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Kulturgut

https://www.spiegel.de/panorama/leute/0,1518,616640,00.html

Siehe auch:

https://archiv.twoday.net/search?q=neidstein
https://de.wikipedia.org/wiki/Schloss_Neidstein


Foto: Klaus M. https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de

" .... Versteigert würden auch Fotos, die den Pantomimen (Marcel Marceau) mit Berühmtheiten aus aller Welt zeigen, vom ihm selbst gefertigte Zeichnungen und Bilder, verschiedene Masken und Puppen aus Japan sowie Bücher, Briefe und einige Möbelstücke. Einen Tag vor der Auktion am 26. und 27. Mai werden die Stücke (in Paris) zur Ansicht ausgestellt. ..."
Quelle: Täglicher Anzeiger

https://www.biologiezentrum.at/pdf_frei_remote/JOM_149a_0479-0493.pdf

Einige Mitteilungen dazu bei: Georg Heilingsetzer "In nostris studiis diligenter procedimus". Zur Latinität beim oberösterreichischen Adel in der Frühen Neuzeit. In: FS Gerhard Winkler 2004

Zur Bibliothek Job Hartmanns von Enenkel 2000:
https://www.biologiezentrum.at/pdf_frei_remote/JOM_145a_0145-0152.pdf

https://www.emderzeitung.de/?id=20&nid=65894

Die Staatsanwaltschaft Aurich hat den ehemaligen Direktor der Johannes a Lasco Bibliothek wegen Untreue in zwölf Fällen und einen weiteren Mitangeschuldigten wegen Untreue in drei Fällen angeklagt. Das teilte der Leitende Oberstaatsanwalt Werner Kramer gestern in einer Pressemitteilung mit.

Die Anklage argumentiert damit, dass der Hauptbeschuldigte, Dr. h.c. Walter Schulz, Geld aus dem Stiftungsvermögen entnommen und dieses für Ankäufe eingesetzt habe, obwohl dies nach der Satzung der Johannes a Lasco Stiftung nicht erlaubt sei. „Nach der Satzung der Stiftung sollten aus dem Stiftungsvermögen jeweils nur die laufenden Kosten für den Betrieb der Bibliothek bestritten werden”, heißt es in der Pressemitteilung der Staatsanwaltschaft.

Es seien „trotz erheblicher finanzieller Schwierigkeiten der Stiftung auch im Namen des ehemaligen Vorstandsmitgliedes und Mitangeschuldigten” erhebliche Gelder aus dem Stiftungskapital entnommen worden, um damit „Erwerbungen zu tätigen, die dem Stiftungszweck entsprachen”.

Zwischen März 2003 und April 2008 habe der Angeschuldigte, so Kramer, zum Ankauf von Bibliotheken, Büchern etc. Kaufverträge über insgesamt 2,6 Millionen Euro abgeschlossen, „obwohl ihm bekannt war, dass es sich nicht um laufende Kosten für den Betrieb der Bibliothek handelte, sondern aus dem Stiftungsvermögen genommen werden musste. „Dies hatte zwingend zur Folge, dass das Stiftungskapital angegriffen werden musste, was jedoch nach � 6 Niedersächsisches Stiftungsgesetz nicht zulässig war.”

Durch den Ankauf der Bibliotheken und Bücher sei die Ertragssituation der A Lasco Bibliothek verschlechtert worden, „wobei eine Umschichtung dem � 6 Niedersächsisches Stiftungsgesetz widerspricht.”

