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Kulturgut

https://www.zvab.com/profile/86424h.jsp

Der Antiquar war sehr kurz angebunden und verwies mich an den OB von Stralsund. Er habe einen Vertrag mit der Stadt Stralsund. Von den juristischen Problemen wollte er nichts hören und beendete das Gespräch.

https://archiv.twoday.net/search?q=stralsund

Update: Die Mitinhaberin des Augusta-Antiquariats

https://www.abebooks.de/augusta-antiquariat-biburg/7555168/sf

bestätigte nur, dass sie die Bücher von Hassold hat und verweigerte zu weiteren Fragen die Auskunft.

Und gut sortiert ist das Online-Lexikon gelegentlich auch, so zum Beispiel mit interessantem Material zur Causa Stralsund: Der Benutzer "Kresspahl" stellte eine Liste der Rektoren des Stralsunder Gymnasiums, des heutigen Hansa-Gymnasiums in Stralsund, zusammen:

https://de.wikipedia.org/wiki/Hansa-Gymnasium_Hansestadt_Stralsund#Bekannte_Rektoren_des_Stralsunder_Gymnasiums

Über eine ganze Reihe dieser Rektoren, allesamt Gelehrte, kann man in eigenen Artikeln etwas erfahren. In der ehemaligen Bibliothek der Anstalt, deren verbliebene Bestände seit 1945 im Stralsunder Stadtarchiv verwahrt und kürzlich dem Handel überlassen wurden, waren diese Persönlichkeiten präsent, ihre Namen finden sich nunmehr zuhauf im umfangreichen Angebot eines Antiquars:

https://www.abebooks.de/servlet/SearchResults?sortby=0&vci=4323596

In der jetzt leider durch zerstreuende Veräußerung nicht mehr existierenden Bibliothek des Stralsunder Gymnasiums waren sie für einige Jahrhunderte als Ensemble in ihren Publikationen gegenwärtig am Ort ihres längst vergangenen Wirkens; mit der Auflösung dieser Sammlung wurden sie zu Buchstaben, zu Fliegenbeinen auf Papier. In den blauen Wikipedia-Links werden sie zur Gaukelei virtueller Klicks und zerfallen in einzelne Schaufenster. Erledigtes Kulturgut ist nicht recyclebar.

Ein befreundeter Theologe und Geisteswissenschaftler aus den USA hat in der Causa Stralsund dem Bürgermeister von Stralsund Alexander Badrow einen Brief geschrieben, den ich hier veröffentlichen darf.

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,

am Reformationstag ist es gut, daran zu erinnern, welche kulturellen und gesellschaftlichen Errungenschaften die Reformation mit sich brachte. Dazu gehörten nicht zuletzt gute, allen zugängliche öffentliche Schulen und Bibliotheken.
Umso mehr muss es befremden, in diesen Tagen lesen zu müssen, dass die Hansestadt Stralsund auf Beschluss des Hauptausschusses vom 5. Juni 2012 den ''Teilbestand Gymnasialbibliothek" antiquarisch veräusserte.

Es ist völlig unverständlich, wie eine kommunale Körperschaft der
Zerschlagung einer in Jahrhunderten gewachsenen Sammlung wertvollen Kulturguts, die sie seit 1945 als Archivgut verwahrte, zustimmen kann. Gerade eine Hansestadt wie Stralsund, die sich des Titels Weltkulturerbe rühmt, sollte verantwortungsvoller mit ihrer Überlieferung umgehen. Ihre Geschichte und ihre unbeweglichen und beweglichen Zeugnisse sind doch ein
wesentlicher Teil dessen, was das Besondere gerade Ihrer Stadt ausmacht.

Einen Nutzen des Verkaufs, ausser dass das Archiv den Teilbestand
los ist (was ein trauriger Nutzen ist), kann ich nicht erkennen, schon gar nicht beim Verscherbeln an einen privaten, profitorientierten Antiquar. Finanziell kann der Verkauf (relativ gesehen) nicht viel gebracht haben und wird zur Schimmelsanierung kaum reichen - der Schaden ist jedoch immens, weil die Sammlung zerstört ist. Hat überhaupt eine wissenschaftliche Inventarisierung stattgefunden? Gab es
Kommunikation und Abstimmung mit der Landesbibliothek und den
Universitätsbibliotheken im Land? Wurde der Vorgang archivrechtlich geprüft - nach Ansicht einiger Experten hat die Stadt gegen ihre eigene Archivsatzung verstossen, die die Unveräusserlichkeit des Archiv- und Bibliotheksguts festschreibt.

Ich bitte Sie, Herr Oberbürgermeister, den Vorfall nicht auf sich
beruhen zu lassen, sondern Ihre Verantwortung dem Kulturerbe gegenüber wahrzunehmen und alles daran zu setzen, dass dieses Geschäft annulliert wird und der Teilbestand Gymnasialbibliothek wieder nach Stralsund zurückkommt und der Nachwelt und Forschung erhalten bleibt.

Mit freundlichen Grüssen
Ihr
Dr. H... R...

Aus aktuellem Anlass - siehe https://archiv.twoday.net/stories/197331951/ zum Stadtarchiv Stralsund - sei (nach freundlichem Hinweis von Dr. jur. Steinhauer) darauf aufmerksam gemacht, dass die breit aufgestellte Allianz zur Erhaltung des schriftlichen Kulturguts, an der auch Archive beteiligt sind, 2009 einen insoweit maßgeblichen Hinweis zu Exemplaren von Drucken vor 1850 gegeben hat.

"Für die älteren Buchbestände müssen andere Kriterien als das Territorialprinzip herangezogen
werden. Hier greifen buch- und sammlungsgeschichtliche Aspekte. In der Periode der Handdruckpresse, der Hadernpapiere und des individuell in Auftrag gegebenen Einbands (bis etwa 1850)
unterscheiden sich Bücher prinzipiell voneinander. Je älter ein Buch ist, um so individueller ist es
in seiner äußeren Gestalt (z. B. in Einband, Kolorierung), abgesehen von seiner oft noch erkennbaren Gebrauchsgeschichte (z. B. durch Marginalien eines Vorbesitzers, Provenienzvermerke). Es
besitzt einen eigenen Exemplarwert. Daraus folgt: Bücher aus der Zeit vor 1850 sind in jedem
noch vorhandenen Exemplar, unabhängig von ihrer Sprache, ihrem Druck- oder Aufbewahrungsort, zu erhalten."

https://www.allianz-kulturgut.de/fileadmin/user_upload/Allianz_Kulturgut/dokumente/2009_Allianz_Denkschrift_gedruckt.pdf

Daraus folgt: Werden aus Archivbibliotheken oder anderen Bibliotheken sogenannte Dubletten aus der Zeit vor 1850 veräußert, so verstößt das gegen die maßgeblichen Standards.

