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Kulturgut

Autographenauktion im Wiener Dorotheum am 9.12.2011 unter https://www.dorotheum.com/auktionen/auktion-9168-autographen.html ist der Katalog online. Das erste Lot sicher für ein deutsches Archiv interessant.

lautet der schöne Titel eines Artikels über die Geschichte des Reggae, in dem es über die ökonomischen Grundlagen dieser Musik heißt:

"Beschleunigt wird diese Produktionsweise durch das eigentümliche Copyright in Jamaika – das als Gewohnheitsrecht auch im Rest der Reggae-Welt gilt: Die instrumentalen Kompositionen (in der Fachsprache: „Riddims“), zu denen Gesangseinlagen aller Art entstehen können, gelten als öffentliches Gut, sind also frei kopierbar. So kommt es, dass von jedem halbwegs erfolgreichen Reggae-Song innerhalb weniger Wochen unzählige „Versionen“ entstehen, eine origineller, durchgeknallter oder einfach nur schöner als die andere."

https://www.zeit.de/musik/genreuebersichten/reggae

Leider wird auf das "eigentümliche Copyright" nicht näher eingegangen und Wikipedia kann hier ebenfalls nur eine "laxe[] Handhabung des Urheberrechts" erkennen.

https://de.wikipedia.org/wiki/Riddim

Wer sich gezielt verschiedene Varianten und Adaptionen eines Riddim anhört, findet Beispiele dafür, dass diese Produktionsweise kein kunstloses Klauen darstellen muss, sondern das respektvolle Aufnehmen und kreative Fortführen einer Tradition.

"Am 27. November 2011 eröffnet in der Bibliotheca Albertina eine Ausstellung, die die Ergebnisse des seit zwei Jahren laufenden Projektes zur Suche nach NS-Raubgut in den Beständen der Universitätsbibliothek dokumentiert."

https://www.ub.uni-leipzig.de/nsraubgut/

Informationen zum Projekt:

https://nsraubgut.ub.uni-leipzig.de

Radiosendung: NS-Raubkunst und der Umgang damit in Deutschland

"Die Presse vermeldete gestern, dass in der Uni-Bibliothek in Leipzig ca 3400 Bücher entdeckt worden sind, die unrechtmäßig im Bestand sind. Und zwar handelt es sich dabei um Bücher, die die Nazis zwischen 1933 und 1945 ihren Opfern geraubt hatten."

Interview mit Dr. Uwe Hartmann, Leiter der Arbeitsstelle für Provenienzforschung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, auf Radio Corax (Halle):

https://www.freie-radios.net/43457

In der NVwZ 2011, 1235ff. widmet sich der Verwaltungsrichter Gerhard Hornmann der Frage, ob der Eigentümer eines Denkmals gegen Umgebung-Beeinträchtigungen aufgrund Denkmalrechts vorgehen kann.

Der VGH München hat es schon früh erkannt, Literaturstimmen haben beigepflichtet, das BVerfG musste sich nicht festlegen und hat es offengelassen, das VG Frankfurt a. M. hat es als erstes Verwaltungsgericht entschieden, das BVerwG hat diesbezüglich die Klagebefugnis aus dem Verfassungsrecht abgeleitet, nun sind zahlreiche Verwaltungsgerichte gefolgt: Das Denkmalschutzrecht ist drittschützend (nachbarschützend). Die gegenteilige Auffassung und bisher überwiegende Meinung, das Denkmalschutzrecht diene nur öffentlichen Interessen und sei deshalb nicht drittschützend, ist überholt.

Der Autor prüft die hessische Rechtslage und resümiert: Dem Denkmalschutz kommt zugute, wenn er durch ein weiteres Standbein, nämlich das des nachbarlichen Abwehrrechts, neben denen der Aufgabenwahrnehmung der Denkmalschutzbehörden und der Denkmalfachbehörde sowie der Investitionen zur Erhaltung von Kulturdenkmälern von deren Eigentümern sowie von Land, Kommunen und privaten Initiativen gestärkt wird. Denn das Auge dieser Behörden kann angesichts begrenzter personeller und sachlicher Ressourcen nicht alle denkmalrechtlichen Frevel erkennen und verhindern.