Darüber hinaus seien Ankäufe einer weiteren Stiftung, dem L & S-Fonds, angeboten worden. In drei Fällen habe der Mitbeschuldigte, Dr. Alfred Rauhaus, der bis 2006 Vorsitzender des Stiftungskuratoriums war, entsprechende Verträge unterzeichnet, wodurch Eigentum der Bibliothek an die zweite Stiftung übertragen worden sei, ohne dass es einen Gegenwert gegeben habe. Weder seien Rückzahlungszeitpunkte vereinbart worden oder Zinsen zu zahlen gewesen. „In allen Fällen war beiden Angeschuldigten die Unzulässigkeit dieser Transaktionen bekannt, insbesondere weil diese auch gegen den Stiftungszweck verstießen und das Kapital der Stiftung bereits erheblich reduziert war, so dass keine Erträge mehr erwirtschaftet werden konnten, die die Kosten der Bibliothek decken.”

Schulz, der zugleich Direktor der Bibliothek und Alleinvorstand der Stiftung Johannes a Lasco Bibliothek war, wurde im September letzten Jahres von der kirchlichen Stiftungsaufsicht eine fristlose Kündigung ausgesprochen.

Den Mitarbeitern der Bibliothek wurde ebenfalls die Kündigung ausgesprochen. Die Bibliothek dient seit Ende 2008 nur noch als Veranstaltungsraum. Jede wissenschaftliche Arbeit und auch der Leihverkehr wurden eingestellt. Die kirchliche Stiftungsaufsicht installierte einen Notvorstand.

Die Mitarbeiter, aber auch Schulz klagen vor dem Arbeitsgericht auf Wiedereinstellung.
[...]

Siehe auch
https://archiv.twoday.net/search?q=jalb
https://archiv.twoday.net/stories/4354929/ (Erwerb der Theologica aus Büdingen)

https://www.b2i.de/fabian?Johannes_A_Lasco_Bibliothek

Sehr aufschlussreich für das Selbstverständnis von Schulz als Bibliotheks-Unternehmer: Walter Schulz, "... und wechsle meinen Herrn nicht". Über Kontinuität und Diskontinuität kirchlichen Buchbesitzes, in: Kirchliches Buch- und Bibliothekswesen. Jahrbuch 4 (2003), S. 37-46. Er singt darin das hohe Lied der Deakzessionierung. (Man hat sicher auch in Emden unter Schulz Altbestände und sog. Dubletten in großem Umfang verscherbelt. Ich habe so etwas läuten gehört. Die JALB veräusserte 2004 für 188.000 Euro Bücher, das dürften dann wohl eher Altbestände gewesen sein: https://archiv.twoday.net/stories/5357727/)

Der Beitrag von Schulz wurde auf einem Kolloquium gehalten, das auf die von mir an die breite Öffentlichkeit gebrachten Bestandsverkäufe der NEKB - siehe https://archiv.twoday.net/stories/2804757/ - thematisierte. Besonders übel, was Schulz am Schluss ausführte:

Eine theologische Bibliothek ist m.E. erst nachrangig regional oder territorial eingebunden. Und die Prioritäten der Information, die sie zu liefern imstande ist, konzentriert sich zunächst auf die kirchlich relevanten Anteile auch alter Drucke. Alles, was angeführt werden kann, um darzulegen, dass es keine Dubletten unter alten Druckwerken geben könne, dass jeder Sammelband ein einmaliges, nicht wiederholbares Zeugnis eines ganz spezifischen Sammelinteresses und womöglich der Rezeption sei, daher nur individuell zu erfassen und den manuskripten gleich zu achten, mag richtig sein. [...] Diese Gesellschaft und selbst die hier immer noch wohlhabenden Kirchen werden es nicht leisten können und nicht leisten wollen, in dieser ideologisch [sic! KG] begründeten Vollständigkeit jedes Zeugnis von Vergangenem zu erhalten. [...] Gemessen werden müssen unsere bibliothekarischen Taten, auch die Verkäufe von alten Buchbeständen daran, ob sie die Bibliotheken zukunftsfähig machen [...].

Schulz war Kulturgutstifter und Kulturgutschänder in einem. Ich wünsche ihm eine angemessene Strafe.

https://www.digitale-sammlungen.de/mdz/content/digitalisierung/ottheinrichbibel.html

Mäßig attraktiv, da ohne Lupenfunktion.

