat ein Düsseldorfer Antiquariat erworben. Seinen Angaben zufolge enthält die mehr als fünfhundert Positionen umfassende Bibliothek sowohl sämtliche Erst- und Gesamtausgaben als auch alle Drucke, die zu Lebzeiten des Dichters erschienen sind, umfangreiche Konvolute an Nachauflagen sowie die relevante Sekundärliteratur bis heute. Bereits zu Heines Geburtstag am 13. Dezember soll als bibliophiles Hilfsmittel für alle Heine-Interessenten ein Katalog erscheinen, der die Bestände in Wort und Bild dokumentiert. Wie der Buchhändler Christoph Schäfer gegenüber dieser Zeitung bestätigte, handelt es sich um die Sammlung eines Düsseldorfer Geschäftmanns und Galeristen, der noch nicht genannt werden will. Von "einer ganz dezidiert in vielen Jahrzehnten zusammengetragenen Spezialsammlung eines Kenners und Liebhabers" spricht Joseph Kruse, Direktor des Heinrich-Heine-Instituts, der es begrüßen würde, "wenn die Kollektion zusammen- und eine Trouvaille bleiben könnte". Das wäre auch dem Antiquar die liebste Lösung.

F.A.Z., 12.03.2009, Nr. 60 / Seite 35

Die übliche Heuchelei der Antiquare ...

KOMMENTARE:

Christoph Schäfer (anonym) meinte am 12. Mrz, 08:31:
Heuchelei ?
Sehr geehrter Herr Graf,

wir kennen uns nicht persönlich, wie wollen Sie dann wissen, ob ich heuchle ?

Woher wollen Sie wissen, worum wir uns bemühen ? Ich denke, daß alle um Weihnachten herum wissen werden, ob es gelungen ist EINEN Platz für die komplette Sammlung zu finden, oder die einzelnen, hierzulande alle bestens in den Bibliotheken vertretenen Titel in Sammlerhände zu vermitteln und somit den Aufbau neuer Sammlungen zu unterstützen, was ja die eigentliche Aufgabe des Antiquars ist.

Ebenso polemisch wie Sie: diese Titel in viele Hände zu geben und sie so wieder in Umlauf zu bringen scheint mir momentan für ihren Erhalt sicherer zu sein, als sie alle an einem Ort zu belassen, oder ?

Das "verzerrt angezeigte Wort" einzugeben, um diesen Text freizuschalten fäll mir schwer, es lautet "coxer", nun denn ...

Mit freundlichen Grüßen und der allgemeinen Bitte um Fairness, denn nicht alle Antiquare vernichten Kulturgut, so wie es auch nicht alle Archive tun ...

Christoph Schäfer
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Peter Mulzer (anonym) antwortete am 12. Mrz, 20:04:
Beim Kollegen Schäfer wieder einmal das ewige Mißverständnis aller Antiquare, zuletzt in der Wetscherek-Affaire bemüht:

Ein E n s e m b l e hat seinen Wert auch und gerade in der Zusammenstellung selbst. Es ist mehr als die Summe der Einzelstücke.

Hier würde ich Herrn Schäfer raten, nicht zu heucheln, sondern unseren Beruf als das zu sehen, was er nun einmal meistens ist, nämlich die bibliophile Aasfresserei, die bestmöglichste Verwertung der Hinterlassenschaft von Toten.

Man muß aber gerecht sein - der Kardinalfehler liegt nicht bei uns Antiquaren, sondern bei den E r b e n bzw. beim Verkäufer. Es sei denn, man v e r f ü h r t, neudeutsch heißt das wohl man "berät" als Antiquar den Besitzer dahingehend, seine Schätze rabiat aufzulösen, wie das Graf Douglas so gern tut und sich dann noch dafür als Hüter der Kultur in den Feuilletons deutscher Leitblätter preisen läßt.

In jedem Fall muß man festhalten: Es ist eine übermenschliche Forderung, als Antiquar Nein sagen zu sollen zum Angebot, einen schönen Nachlaß verkaufen zu dürfen.