BVerwGE 133, 347
https://lexetius.com/2009,1428
Zitat: Der Gesetzgeber handelte widersprüchlich, wenn er einerseits das Kulturdenkmal unter Schutz stellte und den Eigentümer zu dessen Erhaltung und Pflege verpflichtete, andererseits aber erhebliche Beeinträchtigungen der Denkmalwürdigkeit des Kulturdenkmals durch Vorhaben in der Umgebung ohne weiteres zuließe.

Siehe auch
VG Köln https://openjur.de/u/146264.html
OVG Berlin-Brandenburg
https://www.gerichtsentscheidungen.berlin-brandenburg.de/jportal/?quelle=jlink&docid=MWRE110000291&psml=sammlung.psml&max=true&bs=10



Gutshaus Groß-Kreutz. Foto: Clemensfranz https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/deed.de

In Kürze: Der Versuch Tiroler Institutionen, den bei Zisska aufgetauchten wertvollen Restbestand der denkmalgeschützten Haller Waldauf-Bibliothek en bloc zu erwerben, ist an der Gier von Auktionshaus und Einlieferer gescheitert. Einzelerwerbungen wurden nicht vorgenommen. Damit gingen die kostbaren Bücher an sogenannte Bibliophile, die sich nicht schämten, Dinge anzukaufen, die aus moralischer Sicht niemand anderem gehören als der frommen Stiftung des Florian Waldauf aus der Zeit Maximilians I. (Es ist nicht damit zu rechnen, dass öffentliche Institutionen in nennenswertem Umfang mitsteigern konnten.)

Die Presseaussendung der Diözese Innsbruck spricht Klartext:

Die von Florian Waldauf, einem Berater Maximilians I., Anfang des 16. Jahrhunderts gestiftete
und über 3000 Bände umfassende Predigerbibliothek gehört zu den ältesten Büchersammlungen
Tirols und enthielt eine Vielzahl an sehr beachtenswerten Handschriften, Inkunabeln und Drucken
des 16.–18. Jahrhunderts. Die Stiftungsbibliothek wird heute von der Stadtpfarre St. Nikolaus in
Hall verwaltet und wurde 2003 von der Universitäts- und Landesbibliothek Tirol in Innsbruck als
Dauerleihgabe übernommen.

Bedauerlicherweise sind der Bibliothek in ihrer wechselvollen jüngeren Geschichte gerade an
wertvollstem Buchgut erhebliche Verluste erwachsen:

Nachdem bereits im Zuge des Ersten Weltkrieges das gesamte Stiftungsvermögen untergegangen
war, kam der Bibliothek in weiterer Folge eine Vielzahl ihrer wertvollsten Objekte, darunter vor allem
Handschriften und Inkunabeln auf eine bis heute nie geklärte, wohl nicht legale Weise abhanden.
Diese Verluste gehen auf eine um bzw. nach 1938 vorsorglich durchgeführte Sicherstellung vor
den Nationalsozialisten sowie möglicherweise auch auf Bergungsmaßnahmen während des 2.
Weltkrieges zurück.

Die noch verbliebenen Buchbestände dieser Bibliothek wurden in den 1950er Jahren wieder
in das Kaplaneihaus rückgeführt und auf Veranlassung des Landesdenkmalamtes durch das
Pastoraltheologische Institut in Innsbruck neu geordnet. Im Zuge dessen soll 1964 angeblich ein
Verkauf von weniger wertvollen Druckwerken des 18. Jahrhunderts sowie von Dubletten an ein nicht
näher definiertes „Antiquariat in Ostösterreich“ erfolgt sein. Über die Rechtmäßigkeit eines solchen
Verkaufs kann bislang kein schriftlicher Nachweis erbracht werden. Dass es sich dabei um die von
Zisska & Schauer nunmehr angebotenen wertvollen Objekte handelt, kann nahezu ausgeschlossen
werden.