Zum Werk siehe hier:

https://archiv.twoday.net/search?q=ottheinrich

Im Rahmen der umfassenden Einigung mit dem Haus Baden wird das Land für 17 Mio. Euro zahlreiche Kunstgegenstände von hohem kulturellem und historischem Wert erwerben. Dazu gehören Bestände von Landeseinrichtungen in Karlsruhe, die Wessenberg´sche Sammlung in Konstanz und rund 200 Kulturgüter aus Beständen der Schlossanlage Salem. Welche Objekte im Einzelnen erworben werden sollen, kann ab heute (19. März) auf der Homepage des Wissenschaftsministeriums ( https://www.mwk.baden-wuerttemberg.de ) eingesehen werden.

Zu den Kulturgütern gehören unter anderem Skulpturen in der Kunsthalle Karlsruhe, Handschriften der Badischen Landesbibliothek (insbesondere Teilnachlass Hebel und zwei Tulpenbücher), das Basler Lehenbuch sowie weitere Tulpenbücher im Generallandesarchiv Karlsruhe sowie der Künstlerische Nachlass von Joseph Kopf im Badischen Landesmuseum. Zu den Beständen in Salem gehören insbesondere Gemälde im Mobiliar des Münsters, des ehemaligen Schlossmuseums, des Lapidariums und der Bibliothek. Nicht erworben werden die Urkunden des Klosterarchivs Salem im Karlsruher Generallandesarchiv; das Land erhält daran aber ein Vorkaufsrecht.

Anlagen/Downloads

047_PM_Anlage_1_Kulturgueter_in_Landeseinrichtungen.pdf [45 KB]

047_PM_Anlage_2_Kulturgueter_Bodenseekreis.pdf [7.8 KB]

047_PM_Anlage_3_Kulturgueter_in_Salem1.pdf [52 KB]

047_PM_Anlage_4_Feuerwehrmuseum.pdf [5.7 KB]


Siehe auch:
https://www.blb-karlsruhe.de/blb/blbhtml/besondere-bestaende/verkauf.php

Warum ist das Ankaufvolumen völlig inakzeptabel?

Es wurde womöglich für lange Zeit die Chance verspielt, Kulturgüter, die der Öffentlichkeit gehören, der Willkür und dem Vermarktungsanspruch des Hauses Baden zu entreissen.

NICHT angekauft werden:

* das Salemer Archiv der Markgrafen, obwohl die dort auch gelagerten Akten der Hofbehörden des 19. Jahrhunderts nach den Erkenntnissen der Wissenschaftlerkommission öffentliches Archivgut sind

* die Salemer Urkunden, das Familienarchiv im GLAK (nach wie vor kann der Chef des Hauses nach Belieben Benutzer wie z.B. mich ausschließen, Akten der frühen Neuzeit einzusehen), die Fideikommiss-Handschriften im GLAK (bis auf ein einziges Stück, ein Basler Lehenbuch)

* die Sammlung Jüncke

Ein Fußtritt für den Stifter! Jüncke hat seine Sammlung seinerzeit dem Großherzog geschenkt, damit sie dauerhaft in Baden-Baden ausgestellt bleibt. Das Haus Baden hat nach 1918 etliche Gemälde verscherbelt, ohne irgend einen Ersatz zu leisten, hat die Sammlung verwahrlosen lassen. Hier hätte das Land die Pflicht gehabt, den Stifterwillen - Jünckes und Großherzog Friedrich II. als Stifter der Zähringerstiftung - durchzusetzen.

* unzählige Kulturgüter in Salem, z.B. der im Eigentum des Landes stehende Thronsessel und die ebenfalls entfremdetes Eigentum darstellende Waffensammlung

Ob und wenn ja welche "Hinterlegungen" in der BLB vom Ankauf nicht erfasst sind, gilt es zu prüfen.