Allerdingst besteht die große und eigentliche Kunst unseres Gewerbes darin, für *integrale Konvolute* seriöse Kunden zu finden. Ich kenne eine Handvoll qualifizierter Kollegen, die das können und wollen - faszinierend ist es, sie bei den dafür notwendigen Recherchen, Vorgesprächen und oft genug auch beim Ausgraben passender F o n d s zu beobachten. Das ist höchste Antiquariatskunst, besonders wenn man dem Käufer, etwa der öffentlichen Hand, zugleich noch die Geldquellen mitliefern soll.

Ein weites Feld. Jedenfalls sollte man das Argument, daß die E i n z e l -Titel "an Bibliotheken reichlich vorhanden sind", nicht mehr hören müssen. Der Schutz eines Ensembles könnte sich auch unter uns Antiquaren als Teil eines kommenden Ehrenkodex herumsprechen. Leider haben wir einen V e r b a n d, der sich eher als Sammelbecken raubfischähnlicher Geldjäger versteht. Kulturelle Verantwortung - wo denn bitte, wie denn bitte.
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ladislaus (anonym) antwortete am 12. Mrz, 22:23:
Ich bin nun wirklich kein Verfechter des Zerfledderns von Sammlungen, aber es gibt und gab bedeutende Sammler, die aus gutem Grund die Auflösung ihrer Sammlung nach ihrem Tode verfügen. Sie wissen, dass sie die Freuden des Sammelns nicht genießen hätten können, wenn es keine aufgelösten Nachlässe gäbe und alles immer nur in Bibliotheken auf alle Ewigkeit landete. Ein schöner Katalog war ihnen oft genug der Ehre. Solange es sich nicht um Manuskripte und ähnliche Unikate oder historische (ererbte und erkaufte) Ensembles handelt, ist der einzige Zeitpunkt, zu dem man so etwas legitimerweise und moralischerweise machen kann, der eigene Lebensabend oder zeitnah nach dem Tod des Sammlers. Wenn dieses Recht nicht vorhanden sein soll, ist das auch eine Enteignung durch die Hintertür, die nicht wie beim Denkmalschutz alternativlos ist, sondern nur auf ein "es wäre halt schöner, wenn" zurückgreift, und das kann nun wirklich keine moralische oder wirtschaftliche oder gesetzliche Grundlage sein, oder?
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Peter Mulzer (anonym) antwortete am 12. Mrz, 23:05:
Eine wirklich spannnde Frage, die t i e f in die Fundamente unserer Gesellschaft hinabreicht. Von mir her muß ich bekennen, daß zwei Seelen, ach, in meiner Brust wohnen: Als Buchantiquar seit 35 Jahren macht es mir wirklich Freude, Sammlungen aufzulösen, neue Käufer dafür zu finden und an diesem fruchtbaren Kreislauf Tod - neues Leben - Tod - neues Leben teilzunehmen. Da ich nebenbei aber alle diese Jahre hindurch Kriminologe geblieben bin, freue ich mich täglich sehr darüber, daß es in unserem Fach zwei umfassende zentrale Archivbibliotheken gibt (UB Tübingen und MPI Freiburg), die mit großer Mühe und erheblichen Mitteln ö f f e n t l i c h jenes Material gesammelt haben, ohne das sinnvolle Arbeit gar nicht möglich wäre. Der Segen ö f f e n t l i c h e r Sammlungen ist sehr groß.

Aus dieser Zwittersituation heraus möchte ich sagen, daß es jeden Einzelfall abzuwägen gilt. Der Antiquar trägt hier eine große Verantwortung. Stete Mahner wie Dr. Graf sind Gold wert.

Um beim konkreten Fall zu bleiben - Kollege Schäfer ist da in gewissem Maß "selber schuld". Mir ist die allzu plakativ-renommierende Meldung im Börsenblatt sofort unangenehm aufgefallen, die Formulierung "Abschluß per Handschlag" war eine der üblichen Peinlichkeiten meines sonst fachlich s e h r guten, in solchen Eigenwerbefragen aber ziemlich linkischen Kollegen.

Ich hätte es begrüßt, wenn Koll. Schäfer *von sich aus* die Abwägung einer Auflösung bzw. integralen Weitergabe der Sammlung *in dem Pressebericht* angestellt haben würde. Er ist sonst nicht weiter zögerlich in direkten Kontakten zur betreffenden Redaktion, die den Bericht abgefaßt hatte. Dies hätte ich eigentlich von ihm erwartet, und die kritische Randbemerkung Dr. Grafs war v o l l a u f berechtigt, soweit er sich nur auf diesen Presse- bzw. Netzzeitungsbericht stützen konnte.

