Kulturgut
In der FAZ vom 13.11.2006 S. 18 macht eine pensionierte Archivarin auf die Kompetenz der Archive aufmerksam.
Zu "Stuttgart nimmt Aktenfund ernst" (F.A.Z. vom 3. November): Als Archivar im Ruhestand fragt man sich: Warum haben mehrere juristische Gutachter zur Feststellung der Rechte des ehemals regierenden Hauses Baden und des Landes Baden-Württemberg an Karlsruher Bibliotheks- und Museumsgut von hohem kulturellen Rang intensiv staatliche Archive benutzt, die Landesregierung beziehungsweise das Wissenschaftsministerium jedoch offenbar nicht? Über dem Bestreben, im Zuge der allgemeinen Verwaltungsreform ein "Landesarchiv Baden-Württemberg" heranzuzaubern und unter diesem gemeinsamen Hut sowohl die Stuttgarter Landesarchivdirektion als auch die traditionellen Zentralarchive Württembergs und Badens, die jüngeren Regionalarchive für die einzelnen Regierungsbezirke und weitere staatliche Archive zu versammeln, hatte man in Stuttgart wohl den Wert der Archive für den Staat aus den Augen verloren. Sie haben ja nicht nur die Aufgabe, Geschichtsbewußtsein zu vermitteln oder Jubiläen und Gedenktage des Landes mit Archivalienausstellungen zu schmücken. Ihre Kernaufgabe ist Sicherung und Bereithaltung derjenigen Urkunden und Akten, aus denen Regierungen und Behörden auf Dauer die für sie maßgeblichen Rechtsverhältnisse ersehen können und müssen.
Im Rahmen der Benutzungsordnung haben Archive staatlichen Stellen Akteneinsicht zu gewähren oder ihnen auf dem Wege der Amtshilfe Auskünfte zu erteilen, was bis zur Erstellung von Gutachten gehen kann. Aufgrund ständigen Umgangs mit dem Archivgut haben Archivare solide Akten- und Beständekenntnis, von der - soweit ihre Beratungskompetenz in Anspruch genommen wird - auch Forscher für ihre Spezialgebiete profitieren. Hat "Stuttgart" Archive und Archivare nicht rechtzeitig ernst genug genommen? Man mag kaum glauben, daß die Hauptaufgabe der Archive etwa im Wissenschaftsministerium, wo zwar die einst mit dem Archivwesen befaßte Abteilung zusammenschrumpfte zu einem dem Bibliothekswesen assoziierten Referat, übersehen wurde. Jedenfalls ist wohl im Vorfeld parteiinterner Überlegungen und der Kabinettsberatungen etwas gründlich schiefgegangen. Ergebnis: eine an sich vermeidbare Blamage für die Markgrafen von Baden und die Landesregierung, die in Gefahr ist, staatliches Eigentum ein zweites Mal zu erwerben. Peinlich der Eindruck, daß an eminent wichtigen staatlichen Institutionen eisern gespart wird (falls man sie nicht noch fleddert), gegenüber Privatpersonen aber die Großzügigkeit ungebremst scheint.
Ich fand bisher unerwähnt, daß Schloß Salem wohl besser zu halten gewesen wäre, hätte sich nicht der Eigentümer seinerzeit mit dem Internat überworfen, so daß es teilweise in Neubauten umzog. Das schmälerte Einnahmen, und auf die Spendenfreudigkeit dieser Schülergeneration und ihrer Verwandten wird kaum zu hoffen sein. Daran trifft das Land kein Verschulden. Wie wird das Ganze nun ausgehen? Bereits 1919 soll es, wie jüngst in Zeitungen zu lesen war, Beamtennachlässigkeit und nicht der politische Wille der badischen Regierung gewesen sein, bei der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Baden manches unklar zu lassen. Beamte sind bekanntlich bewährte Blitzableiter . . . Oder wird politische Verantwortung für den Eklat übernommen, der dem öffentlichen Ansehen des Landes abträglich ist?
Eva Gießler, Oberarchivrätin i. R.,
Gundelfingen
Zu "Stuttgart nimmt Aktenfund ernst" (F.A.Z. vom 3. November): Als Archivar im Ruhestand fragt man sich: Warum haben mehrere juristische Gutachter zur Feststellung der Rechte des ehemals regierenden Hauses Baden und des Landes Baden-Württemberg an Karlsruher Bibliotheks- und Museumsgut von hohem kulturellen Rang intensiv staatliche Archive benutzt, die Landesregierung beziehungsweise das Wissenschaftsministerium jedoch offenbar nicht? Über dem Bestreben, im Zuge der allgemeinen Verwaltungsreform ein "Landesarchiv Baden-Württemberg" heranzuzaubern und unter diesem gemeinsamen Hut sowohl die Stuttgarter Landesarchivdirektion als auch die traditionellen Zentralarchive Württembergs und Badens, die jüngeren Regionalarchive für die einzelnen Regierungsbezirke und weitere staatliche Archive zu versammeln, hatte man in Stuttgart wohl den Wert der Archive für den Staat aus den Augen verloren. Sie haben ja nicht nur die Aufgabe, Geschichtsbewußtsein zu vermitteln oder Jubiläen und Gedenktage des Landes mit Archivalienausstellungen zu schmücken. Ihre Kernaufgabe ist Sicherung und Bereithaltung derjenigen Urkunden und Akten, aus denen Regierungen und Behörden auf Dauer die für sie maßgeblichen Rechtsverhältnisse ersehen können und müssen.
Im Rahmen der Benutzungsordnung haben Archive staatlichen Stellen Akteneinsicht zu gewähren oder ihnen auf dem Wege der Amtshilfe Auskünfte zu erteilen, was bis zur Erstellung von Gutachten gehen kann. Aufgrund ständigen Umgangs mit dem Archivgut haben Archivare solide Akten- und Beständekenntnis, von der - soweit ihre Beratungskompetenz in Anspruch genommen wird - auch Forscher für ihre Spezialgebiete profitieren. Hat "Stuttgart" Archive und Archivare nicht rechtzeitig ernst genug genommen? Man mag kaum glauben, daß die Hauptaufgabe der Archive etwa im Wissenschaftsministerium, wo zwar die einst mit dem Archivwesen befaßte Abteilung zusammenschrumpfte zu einem dem Bibliothekswesen assoziierten Referat, übersehen wurde. Jedenfalls ist wohl im Vorfeld parteiinterner Überlegungen und der Kabinettsberatungen etwas gründlich schiefgegangen. Ergebnis: eine an sich vermeidbare Blamage für die Markgrafen von Baden und die Landesregierung, die in Gefahr ist, staatliches Eigentum ein zweites Mal zu erwerben. Peinlich der Eindruck, daß an eminent wichtigen staatlichen Institutionen eisern gespart wird (falls man sie nicht noch fleddert), gegenüber Privatpersonen aber die Großzügigkeit ungebremst scheint.
Ich fand bisher unerwähnt, daß Schloß Salem wohl besser zu halten gewesen wäre, hätte sich nicht der Eigentümer seinerzeit mit dem Internat überworfen, so daß es teilweise in Neubauten umzog. Das schmälerte Einnahmen, und auf die Spendenfreudigkeit dieser Schülergeneration und ihrer Verwandten wird kaum zu hoffen sein. Daran trifft das Land kein Verschulden. Wie wird das Ganze nun ausgehen? Bereits 1919 soll es, wie jüngst in Zeitungen zu lesen war, Beamtennachlässigkeit und nicht der politische Wille der badischen Regierung gewesen sein, bei der Vermögensauseinandersetzung mit dem Haus Baden manches unklar zu lassen. Beamte sind bekanntlich bewährte Blitzableiter . . . Oder wird politische Verantwortung für den Eklat übernommen, der dem öffentlichen Ansehen des Landes abträglich ist?
Eva Gießler, Oberarchivrätin i. R.,
Gundelfingen
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In seinem Interview hat Prof. Mußgnug
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/11/10/dlf_200611101411.mp3
davon gesprochen, man müsse genau prüfen, ob die Türkenbeute noch Eigentum des Hauses Baden sei und diese gegebenenfalls in die Liste national wertvollen Kulturgutes eintragen. Diese könne dann nur im Inland versteigert werden.
Kommentar:
1. Zum Status der Türkenbeute
Die Türkenbeute mag nach dem frühneuzeitlichen Beuterecht in das Privateigentum des Feldherrn gewandert sein. Indem sie nach den badischen Hausgesetzen im 19. Jahrhundert Bestandteil des Hausfideikommisses wurde, den ich als Kronfideikommiss bestimmt habe, unterliegt sie dessen öffentlichrechtlicher Widmung und fiel 1918 an das Land. Daran ändert nichts, dass das Land in der Folgezeit den Anspruch des Hauses Baden auf diesen Bestand anerkannt hat.
Mußgnug hat anderweitig angezweifelt, dass die Zähringer Stiftung wirksam zu ihrem Vermögen gekommen sei. Ich teile diese Skepsis nicht. Wenn die Türkenbeute dem haus Baden gehörte, dann gehört sie heute der Zähringer Stiftung. Wenn sie der Zähringer Stiftung nicht gehört, hat diese einen nicht verjährten Amtshaftungsanspruch gegenüber dem Land, da die Stiftungsaufsicht versagt hat.