Mit dem Ankauf der Sammlung Kopf ist die rechtswidrige Abwicklung der Zähringer Stiftung beschlossene Sache. Da es niemand in der Stiftung gibt, der ihre Rechte wahrnehmen will, wird eine - entgegen der fehlerhaften Einschätzung der Kommission - sehr wohl mit Vermögen ausgestattete Stiftung entgegen dem Stifterwillen aufgelöst. Gegen spätere Veräußerungen wäre Stiftungsgut geschützt gewesen, Landeseigentum ist es nicht!

ANHANG:

Zu den Ankäufen in der BLB

Laut Ministerium

Speculum humanae salvationis (H 78) in der Badischen Landesbibliothek
Dionysius Carthusianus: Epistola ad principes christianos, (H 65) in der Badischen
Landesbibliothek
Weitere Hinterlegungen in der Badischen Landesbibliothek :
Wappenbücher (H 7-9, H 11, H 64);
Archivalien und Autographen (H 10, H 12, H 62, H 66);
Inkunabeln (H 13-15;
Drucke des 16. Jh. (H 16-20, H 58-59);
Drucke des 18. u. 19. Jh. (H 21-34)
Teilnachlass Johann Peter Hebel (H 57, H 87-93, H 83-86, H 94, H 81-82)


Macht 35 Hinterlegungen und 15-Hebelhandschriften, wenn nicht eine zusätzliche Nummer (z.B. a-Nr.) irgendwo vorliegt.

Laut Kommission gehörten dem Haus Baden in der BLB
https://archiv.twoday.net/stories/4545456/

sechsunddreißig Hinterlegungen
in der Badischen Landesbibliothek
Karlsruhe, darunter das "Speculum
humanae salvationis".

Dem Haus Baden gehören ferner

- dreizehn Signaturen Hebel-Handschriften in der Badischen Landesbibliothek


Die BLB weiß offiziell noch nichts vom Ankauf, geht aber davon aus, dass nichts an Eigentum des Hauses Baden zurückbleibt.


Von der Versteigerung der von Yves Saint Laurent und seinem Lebensgefährten Pierre Bergé aufgebauten "Jahrhundertkollektion" berichtete die FAZ 31.1.2009 S. 39. Zu den gegenständen zählte auch ein kostbares Ensemble deutscher Goldschmiedearbeiten (elf Pokale, eine Tischfontäne und ein Nautilus-Pokal, Pokal der Stadt Lüneburg) aus dem Besitz des Hauses Hannover, das über die Gebrüder Kugel (Paris) vor mehr als zehn Jahren an die Sammler gelangten. Alexis Kugel: Es sind phantastische, absolut unbekannte Stücke. [...] Man könnte sie "den Schatz von Hannover" oder besser gesagt von "Braunschweig-Lüneburg" nennen. Es handelt sich um eine Serie von Pokalen, die die Städte dem Herzog von Braunschweig-Lüneburg im 17. Jahrhundert geschenkt haben. Die meisten dieser Pokale tragen eine Widmung und den Namen der Stadt. Sie seien "indirekt" aus der Familie Hannover gekommen, leider könne er mehr dazu nicht sagen.

Dann die übliche Heuchelei: Ich wäre sehr glücklich, wenn die Sammlung der Hannover-Pokale intakt bleiben könnte. Es ist eines der letzten historischen Ensembles. Aber auf der Auktion wird man sie einzeln kaufen müssen. Von "müssen" kann da keine Rede sein. Hier gehts um die übliche Gier der Eigentümer und der Händler. Wenn diese das Ensemble zusammenhalten wollten, hätten sie es doch en bloc versteigern können.