Aufgrund des Bücherkataloges von 1859 sowie aufgrund intensiver Recherchen in den letzten
Jahrzehnten kann heute von einem Gesamtverlust von ca. 700 Bänden ausgegangen werden.

Im Zuge der zwischen 9. und 11. November 2011 bei Zisska & Schauer in München stattfindenden
Bücherauktion wurden insgesamt 2 Handschriften, 19 Inkunabeln, also Druckerzeugnisse vor
1500, sowie über 200 Drucke des 16.-18. Jahrhunderts aus der Waldauf-Sammlung angeboten.
Aus verkaufstaktischen Gründen wurden nicht alle Bücher als der Waldauf-Bibliothek zugehörig
ausgewiesen, viele konnten im Zuge einer Einsichtnahme aufgrund eindeutiger Besitzhinweise
identifiziert werden.

Die herausragende kulturelle Bedeutung der denkmalgeschützten Waldauf-Bibliothek hat
weitreichende nationale und internationale Reaktionen auf kulturpolitischer, wissenschaftlicher,
kirchlicher und medialer Ebene ausgelöst. Dabei steht neben dem beträchtlichen Wert zahlreicher
Einzelobjekte vor allem die Option, diese für die Kulturgeschichte des Landes Tirol einzigartige
Sammlung in ihrer Geschlossenheit nach Möglichkeit zu bewahren, im Mittelpunkt.

Hierfür wurde zum einen die Rechtslage durch das Bundesdenkmalamt geprüft. Zum anderen
bemühten sich die Stadtpfarre St. Nikolaus in Hall, das Diözesanarchiv Innsbruck, die Kulturabteilung
des Landes Tirol sowie die Universitäts- und Landesbibliothek Tirol in Innsbruck, sämtliche vom
besagten Auktionshaus angebotenen Objekte der Waldauf-Bibliothek für Tirol zu sichern. Die dafür erforderlichen Mittel wurden durch finanzielle Zusicherungen seitens des Landes Tirol, der Pfarre Hall
und weiterer Sponsoren garantiert.

Seitens der Geldgeber kam grundsätzlich nur der Erwerb des Gesamtensembles in Betracht, wobei die Bücher im Gesamtpaket aus der Auktion herausgekauft werden sollten. Dagegen bestand
das Auktionshaus unter Berufung auf den Einbringer aus geschäftspolitischen Gründen letztlich darauf, die wertvollsten Objekte, nämlich die Handschriften und Inkunabeln, einzeln zu versteigern. Für die restlichen, weniger wertvollen Werke wurden unmittelbar vor Auktionsbeginn über den Schätzpreis hinausgehende sowie dem Wert und konservatorischen Zustand der Objekte keineswegs angemessene Forderungen gestellt.

Der angestrebte geschlossene Erwerb wäre im Hinblick auf die Einzelversteigerung nicht mehr gewährleistet gewesen. Insgesamt schien die Verwendung öffentlicher Gelder aufgrund des äußerst
risikoreichen Ausgangs der Auktion nicht mehr vertretbar.

Trotz intensivster Bemühungen bis unmittelbar vor Auktionsbeginn am Mittwoch war es nicht möglich, dieses einmalige kulturelle Erbe für das Land Tirol zu retten.


Für die Übermittlung dieses Textes und weitere Auskünfte danke ich Kollegen Diözesanarchivar Dr. Kapferer, Innsbruck.

Frühere Beiträge in Archivalia zur Waldauf-Bibliothek:
https://archiv.twoday.net/search?q=waldauf

KOMMENTAR:

Positiv zu vermerken ist, dass alle Beteiligten an einem Strang gezogen haben, um den Restbestand für Tirol zu retten. Dabei wurden erhebliche Geldsummen von Sponsoren eingeworben. Die Entscheidung, den Gesamtbestand aufzukaufen, also das archivische Provenienzprinzip gegen das verhängnisvolle bibliothekarische "Dublettendenken" zu setzen, verdient ebenfalls Respekt.