Da wir ganz fürchterliche Ereignisse in diesem Bereich kennen, an denen so gut wie alle beteiligten Antiquare völlig kritiklos mitgewirkt hatten, Dr. Grafs Fälle sind Legion, muß in Zukunft in unserem Gewerbe ein Ehrenkodex erarbeitet werden, der weitere "Ereignisse" dieser Art verhindert.

Was, wie eingangs bemerkt, in den Tiefen unserer Gesellschaftsordnung dazu zu sagen ist, könnte ich mangels kulturpolitischer Fachkompetenz nur andeuten.
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Christoph Schäfer (anonym) antwortete am 13. Mrz, 08:47:
Sammlung
Es ist immer wieder schön, wenn nach Presseberichten geurteilt wird und nicht nach Tatsachen.

Es könnte bekannt sein, auch ohne kulturpolitische Fachkompetenz zu besitzen, daß sich in Düsseldorf, der Stadt in der sich unser Antiquariat befindet, nicht nur das reichhaltig, u.a. von Kippenberg bestückte Goethe-Museum, sondern in der Bilkerstraße, unweit von unserer Citadellstraße entfernt auch das Heinrich-Heine-Institut liegt, das auf umfangreichen Sammlungen basiert, die im Laufe der Zeit durch gezielte Zukäufe ergänzt wurden. Hier konnten wir in bescheidenem Maße mithelfen, Autographen, vom Dichter annotierte Ausgaben, auch eine wirklich bibliophile Gesamtausgabe ging durch unsere Hände und dann selbstverständlich dorthin, wo meinem Verständnis nach unikale Stücke hingehören: ins "Museum", also ins Heine-Institut.

Entsprechende Objekte können wir erkennen und bieten sie immer den jeweils in Frage kommenden öffentlichen Stellen zuerst an,leider haben diese immer weniger Geld zur Verfügung.
Unsere bibliophilen Meistereinbände von Walter Gerlach z.B. haben wir unlängst mit einem schönen Katalog geehrt, und sie natürlich dort angeboten, wo wir sie gerne gesehen hätten - einige dieser Pressendrucke wurden tatsächlich von einer Bibliothek erworben.

Die soeben angekaufte Heine-Sammlung ist sehr schön und hat auch ihren Reiz, allerdings ein Problem: sie enthält nichts, was wir dem Institut anbieten könnten, sie dürften sie dort wohl noch nicht einmal en bloc ankaufen, weil alles bereits, teilweise mehrfach vorhanden ist, dies ist doch wohl auch der Grund, warum wir überhaupt ins Spiel gekommen sind.

Die interessierte Öffentlichkeit möge sich noch etwas gedulden, hoffentlich im Dezember liegt der Katalog gedruckt vor und kann belegen, was ich vorerst nur behaupten kann - dieser Katalog wird auf Subskription erscheinen, er wird Geld kosten, um zumindest die Kosten seiner Herstellung zu decken und die Sammlung und ihre Geschichte als hommage an den Sammler für immer zu dokumentieren. Bitte beachten Sie, daß wir dafür die Gestalt eines gedruckten Buches wählen und nicht die flüchtige Form einer pdf-Datei im Internet.

Zum Thema Ehrlichkeit, Moral etc. möchte ich in Zukunft von gewissen Leuten nichts mehr lesen, das "verzerrt" einzugebene Wort gefällt mir diesmal ausnehmend gut: "pang" !
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Michael Stein (anonym) antwortete am 13. Mrz, 09:44:
Unwürdige Pauschalisierung
Der Satz "Die übliche Heuchelei der Antiquare ..." ist genau so falsch wie "Alle Bibliothekare sind verkniffene Sesselfurzer".
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Peter Mulzer (anonym) antwortete am 13. Mrz, 12:02:
...kommt darauf an, nämlich auf die Art Ihrer Erfahrungen. Wer seit Jahren, in so gut wie allen einschlägigen Fällen, zuerst einige halbseidene Standardentschuldigungen zu lesen bekommt von Kollegen, denen das schlechte Gewissen auf der Stirn gechrieben steht und die ihre bessere Überzeugung f ü r G e l d v e r r a t e n - der kann schon von der "üblichen Heuchelei" sprechen.