Drei Pokale konnte das Land Niedersachsen ersteigern (vermutlich für 2 Mio. Euro):

https://www.ad-hoc-news.de/niedersachen-ersteigert-pokale-aus-nachlass-von-yves-saint--/de/Politik/20074697

Zur Versteigerung der Pokale:

Die Galerie Kugel, bei der Yves Saint-Laurent und Pierre Bergé zahlreiche Objekte erwarben, konnte einige der Spitzenlose aus der Pokalsammlung des Hauses Hannover zurückkaufen. Für den vierfachen Pokal des Goldschmieds Christoph Uder von 1642, den die Stadt Osterode dem Herzog Georg Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg zum Geschenk machte, bewilligte die Galerie mit 710.000 Euro (100.000/150.000) den höchsten Preis, gefolgt von der Bodendick-Tischfontäne des Hamburgers Evert Kettwyck zu 600.000 Euro (150.000/200.000) und dem 113 Zentimeter hohen Pokal der Stadt Lüneburg von Nikolaus Siemens zu 510.000 Euro (120.000/180.000).

Es sind dies die von Niedersachsen erworbenen drei Pokale. Wieso es erforderlich war, einen Händler dazwischenzuschalten und wieso man ein Geheimnis um vom Auktionshaus bekanntgegebene Preise machen muss, erschließt sich mir nicht.

Eigentlich wäre das deutsches Kulturgut, das Niedersachsen nie hätte verlassen dürfen. Aber was die Welfen sich im 19. Jahrhundert alles unter den Nagel gerissen haben vom Landeseigentum (niemand sollte daran zweifeln, dass die Städte die Pokale dem Landesherrn und nicht dem Privatmann schenkten) kann weder ins Denkmalbuch eingetragen werden noch in die Liste national wertvollen Kulturguts, wenn seine Existenz verborgen bleibt.

Zur Provenienz:

„Die Pokale sind Huldigungsgeschenke an Georg Wilhelm, Herzog zu Braunschweig-Lüneburg“, erklärt Meiners. Von 1665 bis zu seinem Tode war Georg Wilhelm regierender Fürst des Fürstentums Lüneburg mit der Residenz Celle.
„Georg Wilhelm hat sich diese Pokale auch auf die Tafel gestellt, um damit seine Macht zu präsentieren“, so Meiners. Erst nach dem Tod des Herzogs im Jahre 1747 gingen die Pokale, die jetzt in der Presse dem Königshaus Hannover zugeordnet werden, an seinen Neffen und damit in den Besitz der Welfen über. Diese verkauften den Silberschatz vermutlich kurz nach Ende des Zweiten Weltkriegs.

https://www.cellesche-zeitung.de/kultur/regional/349398.html

FAZ

https://www.kunstmarkt.de/pagesmag/kunst/_id177074-/marktberichte_detail.html?_q=%20

https://www.welt.de/welt_print/article3290151/Yves-Saint-Laurents-Welfenschatz-kehrt-zurueck.html

Zu weiteren Welfenschätzen siehe hier:
https://archiv.twoday.net/search?q=welfen


Freundlicherweise stellte Dietrich Hakelberg den Volltext seines FAZ-Artikels vom 10. Dezember 2008 zur Verfügung, der auszugsweise bereits im Referat durch das Börsenblatt

https://archiv.twoday.net/stories/5384503/

hier präsent war.

Telemann, filetiert

Der Antiquariatshandel zerstört das Stammbuch des Johann Friedrich Behrendt

HAMBURG, 25. Mai 1736. Ein ostpreußischer Student steht voller Respekt vor Georg Philipp Telemann und reicht ihm sein Stammbuch. Der berühmte Komponist trägt sich mit einem Zitat aus der Synopsis musicae des Johann Lippius von 1612 ein: „Omnia stant Harmonia. Anarmonia cadunt omnia. Nec erigitur, reficitur, restituitur quidquam, nisi ad Harmoniam relatum atque redactum.“ – Alles beruht auf Harmonie. Durch Disharmonie geht alles zugrunde. Nichts wird errichtet, erneuert, wiederhergestellt, wenn es nicht in Harmonie zurückgeführt und verwandelt worden ist.