Die Juristen des Denkmalamts sahen keine Möglichkeit, gegen das Auktionshaus vorzugehen, da sowohl die Verbringung ins Ausland vor 1993 erfolgte (Voraussetzung der Rückforderung) als auch Straftatbestände verjährt waren.

Ein Team der Sondersammlungen der UB innsbruck hat den gesamten Bestand der Auktion gesichtet und erfasst (ob Fotos gemacht wurden oder gemacht werden durften, weiss ich nicht), insbesondere Vorprovenienzen notiert. Dabei hat sich herausgestellt, dass in erheblichem Umfang Waldauf-Bibliotheksgut im Katalog nicht als solches gekennzeichnet war. Aus meiner Sicht spricht einiges dafür, diese für mich durchaus "betrügerische" Fehlinformation potentieller Käufer als wettbewerbswidrige Irreführung nach dem UWG zu werten.

Es wäre schön gewesen, wenn Bibliotheken in der Causa Donaueschingen oder bei späteren Kulturgutverlusten, die ich seit 1994 dokumentiere, eine solche Bestandsdokumentation, die ja leider nur rudimentär sein konnte, durchgeführt hätten. Denn an den Katalogen der Händler hat man, wie hier schlagend erwiesen, wenig Freude. Diese verschweigen und verschleiern Provenienzen oder geben sie in irreführender Weise an.

Die verfügbaren Quellen insbesondere im Kirchenarchiv Hall wurden intensiv gesichtet, was aber hinsichtlich der entscheidenden Fragen ergebnislos blieb. Die FAZ schrieb vor der Auktion:

Schon vor der Auktion bei Zisska & Schauer sorgen Bücher der „Waldauf Bibliothek“ für Aufsehen: Florian Waldauf Ritter von Waldenstein und seine Frau Barbara stifteten 1501 der Pfarrkirche in Hall in Tirol eine Kapelle samt Predigtamt und Bibliothek. Während des Zweiten Weltkriegs wurde eine unbekannte Zahl wertvoller Schriften zum Schutz an Privatpersonen gegeben, jedoch nie rückerstattet. Bereits in der Vergangenheit tauchten immer wieder Waldauf-Bände im Handel auf. Ein 1983 angelegter Katalog zählt noch etwas mehr als 2000 Titel; heute bewahrt die Universitätsbibliothek Innsbruck diese unter Denkmalschutz stehende gotische Bibliothek als Leihgabe.

Nach Auskunft des Auktionshauses stammt die Einlieferung aus deutschem Privatbesitz, in den sie über ein „ostösterreichisches Antiquariat“ gelangt sei. Sie umfasst eine Handschrift - Briefe des Hieronymus, 1435 zu Papier gebracht (6000) - und elf Inkunabeln, darunter eine Prediktlehre mit Exlibris von Wolfgang Crener, dem ersten Prediger der Haller Stiftung (6000), und eine lateinische Koberger-Bibel von 1493 (10.000). Dazu kommen rund 170 Losnummern an Drucken aus den Jahren 1501 bis 1785, darunter zwei große Konvolute. Pfarrer Jakob Patsch von der zuständigen Gemeinde in Hall sagt, man wolle alles tun, um die Bücher zurückzubekommen, und sei auf der dringenden Suche nach Sponsoren; denn die Stiftung sei längst vollkommen mittellos.


Dieses ostösterreichische Antiquariat ist allem nach eine "Legende". Irgendwelche belastbaren Fakten zu diesem angeblichen Verkauf durch Jesuiten konnten nicht aufgefunden werden. Insbesondere gab es keine Einnahmen für die Pfarre Hall in Tirol, was ja wohl Voraussetzung einer legalen Veräußerung gewesen wäre.