Siehe auch
https://archiv.twoday.net/stories/3337360/

https://archiv.twoday.net/stories/3486988/

Aus INETBIB:

From: "Klaus Graf"
Sender: "Inetbib"
Subject: Re: [InetBib] Unglaublich: Historische Gymnasialbibliothek im Stadtarchiv Stralsund an Antiquar verkauft
Date: Wed, 31 Oct 2012 12:54:21 +0100
To: "Internet in Bibliotheken"

On Tue, 30 Oct 2012 20:13:36 +0100
"Klaus Graf"
wrote:
> Hofbibliothek Donaueschingen, Nordelbische
> Kirchenbibliothek, Kapuzinerbibliothek Eichstaett - seit
> vielen Jahren kaempfe ich fuer den Schutz historischer
> Buchsammlungen. Der jetzt bekannt gewordene Verkauf der
> traditionsreichen Bibliothek des Stralsunder Gymnasiums
> im
> Stadtarchiv Stralsund steht fuer mich auf einer Stufe mit
> den genannten Katastrophen.
>
> Wie man sich im Handbuch der historischen Buchbestaende
> unschwer ueberzeugen kann, ist die 1937 begruendete
> Archivbibliothek in Stralsund als Nachfolgerin der
> Ratsbibliothek eine der bedeutenden
> Altbestandsbibliotheken
> in Mecklenburg-Vorpommern. 1995 betrug der Buchbestand
> ca.
> 100.000 Baende, davon etwa 75 Prozent Altbestand. Die
> gesondert aufgestellte Gymnasialbibliothek kam 1945 in
> die
> Archivbibliothek:
>
>
https://fabian.sub.uni-goettingen.de/?Archivbibliothek_Stralsund

Frau Noeske von der Christianeums-Bibliothek hat fuer mich
Online-Antiquariatsangebote gesichtet und bei Peter Hassold
in Dinkelscherben bei Augsburg tausende Drucke mit
Stralsunder Aussonderungsstempeln entdeckt. Der Anbieter
ist heute nicht erreichbar.

Im November kommt bei Zisska unter den Hammer:

https://de.zisska.de/nr-327-trkenkriege-ausschreiben/600692

"TÜRKENKRIEGE – AUSSCHREIBEN

so die Romische Konigliche Maiestat. An den obersechsischen
kreys des Türckischen anzugs halben gethan. Stettin, F.
Schlosser, (1537). 4º. Mit Holzschnitt-Titelbordüre und 2
ganzseit. wdh. Textholzschnitten. 4 nn. Bl. Mod. Hlwd.
(leicht bestoßen). (38)

Schätzpreis / Estimate: 3.000,- €

Einziges nachweisbares Exemplar. – VD 16 D 1192 (kein
Standortnachweis, Eintrag nach Sekundärliteratur). –
Sendschreiben des römisch-deutschen Königs (späteren
Kaisers) Ferdinand I. an die Fürsten des obersächsischen
Kreises, Johann Friedrich I. von Sachsen, Markgraf Joachim
II. von Brandenburg und Herzog Georg von Sachsen, wegen der
Abhaltung eines Reichstags zur Türkenfrage. Erwähnt werden
die vorangegangenen Reichstage der Jahre 1530 in Augsburg
und 1532 in Regensburg sowie ein Tag der bayerischen
Kreisfürsten in Passau. – Die Schrift ist als
Faksimile-Nachdruck wiedergegeben in: Werner Bake, Die
Frühzeit des pommerschen Buchdrucks im Lichte neuerer
Forschung, Pyritz 1934.

Bake berichet über die Auffindung des Exemplars – das hier
vorliegende – im Zuge seiner Forschungen zu dem bis dato
weitgehend unbekannten Drucker: "Über den Drucker Franz
Schlosser, den Mohnike ablehnte und Krause mit einem
Beweisstück belegte, wußte man aber im Pommernland und in
den Druckgeschichten anderer Länder bisher weiter noch
nichts! Erst systematische Suche nach ihm und seinen
Arbeiten hatte jetzt das Ergebnis, daß im Mai 1930 in der
Ratsbibliothek zu Stralsund zunächst zwei weitere Drucke
von ihm gefunden wurden, die, wenn auch nicht ausgiebig, so
doch etwas mehr Kenntnis von und über den bisher
unbeachteten Drucker brachten und zu eingehender
Beschäftigung mit ihm Anlaß boten." Von diesen beiden die
Türkenhilfe betreffenden Drucken, die sich als
Besonderheiten im Schrank des Bibliotheksdirektors fanden
und in den gedruckten Inventaren der Ratsbibliothek nicht
aufgeführt sind, konnten keine weiteren Exemplare ausfindig
gemacht werden. Auf Grund ihrer frühen Datierung und den
aus ihnen gewonnenen typographischen Erkenntnissen zu den
Anfängen des Buchdrucks in Stettin sind sie "für die
pommersche Druckgeschichte von außerordentlichem Werte"
(Bake). Alle Ergebnisse der Forschungen über Schlosser hat
Bake in einem biographischen Kapitel zusammengetragen (S.
95 ff.; unser Druck ist in der Bibliographie auf S. 168 –
Stettin/Schlosser, Nr. I A 3 – verzeichnet). Zu dem aus
Wittenberg stammenden Drucker, der 1533-39 in Stettin
nachweisbar ist, siehe weiterhin Reske 860.