Der mit diesen Worten bedachte junge Mann hieß Johann Friedrich Behrendt. Er wurde in Insterburg geboren, dem heutigen Tschernjachowsk, das Jahr ist nicht bekannt. Der Vater Johann Behrendt redigierte die erste litauische Bibelübersetzung. Sein Sohn studierte zwischen 1736 und 1739 in Hamburg, Königsberg und Amsterdam. Er schlug die Laufbahn eines Pädagogen ein und wurde auf Empfehlung des Theologen und Dichters Erdmann Neumeister Subrektor und Bibliothekar in Lübeck. Schließlich ging Behrendt 1743 als Rektor an das Gymnasium Zum Grauen Kloster in Berlin. 1757 starb er in Zerbst.

Die Studienreise und die vielfältigen Kontakte des Studenten Behrendt spiegeln sich in seinem Stammbuch, einem schmalen vergoldeten Lederbändchen in Queroktav. Unter den etwa 70 Einträgen in diesem Album finden sich zahlreiche Hamburger und Lübecker Persönlichkeiten. Darunter ist auch Erdmann Neumeister, der Hauptpastor an St. Jacobi in Hamburg. Am 12. Mai 1736 trug er sich in das Stammbuch ein und stand einem späteren Vermerk zufolge 1747 bei einem von Behrendts Söhnen Pate. Während seiner Studien bei Jacques Philippe d’Orville in Amsterdam, der sich 1738 ebenfalls im Stammbuch seines Studenten verewigte, gelangte Johann Friedrich Behrendt „sonderlich in der Lateinischen elegischen Dichtkunst zu einer vortrefflichen Geschicklichkeit.“ Nachzulesen ist dies im Zedlerschen Universal-Lexikon.

Die Stammbuchsitte hatte sich im 16. Jahrhundert von Wittenberg aus zunächst über ganz Deutschland und die Niederlande verbreitet. Studenten legten ihr Stammbuch Kommilitonen und Professoren vor und erbaten deren Eintrag. Meist schrieb man sich mit einem Gemeinplatz ein, einem lateinischen Zitat oder Epigramm. Oft waren dies persönliche Lebensdevisen. Dann folgten Widmung, Ort und Jahr sowie die eigenhändige Unterschrift des Einträgers. Stammbücher sind damit Zeugnisse der frühneuzeitlichen Gelehrten- und Adelskultur und wertvolle biographische, bildungs-, literatur- und sozialgeschichtliche Quellen. Stammbücher ermöglichen die Rekonstruktion der adligen Kavalierstour, geben Einblick in die Vernetzung, die Reisen und die Studienaufenthalte der Studenten. Alba amicorum waren und sind aber auch ein teures Sammelgebiet. Dies gilt besonders dann, wenn sie illustriert sind oder Einträge prominenter Persönlichkeiten enthalten.

Hamburg, 21. Mai 2008: Unversehrt hat Behrendts Stammbuch die fast 272 Jahre nach dem Eintrag Telemanns überstanden. Nun wird es bei einem Auktionshaus versteigert. Die Katalogbeschreibung ist gut recherchiert, dokumentiert die Einträge des Stammbuchs und würdigt dessen Bedeutung. Auf 5000 Euro geschätzt und für 4500 Euro einem unbekannten Bieter zugeschlagen, verschwindet Behrendts Stammbuch wieder von der Bildfläche.

Kurze Zeit später muß die Harmonie der Einträge in Behrendts Stammbuch empfindlich gestört worden sein. Im Angebot des Wiener Antiquariates Inlibris vom Oktober diesen Jahres findet sich ein Telemann-Autograph „von größter Seltenheit“. Es ist das Blatt aus dem Stammbuch des Johann Friedrich Behrendt. Für das aus seinem historischen Zusammenhang gerissene, zum autographen Fetisch degradierte Schriftzeugnis verlangt der Händler 28.000 Euro. Ein Blick auf die Internetseite des Antiquariats fördert im Handumdrehen etwa 30 weitere, deutlich niedriger bewertete Blätter aus Behrendts Stammbuch zu Tage. Darunter ist auch das Blatt mit dem Eintrag Erdmann Neumeisters, für das der wackere Autographenfreund 3.500 Euro anlegen soll. Wie wird wohl der zerfledderte Einbandtorso verwertet?