Auch hinsichtlich der Entfremdung der Bestände konnte nur mündliche Überlieferung ermittelt werden, die dann auch zu der Aussage Brunners geführt hat, dass die Bücher aus Furcht vor der Beschlagnahmung durch die Nazis an Privatleute gegeben wurden. Die in einem Kommentar in diesem Weblog geäußerte Ansicht, die Entfremdung habe womöglich schon vor 1938 stattgefunden, ist abwegig:

https://archiv.twoday.net/stories/42999544/#49594897

1. Ganz offenkundig war die Bibliothek zum Zeitpunkt, als sie Prof. Mayrhofer in den Tiroler Heimatblättern 1938 beschrieb, noch intakt. Von früheren Verlusten weiß er nichts, er nennt ca. 80 Inkunabeln. Heutiger Bestand: 16 (Brunner VÖB-Mitt. 2003) bzw. 14 (UB Innsbruck, Website) bzw. 13 Titel laut GW. 1914 erfasste der GW laut Brunner 2003 61 Titel (Goldschmidt ZfB 1916: 70 Titel), Brunner in den Tiroler Heimatblätter nennt im Titel 64 verschollene Inkunabeln. Mayrhofer nennt die Titel einiger inzwischen verschwundener Inkunabeln, die sich nicht im GW-Verzeichnis finden.

2. Die Festschrift der von Florian Waldauf gegründeten Haller Stubengesellschaft 1958 aus der Feder von Ernst Verdroß-Droßberg, gewidmet Florian Waldauf, bestätigt eindeutig die Angabe Brunners, dass die Verluste in der NS-Zeit eingetreten seien: "Leider gingen während des letzten Krieges wertvolle Handschriften und Drucke verloren" (S. 41).

Es kann so gut wie ausgeschlossen werden, dass so wertvolle Bestände wie Handschriften und Inkunabeln 1964 an ein "ostösterreichisches Antiquariat" veräußert worden. Die diesbezügliche Angabe sehe ich persönlich als dicke fette Lüge, um einen illegalen Bestand mit einer "Legende" zu versehen, die im Einklang mit den Ausführungen Brunners im Handbuch der historischen Buchbestände steht. Über den Einlieferer war natürlich nichts zu erfahren, es soll sich um einen deutschen Staatsbürger handeln, der den Bestand schon seit längerer Zeit besitzt.

Da man auf Verhandlungen gesetzt hat, die sich zunächst auch gut anließen, ist es verständlich, dass man eine einstweilige Verfügung durch ein deutsches Gericht, die den Verkauf hätte stoppen können, nicht in Betracht gezogen hat.

Wenn es einen Preis für Skrupellosigkeit im Umgang mit Kulturgut in Deutschland 2011 gäbe, so hätten ihn der Einlieferer und das Auktionshaus sich verdient. Hätte es sich um jüdische Alteigentümer gehandelt, wäre die ganze Sache völlig anders abgelaufen. Tatsache ist, dass die unbefriedigende Rechtslage schamlos von einem gewissenlosen Auktionshaus und einem Besitzer ausgenutzt wurden, um eine fromme Stiftung um einen Teil ihres Stiftungsvermögens und das Land Tirol um einen Teil seines historischen Kulturguts zu prellen.

Dass Antiquariate in dieser Weise agieren können, ohne dass ihnen jemand einen Strich durch die Rechnung macht, und dass sie Kumpane als Käufer haben, die solche Ware schamlos erwerben, ist der eigentliche Skandal.

Der ILAB-Code sagt: Die "affiliates" sind dafür verantwortlich, dem Käufer den Rechtsanspruch auf die verkauften Artikel zu übergeben und werden nicht wissentlich gestohlenes Material kaufen, besitzen oder verkaufen. Die "affiliates" unternehmen alle zumutbaren Bemühungen, um sich davon zu versichern, dass alle von ihnen angebotenen Artikel Eigentum des Verkäufers waren. Weiterhin unternehmen sie alle zumutbaren Bemühungen, den Diebstahl von antiquarischen Büchern und damit zusammenhängendem Material zu verhindern. Sie arbeiten mit den Behörden zusammen, um zur Ergreifung der Täter beizutragen.