Schlosser hat in seinen Werken meist alte Titeleinfassungen
des Wittenberger Druckers Johann Rhau-Grunenberg
übernommen. Die vorliegende Titelbordüre mit musizierenden
Putten zwischen Blumenranken hatte Rhau-Grunenberg bereits
in mehreren Drucken verwendet (Bake S. 89). Der zweifach
abgedruckte Holzschnitt zeigt einen stehenden Ritter mit
Kreuzesfahne und Schild, darauf den Doppeladler als
Reichssymbol. Nach Bake (S. 90) wurde er wohl aus einer
Magdeburger Druckerei übernommen und stellt den hl.
Mauritius dar. Die Datierungsfrage klärt Bake im Vergleich
mit einem anderen, im Text weitgehend übereinstimmenden
Druck des "Ausschreibens", das sich im Stadtarchiv
Frankfurt/Main befindet und das Datum 1537 trägt (S. 91).

Faltspur, etw. wasserrandig und gebräunt, letztes Bl. etw.
angeschmutzt, Titel und letztes Bl. mit zeitgenössischen
Vermerken "Pro gratia deo" und "Turken hir belangendes"
sowie dem Datum 1531 (?) auf dem letzten Bl., weiterhin der
tls. ausgekratzte Stempel der ehemaligen Stralsunder
Ratsbibliothek."

Herr Schauer vom Auktionshaus sagte nur, als er meinen
Namen hoerte, kurz und unfreundlich: "Da gibt es eine
Verkaufsquittung und die Sache ist in Ordnung". Aufgelegt.

Das ist durchaus verstaendlich, wenn man sich ansieht, was
ich ueber Zisska bisher meldete:

https://archiv.twoday.net/search?q=zisska

Dr. jur. Steinhauer vertrat in einem Kommentar in
Archivalia die Ansicht, dass tatsaechlich ein Fall fuer die
Kommunalaufsicht vorliegt, da die Archivsatzung
Veraeusserungen verhindere.

Der Jurist Dieter Strauch geht in seinem Buch "Das
Archivalieneigentum" (1998), S. 298f. kurz auf
archivgesetzliche Klauseln ein, die das Archivgut fuer
unveraeusserlich erklaeren. Das seien absolute
Verfuegungsverbote im Sinne von § 134 BGB "Ein
Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt,
ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes
ergibt". Werden sie verletzt, so ist die Verfuegung
gegenueber jedermann unwirksam. Das verfuegende Archiv
verliere sein Eigentum nicht.

Die Kommunalaufsicht habe ich informiert, es schadet aber
nichts, wenn man sich mit Protestchreiben an den OB von
Greifswald oder das zustaendige Archiv wendet.

Wolfgang Schmitz (UB Koeln) hat mir erlaubt, seine Mail an
mich wiederzugeben:

"Lieber Herr Dr. Graf,

die Aktion in Stralsund mit dem Verkauf einer alten in
langer Zeit gewachsenen Bibliothek
habe ich mit hohem Befremden registriert. Es scheint so,
als ob 40 Jahre bibliothekarische
Aktivitäten zur Erhaltung und Belebung kleinerer
historischer Bestände (Paul Raabe) an manchen
Entscheidungsträgern völlig vorbeigegangen sind.

Als Bibliothekar, der als Leiter einer der großen deutschen
Universitätsbibliotheken mit historischem Altbestand und
als Wissenschaftler, der sich seit vielen Jahren mit der
Geschichte
der Buchwesens beschäftigt, halte ich kritische Nachfragen
zum Casus für dringend geboten: Gab es eine Abstimmung mit
regionalen und überregionalen Altbestandsbibliotheken?
Wurde vor dem
Verkauf eine wissenschaftliche Dokumentation vorgenommen?
Wieso erfährt man nicht, was genau und an wen veräußert
wurde, um eine Rekonstruktion des verkauften Bestands zu
Forschungszwecken zu
unterstützen? Wieso hat man eine so alte und durch
Teilbestände, etwa die Bücherschenkung des Zacharias Orth,
herausragende Schulbibliothek nicht als schützenswertes
Ensemble und unveräußerliches Kulturdenkmal behandelt?

Das sind Fragen, bei denen sich die wissenschaftliche und
bibliothekarische Öffentlichkeit nicht
mit Informationsbrocken abspeisen lassen sollte. Gefordert
ist rückhaltlose Aufklärung.

Mit besten Grüßen
Ihr Wolfgang Schmitz"

Klaus Graf

--
https://www.inetbib.de


Siehe zuvor:

https://archiv.twoday.net/stories/197331488/

https://archiv.twoday.net/stories/197331274/

Update:

Aus INETBIB:

Lieber Herr Graf!

Vielen Dank für Ihre Information! Ein absolut ungeheuerlicher Vorgang. Haben Sie schon daran gedacht bzw. überprüft, den Fall an die Ostsee-Zeitung (https://www.ostsee-zeitung.de) und den NDR weiterzuleiten? Oder haben diese Medien bereits berichtet?

Ich teile die rechtliche Einschätzung von Herrn Steinhauer: hier ist § 134 BGB anwendbar.

Beste Grüße

Dr. Harald Müller

Max-Planck-Institut für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht / Bibliothek


31.10.2012 14:37 Wolfgang Meyer von der Bürgerschaft in Stralsund teilt telefonisch mit:
https://www.stralsund.de/sitzung/sm_sourc.nsf/IDsWeb/040616-57519-GB-99999?OpenDocument
Die Archivarin hatte eine Liste vorgelegt, wobei es sich um unbedeutende Dubletten gehandelt habe.

***

Hassold bietet bei Abebooks z.B. an: "Lectionsplan für die Sechste Klasse des Stralsundschen Gymnasiums" 1783. Ich finde keinen Nachweis im KVK.

Auf dem Angebot https://goo.gl/ZcO0T des Augusta-Antiquariats prangt auf der Titelseite ein Stempel der Stadt Stralsund. Den Druck finde ich nicht in deutschen Bibliotheken laut KVK und auch nicht im VD 17: "Hochzeit-Gedicht. Dem Edlen/Wol-Ehrenfesten und Rechtsgelahrten Herrn Michael Veithen J. U. C. auch wolverordneten Protonotario allhie in Strasund Und der Wol-Edlen/ Viel-Ehr-und Tungendreichen Jungf. margareta Halleninn Bey deo den 18. Nov. des 1660. jahres/vollenzogenen Ehren-Tage."