2. Zum Schutz von Sachgesamtheiten durch das Gesetz zum Schutz national wertvollen Kulturguts gegen Abwanderung
Ich teile nicht die Ansicht, dass es im Sinne des Gesetzes sei, die Türkenbeute im Inland einzeln zu versteigern. Zwar macht das Gesetz keine Erhaltungsauflagen und es ist ohne weiteres möglich, die Sachgesamtheit als Ganzes im Inland zu veräußern, aber der Schutzzweck kann nicht erreicht werden, wenn nach der Autkion einige hundert Einzeleigentümer beaufsichtigt werden müssen. Durch den Einzelverkauf geht die Sachgesamtheit unter, sie ist - sofern nicht Einzelstücke in die Liste aufzunehmen sind (oder bereits vor der Auktion eingetragen waren)- aus der Liste zu streichen.
Mit Ankündigung der Versteigerung unter der Auflage, dass nur inländische Interessenten bedient werden können, hat der Eigentümer den Standortwechsel mitzuteilen und die Löschung der Eintragung zu beantragen, da durch die Auktion die Sachgesamtheit zerstört wird und sich nach § 7 KGSchG die Umstände wesentlich geändert haben. Nur die Veräußerung ins Ausland unterliegt einem Genehmigungsvorbehalt - es besteht eine klare Regelungslücke, denn die Eintragung setzt die Existenz der Sachgesamtheit voraus.
Wenn Mußgnug trotzdem für die Eintragung plädiert dann deshalb, weil die Eintragung die Erfolgsaussichten bei einer Auktion extrem schmälert und die Eigentümer wirksam abgeschreckt werden.
Wenn das Haus Baden einen ausländischen Käufer der Türkenbeute aus dem Hut ziehen kann, wird es darauf ankommen wie man § 8 mit seinem Verweis auf die wirtschaftliche Notlage des Eigentümers verfassungskonform auslegt. Angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Privatnützigkeit des Eigentums im Denkmalschutzrecht, könnte die Formulierung bei Kleeberg/Eberl, Kulturgüter im Privatbesitz. 2. Auflage 2001 Rdnr. 318 wegweisend sein: Land und Bund haben die Türkenbeute zu einem für den Eigentümer zumutbaren Preis abzukaufen. Der Bundesgesetzgeber dachte ausdrücklich auch an die Gewinnung privater Sammler für den Ankauf (Hipp, wie unten S. 91).
3. Zum Schutz durch das Denkmalschutzgesetz
Als Sachgesamtheit von besonderer Bedeutung kann und muss die Türkenbeute ins Denkmalbuch des Landes Baden-Württemberg eingetragen werden. Es gibt eine ganze Reihe wesentlich weniger bedeutender Sachgesamtheiten (z.B. Ratsbibliothek Schwäbisch Hall), die ins Denkmalbuch eingetragen sind.
Diese Eintragung ist wesentlich wirksamer als die Eintragung in die nationale Liste. der Eigentümer muss die Sachgesamtheit als Ganzes erhalten und darf nicht Einzelstücke verkaufen. Es ist unverständlich, wieso Fachleute und Politiker bei beweglichen Kulturgütern nur an die nationale Liste denken, nicht aber an die wirksamen Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes!
Es leuchtet allerdings nicht ein, wieso die Zumutbarkeitsgrenze im Kulurgutschutzkontext anders gelagert sein soll als im Denkmalschutzrecht. Wenn in der Nichtgenehmigung des Einzelverkaufs bzw. in einem Verbringungsverbot ein ausgleichspflichtiger enteignender Eingriff liegt, wieso sollte dann die erheblich geringere Erfolgschance bei einer auf das Inland beschränkten Auktion nicht ebenso zu beurteilen sein?
4. Zum Schutz als Dauerleihgabe
Die Türkenbeute ist aufgrund Gewohnheitsrechts Dauerleihgabe (sofern sie tatsächlich dem Haus Baden gehört), die nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Es ist zu erwarten, dass ein Gericht angesichts der Tatsache, dass durch ein Versäumnis des Hauses Baden, den letzten Willen des letzten Großherzogs durch wirksame Übereignung zu respektieren, die Hürde des "wichtigen Grundes" sehr hoch ansetzen wird.
5. Zum Schutz als öffentliche Sache
Nach Hipp, Schutz von Kulturgütern in Deutschland, 2000, S. 364 hat Mußgnug der vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Entscheidung des OVG Münster zu öffentlichen Sachen im Verwaltungsgebrauch (Hamburger Stadtsiegel im Archiv) zugestimmt. Demnach steht die Widmung einer Sache ohne gesetzliche Grundlage einem privatrechtlichen Herausgabeanspruch nicht entgegen. Da das Hamburger Stadtsiegel zutreffenderweise als Sache im Anstaltsgebrauch zu betrachten war, stellt sich die Frage, ob nicht für Sachen im Anstaltsgebrauch genau das Gleiche gilt. Im Straßenrecht gibt die Widmung dem öffentlichen Sachherrn ein Besitzrecht im Sinne des § 986 BGB, das dem Herausgabeanspruch des Privateigentümers gemäß § 985 BGB entgegensteht (Hipp, S. 359).
6. Zum Vorkaufsrecht des Landes
Nach meiner Ansicht besteht das durch § 26 badisches Stammgüteraufhebungsgesetz begründete Vorkaufsrecht des Landes nach wie vor und ist auch auf die Türkenbeute anzuwenden.
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/11/10/dlf_200611101411.mp3
davon gesprochen, man müsse genau prüfen, ob die Türkenbeute noch Eigentum des Hauses Baden sei und diese gegebenenfalls in die Liste national wertvollen Kulturgutes eintragen. Diese könne dann nur im Inland versteigert werden.
Kommentar:
1. Zum Status der Türkenbeute
Die Türkenbeute mag nach dem frühneuzeitlichen Beuterecht in das Privateigentum des Feldherrn gewandert sein. Indem sie nach den badischen Hausgesetzen im 19. Jahrhundert Bestandteil des Hausfideikommisses wurde, den ich als Kronfideikommiss bestimmt habe, unterliegt sie dessen öffentlichrechtlicher Widmung und fiel 1918 an das Land. Daran ändert nichts, dass das Land in der Folgezeit den Anspruch des Hauses Baden auf diesen Bestand anerkannt hat.
Mußgnug hat anderweitig angezweifelt, dass die Zähringer Stiftung wirksam zu ihrem Vermögen gekommen sei. Ich teile diese Skepsis nicht. Wenn die Türkenbeute dem haus Baden gehörte, dann gehört sie heute der Zähringer Stiftung. Wenn sie der Zähringer Stiftung nicht gehört, hat diese einen nicht verjährten Amtshaftungsanspruch gegenüber dem Land, da die Stiftungsaufsicht versagt hat.
2. Zum Schutz von Sachgesamtheiten durch das Gesetz zum Schutz national wertvollen Kulturguts gegen Abwanderung
Ich teile nicht die Ansicht, dass es im Sinne des Gesetzes sei, die Türkenbeute im Inland einzeln zu versteigern. Zwar macht das Gesetz keine Erhaltungsauflagen und es ist ohne weiteres möglich, die Sachgesamtheit als Ganzes im Inland zu veräußern, aber der Schutzzweck kann nicht erreicht werden, wenn nach der Autkion einige hundert Einzeleigentümer beaufsichtigt werden müssen. Durch den Einzelverkauf geht die Sachgesamtheit unter, sie ist - sofern nicht Einzelstücke in die Liste aufzunehmen sind (oder bereits vor der Auktion eingetragen waren)- aus der Liste zu streichen.
Mit Ankündigung der Versteigerung unter der Auflage, dass nur inländische Interessenten bedient werden können, hat der Eigentümer den Standortwechsel mitzuteilen und die Löschung der Eintragung zu beantragen, da durch die Auktion die Sachgesamtheit zerstört wird und sich nach § 7 KGSchG die Umstände wesentlich geändert haben. Nur die Veräußerung ins Ausland unterliegt einem Genehmigungsvorbehalt - es besteht eine klare Regelungslücke, denn die Eintragung setzt die Existenz der Sachgesamtheit voraus.
Wenn Mußgnug trotzdem für die Eintragung plädiert dann deshalb, weil die Eintragung die Erfolgsaussichten bei einer Auktion extrem schmälert und die Eigentümer wirksam abgeschreckt werden.
Wenn das Haus Baden einen ausländischen Käufer der Türkenbeute aus dem Hut ziehen kann, wird es darauf ankommen wie man § 8 mit seinem Verweis auf die wirtschaftliche Notlage des Eigentümers verfassungskonform auslegt. Angesichts der Ausführungen des Bundesverfassungsgerichts zur Privatnützigkeit des Eigentums im Denkmalschutzrecht, könnte die Formulierung bei Kleeberg/Eberl, Kulturgüter im Privatbesitz. 2. Auflage 2001 Rdnr. 318 wegweisend sein: Land und Bund haben die Türkenbeute zu einem für den Eigentümer zumutbaren Preis abzukaufen. Der Bundesgesetzgeber dachte ausdrücklich auch an die Gewinnung privater Sammler für den Ankauf (Hipp, wie unten S. 91).