Es ist mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit wahr, dass die von Zisska verkauften Stücke gestohlen waren. Dann ist mit Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit Zisska als Hehler zu betrachten, denn hier wurde bewusst in Kauf genommen, das die Stücke gestohlen waren. Irgendwelche konkreten Gegenbeweise zur Herkunft - z.B. Angaben, was das für ein ostösterreichisches Antiquariat war - hat Zisska nicht vorgelegt. Der Hinweis auf dieses mysteriöse Antiquariat hat den gleichen Status wie der ominöse "Dachbodenfund". Die Stücke können im übrigen Österreich unter keinen Umständen legal verlassen haben, denn Ausfuhrbeschränkungen gab es schon in den 1920er Jahren.

Zisska ist auch nicht an den aus meiner Sicht einzig rechtmäßigen Eigentümer, die Waldauf-Stiftung, vertreten durch die Pfarrei Hall, herangetreten, als im Mai 2011 bereits Inkunabeln aus der Stiftung versteigert wurden. Und da ich Pfarrer Patsch die Nachricht von der jetzigen Auktion telefonisch überbracht habe, erfolgte auch jetzt keine Information.

Man kann sich wirklich nur für den Antiquariatshandel schämen und hoffen, dass irgendwann der Handel mit Kulturgut in ähnlicher Weise reglementiert wird wie der Handel mit Antiken oder mit Elfenbein. Es muss also der Gesetzgeber tätig werden. Und die Öffentlichkeit bzw. die Fachleute sollten Antiquariate wie Zisska konsequent ächten und deren Kunden, die solche Stücke kaufen, ebenso.

Zum Thema halbseidene Antiquare:
https://archiv.twoday.net/search?q=halbseiden

Nachtrag:

Josef Pauser geht ebenfalls auf das traurige Ergebnis ein:

https://www.univie.ac.at/voeb/blog/?p=18580

Enttäuscht über die gescheiterten Verhandlungen zeigte sich am Mittwoch auch Kulturlandesrätin Beate Palfrader, auf deren Initiative hin das Land sich in der Sache engagiert hatte, denn: „Leider war der angestrebte Ankauf der Waldauf-Bibliothek letztlich trotz intensiver Bemühungen des Landes nicht durchführbar, weil die Forderungen des Auktionshauses in München und des Einbringers der Buchbestände immer unvertretbarer wurden. Seitens des Landes stellt es sich so dar, dass das Auktionshaus in München nie wirklich ernsthaft an einem Verkauf interessiert war“, so Palfrader.

Das sei, erklärte die Landesrätin, „sehr bedauerlich“, weil sich das Land, die Pfarre Hall und die Universitäts- und Landesbibliothek sehr engagiert hätten und auch bereit waren, „einen hohen finanziellen Einsatz zu leisten“. Zudem habe man eine private Stiftung dafür gewinnen können, „sich ebenfalls mit einem namhaften Betrag am Ankauf zu beteiligen“. Die konkreten Beträge, die zur Rettung der Waldauf-Bestände hätten bereitgestellt werden sollen, blieben am Mittwoch freilich ebenso ungenannt wie die Höhe der Forderungen, die in München gestellt wurden.

So die Tiroler Tageszeitung
https://www.tt.com/csp/cms/sites/tt/Nachrichten/3745962-6/tiroler-kulturschatz-wird-zerschlagen.csp

In einem weiteren Artikel heißt es: Das Bundesdenkmalamt hatte zuvor rechtliche Schritte geprüft, allerdings sei man auf diesem Wege nicht weitergekommen, erklärt Reinhard Rampold vom Landeskonservatoriat Tirol: Der Münchner Auktionator habe den Einbringer bestätigen lassen, dass er die Waldauf-Bestände schon vor Inkrafttreten jenes Gesetzes besessen habe, das die Ausfuhr von Antiquitäten aus Österreich verbietet.