Stempel-Abbildungen: "Ratsarchiv zu Stralsund": https://www.zvab.com/displayBookDetails.do?itemId=206333265&b=1, https://www.zvab.com/displayBookDetails.do?itemId=206333264&b=1
"Bibliothek des Gymnasiums zu Stralsund", "Als Eigentum des Stadtarchivs Stralsund gelöscht" https://www.zvab.com/displayBookDetails.do?itemId=203740769&b=1

Update: https://archiv.twoday.net/stories/197332570/

1.11.2012 Habe eine kurze Meldung für den Leserbereich des Ostsee-Anzeigers geschrieben:
https://www.ostsee-anzeiger.de/index.php?lg=&m1=10&m2=3&gebiet=&thm=7

Infobib schreibt über den "Ausverkauf der Gymnasialbibliothek Stralsund"
https://infobib.de/blog/2012/10/31/ausverkauf-der-stralsunder-gymnasialbibliothek/

stralsund_gymnasialbibliothek

Erinnerung zum Friede. Das ist Kurtzer und trewlicher Bericht zu den lieben beständigen Fried, 1640

Mein Beitrag soeben in INETBIB:

Hofbibliothek Donaueschingen, Nordelbische
Kirchenbibliothek, Kapuzinerbibliothek Eichstaett - seit
vielen Jahren kaempfe ich fuer den Schutz historischer
Buchsammlungen. Der jetzt bekannt gewordene Verkauf der
traditionsreichen Bibliothek des Stralsunder Gymnasiums im
Stadtarchiv Stralsund steht fuer mich auf einer Stufe mit
den genannten Katastrophen.

Wie man sich im Handbuch der historischen Buchbestaende
unschwer ueberzeugen kann, ist die 1937 begruendete
Archivbibliothek in Stralsund als Nachfolgerin der
Ratsbibliothek eine der bedeutenden Altbestandsbibliotheken
in Mecklenburg-Vorpommern. 1995 betrug der Buchbestand ca.
100.000 Baende, davon etwa 75 Prozent Altbestand. Die
gesondert aufgestellte Gymnasialbibliothek kam 1945 in die
Archivbibliothek:

https://fabian.sub.uni-goettingen.de/?Archivbibliothek_Stralsund

Hervorheben moechte ich nur die schon im 16. Jahrhundert
angekaufte Bibliothek (mit zahlreichen Randbemerkungen und
Eintragungen) des neulateinischen Dichters Zacharias Orth,
die der Gymnasialbibliothek ueberwiesen worden war, die
schon fuer sich genommen als ein schuetzenswertes
Kulturdenkmal gelten kann. Die Gymnasialbibliothek erhielt
im Lauf der Zeit sehr viele Schenkungen, die ihren
wertvollen Bestand vermehrten.

Bis jetzt kann ich es kaum glauben, was auf meine Anfrage
hin die Stadt Stralsund mir heute mitteilte:

"Sehr geehrter Herr Dr. Graf,
wir bedanken uns für Ihr Interesse an unserem Archivgut und
sehen es wohlwollend, dass Sie auch über unser Stadtarchiv
etwas auf Ihrem Portal veröffentlichen wollen. Das
unterstreicht einmal mehr, dass Sie dem Stadtarchiv
Stralsund Bedeutung beimessen.
Bestätigen können wir Ihnen deshalb, dass ein Antiquar die
bisher im Stadtarchiv Stralsund befindliche
Gymnasialbibliothek angekauft hat. Darüber hinaus können
wir jedoch keine weiteren Informationen geben, da es sich
hierbei um schutzwürdige Interessen handelt. Deshalb wurde
dem Verkauf durch ein Gremium der Bürgerschaft im
nichtöffentlichen Teil der entsprechenden Sitzung
zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Koslik
Pressesprecher"

Wie ich unter https://archiv.twoday.net/stories/197331450/
ausgefehrt habe, ist der Verkauf rechtswidrig, denn er
verstoesst gegen die Satzung des Stadtarchivs Stralsund von
2002, die das Archiv- und Bibliotheksgut des Stadtarchivs
zum unveraeusserlichen Kulturgut erklaert hat.

Ich hatte schon letzte Woche bei der Landesbibliothek in
Schwerin angefragt und von deren Leiter Dr. Frank Pille die
Auskunft erhalten, dass weder sein Rara-Referent Dr. Roloff
noch er etwas von dem Verkauf gewusst haben. Heute konnte
ich kurz mit den Leitern der Universitaetsbibliotheken
Greifswald und Rostock telefonieren, die beide Gleiches
versicherten.

Dr. Wolff von der UB Greifswald erklaerte, seine Bibliothek
sehe sich in der Verantwortung fuer Pomeranica und
versuche, das regionale historische Bibliotheksgut zu
sichern. Haette sich die Stadt Stralsund an die
Universitaet gewandt, haette man gemeinsam nach einer
anderen Loesung suchen koennen.

Als ich in der Mailingliste Provenienz eine Meldung ueber
Diebstaehle aus Arolsen und anderen Bibliotheken als
Aufhaenger nutzte, um auf den Stralsunder Casus
hinzuweisen, schrieb mir der Bielefelder Germanist Prof.
Dr. Ulrich Seelbach (zitiert mit Genehmigung): "der
Diebstahl einzelner Bücher kann ja doch letztlich
rückgängig gemacht werden - eine Zerschlagung der
historisch gewachsenenen städtischen Bibliothek aber wohl
kaum, denn hier handelt der Rechte-Inhaber. Ich habe
einen Brief an den Oberbürgermeister geschrieben und hoffe,
dass andere mit persönlichen Briefen und öffentlichen
Aufrufen dasselbe tun werden: dieses Auseinanderreißen
historisch gewachsener Bibliotheken an den Pranger zu
stellen."

Felicitas Noeke, die Betreuerin einer der kostbarsten
deutschen Gymnasialbibliotheken, des Christianeums in
Hamburg, ist empoert: "Historische Gymnasialbibliotheken
sind weitestgehend ungeschützt insofern, als sie "vor Ort"
nur selten als identitätsstiftende Sammlungen von
unschätzbarem bildungsgeschichtlichen und damit auch
landeshistorischem Wert erkannt werden. In Archiven und
Bibliotheken einer Region verwahrt, sind sie, so lese ich
die oben zitierte offizielle Mail eines Pressereferenten,
als Kulturgut der öffentlichen Hand sogar nunmehr dem
Verscherbeln durch örtliche "Gremien" nach
"nichtöffentlichen" Beschlüssen einwandfrei freigegeben?