3. Zum Schutz durch das Denkmalschutzgesetz
Als Sachgesamtheit von besonderer Bedeutung kann und muss die Türkenbeute ins Denkmalbuch des Landes Baden-Württemberg eingetragen werden. Es gibt eine ganze Reihe wesentlich weniger bedeutender Sachgesamtheiten (z.B. Ratsbibliothek Schwäbisch Hall), die ins Denkmalbuch eingetragen sind.
Diese Eintragung ist wesentlich wirksamer als die Eintragung in die nationale Liste. der Eigentümer muss die Sachgesamtheit als Ganzes erhalten und darf nicht Einzelstücke verkaufen. Es ist unverständlich, wieso Fachleute und Politiker bei beweglichen Kulturgütern nur an die nationale Liste denken, nicht aber an die wirksamen Vorschriften des Denkmalschutzgesetzes!
Es leuchtet allerdings nicht ein, wieso die Zumutbarkeitsgrenze im Kulurgutschutzkontext anders gelagert sein soll als im Denkmalschutzrecht. Wenn in der Nichtgenehmigung des Einzelverkaufs bzw. in einem Verbringungsverbot ein ausgleichspflichtiger enteignender Eingriff liegt, wieso sollte dann die erheblich geringere Erfolgschance bei einer auf das Inland beschränkten Auktion nicht ebenso zu beurteilen sein?
4. Zum Schutz als Dauerleihgabe
Die Türkenbeute ist aufgrund Gewohnheitsrechts Dauerleihgabe (sofern sie tatsächlich dem Haus Baden gehört), die nur aus wichtigem Grund gekündigt werden kann. Es ist zu erwarten, dass ein Gericht angesichts der Tatsache, dass durch ein Versäumnis des Hauses Baden, den letzten Willen des letzten Großherzogs durch wirksame Übereignung zu respektieren, die Hürde des "wichtigen Grundes" sehr hoch ansetzen wird.
5. Zum Schutz als öffentliche Sache
Nach Hipp, Schutz von Kulturgütern in Deutschland, 2000, S. 364 hat Mußgnug der vom Bundesverwaltungsgericht bestätigten Entscheidung des OVG Münster zu öffentlichen Sachen im Verwaltungsgebrauch (Hamburger Stadtsiegel im Archiv) zugestimmt. Demnach steht die Widmung einer Sache ohne gesetzliche Grundlage einem privatrechtlichen Herausgabeanspruch nicht entgegen. Da das Hamburger Stadtsiegel zutreffenderweise als Sache im Anstaltsgebrauch zu betrachten war, stellt sich die Frage, ob nicht für Sachen im Anstaltsgebrauch genau das Gleiche gilt. Im Straßenrecht gibt die Widmung dem öffentlichen Sachherrn ein Besitzrecht im Sinne des § 986 BGB, das dem Herausgabeanspruch des Privateigentümers gemäß § 985 BGB entgegensteht (Hipp, S. 359).
6. Zum Vorkaufsrecht des Landes
Nach meiner Ansicht besteht das durch § 26 badisches Stammgüteraufhebungsgesetz begründete Vorkaufsrecht des Landes nach wie vor und ist auch auf die Türkenbeute anzuwenden.
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Was es mit der Markgrafentafel und den beiden Cranach-Rundbildern auf sich hat (sie sind Eigentum des Landes Baden-Württemberg), haben wir dargelegt:
https://archiv.twoday.net/stories/2918302/
Bleibt von der Liste des Finanzministeriums noch ein Bild abzuarbeiten:
Kunsthalle Karlsruhe:
Baldung von Grien: Tafel "Markgraf Christoph I"
Ch. Amberger: der 45-jährige Ludwig V, Herzog von Bayern
L.Cranach d.Ä.: Johann der Beständige
L.Cranach d.Ä. Friedrich III der Weise
Quelle der Liste:
https://kultur.baden-wuerttemberg.de/pressemeldungen-detail/article/405/555/1d6a069e4d/
Dieter Mertens teilt mir freundlicherweise mit:
"der 45jährige Ludwig V. ist Koelitz Nr. 106. [...] Koelitz schreibt "Kopie nach Hans Mülich". Der einzige "Amberger" ("Art des Hans
Holbein d.J. oder des Christoph Amberger") der Kunsthalle
ist Nr. 69."
Nr. 69 (1915 ohne Sternchen) ist ein Ratsherr, einen Brief haltend (S. 40).
Nr. 106 trägt 1915 ebenfalls kein Sternchen, wohl aber 1920. (Offenbar hat man in der Ausgabe von 1915 nicht alle aus dem großherzoglichen Hausfideikommiss stammenden Kunstwerke mit einem Sternchen gekennzeichnet.) Dieses Stück ist eindeutig das Bild, das den 45jährigen Ludwig zeigt. Der Eintrag 1915 S. 48f. lautet:
"Kopie nach Hans Mülich (beeinflußt v. Albrecht Altdorfer in Regensburg, München 1516-1573). Der Bayernherzog Ludwig V. Nach r. schauend, langer Vollbart, Pelzschaube und verziertes Barett. Grauer Grund. Bez.: Ludovicus dux Bavariae aetatis suae 45 (45jährig) und dat. 1540. Tannenh., Brustbild 60/24. (Original im Hofmuseum zu Wien.)"
Ebenso wie die (nicht mit Sternchen versehenen) beiden Cranach-Rundbilder erscheint auch dieses Bild nicht in der Liste, die dem Vertrag von 1930 (Anhang zum entsprechenden Gesetz) beigegeben ist. Es ist also unzweideutig Landeseigentum, abgesehen davon, dass es als Kopie schwerlich große Summen auf dem Kunstmarkt einbringen würde.
Also auch hier hat die Landesregierung denkbar schlampig recherchiert!
Die Ordnungsziffer V bei Koelitz ist unrichtig, es handelt sich um Ludwig X. von Bayern (1495-1545):
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_X._(Bayern)
Das Bild ist alter baden-durlachischer Sammlungsbesitz (Inventar des Markgräfler Hofs in Basen 1773 Nr. 43).
Die Zuschreibung an Amberger hat sich durchgesetzt, ohne gesichert zu sein. Früher wurden auch Bartel Beham und Hans Mülich/Mielich als mögliche Schöpfer des verlorenen Urbilds genannt.
Die Angaben bei Jan Lauts (siehe Kommentar), die mir telefonisch aus der Kunsthalle übermittelt wurden, sind hinsichtlich der Inventarnummern der weiteren Bilder des gleichen Typs zu korrigieren. Es scheint im Kunsthistorischen Museum Wien keine drei Bilder, sondern nur zwei (eines davon in Ambras, Nr. 6405) zu geben. Das früher an Linz ausgeliehene Werk befindet sich im Magazin als Nr. 876 und wird im "Katalog der Porträtsgalerie zur Geschichte Österreichs 1400-1800" (1976, ²1982) Nr. 203 als "Nach Christoph Amberger" mit Fragezeichen angesetzt.
Das Münchner Bild (seit 1935 in Landshut befindlich) wird dort (wie schon bei Lauts) mit der Nr. 2530 angeführt.
Außerdem gibt es ein Bild in Augsburg, und es soll ein Bild im Württembergischen Landesmuseum gegeben haben.
Die Bilder waren offenbar höfische Geschenk- oder Tauschobjekte, um die damals beliebten Porträtsgalerien anzureichern.
Ein ganz ähnliches Bild Ludwigs X. schuf Hans Wertinger
Bild Ludwigs X. von Hans Wertinger
1531 stellte Barthel Beham den Herzog in seinem in der Liechtenstein'schen Sammlung in Wien befindlichen Bild in der gleichen Weise dar.
Bild Barthel Behams
Bild Ludwigs ohne Quellenangabe
https://archiv.twoday.net/stories/2918302/
Bleibt von der Liste des Finanzministeriums noch ein Bild abzuarbeiten:
Kunsthalle Karlsruhe:
Baldung von Grien: Tafel "Markgraf Christoph I"
Ch. Amberger: der 45-jährige Ludwig V, Herzog von Bayern
L.Cranach d.Ä.: Johann der Beständige
L.Cranach d.Ä. Friedrich III der Weise
Quelle der Liste:
https://kultur.baden-wuerttemberg.de/pressemeldungen-detail/article/405/555/1d6a069e4d/
Dieter Mertens teilt mir freundlicherweise mit:
"der 45jährige Ludwig V. ist Koelitz Nr. 106. [...] Koelitz schreibt "Kopie nach Hans Mülich". Der einzige "Amberger" ("Art des Hans
Holbein d.J. oder des Christoph Amberger") der Kunsthalle
ist Nr. 69."
Nr. 69 (1915 ohne Sternchen) ist ein Ratsherr, einen Brief haltend (S. 40).