Ohne Verallgemeinerungen ließe sich überhaupt keine Aussage mehr machen. Es kommt darauf an, daß man grosso modo t y p i s c h e s Verhalten beschreibt. Und das ist hier (leider) der Fall.
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Peter Mulzer (anonym) antwortete am 13. Mrz, 12:18:
Eben erst lese ich die Stellungnahme des Koll. Schäfer. Sie geht zum überwiegenden Teil am Thema vorbei.

Denn kein Mensch bestreitet, daß Schäfer fachlich ein sehr guter Antiquar ist. Dazu lobt er sich seit Jahren selber viel zu penetrant, als daß wirs nicht alle wüßten. Er führt seine verdienstlichen anderen Werke vor. Niemand bestreitet, daß Schäfer gute (für meinen Geschmack etwas zu affig-geschmäcklerische) Einbandkataloge verfaßt, daß er einen Blick auf die Bestände der ihm vertrauten Düsseldorfer Heine-Sammelstellen geworfen hat.

Schäfer scheint mir aber immer noch nicht verstanden zu haben, daß - von einer gewissen Qualität und Dichte ab - jedes E n s e m b l e einen geschlosenen Werkcharakter hat, eine in dieser Zusammenstellung unwiederholbare Einheit darstellt. Das gilt schon für sehr gute, ein Leben lang aufgebaute Briefmarkensammlungen etwa im altdeutschen Bereich (die an sich ja das Musterbeispiel einer beliebig austauschbaren Einzelstück-Zusammenstellung darstellen - aber eben nur auf den ersten Blick).

Natürlich hat Schäfer die "Pressemeldungen", auf die er sich nun süffisant grinsend zurückzieht, weil wir ihnen geglaubt haben, s e l b e r angestoßen. Dazu kennen wir ihn viel zu gut, und sein intimes Verhältnis zur Redaktion des Börsenblatts hat er wiederholt bewiesen.

Stellen wir also fest, daß Schäfer uns keineswegs wiederlegt hat, was ich so zusammenfassen möchte:

1) Schäfer hat festgestellt, daß die wichtigste Sammelstellen zu Heine seine Objekte als "Einzelstücke" schon haben. Ich setze hier ein dickes Fragezeichen an, aber warum sollen wirs ihm nicht glauben.

2) Er hat aber nicht begriffen, daß und warum ein Ensemble, eine Sammlung als solche einen integralen, besonderen Forschungswert hat.

3) Die detaillierte Verzeichnung/ Katalogisierung der in alle Winde zu zerstreuenden, zu verscherbelnden Bestände war noch immer das schäbige Trostpflästerchen, mit dem sich die Verschacherer f r e i z u k a u f e n gedenken von ihrer kulturellen Verantwortung.
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Christoph Schäfer (anonym) antwortete am 13. Mrz, 12:46:
Verzerrte Wörter
Lesen hilft, Mulzer ! Nachdenken vor dem Schreiben auch. Habe weiter oben alles gesagt, was es zu sagen gibt.
Das "verzerrt angezeigte Wort" läßt sich auch diesmal gut verwenden, es lautet "waer", also:

... waer das Leben schön ohne Trolle, Stalker, Mobber und sonstige Irre ...
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KlausGraf antwortete am 13. Mrz, 12:53:
Hausverbot!
"waer das Leben schön ohne Trolle, Stalker, Mobber und sonstige Irre ... " ist eine grob unsachliche, ganz und gar unangemessene Äußerung, die suggeriert, dass der angesprochene Diskutant zu dem Personenkreis gehört. Ich erteile dafür virtuelles Hausverbot.
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Peter Mulzer (anonym) antwortete am 13. Mrz, 13:16:
Im Sinne einer fairen Gegenseitigkeit rege ich an, die Diskussion an dieser Stelle insgesamt abzubrechen.

Ich denke, daß wir uns seitens der Antiquare auf einen gemeinsamen Nenner einigen können, dem sich auf Koll. Schäfer nicht wird verschließen wollen:

Wir brauchen *dringend* eine Überarbeitung des Verhaltenskodex der Buchantiquare, in dem der Punkt der Auflösung/ Detaillierung von solchen Beständen näher geregelt wird, die vom archivalischen Gesichtspunkt her eine gewachsene E i n h e i t / ein E n s e m b l e darstellen können, das möglicherweise erhaltenswert/ schützenswert ist.