In diesem Fall möchte ich hier öffentlich aufs Schärfste
protestieren gegen derlei unverantwortlichen Umgang mit
Bibliotheksgut einer im 16. Jahrhundert gegründeten
Lehranstalt!"
https://archiv.twoday.net/stories/197331274/ (Kommentar)

Der Heidelberger Professor Dr. Wilhelm Kühlmann, einer der
renommiertesten Frühneuzeit-Forscher, der selbst über
Zacharias Orth gearbeitet hat, ist ebenfalls befremdet über
die Nachrichten aus der traditionsreichen Hansestadt: "Ohne
eine vorherige gründliche wissenschaftliche Prüfung und
Dokumentation des wertvollen historischen Bestands sollte
nichts verkauft werden".

Vor allem als Archivar schaeme ich mich fuer das Vorgehen
der Greifswalder [Stralsunder] Kollegen, die trotz aller finanziellen
Zwaenge alles haetten tun muessen, um das
Provenienzprinzip, den Respekt vor den historischen
Herkunftsgemeinschaften, auch dann hochzuhalten, wenn es
um historische Buchbestaende geht, die als Ganzes und auch
in Teilen ebenso Unikat-Charakter haben wie
handschriftliches Archivgut. Sie haetten einen so krassen
Verstoss gegen die eigene Archivsatzung nie zulassen
duerfen. Eine archivfachliche Diskussion im Landesverband
MV des Verbands deutscher Archivarinnen und Archivare e.V.
(VdA) hat es jedenfalls nicht gegeben, denn der Vorsitzende
Dr. Kasten vom Stadtarchiv Schwerin wusste letzte Woche
nichts von den Verkaeufen und dachte an die ueblichen
Dublettenverkaeufe bei vergleichsweise jungen
Standardwerken. Der Vorsitzende des VdA, Dr. Diefenbacher
vom Stadtarchiv Nuernberg, war heute nicht fuer eine
Stellungnahme zu erreichen.

Natuerlich ist es ein Unding, dass man die
wissenschaftliche Rekonstruktion der Gymnasialbibliothek
dadurch behindert, dass man nichts Naeheres ueber den
Verkauf und vor allem den Kaeufer bekanntgibt.

Die Ostsee-Zeitung ist informiert, ich werde am Ball
bleiben und bin natuerlich fuer oeffentlich zitierbare
Aeusserungen von wichtigeren Wissenschaftlern als ich es
bin dankbar. Ich werde in dem Weblog Archivalia

https://archiv.twoday.net

laufend berichten. Es kann und darf nicht sein, dass
Kommunen nun ungestraft ihr historisches Kulturgut
verscherbeln!


Nachtrag: Das Antiquariat Peter Hassold in Dinkelscherben bietet Bücher aus der Gymnasialbibliothek Stralsund an, z.B.

https://www.abebooks.de/servlet/BookDetailsPL?bi=8603394176&searchurl=bsi%3D330%26sortby%3D1%26vci%3D4323596

Zu https://archiv.twoday.net/stories/197331274/

Am besten zitiere ich komplett den Abschnitt im Fabian-Handbuch:

https://fabian.sub.uni-goettingen.de/?Archivbibliothek_Stralsund

Stralsunder Gymnasialbibliothek

2.115 Das Stralsunder Gymnasium, eine der ältesten Schulen in Mecklenburg-Vorpommern, wurde 1560 gegründet und im ehemaligen Katharinenkloster von Bürgermeister Nikolaus Gentzkow eingeweiht. Der Anfang einer Bibliothek fällt nachweislich schon in die erste Zeit der Schulgeschichte, obwohl die eigentliche Gründung der Gymnasialbibliothek erst 1627 von Rektor Andreas Helwig (1572-1643) urkundlich belegt wurde. Durch Buch- und Geldgeschenke von Lehrern, Pastoren, Buchhändlern, Ratsherren und von vielen anderen Wohltätern konnte diese Bibliothek ständig wachsen.

2.116 Eine besondere Zuwendung erhielt sie im Jahre 1644 vom Magistrat der Stadt: eine Sammlung von 112 Bdn philologischen, historischen, philosophischen und theologischen Inhalts, die schon 1579 von den Erben des Stralsunder Poeten Zacharias Orthus (um 1530-1579) angekauft worden war. In seiner Bibliothek hatte Orthus, der in Wittenberg und Greifswald Poesie und Geschichte gelehrt hatte, sowohl die eigenen als auch die Werke namhafter Zeitgenossen, wie Bugenhagens und seines Freundes Melanchthon, vereint. Auch damals bedeutende Dichterkollegen gehören dazu. Viele Bände tragen seinen eigenhändigen Namenszug und auf dem Deckel die Buchstaben ZOPL (" Zach. Orth. poeta laureatus"). Im Bestand finden sich Werke von Herodot und Thucydides, Stephanus, Plutarch, Aelian, Pindar, Demosthenes, Lucian, Quintilian u. a. Auch ein Baseler Druck des Neuen Testaments von 1553 in Griechisch ist belegt. Zu den ältesten Titeln des Zacharias Orthus zählen zwei Carmen (Rostock 1556 und 1562), ein Leichengedicht für den pommerschen Herzog Philipp I. (Greifswald 1560) und Trium Romanorum imperatorum ... vita, prosa et ligita oratione graece et latine descripta (Wittenberg 1577).

2.117 Die Bibliothek konnte bereits im Jahre 1802 eine ansehnliche Sammlung von 4000 Bdn verbuchen, größtenteils alt- und neuphilologischen, historischen und geographischen Inhalts. Besonderes bibliothekarisches Feingefühl bewies der Rektor Christian Heinrich Groskurd (1747-1806), der von jedem Schüler bei dessen Abschied wünschte, daß er der Bibliothek ein Buch schenke. Unter seiner Leitung wurde die Gymnasialbibliothek auch für außenstehende Liebhaber der Literatur geöffnet und entwickelte sich zu einem kulturellen städtischen Treffpunkt. Verschiedene Gesellschaften und Vereine, z. B. eine Lese- und eine Journalgesellschaft, kamen hier zusammen und bereicherten die Bibliothek durch kontinuierliche Abgaben ihrer bereits gesichteten Neuerwerbungen. Auch gelehrte Besucher Stralsunds stellten in Reiseberichten fest, daß das Gymnasium mit seiner Bibliothek wissenschaftlichen Ansprüchen gerecht werde.