Nr. 106 trägt 1915 ebenfalls kein Sternchen, wohl aber 1920. (Offenbar hat man in der Ausgabe von 1915 nicht alle aus dem großherzoglichen Hausfideikommiss stammenden Kunstwerke mit einem Sternchen gekennzeichnet.) Dieses Stück ist eindeutig das Bild, das den 45jährigen Ludwig zeigt. Der Eintrag 1915 S. 48f. lautet:
"Kopie nach Hans Mülich (beeinflußt v. Albrecht Altdorfer in Regensburg, München 1516-1573). Der Bayernherzog Ludwig V. Nach r. schauend, langer Vollbart, Pelzschaube und verziertes Barett. Grauer Grund. Bez.: Ludovicus dux Bavariae aetatis suae 45 (45jährig) und dat. 1540. Tannenh., Brustbild 60/24. (Original im Hofmuseum zu Wien.)"
Ebenso wie die (nicht mit Sternchen versehenen) beiden Cranach-Rundbilder erscheint auch dieses Bild nicht in der Liste, die dem Vertrag von 1930 (Anhang zum entsprechenden Gesetz) beigegeben ist. Es ist also unzweideutig Landeseigentum, abgesehen davon, dass es als Kopie schwerlich große Summen auf dem Kunstmarkt einbringen würde.
Also auch hier hat die Landesregierung denkbar schlampig recherchiert!
Die Ordnungsziffer V bei Koelitz ist unrichtig, es handelt sich um Ludwig X. von Bayern (1495-1545):
https://de.wikipedia.org/wiki/Ludwig_X._(Bayern)
Das Bild ist alter baden-durlachischer Sammlungsbesitz (Inventar des Markgräfler Hofs in Basen 1773 Nr. 43).
Die Zuschreibung an Amberger hat sich durchgesetzt, ohne gesichert zu sein. Früher wurden auch Bartel Beham und Hans Mülich/Mielich als mögliche Schöpfer des verlorenen Urbilds genannt.
Die Angaben bei Jan Lauts (siehe Kommentar), die mir telefonisch aus der Kunsthalle übermittelt wurden, sind hinsichtlich der Inventarnummern der weiteren Bilder des gleichen Typs zu korrigieren. Es scheint im Kunsthistorischen Museum Wien keine drei Bilder, sondern nur zwei (eines davon in Ambras, Nr. 6405) zu geben. Das früher an Linz ausgeliehene Werk befindet sich im Magazin als Nr. 876 und wird im "Katalog der Porträtsgalerie zur Geschichte Österreichs 1400-1800" (1976, ²1982) Nr. 203 als "Nach Christoph Amberger" mit Fragezeichen angesetzt.
Das Münchner Bild (seit 1935 in Landshut befindlich) wird dort (wie schon bei Lauts) mit der Nr. 2530 angeführt.
Außerdem gibt es ein Bild in Augsburg, und es soll ein Bild im Württembergischen Landesmuseum gegeben haben.
Die Bilder waren offenbar höfische Geschenk- oder Tauschobjekte, um die damals beliebten Porträtsgalerien anzureichern.
Ein ganz ähnliches Bild Ludwigs X. schuf Hans Wertinger

1531 stellte Barthel Beham den Herzog in seinem in der Liechtenstein'schen Sammlung in Wien befindlichen Bild in der gleichen Weise dar.


Ausverkauf der Tradition?
Die Kulturpolitik der Regierung Oettinger
https://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/forum.xml
SWR2 Forum, Donnerstag, 16. November 2006, 17.05 Uhr (45 min.)
Wiederholung: Do, 22:15 und Fr, 11.05 in cont.ra (Web-Radio)
Es diskutieren:
Dr. Michael Hütt, Vorstand des Museumsverbandes Baden-Württemberg, Leiter der städtischen Museen Villingen Schwenningen;
Prof. Hans-Georg Wehling, Politikwissenschaftler, Universität Tübingen;
Bettina Wieselmann, Redakteurin der Südwestpresse;
Moderation: Sabine Freudenberg
"Allianz der Ignoranz", "Kulturbanausentum" und "Barbarei" - in den letzten Wochen hagelte es Kritik an der Kulturpolitik der Regierung Oettinger. Der Vorschlag, eine wertvolle Handschriftensammlung zu verkaufen, um einen Vergleich mit dem Adelshaus Baden zu finanzieren, stieß auf blankes Entsetzen in der Öffentlichkeit. Inzwischen werden aber auch Fragen laut, wie viel Kultur sich der Staat leisten kann und ob sich Museen nicht von einigen Beständen trennen sollten. Ministerpräsident Oettinger hatte zu Beginn seiner Amtszeit auf einem Kunstkongress in Karlsruhe die Kultur als Standortfaktor beschworen. Politik und Wirtschaft sehen heute Kunst und Kultur immer stärker unter ökonomischen Gesichtspunkten: Sponsoren sehen Kunst als Investment, Museumsnächte locken die Massen, Kultur als Event wird geschätzt. Eine neue Politikergeneration setzt auch in der Kulturpolitik neue Maßstäbe.
(Zuvor schon gesendet:)
Sonntag, 12. November 2006 (Wdh.)
cont.ra live (Web-Radio)
16.05 Uhr SWR2 Der Samstagabend aus dem Land
Baden-Württemberg
Adel verpflichtet - immer noch?
Schlösser und Burgen sind kaum noch zu finanzieren
Von Sabine Freudenberg u.a.
Das Haus Baden kann Schloss und Münster Salem nicht mehr erhalten. Die Kosten für den Unterhalt der denkmalwürdigen Anlage sind viel zu hoch.
Auch um andere Schlösser, Burgen und Kirchen sorgen sich die Denkmalschützer, der Staat seinerseits kann und will nicht einspringen - die Folgekosten sind auch ihm zu hoch. Die Ratlosigkeit ist groß, was mit dem kulturellen Erbe des Landes geschehen soll, wie es auf Dauer erhalten werden kann.
Die Briten haben den National Trust ins Leben gerufen, eine Lösung auch für den deutschen Südwesten, in dem es noch besonders viele große Gebäude im Privatbesitz gibt. Aber auch die Denkmalschützer müssen abwägen, was in Zukunft noch erhalten werden kann und soll - wie viel Schlösser und Burgen kann sich der Staat leisten?
An verschiedenen Beispielen untersucht die Sendung die Denkmal-Lage im Land und befragt Experten nach möglichen Auswegen aus dem Dilemma und spekuliert mit Augenzwinkern, wie es zu der grotesken Fehleinschätzung kommen konnte, wem die berühmten Gemälde aus der badischen Sammlung gehören.
Die Kulturpolitik der Regierung Oettinger
https://www1.swr.de/podcast/xml/swr2/forum.xml
SWR2 Forum, Donnerstag, 16. November 2006, 17.05 Uhr (45 min.)
Wiederholung: Do, 22:15 und Fr, 11.05 in cont.ra (Web-Radio)
Es diskutieren:
Dr. Michael Hütt, Vorstand des Museumsverbandes Baden-Württemberg, Leiter der städtischen Museen Villingen Schwenningen;
Prof. Hans-Georg Wehling, Politikwissenschaftler, Universität Tübingen;
Bettina Wieselmann, Redakteurin der Südwestpresse;
Moderation: Sabine Freudenberg
"Allianz der Ignoranz", "Kulturbanausentum" und "Barbarei" - in den letzten Wochen hagelte es Kritik an der Kulturpolitik der Regierung Oettinger. Der Vorschlag, eine wertvolle Handschriftensammlung zu verkaufen, um einen Vergleich mit dem Adelshaus Baden zu finanzieren, stieß auf blankes Entsetzen in der Öffentlichkeit. Inzwischen werden aber auch Fragen laut, wie viel Kultur sich der Staat leisten kann und ob sich Museen nicht von einigen Beständen trennen sollten. Ministerpräsident Oettinger hatte zu Beginn seiner Amtszeit auf einem Kunstkongress in Karlsruhe die Kultur als Standortfaktor beschworen. Politik und Wirtschaft sehen heute Kunst und Kultur immer stärker unter ökonomischen Gesichtspunkten: Sponsoren sehen Kunst als Investment, Museumsnächte locken die Massen, Kultur als Event wird geschätzt. Eine neue Politikergeneration setzt auch in der Kulturpolitik neue Maßstäbe.
(Zuvor schon gesendet:)
Sonntag, 12. November 2006 (Wdh.)
cont.ra live (Web-Radio)
16.05 Uhr SWR2 Der Samstagabend aus dem Land
Baden-Württemberg
Adel verpflichtet - immer noch?
Schlösser und Burgen sind kaum noch zu finanzieren
Von Sabine Freudenberg u.a.
Das Haus Baden kann Schloss und Münster Salem nicht mehr erhalten. Die Kosten für den Unterhalt der denkmalwürdigen Anlage sind viel zu hoch.
Auch um andere Schlösser, Burgen und Kirchen sorgen sich die Denkmalschützer, der Staat seinerseits kann und will nicht einspringen - die Folgekosten sind auch ihm zu hoch. Die Ratlosigkeit ist groß, was mit dem kulturellen Erbe des Landes geschehen soll, wie es auf Dauer erhalten werden kann.
Die Briten haben den National Trust ins Leben gerufen, eine Lösung auch für den deutschen Südwesten, in dem es noch besonders viele große Gebäude im Privatbesitz gibt. Aber auch die Denkmalschützer müssen abwägen, was in Zukunft noch erhalten werden kann und soll - wie viel Schlösser und Burgen kann sich der Staat leisten?