Das ist nach meiner Einschätzung eine Fehldarstellung, denn es gab meines Wissens schon vor dem Zweiten Weltkrieg ein Ausfuhrverbot. Zu den heutigen Rechtsgrundlagen:

https://www.bda.at/organisation/801/Ausfuhr

Zahlreiche Kunstwerke und Handschriften tragen Stempel des Bundesdenkmalamts vor 1993:
https://www.google.de/search?hl=de&q=%22stempel%20bundesdenkmalamt%22

Pauser kommentiert:
Für mich stellt sich wei­ter­hin die zivil­recht­li­che Frage, ob denn der unbe­kannte Einbringer tat­säch­lich Eigentümer der Bücher war und damit über­haupt befugt war, einen Verkauf via dem Antiquariatshandel täti­gen zu las­sen? Ich kann aus den mir vor­lie­gen­den Medungen nicht erken­nen, dass das Auktionshaus einen lücken­lo­sen Nachweis der Eigentümerkette (von der Waldauf-Stiftung weg bis hin zum Einbringer) erbracht hätte …

Weiteres Update:
Die öst. Rechtslage stellt dar Josef Pauser:
https://www.univie.ac.at/voeb/blog/?p=18580&cpage=1#comment-3438



Florian Waldauf

https://www.romanicodigital.com/

ist ein Portal für die Kunst der Romanik in Spanien.

https://biblioteca.cchs.csic.es/digitalizacion_tnt/index.html

ist die digitale Fassung des spanischen Denkmalkatalogs mit vielen alten Bildern, wobei natürlich die Lizenz CC-BY-NC für diejenigen Fotografen, die 70 Jahre tot sind, eindeutig Copyfraud ist.

https://plus.google.com/117546351384071338747/posts/8WKFgUdQcNp Bericht folgt

https://www.welt.de/print/die_welt/hamburg/article13697640/Dolchstoss-fuer-den-Denkmalschutz.html

Das geplante neue Denkmalschutzgesetz für Schleswig-Holstein ist bei einer Anhörung des Landtags heftig kritisiert worden. Denkmalschutz-Institutionen, aber auch Städte, Kreise und Gemeinden lehnten am Donnerstag in Kiel vor dem Bildungsausschuss des Parlaments den Gesetzentwurf der CDU/FDP-Regierungskoalition vehement ab. Tenor der Kritik: Der bisherige Denkmalschutz werde geschwächt, ausgehöhlt zugunsten der wirtschaftlichen Interessen von Eigentümern denkmalgeschützter Bauten.

Von einem Paradigmenwechsel spricht der Landeskonservator:

https://www.dradio.de/dkultur/sendungen/fazit/1594979/

"Wir in Schleswig-Holstein müssen erkennen, dass wir uns doch weitgehend dann außerhalb vereinbarter kulturpolitischer und kultureller Strategien und Verabredungen stellen und dass Schleswig-Holstein auch im Denkmalschutz die aller-, allerletzte Rolle unter den Bundesländern einnimmt."

https://newsticker.sueddeutsche.de/list/id/1225401

Das Nationalkomitee für Denkmalschutz sieht durch Pläne der schwarz-gelben Koalition in Kiel den Denkmalschutz bundesweit bedroht. «Es weht der Denkmalpflege ohnehin ein scharfer Wind entgegen», sagte die Geschäftsführerin Andrea Pufke in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur dpa. Da hätte ein Gesetz, wie Kiel es Ende des Jahres verabschieden will, verheerende Folgen für Deutschland, weil es ein negatives Beispiel wäre. Das Nationalkomitee ist beim Kulturstaatsminister des Bundes angesiedelt und sieht sich als Koordinierungsstelle für die meist föderal geprägte Denkmalpflege.
CDU und FDP an der Förde wollen mit einem neuen Denkmalschutzgesetz die Rechte der Eigentümer stärken und ihre wirtschaftlichen Belange mehr berücksichtigen. «Es ist völlig absurd, wenn ich in einem Gesetz, das die Denkmäler schützen soll, andere Rechtsgüter hervorhebe», kritisierte Pufke.
Außerdem will die Koalition die Verwaltung verschlanken und dazu wichtige Aufgaben des Landesamts für Denkmalpflege auf die unteren Denkmalschutzbehörden übertragen. Bauten ab 1950 sollen darüber hinaus schwerer unter Schutz zu stellen sein: Das Kulturministerium muss extra zustimmen. «Das ist wirklich einzigartig und entbehrt jeder Grundlage», sagte Pufke. «Da scheinen einige ein Problem mit moderner Architektur zu haben.»