2.118 Diese alte Schulbibliothek wurde nach dem Zweiten Weltkrieg der Archivbibliotheksverwaltung unterstellt. Damit kamen 2630 Titel in den Gesamtbestand. Von diesen entfallen knapp 50 Prozent auf das 18. Jh, je 20 Prozent auf das 17. und 19. Jh und reichlich 10 Prozent auf das 16. Jh. Es dominieren fremdsprachige Drucke (63 Prozent) vor deutschen (37 Prozent). Unter den 968 deutschsprachigen Titeln finden sich 8 des 16. Jhs, 32 des 17. Jhs, 699 des 18. Jhs und 229 des 19. Jhs. Die 1662 fremdsprachigen Drucke verteilen sich mit 62 Prozent gleichmäßig auf das 17. und 18. Jh und mit 38 Prozent auf das 16. und 19. Jh. Mit 1357 Titeln hebt sich Latein von den anderen Sprachen ab, vor 210 griechischen, 42 französischen, 27 englischen, 8 hebräischen und einzelnen schwedischen, niederländischen, spanischen, syrischen, arabischen, italienischen, dänischen, russischen und indischen Drucken.

2.119 Die Gymnasialbibliothek wurde ähnlich der Ratsbibliothek in Sachgruppen geordnet und nach Formaten aufgestellt, wobei Titel im Oktavformat eine weitere Untergliederung erfuhren. Darüber gibt ein alter Standortkatalog Auskunft, der bisher die einzige Zugangsmöglichkeit bietet. (1833 begonnene Sachkataloge in Bandform sind unvollständig. Eine Aufnahme in den Alphabetischen Katalog der Archivbibliothek steht noch aus.) Bei den einzelnen Beständen handelt es sich um Theologie (Signatur Gy A), Philologische Hilfswissenschaften, Alte und Neuere Sprachen, Orientalia (Signatur Gy D), Literaturgeschichte, Jurisprudenz und Vermischte Schriften, Biographien (Signatur Gy F) und Mathematik, Physik, Naturgeschichte, Medizin (Signatur Gy G). Die Sachgruppen Griechische Klassiker (Signatur Gy B) und Römische Klassiker (Signatur Gy C) sind in Systemgruppen untergliedert nach Übersetzungen (Gy BB und Gy CC). Historische Werke (Signatur Gy E) weisen eine Untergliederung auf für Geographie und Reisebeschreibungen (Signatur Gy EE) und Philosophie (Signatur Gy H), für Pädagogik und Schulbücher (Signatur Gy Hh). Außerdem gibt es im Oktavformat die Sachgruppen Naturgeschichte (Gy J), Medizin (K), Orientalische Literatur (L), Deutsche Sprache und Literatur (Gy N) und Neue fremde Sprachen (Gy M). Zwei dieser Bestände dominieren mit jeweils ca. 600 Titeln: Werke der Geschichte und Geographie und Werke der philologischen Hilfswissenschaften, gefolgt von ca. 350 Titeln der Literaturgeschichte. Die anderen Bestände weisen ca. 200 bis 300 Titel auf.

2.120 Die 11 frühesten Titel der Gymnasialbibliothek stammen aus dem 15. Jh und wurden, wie auch die Inkunabeln der Ratsbibliothek, der Sondersammlung Wiegendrucke zugeordnet. Dabei handelt es sich um Drucke aus Venedig, Köln, Basel und Leipzig, die im Zeitraum 1470 bis 1498 erschienen. Sowohl Werke von Thomas von Aquin und Petrus Comestor als auch von Werner Rolevinck, Homer, Eusebius, Aretinus Leonardus, Paulus Orosius und Justinianus sind verzeichnet. Zwei Postinkunabeln von 1511 und 1513 (Gy B und C) verblieben im Gymnasialbestand.

2.121 Zahlreiche Nachschlagewerke sind in den einzelnen Sachgruppen vorhanden, mit Schwerpunkt bei den Hilfswissenschaften, darunter ca. 35 Lexika, von denen 3 aus dem 16. Jh und 4 aus dem 17. Jh stammen. Bei den philologischen Werken ist die griechisch-lateinische Sprachkombination die häufigste, wie z. B. bei dem 1554 in Basel gedruckten Lexicon Graeco-Latinum von Conrad Gesner u. a. Aber auch andere Sprachkopplungen, u. a. Deutsch-Latein oder Arabisch-Latein, sind nicht selten. Erwähnenswert ist das Allgemeine deutsche Reimlexikon (Leipzig 1826). Unter den historischen und geographischen Lexika sind ein Eisenacher Druck von 1677 und das Allgemeine historische Lexikon (Leipzig 1730-1740). Auch das Lexicon universae (1785-1804), Jöchers Compendiöses Gelehrten-Lexicon (Leipzig 1733) und Hederichs Gründliches Antiquitäten-Lexicon (1743) gehören zum Bestand.

2.122 Es gibt eine große Anzahl von Werken zur Geschichte der Buchdruckerkunst und der Verlage, darunter viele Bücherverzeichnisse. Panzers Annalen der älteren deutschen Literatur (Nürnberg 1788-1789) sind hier ebenso zu finden wie Kaysers Vollständiges Bücher-Lexicon (Leipzig 1833). Auch entlegenere Bibliotheksliteratur ist vorhanden, so die Bibliotheca Thuana (1704) des Pariser Parlamentspräsidenten Jacques Auguste de Thou (1553-1617) und der Catalog över Islands Stiftsbibliothek (Kopenhagen 1828).

2.123 Die griechischen und römischen Klassiker sind hier ebenso gut vertreten wie im Bestand Klassische Philologie (F) der Ratsbibliothek. Bemerkenswert ist De orbis situ libri tres des antiken Geographen Pomponius Mela (Basel 1576).