An verschiedenen Beispielen untersucht die Sendung die Denkmal-Lage im Land und befragt Experten nach möglichen Auswegen aus dem Dilemma und spekuliert mit Augenzwinkern, wie es zu der grotesken Fehleinschätzung kommen konnte, wem die berühmten Gemälde aus der badischen Sammlung gehören.
BCK - am Sonntag, 12. November 2006, 12:58 - Rubrik: Kulturgut
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Durch den Fall Karlsruhe wohl auf den Geschmack gekommen, hat das Haus Wettin Nachforderungen hinsichtlich eines 1999 abgeschlossenen Vergleichs erhoben. Es fordert erhebliche Teile der Porzellansammlung der Dresdener Kunstsammlungen.
https://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1321716
Im Exklusiv-Gespräch mit der Morgenpost kündigte der Kunstsammlungs-Chef an: „Wir brauchen für die zunächst anstehende Überprüfung alles verfügbare Personal, müssen Anfang 2007 die Porzellansammlung für einen Monat schließen.“
Wo liegt die Ursache für das Dilemma? - Zunächst sind die Ansprüche der Wettiner durch bundesdeutsches Recht (Ausgleichsleistungsgesetz, 1994) gedeckt. Vorausgesetzt, sie können diese tatsächlich nachweisen.
Mit der Abgleichung dieser „Nachweise“ haben sich die Staatlichen Kunstsammlungen derzeit herumzuschlagen. „Wer nun aber glaubt, man brauche nur im Inventarverzeichnis zu blättern, um die Provenienzen der einzelnen Stücke zu erfahren, hat keine Ahnung von der Realität“, sagt Roth. Ein Inventarverzeichnis habe es für die Porzellansammlung zwischen 1779 und 1962 überhaupt nicht gegeben. Lediglich auf „Zugangsbücher“ der Jahrgänge von 1833 bis 1932 habe man zugreifen können. Auch Listen der 1945 aus den Schlössern der Wettiner beschlagnahmten Stücke sucht man vergeblich. „So stehen wir vor der Sysiphusarbeit, im Nachhinein einen Großteil der insgesamt 20 000 Porzellane bestimmen zu müssen“, sagt Martin Roth. [...] Im Falle der Rückgaben an die Wettiner sei er ohnehin „davon ausgegangen, dass die Sache mit dem umfassenden Vergleichsvertrag mit dem Freistaat Sachsen von 1999 erledigt war.“ Schließlich habe man sich damals auf eine „Gesamtliste“ von 18000 Stück geeinigt. Auch Roth kannte natürlich die „Öffnungsklausel“ dieses Vertrages, die den Wettinern Nachforderungen ermöglichte. „Das konnten aber doch nur einzelne Stücke sein und nicht ein Sechstel des Gesamtbestandes der Porzellansammlung“, sagt er.
Laut https://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/3737212.html sollen die Stücke auf die Liste national wertvollen Kulturgutes gesetzt werden, "um sie der Öffentlichkeit weiter zugänglich zu machen". Das kann aber mit der Eintragung eben juristisch gerade nicht erreicht werden. Das Haus Wettin kann die Stücke unzugänglich für alle Ewigkeit wegschließen (sofern es bereit ist, bei einem Erbfall die entsprechende Erbschaftssteuer ohne Abzug zu zahlen). Strittig ist, ob es kann die geschlossene Sammlung durch Einzelverkäufe im Inland auflösen kann. Der Schutzzweck hinsichtlich einer Gesamtheit kann nicht erreicht werden, wenn Einzelstücke nach Belieben im Inland verkauft werden dürfen.
Berichten zufolge werden am 18. Dezember beim Auktionshaus Christie's in London fünf wertvolle Porzellanplastiken versteigert, die die Kunstsammlungen bereits an die Wettiner zurückgegeben haben. Die wertvollste davon ist ein Löwenpaar, dessen Wert auf 4,5 bis 7,5 Millionen Euro geschätzt wird. Das Bildnis eines Fuchses mit einem Huhn soll für einen Preis von zwischen 300 000 und 450 000 Euro unter dem Hammer kommen, eine Vase für 15 000 bis 22 500 Euro. (ddp 7.11.)
Prinz Albert von Sachsen hat den Verkauf wertvoller Tierplastiken verteidigt. Man habe weder Platz noch Mittel für die Unterbringung und Pflege dieser Werke, sagte er der 'Dresdner Morgenpost'. Seine Familie lebe zur Miete, und die bedrückenden Lebensverhältnisse machten solche Einnahmen nun einmal notwendig. Außerdem habe das Land Sachsen keinerlei Interesse an einem Rückkauf der Plastiken gezeigt. Die Wettiner hatten die Figuren aus der Porzellansammlung Dresden erst kürzlich vom Freistaat zurückerhalten, da es sich um 1945 enteignetes Kunstgut handelte. Der Verkauf war von Experten kritisiert worden.
https://www.dradio.de/kulturnachrichten/20061110140000/drucken/
Das Interview im Wortlaut:
https://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1320555
Der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Martin Roth, hat das ehemalige sächsische Herrscherhaus Wettin in der Debatte um die Rückgabe enteigneter Porzellanobjekte scharf kritisiert. «Mir fällt es schwer zu begreifen, dass es Menschen gibt, die ihren persönlichen Reichtum vor das kulturelle Erbe stellen», sagte er der «Bild»-Zeitung (Mittwochausgabe). Weder der sächsische Kurfürst August der Starke noch andere Vorfahren hätten auch in schweren Krisen so gehandelt. [...] Roth sagte, die Rückgabe-Forderung sei ein «Schlag ins Gesicht von 2,2 Millionen Museums-Besuchern pro Jahr. »Die Schätze gehören uns allen gemeinsam", fügte er hinzu. (ddp, 8.11.).
Historischer Rückblick:
Zur Geschichte der Dresdener Sammlungen im Überblick:
https://dresden-und-sachsen.de/geschichte/bildende_kunst.htm
Auf der II. Dresdner Kunst- und Antiquitäten-Auktion im Jahr 1922 kamen auch Kunstwerke aus wettinischem Privateigentum unter den Hammer. Durch das am 10. Juli 1924 verabschiedete Gesetz über die Abfindung der Wettiner gingen Teile der Kunstsammlungen in wettinischen Privatbesitz über. [...]
Im Jahr 1996 fand man im Friedewald bei Moritzburg wertvolle Goldschmiedearbeiten und andere Wertgegenstände überwiegend aus dem Bestand der Hofsilberkammer, nicht wenige davon Hauptwerke der europäischen Goldschmiedekunst, die der wettinische Prinz Heinrich hier in den letzten Kriegswochen 1945 vergraben hatte. Das Kaufangebot des Freistaates Sachsen für die wiedergefundenen Kunstwerke lehnte das Haus Wettin als zu niedrig ab, die Versteigerung bei Sothebys im Jahr 1999 erbrachte dann aber einen noch geringeren Erlös.
Nach der Einigung zwischen dem Haus Wettin und dem Freistaat Sachsen im Jahr 1999 über die Rückgabe von Kulturgütern erhielten die Wettiner etwa 6.000 Kunstgegenstände zurück.
Den Schutz des Kulturguts durch die sächsische Verfassung 1831
https://archiv.twoday.net/stories/2911243/
hat man 1924 mit Füßen getreten.
Über den Vermögensstreit 1924 liest man
https://www.sz-online.de/nachrichten/pda.asp?aktion=ArtikelZeigen&ausgabe=320&id=1099396
Bereits 1919 war eine vorläufige Regelung zwischen dem neuen Freistaat Sachsen und dem vormaligen König getroffen worden. Nun galt es, Einzelheiten festzulegen. Leicht war es mit dem Staatseigentum wie dem Residenzschloss in Dresden – es verblieb selbstverständlich beim Staat. Ebenso einfach war es mit dem Privateigentum der Wettiner – es war zurückzugeben. Problematisch war die dritte Kategorie: der Kronfideikommiss, eine Art Familieneigentum; dazu gehörten so attraktive Dresdner „Objekte“ wie das Grüne Gewölbe und die Gemäldegalerien. Nach langwierigen Verhandlungen kam man zu einer alle Seiten zufrieden stellenden Regelung, die die SPD-Regierung allerdings nur mit Mühe durch den Landtag brachte.
Die Wettiner erhielten unter anderem Schloss Moritzburg nebst Domänen, 300 000 Goldmark für das aus Mitteln der Königlichen Zivilliste errichtete Schauspielhaus in Dresden und viele mobile Gegenstände, darunter wertvolle Kunstgegenstände. Diese Regelung zusammen mit dem, was sie noch privat besaßen (wie die Villen in Wachwitz und Hosterwitz) erlaubte es den Wettinern, ein „standesgemäßes Leben“ zu führen. An dieser Entwicklung hatte der juristische Berater des Königs, Justizrat Bernhard Eibes, großen Anteil.
https://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1321716
Im Exklusiv-Gespräch mit der Morgenpost kündigte der Kunstsammlungs-Chef an: „Wir brauchen für die zunächst anstehende Überprüfung alles verfügbare Personal, müssen Anfang 2007 die Porzellansammlung für einen Monat schließen.“
Wo liegt die Ursache für das Dilemma? - Zunächst sind die Ansprüche der Wettiner durch bundesdeutsches Recht (Ausgleichsleistungsgesetz, 1994) gedeckt. Vorausgesetzt, sie können diese tatsächlich nachweisen.