Der Musikantiquar Albi Rosenthal bezeichnete 1982 das Aufschneiden der vollständigen autographen Partitur von Mozarts Serenata KV 185 in Einzelblätter als einen barbarischen Akt, als kriminelle Handlung [1]. Ein Stammbuch, das einer weniger prominenten historischen Persönlichkeit gehörte, mag dagegen wie eine unbedeutende Marginalie erscheinen. Nach wie vor ist es gängige Antiquarspraxis, Manuskripte und illuminierte mittelalterliche Handschriften, illustrierte Werke und historische Sammelbände aufzuschneiden und die Blätter und Drucke einzeln zu verkaufen. Die versehrten Objekte aber sind Kulturgüter und historische Quellen, die nicht nachwachsen. Das Stammbuch Behrendt ist damit nicht nur ein weiterer schockierender Einzelfall, wie der Handel gedrucktes und geschriebenes Kulturgut aus Privatbesitz unwiederbringlich zerstören kann. Es ist ein Fall für die Berufsethik der ganzen Antiquariatsbranche.

DIETRICH HAKELBERG


[1] Ergänzende Anmerkung:

Das Rosenthal-Zitat aus:
Music and Movement. Interview in: Book World Advertiser,
vol. 1, no. 10, 25. Feb. 1982, wieder abgedruckt in:
Obiter scripta : essays, lectures, articles, interviews and
reviews on music, and other subjects / Albi Rosenthal;
edited for publication by Jaqueline Gray. Oxford : Offox
Press, 2000, S. 438-442, Abb. des Mss. S. 441
(Katalogbeschreibung von Stargardt 1975).

Siehe auch:
https://www.seitoku.ac.jp/daigaku/music/mozart06/writings/amuller/amueller061206d.pdf

***

Hinsichtlich der Wertung dieses abscheulichen Schlachtens von Kulturgut ist auf unseren früheren Beitrag zu verweisen. Es handelt sich keinesfalls um einen Einzelfall, siehe etwa

https://archiv.twoday.net/stories/3048883
https://palimpsest.stanford.edu/byform/mailing-lists/exlibris/2004/08/msg00028.html
https://log.netbib.de/index.php?s=zerleg

Zur Diskussion im Börsenblatt die entlarvenden Kommentare einiger Antiquare und Mulzers Verteidigung unserer hier vertretenen Position:
https://www.boersenblatt.net/295855/


Für die Leipziger Musikbibliothek Peters, die u.a. wertvolle Originalhandschriften von Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy enthält, durfte der Freistaat Sachsen ein Verfahren zur Eintragung in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter nach dem Kulturgutschutzgesetz mit der Folge eines absoluten Ausfuhrverbots einleiten. Dies hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts Dresden mit einem den Beteiligten im Januar 2009 zugestellten Urteil vom 5. November 2008 (Az.: 5 K 1837/05) entschieden.