2.124 Zahlreiche, meist in Stralsund und Greifswald erschienene Pomeranica sind vor allem in den Sachgruppen Geschichte, Deutsche Sprache und Literatur vorhanden, u. a. Gottfried Ludwig Kosegartens Wörterbuch der niederdeutschen Sprache (Greifswald 1856-1860) und die Pommerschen Geschichtsdenkmäler (Greifswald 1834-1894), die er mit Theodor Pyl gemeinsam publizierte. Ein seltener Titel ist die von Ernst Zober herausgegebene Allgemeine Tanzkunst (Stralsund 1836) des seit 1831 hier wirkenden jungen Schauspielers und Tanzlehrers Theodor Hentschke (1808-1833), ein anerkanntes theoretisch-praktisches Handbuch dieses Genres.

2.125 Rund 70 Periodika verschiedener Sachgebiete, überwiegend aus dem 18. und 19. Jh, sind Teil des Bestandes. (Einige Titel finden sich auch in den Sachgruppen Pommern, Geschichte und Periodika der Ratsbibliothek.) Die Zeitschriften sind meist in deutscher Sprache, nur vereinzelt in Schwedisch, Französisch und Dänisch. Zu den letzteren zählen das Journal littéraire (1713), Uptostrings-Sälskapets-Tidningar (1784-1786) und Hermod (1825-1826). Unter den deutschsprachigen literarischen, theologischen, politischen, naturwissenschaftlichen, belehrenden und unterhaltenden Zeitschriften sind das Journal aller Journale (1796-1797) und die Allgemeine politische Staatenzeitung (1789) sowie die Hamburgischen Addreß-Comptoir-Nachrichten (1780-1781). Zahlreiche gelehrte Zeitschriften des 18. Jhs aus europäischen Universitätsstädten, wie Greifswald, Berlin, Halle, Paris und Wien, sind nachgewiesen. Auch Schillers Thalia (1792-1793) und der Rheinische Merkur (1814-1816) finden sich neben dem Magazin für die Litteratur des Auslandes (ab 1832) und dem (Neuen) Deutschen Museum (1781-1791). Unter den naturwissenschaftlichen und medizinischen Zeitschriften sind das Magazin für den neuesten Zustand der Naturkunde (1797), das Journal der Physik (ab 1790) und das Journal für Chirurgie, Geburtshülfe und gerichtliche Arzneikunde (1797). Die Dessauische Zeitung für die Jugend und ihre Freunde liegt für 1784 vor.

2.126 Schulschriften des 18. und 19. Jhs sind vor allem in der Sachgruppe Philosophie und Pädagogik (Gy H und Hh) erfaßt. Sie sind zu verschiedenen deutschen und ausländischen Gymnasien, Universitäten und anderen Lehranstalten vorhanden. Ein Sammelband enthält z. B. Schulprogramme von 1757 bis 1823 aus der Leipziger Thomasschule, vom Gymnasium Minden, von einer Bayreuther Studienanstalt, von einer deutschen Schule in Stockholm, von der Königlichen Realschule zu Berlin und von anderen Bildungseinrichtungen. Auch aus Anklam, Brieg, Breslau, Dessau, Danzig, Elbing, Hersfeld, Hamburg, Königsberg, Lingen, Lübeck, Osnabrück, Posen (in deutscher und polnischer Sprache), Pforta, Prenzlau, Rinteln, Stargard, Wesel, Wismar und Stralsund finden sich Schulschriften.

2.127 Unter den regional bedeutsamen pädagogischen Schriften sind die Urkundliche Geschichte des Stralsunder Gymnasiums von seiner Stiftung 1560 bis 1860 des Gymnasialprofessors und Ratsbibliothekars Ernst Heinrich Zober sowie Altes und Neues von Schulsachen gesamlet (Halle 1752) des Freiberger Rektors Johann Gottlieb Biedermann (1705-1772) und Von der billigen und unbilligen Verachtung der Schullehrer (1749) von Hermann Jacob Lasius, dem Rektor der Greifswalder Stadtschule. Vermutlich gehören zu dieser Sammlung auch mehr als 75 Dissertationen, überwiegend in Sammelbänden. Sie wurden im 17. bis 19. Jh beispielsweise an den deutschen Universitäten Greifswald, Rostock, Göttingen, Münster, Jena, Wittenberg, Leipzig und Berlin, aber auch an der schwedischen Universität Uppsala und der niederländischen Universität Leiden angenommen. Sie verteilen sich auf fast alle Sachgruppen. Eine der frühesten Dissertationen stammt von Arved Ströhmer (Uppsala 1694).

2.128 Personalschriften des 17. Jhs sind sehr verstreut vorhanden. Neben zahlreichen Leichenpredigten für Stralsunder Persönlichkeiten finden sich auch die für einen Hamburger Pastor, für den Rektor einer Zwickauer Schule, für Personen aus Eisleben, Königsberg, Berlin und aus vielen anderen Orten. Auch Streitschriften des Rektors Jacob Wolf (1654-1723) mit dem Pastor der Stralsunder Marienkirche, Mathias Kienast (1683-1711), sind für den Zeitraum 1694 bis 1696 gesammelt worden.


Hinweise zur Bibliotheksgeschichte bei Zober z.B.:
https://books.google.de/books?id=6HiUsZxD5LYC&pg=PA48

Die einzige gute Nachricht: Die Inkunabeln dürften, da der Sondersammlung Wiegendrucke überwiesen, nicht vom Verkauf betroffen sein.

Es kann keinem Zweifel unterliegen, dass die über 2000 Titel der Gymnasialbibliothek ein schützenswertes Kulturdenkmal darstellten, das unter keinen Umständen hätte veräußert werden dürfen.

Der Heidelberger Professor Dr. Wilhelm Kühlmann, einer der
renommiertesten Frühneuzeit-Forscher, der selbst über Zacharias Orth gearbeitet hat, ist befremdet über die Nachrichten aus der traditionsreichen Hansestadt: "Ohne eine vorherige gründliche wissenschaftliche Prüfung und Dokumentation des wertvollen historischen Bestands sollte nichts verkauft werden". Die Leiter der Landesbibliothek Mecklenburg-Vorpommern in Schwerin und der Universitätsbibliotheken Greifswald und Rostock haben mir gegenüber bestätigt, dass sie im Vorfeld nichts von dem Verkauf gewusst haben.