Mit der Abgleichung dieser „Nachweise“ haben sich die Staatlichen Kunstsammlungen derzeit herumzuschlagen. „Wer nun aber glaubt, man brauche nur im Inventarverzeichnis zu blättern, um die Provenienzen der einzelnen Stücke zu erfahren, hat keine Ahnung von der Realität“, sagt Roth. Ein Inventarverzeichnis habe es für die Porzellansammlung zwischen 1779 und 1962 überhaupt nicht gegeben. Lediglich auf „Zugangsbücher“ der Jahrgänge von 1833 bis 1932 habe man zugreifen können. Auch Listen der 1945 aus den Schlössern der Wettiner beschlagnahmten Stücke sucht man vergeblich. „So stehen wir vor der Sysiphusarbeit, im Nachhinein einen Großteil der insgesamt 20 000 Porzellane bestimmen zu müssen“, sagt Martin Roth. [...] Im Falle der Rückgaben an die Wettiner sei er ohnehin „davon ausgegangen, dass die Sache mit dem umfassenden Vergleichsvertrag mit dem Freistaat Sachsen von 1999 erledigt war.“ Schließlich habe man sich damals auf eine „Gesamtliste“ von 18000 Stück geeinigt. Auch Roth kannte natürlich die „Öffnungsklausel“ dieses Vertrages, die den Wettinern Nachforderungen ermöglichte. „Das konnten aber doch nur einzelne Stücke sein und nicht ein Sechstel des Gesamtbestandes der Porzellansammlung“, sagt er.
Laut https://www.mdr.de/nachrichten/meldungen/3737212.html sollen die Stücke auf die Liste national wertvollen Kulturgutes gesetzt werden, "um sie der Öffentlichkeit weiter zugänglich zu machen". Das kann aber mit der Eintragung eben juristisch gerade nicht erreicht werden. Das Haus Wettin kann die Stücke unzugänglich für alle Ewigkeit wegschließen (sofern es bereit ist, bei einem Erbfall die entsprechende Erbschaftssteuer ohne Abzug zu zahlen). Strittig ist, ob es kann die geschlossene Sammlung durch Einzelverkäufe im Inland auflösen kann. Der Schutzzweck hinsichtlich einer Gesamtheit kann nicht erreicht werden, wenn Einzelstücke nach Belieben im Inland verkauft werden dürfen.
Berichten zufolge werden am 18. Dezember beim Auktionshaus Christie's in London fünf wertvolle Porzellanplastiken versteigert, die die Kunstsammlungen bereits an die Wettiner zurückgegeben haben. Die wertvollste davon ist ein Löwenpaar, dessen Wert auf 4,5 bis 7,5 Millionen Euro geschätzt wird. Das Bildnis eines Fuchses mit einem Huhn soll für einen Preis von zwischen 300 000 und 450 000 Euro unter dem Hammer kommen, eine Vase für 15 000 bis 22 500 Euro. (ddp 7.11.)
Prinz Albert von Sachsen hat den Verkauf wertvoller Tierplastiken verteidigt. Man habe weder Platz noch Mittel für die Unterbringung und Pflege dieser Werke, sagte er der 'Dresdner Morgenpost'. Seine Familie lebe zur Miete, und die bedrückenden Lebensverhältnisse machten solche Einnahmen nun einmal notwendig. Außerdem habe das Land Sachsen keinerlei Interesse an einem Rückkauf der Plastiken gezeigt. Die Wettiner hatten die Figuren aus der Porzellansammlung Dresden erst kürzlich vom Freistaat zurückerhalten, da es sich um 1945 enteignetes Kunstgut handelte. Der Verkauf war von Experten kritisiert worden.
https://www.dradio.de/kulturnachrichten/20061110140000/drucken/
Das Interview im Wortlaut:
https://www.sz-online.de/nachrichten/artikel.asp?id=1320555
Der Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Martin Roth, hat das ehemalige sächsische Herrscherhaus Wettin in der Debatte um die Rückgabe enteigneter Porzellanobjekte scharf kritisiert. «Mir fällt es schwer zu begreifen, dass es Menschen gibt, die ihren persönlichen Reichtum vor das kulturelle Erbe stellen», sagte er der «Bild»-Zeitung (Mittwochausgabe). Weder der sächsische Kurfürst August der Starke noch andere Vorfahren hätten auch in schweren Krisen so gehandelt. [...] Roth sagte, die Rückgabe-Forderung sei ein «Schlag ins Gesicht von 2,2 Millionen Museums-Besuchern pro Jahr. »Die Schätze gehören uns allen gemeinsam", fügte er hinzu. (ddp, 8.11.).
Historischer Rückblick:
Zur Geschichte der Dresdener Sammlungen im Überblick:
https://dresden-und-sachsen.de/geschichte/bildende_kunst.htm
Auf der II. Dresdner Kunst- und Antiquitäten-Auktion im Jahr 1922 kamen auch Kunstwerke aus wettinischem Privateigentum unter den Hammer. Durch das am 10. Juli 1924 verabschiedete Gesetz über die Abfindung der Wettiner gingen Teile der Kunstsammlungen in wettinischen Privatbesitz über. [...]
Im Jahr 1996 fand man im Friedewald bei Moritzburg wertvolle Goldschmiedearbeiten und andere Wertgegenstände überwiegend aus dem Bestand der Hofsilberkammer, nicht wenige davon Hauptwerke der europäischen Goldschmiedekunst, die der wettinische Prinz Heinrich hier in den letzten Kriegswochen 1945 vergraben hatte. Das Kaufangebot des Freistaates Sachsen für die wiedergefundenen Kunstwerke lehnte das Haus Wettin als zu niedrig ab, die Versteigerung bei Sothebys im Jahr 1999 erbrachte dann aber einen noch geringeren Erlös.
Nach der Einigung zwischen dem Haus Wettin und dem Freistaat Sachsen im Jahr 1999 über die Rückgabe von Kulturgütern erhielten die Wettiner etwa 6.000 Kunstgegenstände zurück.
Den Schutz des Kulturguts durch die sächsische Verfassung 1831
https://archiv.twoday.net/stories/2911243/
hat man 1924 mit Füßen getreten.
Über den Vermögensstreit 1924 liest man
https://www.sz-online.de/nachrichten/pda.asp?aktion=ArtikelZeigen&ausgabe=320&id=1099396
Bereits 1919 war eine vorläufige Regelung zwischen dem neuen Freistaat Sachsen und dem vormaligen König getroffen worden. Nun galt es, Einzelheiten festzulegen. Leicht war es mit dem Staatseigentum wie dem Residenzschloss in Dresden – es verblieb selbstverständlich beim Staat. Ebenso einfach war es mit dem Privateigentum der Wettiner – es war zurückzugeben. Problematisch war die dritte Kategorie: der Kronfideikommiss, eine Art Familieneigentum; dazu gehörten so attraktive Dresdner „Objekte“ wie das Grüne Gewölbe und die Gemäldegalerien. Nach langwierigen Verhandlungen kam man zu einer alle Seiten zufrieden stellenden Regelung, die die SPD-Regierung allerdings nur mit Mühe durch den Landtag brachte.
Die Wettiner erhielten unter anderem Schloss Moritzburg nebst Domänen, 300 000 Goldmark für das aus Mitteln der Königlichen Zivilliste errichtete Schauspielhaus in Dresden und viele mobile Gegenstände, darunter wertvolle Kunstgegenstände. Diese Regelung zusammen mit dem, was sie noch privat besaßen (wie die Villen in Wachwitz und Hosterwitz) erlaubte es den Wettinern, ein „standesgemäßes Leben“ zu führen. An dieser Entwicklung hatte der juristische Berater des Königs, Justizrat Bernhard Eibes, großen Anteil.
Reiner Ruf sagt in der Stuttgarter Zeitung vom 11. November 2006 Danke, liebe Landesregierung. Auszüge:
Dann kam der Sommer - und mit ihm Markgraf Bernhard von Baden. Es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein. Das Kabinett schmolz dahin. Günther Oettinger aber zerfloss. Winkte doch eine 300-Millionen-Euro-Mitgift an allerlei Preziosen, Gemälden und altem Kriegszeugs, für die lediglich einige Kilogramm altes Papier aus den Kellern der Badischen Landesbibliothek auf den Markt geworfen werden sollten. Dafür würden andere Leute - der Mensch ist aus einem krummen Holz geschnitzt - bereit sein, 70 Millionen Euro zu zahlen. Bei diesem Gedanken erlag Günther Oettinger vollends dem Charme des badischen Prinzen. In jenen Tagen erklärte er, auch in einer Monarchie lasse es sich doch ganz hübsch regieren.