Materialien, u.a. der Gesetzentwurf

https://www.landtag.ltsh.de/infothek/wahl17/drucks/1600/drucksache-17-1617.pdf

finden sich im Landtagsinformationssystem SH.

Update: https://archiv.twoday.net/stories/64022849/

Der Bestand der Wissenschaftlichen Stadtbibliothek Mainz
darf nicht zerschlagen werden!

Bitte unterstützen Sie unsere Online-Petition!

https://openpetition.de/petition/online/der-bestand-der-wissenschaftlichen-stadtbibliothek-mainz-darf-nicht-zerschlagen-werden

Die Mainzer Wissenschaftliche Stadtbibliothek ist in akuter Gefahr! Bitte helfen Sie mit, dass die historisch gewachsene Sammlung von 670.000 Büchern nicht zerteilt wird, sondern als Ganzes in städtischer Trägerschaft erhalten bleibt.

Bibliotheken sind nicht nur Büchersammlungen, sie sind Schatzhäuser des Geistes, Zeugen der Kultur einer Stadt und Region. Dies gilt seit 200 Jahren auch für die Mainzer Stadtbibliothek, die Nachfolgeeinrichtung der Bibliotheca Universitatis Moguntinae. Ihre historischen und regionalen Sammlungen bergen einzigartige Schätze vom 9. Jahrhundert bis heute.

Seit 200 Jahren haben Privatpersonen und Institutionen, Vereine und Schulen, ihre Büchersammlungen der städtischen Bibliothek gestiftet oder testamentarisch hinterlassen. Sie haben sich mit der Bürgerbibliothek identifiziert. Auch heute engagieren sich Buchpaten aus allen Kreisen der Bevölkerung bei der Restaurierung von historischen Druckwerken der Stadtbibliothek, weil ihnen die Erhaltung des Kulturguts in dieser Stadt und für diese Stadt ein Anliegen ist.

Will man den Zusammenhalt dieser gewachsenen Bürgerbibliothek, die den zweiten Weltkrieg im Wesentlichen überdauert hat, nun zerschlagen, so zerstört man die Bedeutung des Ganzen und nimmt den Bürgern einen Brennpunkt kultureller Identifikation. Nur wenn man das Ganze in den Blick nimmt, erhält man den Wert und die Gebrauchsfähigkeit der Mainzer Stadtbibliothek.

Die Bibliothek muss auch in Zukunft eine lebendige Regionale Forschungsbibliothek sein – ihre Leuchttürme sind die historischen Bestände und die Regionalia. Damit diese Leuchttürme weiter internationale Ausstrahlung haben, brauchen sie zwingend die finanziellen, personellen und organisatorischen Voraussetzungen für Erwerbung, Erschließung, Erhaltung und den Verbleib in der Verbund-Infrastruktur des Wissenschaftlichen Bibliothekswesens.

Für das 100 Jahre alte Jugendstilgebäude gibt es den Denkmalschutz.
Für die historische Sammlung braucht es den Ensembleschutz.
Das sollten diejenigen nicht vergessen, die unter dem Sparzwang eine Zersplitterung des Bestandes erwägen.

Das Ganze ist mehr als die Summe seiner Teile!


https://www.mainzerbibliotheksgesellschaft.de/bibliothek-in-not/petition.html

Siehe auch
https://archiv.twoday.net/search?q=stadtbibliothek+mainz

XI 552a Vorderdeckel. Foto: M. Steinmetz

Eine Schande!

https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/fischer1932_09_06/0009

Zum Thema Schloss Erbach
https://archiv.twoday.net/stories/6031559/

Waffensaal im Schloss, Foto: Erbacher https://creativecommons.org/licenses/by-sa/2.5/deed.de

 

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