Für solche Fälle könnte man auch an eine Schiedskommission denken, die Empfehlungen aussprechen und Gutachten einholen würde. Sie wäre einstweilen beim Vorstand des Verbands anzusiedeln.
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Christoph Schäfer (anonym) antwortete am 13. Mrz, 14:32:
Das verzerrt angezeigte Wort lautet "merd"e !
Sehr geehrter Herr Graf,

halten Sie Ihr "Hausverbot" in Anbetracht dessen, welche Anwürfe Sie zuvor gegen mich geduldet haben, nicht für ein klein wenig albern, selbst-, ungerecht und überzogen ? Und wie wollen Sie das eigentlich um- und durchsetzen ? Durch Zensur ?

"merd"e und Grüße,

Christoph Schäfer
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KlausGraf antwortete am 13. Mrz, 14:45:
Ich dulde hier keine Schlammschlacht
Administrative Eingriffe, um die gebotene Sachlichkeit herzustellen, sind keine Zensur. Ich werde weitere Diskussionsbeiträge an dieser Stelle löschen. Beiträge, die mit Christoph Schäfer gekennzeichnet sind, werden von mir künftig gelöscht.

Hier ist Ende der Diskussion. Weiteres wird gelöscht und denjenigen, die das nicht akzeptieren möchten, rufe ich einfach nur zu: Hier muss niemand mitlesen. Danke fürs Abhauen.

Da meine Entscheidung nicht respektiert wurde, habe ich die vorliegenden Kommentare kopiert und schließe die Kommentare. Hinweis: Antiquare, es gibt genügend andere Foren für Eure Jauche!

Update: 6.2.2011 Per Mail wird mir mitgeteilt:

"Wir haben einen detaillierten Katalog zur Heine Sammlung Söhn erstellt,
der von jedem Interessenten bei uns erworben werden kann (s. link weiter
unten) und wir haben die Sammlung en bloc an einen Düsseldorfer Sammler
verkauft, der sie zusammenhalten und sogar ausbauen will.

Insoweit haben wir unsere Versprechen gehalten.

Mit freundlichen Grüßen,

Christoph Schäfer

PS:
Unser Katalog der Heine Sammlung Söhn ist soeben erschienen:
https://www.heineantiquariat.de/seiten/kataloge "

https://www.netzeitung.de/kultur/1296437.html

Wie konnte das passieren? Zu wenig Geld, zu wenige Leute und über lange Jahre kaum Interesse der Politik an der Pflege des Kulturerbes - die Rechtfertigung des Landesamtes vom Mittwoch geriet zum Hilfeschrei einer chronisch überforderten Behörde. Amtsleiter Michael Bednorz sagte: «Die Einbäume sind nur ein Beispiel für unsere Probleme. Sie sind ein besonders drastisches Beispiel dafür, was passiert, wenn das Landesamt seiner Pflicht nicht ordnungsgemäß nachkommen kann.» Auch zuvor hatte es schon Schäden gegeben: Im Landeshauptarchiv in Schwerin bauten sich Mäuse mit Fetzen zernagter historischer Dokumente ihre Nester, in einem anderen Notdepot beschädigte ein Wassereinbruch wertvolle Stücke.

Update zu:
https://archiv.twoday.net/stories/5573167/

Wiederholung:

Sie galten als archäologische Sensation, nun sind sie offenbar unwiederbringlich verloren: Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat drei jahrtausendealte Einbäume durch unsachgemäße Lagerung schwer beschädigt. Dies teilte am Dienstag das Kultusministerium in Schwerin mit. Demnach waren die bis zu 7.000 Jahre alten Einbäume bereits 2004 verrottet. Sie galten als die ältesten erhaltenen Wasserfahrzeuge des Ostseeraums.

https://www1.ndr.de/nachrichten/mecklenburg-vorpommern/einbaum100.html

https://www.freiepresse.de/NACHRICHTEN/KULTUR/1467700.html

https://www.numismatikforum.com/ftopic28767-15.html

 

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