Seither ist in Baden-Württemberg nichts mehr, wie es war. Erstens ist zu nennen: der fast schon entschlafene Republikanismus ("enteignet den Adel, wo ihr ihn trefft") feiert fröhliche Urstände. Zweitens: in der Ära Erwin Teufel galt nördlich des Mains als Bayer, wer behauptete, er komme aus dem Süden. Jetzt weiß ganz Deutschland: wer sein Bier zweimal zahlt, stammt aus Baden-Württemberg. Wer aber kauft, was ihm bereits gehört, ist in Stuttgart mindestens Minister. Drittens: erstaunt nehmen wir zur Kenntnis, dass selbst Juristen irren. Wer der Wahrheit ins Antlitz blicken will, wende sich an die Historiker. Die kennen wenigstens die Gesetze. Staatsrechtler Thomas Würtenberger schwor: "Die Markgrafentafel gehört unstreitig dem Haus Baden." Das aber ist, horribile dictu, falsch. Bewiesen hat das der Historiker Dieter Mertens.
Viertens: die Südwest-SPD entdeckt, dass es sie doch noch gibt. Verwirrt fordert sie einen Untersuchungsausschuss. Fünftens: die Feuilletonisten in den Redaktionen sehen sich urplötzlich mit der Politik konfrontiert. Sie sind entsetzt und erkennen: wer mittelalterliche Handschriften verkauft, verspeist womöglich auch kleine Kinder. Sechstens: die FDP-Abgeordnete Heiderose Berroth erklärt in der Kulturgüterdebatte des Landtags am vergangenen Donnerstag, dass eine gute Tomatensuppe mindestens anderthalb Stunden kochen muss. Im Plenum entwickelt sich eine rege Diskussion über die Frage, was zuerst war: das Rezept, die Küche, der Koch oder die Nudel. Beobachter sprechen hernach von einer "Sternstunde des südwestdeutschen Parlamentarismus".
Siebtens: Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) verteidigt sich bei selbiger Gelegenheit mit den Worten, wo kein Regierungshandeln sei, gebe es auch kein Regierungsversagen. Wäre dies richtig, versagte sich die Regierung jedes Handeln und schaffte sich selbst ab - damit erschlösse sich ein enormes Einsparungspotenzial. Die Nettoneuverschuldung ließe sich bereits ein Jahr vor dem vorgesehenen Termin 2011 realisieren. Zum Dank erhält Günther Oettinger einen Posten im Bundesbankvorstand.
[...]
Dann kam der Sommer - und mit ihm Markgraf Bernhard von Baden. Es muss Liebe auf den ersten Blick gewesen sein. Das Kabinett schmolz dahin. Günther Oettinger aber zerfloss. Winkte doch eine 300-Millionen-Euro-Mitgift an allerlei Preziosen, Gemälden und altem Kriegszeugs, für die lediglich einige Kilogramm altes Papier aus den Kellern der Badischen Landesbibliothek auf den Markt geworfen werden sollten. Dafür würden andere Leute - der Mensch ist aus einem krummen Holz geschnitzt - bereit sein, 70 Millionen Euro zu zahlen. Bei diesem Gedanken erlag Günther Oettinger vollends dem Charme des badischen Prinzen. In jenen Tagen erklärte er, auch in einer Monarchie lasse es sich doch ganz hübsch regieren.
Seither ist in Baden-Württemberg nichts mehr, wie es war. Erstens ist zu nennen: der fast schon entschlafene Republikanismus ("enteignet den Adel, wo ihr ihn trefft") feiert fröhliche Urstände. Zweitens: in der Ära Erwin Teufel galt nördlich des Mains als Bayer, wer behauptete, er komme aus dem Süden. Jetzt weiß ganz Deutschland: wer sein Bier zweimal zahlt, stammt aus Baden-Württemberg. Wer aber kauft, was ihm bereits gehört, ist in Stuttgart mindestens Minister. Drittens: erstaunt nehmen wir zur Kenntnis, dass selbst Juristen irren. Wer der Wahrheit ins Antlitz blicken will, wende sich an die Historiker. Die kennen wenigstens die Gesetze. Staatsrechtler Thomas Würtenberger schwor: "Die Markgrafentafel gehört unstreitig dem Haus Baden." Das aber ist, horribile dictu, falsch. Bewiesen hat das der Historiker Dieter Mertens.
Viertens: die Südwest-SPD entdeckt, dass es sie doch noch gibt. Verwirrt fordert sie einen Untersuchungsausschuss. Fünftens: die Feuilletonisten in den Redaktionen sehen sich urplötzlich mit der Politik konfrontiert. Sie sind entsetzt und erkennen: wer mittelalterliche Handschriften verkauft, verspeist womöglich auch kleine Kinder. Sechstens: die FDP-Abgeordnete Heiderose Berroth erklärt in der Kulturgüterdebatte des Landtags am vergangenen Donnerstag, dass eine gute Tomatensuppe mindestens anderthalb Stunden kochen muss. Im Plenum entwickelt sich eine rege Diskussion über die Frage, was zuerst war: das Rezept, die Küche, der Koch oder die Nudel. Beobachter sprechen hernach von einer "Sternstunde des südwestdeutschen Parlamentarismus".
Siebtens: Wissenschaftsminister Peter Frankenberg (CDU) verteidigt sich bei selbiger Gelegenheit mit den Worten, wo kein Regierungshandeln sei, gebe es auch kein Regierungsversagen. Wäre dies richtig, versagte sich die Regierung jedes Handeln und schaffte sich selbst ab - damit erschlösse sich ein enormes Einsparungspotenzial. Die Nettoneuverschuldung ließe sich bereits ein Jahr vor dem vorgesehenen Termin 2011 realisieren. Zum Dank erhält Günther Oettinger einen Posten im Bundesbankvorstand.
[...]
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https://www.aedph.uni-bayreuth.de/2006/date.html
Hier finden sich zahlreiche Beiträge zum Streit um die Karlsruher Handschriften.
Hier finden sich zahlreiche Beiträge zum Streit um die Karlsruher Handschriften.
Unter diesem Titel veröffentlichte die FAZ am 9.11.2006 S. 40 den folgenden Leserbrief von Wolfgang Klose:
Zu den Berichten über den beabsichtigten Verkauf der Handschriften in Baden-Württemberg: Das Institut für Sozialforschung der Universität Frankfurt machte kürzlich auf Verwerfungen in unserer Gesellschaft aufmerksam, die durch das ungehemmte Vordringen des Marktbegriffs in alle Lebensbereiche sichtbar werden. Man zitiert dort die spöttische Prognose von Karl Marx, daß ein "Zeitalter der universellen Käuflichkeit" in Sicht sei und fragt, ob wir bereits in diesem lebten? Verfolgt man den Kulturkampf der Baden-Württembergischen Landesregierung (gegen Kultur möchte man meinen) der vergangenen Wochen, so ist festzustellen, daß eine deutsche Landesregierung ohne sichtbare Bedenken ihr eigenes Kulturgut auf den öffentlichen Markt werfen will, um Schulden zu bezahlen. Schulden, die nicht aus Existenznot gemacht wurden, die der Staat auch nicht selbst zu verantworten hat, sondern private Schulden, die wegen privaten, wirtschaftlichen Fehlverhaltens entstanden sind. Das in unseren Kultureinrichtungen wie Museen und Bibliotheken gehütete Gut ist durch seine Öffentlichkeit, seine vielfältigen Einflüsse auf unser Wissen und unsere Gefühle Grundlage unserer kulturellen Identität. Woher kommt es denn, daß wir uns in unserem Kulturkreis zu Hause und wohl fühlen, wenn nicht von der Kraft, die Künstler, Dichter, Komponisten und Schriftsteller in ihre Werke gelegt haben? Werke, die uns als Besitz unserer Kultureinrichtungen bekannt sind und an deren sicherer und gesicherten Existenz wir keinen Zweifel haben.
Es ist ein Vertrauensbruch gegen uns alle, wenn der Staat die bisherigen ethischen Standards willkürlich leugnet und beginnt, Kunstwerke als reine Handelsware zu betrachten, die er profitabel auf den Markt bringen kann. Damit dringt Marktwirtschaft in jene Bereiche vor, die bisher als kulturelles Welterbe anderen Bedingungen unterlagen und als tabu galten. Wir alle, vornehmlich aber die Repräsentanten der Kulturwelt, müssen unsere Aufmerksamkeit auf diese Entwicklung richten und ihr mit allen Mitteln begegnen. Es gibt wesentliches menschliches Handeln, das keinem Marktwert unterliegt. Diese Ethik gilt es zu bewahren. Eine vermutlich utopische Forderung ist es wohl, daß gutachterliche Handlanger solcher Eingriffe in unser Kulturerbe ihren bis dahin tadellosen Ruf verlieren mögen.