... wird fortgesetzt

Ausnahmsweise in Fettdruck die Mail, die gerade hereinkam:

Sehr geehrter Herr Dr. Graf,
wir bedanken uns für Ihr Interesse an unserem Archivgut und sehen es wohlwollend, dass Sie auch über unser Stadtarchiv etwas auf Ihrem Portal veröffentlichen wollen. Das unterstreicht einmal mehr, dass Sie dem Stadtarchiv Stralsund Bedeutung beimessen.
Bestätigen können wir Ihnen deshalb, dass ein Antiquar die bisher im Stadtarchiv Stralsund befindliche Gymnasialbibliothek angekauft hat. Darüber hinaus können wir jedoch keine weiteren Informationen geben, da es sich hierbei um schutzwürdige Interessen handelt. Deshalb wurde dem Verkauf durch ein Gremium der Bürgerschaft im nichtöffentlichen Teil der entsprechenden Sitzung zugestimmt.

Mit freundlichen Grüßen

Koslik
Pressesprecher
________________________________________

Hansestadt Stralsund
Der Oberbürgermeister
Büro für Öffentlichkeitsarbeit
PF 2145
18408 Stralsund


Zum Vorgang:
https://archiv.twoday.net/stories/172009568/#172069128

Zur Bibliothek:

https://fabian.sub.uni-goettingen.de/?Archivbibliothek_Stralsund

Ich werde das nicht auf sich beruhen lassen.

Update:
Nach
https://www.stralsund.de/sitzung/sm_sourc.nsf/IDsWeb/120529-39823-BK-99998-39823?OpenDocument
wurde im Stadtrat [am 5. Juni 2012] über den Verkauf eines Teilbestands entschieden. Nachtrag: "Verkauf Teilbestand Gymnasialbibliothek" dürfte leider so zu bestehen, dass der gesamte Teilbestand Gymnasialbibliothek veräußert wurde. In der Pressemitteilung wäre dann zwei Kommata zu ergänzen: "nachdem es nach Veräußerung eines Teilbestandes der ehemaligen Gymnasialbibliothek an einen Antiquar Hinweise gegeben hatte, dass der Bücherbestand in schlechtem Zustand sei." Gemeint ist in Übereinstimmung mit der oben gegebenen Mitteilung: eines Teilbestandes der Archivbibliothek, nämlich der (ganzen) Gymnasialbibliothek.

Bad Arolsen/Darmstadt. Rund 3000 Bücher aus den Beutezügen eines Ministeriumsmitarbeiters suchen weiter ihre rechtmäßigen Besitzer. «Die meisten konnten zugeordnet werden, aber 3000 sind noch offen», sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Kassel, Götz Wied, am Montag. Um die Besitzer der Bücher zu finden, wird der Fall am Mittwoch (20.15 Uhr) in der ZDF-Serie «Aktenzeichen XY... ungelöst» behandelt.

Die Ermittlungen gegen den Mann aus Darmstadt, der beim hessischen Wissenschaftsministerium arbeitete, sind noch nicht abgeschlossen. Europaweit soll er rund 25 000 Bücher und Exponate gestohlen haben. Er war im Februar 2012 erwischt worden, als er mit 53 Büchern die Fürstlich Waldecksche Hofbibliothek (FWHB) im nordhessischen Bad Arolsen verlassen wollte, in der er an einem Forschungsprojekt mitgearbeitet hatte.

Die Bücher stammen vor allem aus dem 18. bis 20. Jahrhundert. Darunter seien Einzelstücke von unschätzbarem Wert, hieß es in der Vorschau auf die Sendung.


https://www.fr-online.de/rhein-main/3000-gestohlene-buecher-suchen-ihre-besitzer,1472796,20738778.html

Freundl. Hinweis J.-B. Piggin

Update: PDF mit den 3000 Titeln https://goo.gl/KN0tw

... für US $3,000,100.00
https://www.ebay.com/itm/ws/eBayISAPI.dll?ViewItem&item=190736802914
"Since its purchase, the letter has been stored at a professional academic institution which specializes in the care of cultural heritage collections. The item is stored in a temperature, humidity and light controlled environment. The authenticity of the letter has never been questioned, as it has been well known in the scientific community for over 50 years. This is further enhanced by the original envelope, stamp, and postmark. The auction will commence at the opening bid of $3 million US dollars."

Siehe
https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/versteigerung-brief-von-albert-einstein-fuer-3-millionen-dollar-a-860231.html

Faksimile und englische Transkription des Briefes
https://www.lettersofnote.com/2009/10/word-god-is-product-of-human-weakness.html
"The letter was bought at auction in May 2008, for £170,000; unsurprisingly, one of the unsuccessful bidders was Richard Dawkins."
Wer war der erfolgreiche Bieter, der jetzt weiterverkufte?

Deutsche Transkription
https://www.reddit.com/r/atheism/comments/d2ma8/god_is_the_product_of_human_weakness_a_letter_by/c0x41sq

Via Wikipedia
https://de.wikipedia.org/w/index.php?title=Albert_Einstein&oldid=109210271#Einstellung_zur_Religion
"Einstein entstammt einer jüdischen Familie, trat jedoch im Jahre 1896 im Alter von 17 Jahren aus der jüdischen Religionsgemeinschaft aus.

Bis ins 21. Jahrhundert gab es verschiedene Interpretationen zu Einsteins Haltung zur Religion, da er sich vielfach widersprüchlich äußerte. Im Jahre 2008 wurde jedoch ein bis dahin in Privatbesitz befindlicher Brief von Einstein an den jüdischen Religionsphilosophen Erich Gutkind veröffentlicht, der am 3. Januar 1954 verfasst wurde. In diesem bezieht sich Einstein auf seine nichtreligiöse Haltung.[41] Er distanziert sich dabei mit deutlichen Worten von der biblischen Vorstellung eines persönlichen Gottes, die er als „kindlichen Aberglauben“ bezeichnet".

Was das wohl für eine professionelle akademische Einrichtung war?
Und wer mag der Käufer sein?
Eine erhebliche Wertsteigerung ...

Weiter recherchiert habe ich bisher nicht.

Grüße
J. Paul

 

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