Zur qualitativ und quantitativ bedeutsamen Musikbibliothek Peters mit ca. 24.000 Einzelstücken gehören u. a. wertvolle Originalhandschriften bedeutender Musiker wie Johann Sebastian Bach und Felix Mendelssohn-Bartholdy, die in Pressemeldungen als »das Tafelsilber der Musikstadt Leipzig« bezeichnet wurden. Die Sammlung gehörte seit dem Ende des 19. Jahrhunderts jüdischen Eigentümern, die aufgrund ihrer Verdienste um die Musikbibliothek mit der Ehrendoktorwürde der Universität Leipzig ausgezeichnet wurden. Die Musikbibliothek wurde 1938/39 von den Nationalsozialisten enteignet und befand sich seitdem im Besitz der Stadt Leipzig. Zahlreiche Familienmitglieder der Eigentümerfamilie wurden in der Folgezeit ermordet. 1993 wurde das Eigentum an der Musikbibliothek durch das Sächsische Landesamt zur Regelung offener Vermögensfragen an die Erben der jüdischen Enteignungsopfer zurückübertragen. Diese schlossen zunächst unentgeltliche Leih- und Verwahrungsverträge mit der Stadtbibliothek Leipzig und dem Bach-Archiv Leipzig ab. Nach Teilkündigung der Verträge wurden wertvolle Stücke zur deutschen Abteilung eines internationalen Auktionshauses in Berlin verbracht. In diesem Zusammenhang leitete das Sächsische Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst das Verfahren nach dem Kulturgutschutzgesetz ein.

Hiergegen klagten die jüdischen Eigentümer. Da bereits die Einleitung des Eintragungsverfahrens nach dem Kulturgutschutzgesetz zu einem absoluten Ausfuhrverbot bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Eintragung führt, sahen sich die in den Vereinigten Staaten von Amerika, in Großbritannien und in Kanada lebenden Kläger an der Inbesitznahme ihres Eigentums und an einer Veräußerung zu Weltmarktpreisen gehindert.

Demgegenüber vertraten die Richter des Verwaltungsgerichts Dresden nunmehr die Auffassung, dass die Einleitung des Verfahrens zur Eintragung der Musikbibliothek Peters in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter nach dem Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung - Kulturgutschutzgesetz - rechtlich nicht zu beanstanden sei. Die Anwendbarkeit des Kulturgutschutzgesetzes werde durch die erfolgte Eigentumsrückübertragung an jüdische Alteigentümer nach dem Vermögensgesetz nicht ausgeschlossen. Ein solcher Ausschluss ergebe sich weder aus internationalen Vereinbarungen noch aus völkerrechtlichen Verträgen im Zusammenhang mit der Herstellung der Einheit Deutschlands. Das rückübertragene Eigentum an Kulturgütern unterliege nach dem Grundgesetz wie jedes andere Eigentum einer Sozialbindung, die durch das Kulturgutschutzgesetz konkretisiert werde. Eine Verfügung innerhalb der Bundesrepublik Deutschland bleibe den Eigentümern während des Eintragungsverfahrens und nach einer Eintragung in das Verzeichnis national wertvoller Kulturgüter möglich. Die Verfahrenseinleitung sei schließlich nicht rechtsmissbräuchlich, da sie offensichtlich dem Schutz wertvoller Kulturgüter gegen Abwanderung diene. Die Stadt Leipzig werde allerdings im Hinblick auf den Standort der Musiksammlung durch das Kulturgutschutzgesetz nicht geschützt. Sie sei vielmehr darauf angewiesen, die Musiksammlung etwa mit Unterstützung von Bund, Ländern und Sponsoren im Rahmen laufender Einigungsbemühungen mit den Eigentümern zu erwerben.

Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, das Gericht hat die - inzwischen eingelegte - Berufung zum Sächsischen Oberverwaltungsgericht zugelassen.


https://www.justiz.sachsen.de/vgdd/content/860.php

Der Entscheidung ist zuzustimmen.

Zur Bibliothek:

https://de.wikipedia.org/wiki/Musikbibliothek_Peters

Danke an Concord.

Es ware eine Schade, die Welfen Munzsammlung nach Braunschweig zu schicken. Die Sammlung muss unbedingt in Hannover bleiben.

Lili Dergaciova, Phd Student
Wissenschaftlicher Mitarbeiter,
Institut der Kultureigentum, Zentrum Archaeologie
Academie der Wissenschaften der Rep. Moldova
Str. Bd. Stefan cel Mare 1
Chisinau Rep. Moldova

 

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