Professor Dr. Dr. h. c. Wolfgang Klose, Vorsitzender der Badischen Bibliotheksgesellschaft, Karlsruhe
Zu den Berichten über den beabsichtigten Verkauf der Handschriften in Baden-Württemberg: Das Institut für Sozialforschung der Universität Frankfurt machte kürzlich auf Verwerfungen in unserer Gesellschaft aufmerksam, die durch das ungehemmte Vordringen des Marktbegriffs in alle Lebensbereiche sichtbar werden. Man zitiert dort die spöttische Prognose von Karl Marx, daß ein "Zeitalter der universellen Käuflichkeit" in Sicht sei und fragt, ob wir bereits in diesem lebten? Verfolgt man den Kulturkampf der Baden-Württembergischen Landesregierung (gegen Kultur möchte man meinen) der vergangenen Wochen, so ist festzustellen, daß eine deutsche Landesregierung ohne sichtbare Bedenken ihr eigenes Kulturgut auf den öffentlichen Markt werfen will, um Schulden zu bezahlen. Schulden, die nicht aus Existenznot gemacht wurden, die der Staat auch nicht selbst zu verantworten hat, sondern private Schulden, die wegen privaten, wirtschaftlichen Fehlverhaltens entstanden sind. Das in unseren Kultureinrichtungen wie Museen und Bibliotheken gehütete Gut ist durch seine Öffentlichkeit, seine vielfältigen Einflüsse auf unser Wissen und unsere Gefühle Grundlage unserer kulturellen Identität. Woher kommt es denn, daß wir uns in unserem Kulturkreis zu Hause und wohl fühlen, wenn nicht von der Kraft, die Künstler, Dichter, Komponisten und Schriftsteller in ihre Werke gelegt haben? Werke, die uns als Besitz unserer Kultureinrichtungen bekannt sind und an deren sicherer und gesicherten Existenz wir keinen Zweifel haben.
Es ist ein Vertrauensbruch gegen uns alle, wenn der Staat die bisherigen ethischen Standards willkürlich leugnet und beginnt, Kunstwerke als reine Handelsware zu betrachten, die er profitabel auf den Markt bringen kann. Damit dringt Marktwirtschaft in jene Bereiche vor, die bisher als kulturelles Welterbe anderen Bedingungen unterlagen und als tabu galten. Wir alle, vornehmlich aber die Repräsentanten der Kulturwelt, müssen unsere Aufmerksamkeit auf diese Entwicklung richten und ihr mit allen Mitteln begegnen. Es gibt wesentliches menschliches Handeln, das keinem Marktwert unterliegt. Diese Ethik gilt es zu bewahren. Eine vermutlich utopische Forderung ist es wohl, daß gutachterliche Handlanger solcher Eingriffe in unser Kulturerbe ihren bis dahin tadellosen Ruf verlieren mögen.
Professor Dr. Dr. h. c. Wolfgang Klose, Vorsitzender der Badischen Bibliotheksgesellschaft, Karlsruhe
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Die Badische Verfassung vom 21. März 1919 hob die bestehenden Familien- und Stammgüter "mit Einschluß der Fideikommisse des vormaligen Großherzoglichen Hauses" und des Hausvermögens der standesherrlichen Familien auf. Die Ausführungsgesetzgebung erfolgte mit dem Stammgüteraufhebungsgesetz vom 18. Juli 1923 (GVBl. 1923 S. 233). Das Stammgut wurde freies Eigentum des letzten Stammherrn, der eventuelle Anwärter zu entschädigen und Familienangehörige abzufinden bzw. zu unterstützen hatte. Außerdem wurden die Versorgungsansprüche der Beamten gesichert.
Laut Justizministerium war das Gesetz im März 1928 im wesentlichen vollzogen (Badisches Verfassungsrecht, hrsg. von Karl Glockner, Karlsruhe 1930, S. 317).
Baden kann somit als fideikommissauflösungsrechtliches Musterland gelten, denn das Nazi-Gesetz von 1938 über das Erlöschen der Fideikommisse war durch die zögerliche Auflösungspraxis veranlasst worden.
Als Stammgutsbehörde wurde das Oberlandesgericht Karlsruhe bestimmt, von dessen Akten mir im GLAK einige vorgelegt wurden.
Es ergibt sich ein durchaus irritierender Befund.
Laut Beilage 1a zur Niederschrift der Landtagssitzung vom 7. Juni 1923 gab es in Baden 73 Stammgüter der Ritterschaft. Über den Grundbesitz der Fideikommisse des Großherzoglichen Hauses erfährt man (Zahlen in der Vorlage jeweils bereits gerundet):
Bodenseefideikommiss oberhalb der Murg 7341 ha.
- unterhalb der Murg 281 ha.
Pfälzer Fideikommiss 1380 ha.
Fideikommiss Bauschlott 467 ha.
Palaisfideikommiss 2 ha.
Insgesamt 9471 ha.
Nach Badischem Landrecht bedurften Stammgüter der Eintragung ins Grundbuch, während die gebundenen Vermögen der Standesherren den Beschränkungen des Landrechts nicht unterlagen. (Bei Standesherrschaften waren auch Mobiliarfideikommisse zulässig, vgl. Friedrich Wielandt, Das Staatsrecht des Großherzogthums Baden, Freiburg/Leipzig 1895, S. 22).
Auf eine Umfrage des OLG (GLAK 240/8158) nach gebundenem Besitz an die Notariate und städtischen Grundbuchämter kamen fast nur Fehlanzeigen, keine 10 Stammgüter wurden gemeldet.
Von den 73 Stammgütern der Ritterschaft waren demnach die meisten Stammgüter, die mehr oder minder formlos oder durch Hausgesetze errichtet, aber nicht ins Grundbuch eingetragen worden waren. Die Standesherrschaften (z.B. Fürstenberg) waren zwar nach den Hausgesetzen gebundene Vermögen, unterlagen aber nicht den Formerfordernissen des Stammbuchrechts.
Die adeligen Familien konnten die Auflösung ignorieren: die bisherigen hausrechtlichen Regelungen wurden durch Testamente und Verträge beibehalten, die treuen Diener nicht entlassen. Es änderte sich de facto nichts: das bisherige Recht wurde in ein Hausherkommen umgewandelt, das aufgrund der strikten Kastengesinnung der Familienangehörigen unbedingte Verbindlichkeit behielt. Hinsichtlich der kostbaren Sammlungen war man nunmehr frei, mit Veräußerungen den finanziellen Zumutungen der Inflation zu begegnen. Das Vorkaufsrecht des Landes stand nur auf dem Papier.
§ 26 des Stammgüteraufhebungsgesetzes von 1923 lautete:
"Werden Teile des bisherigen Stammgutvermögens, deren Erhaltung für das Land von wissenschaftlichem, geschichtlichem, kunstgeschichtlichem oder künstlerischem Wert ist, veräußert, so steht dem Lande Baden ein besonderes Vorkaufsrecht zu. Dieses Recht kann durch das Ministerium des Kultus und Unterrichts oder eine von diesem zu bezeichnende Behörde ausgeübt werden. Die Frist zur Ausübung des Rechts beträgt drei Monate; im übrigen finden die Vorschriften der §§ 504 bis 512 und 514 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend Anwendung.
Der letzte Stammherr oder seine Erben haben die dem Vorkaufsrecht unterliegenden Sachen zu verzeichnen und das Verzeichnis dem Ministerium des Kultus und Unterrichts vorzulegen. Dieses kann die dem Vorkausrecht unterliegenden Sachen durch Sachverständige nachprüfen und zu diesem Zwecke in Augenschein nehmen lassen."
Aufgehoben wurde das zuletzt 1961 geänderte badische Gesetz von 1923 erst 1983 (GBl. S. 693) mit Wirkung zum 1.4.1984, wobei freilich § 1 von Art. 4 dieses Aufhebungsgesetzes zu beachten ist, wonach die auf Grund des bisherigen Rechts entstandenen Rechtsverhältnisse aufrechterhalten bleiben.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass § 26 bereits durch das GrdstVG von 1962, also ein Bundesgesetz aufgehoben wurde:
https://bundesrecht.juris.de/grdstvg/__39.html
Soweit aber bewegliche Kulturgüter betroffen waren, fehlte dem aufhebenden Bundesgesetz die Sachkompetenz. Das Bundesgesetz betraf lediglich Rechtsgeschäfte über Immobilien, die eher denkmalschutzrechtliche Regelung des § 26 wurde erst 1983 beseitigt, wobei das seinerzeit begründete Vorkaufsrecht aber zu den Rechtsverhältnissen, deren Bestand garantiert wurde, gehörte.
Das GLAK konnte bislang keine Akten über dieses Vorkaufsrecht und die danach vorzulegenden Listen nachweisen. Es ist daher anzunehmen, dass § 26 komplett ignoriert wurde.
Zur Nichtanwendung durch das Land 1995:
https://archiv.twoday.net/stories/2876347/
Zurecht schärfer waren die Regelungen in den Auflösungsbeschlüsse in den anderen Ländern nach 1938 bzw. 1945, die überwiegend eine Zugänglichkeit insbesondere der Archive, und eine Staatsaufsicht anordneten. Siehe dazu das BayObLG
https://archiv.twoday.net/stories/2823424/
und die Materialien auf
https://www.jurawiki.de/FideiKommiss
Aufgrund seiner herausgehobenen Position konnte die Familie der Markgrafen von Baden die Auflösung der in der Badischen Verfassung genannten Fideikommisse nicht ignorieren. Nach GLAK 240/8161 schlossen die Prinzen Maximilian und Berthold am 17. Dezember 1919 einen notariellen und Erbvertrag und gründeten 1919 eine Stiftung "Markgräflicher Pensionsfonds", der aus einer Höchstbetragshypothek von 1,5 Mio. Goldmark auf den gesamten Waldbesitz der frühen Bodenseefideikommisse bestand.
Max war Eigentümer der zum bisherigen Palastfideikommiss (das sog. Hochberg'sche Palais in Karlsruhe) und zum bisherigen Fideikommiss Bauschlott gehörigen Vermögensstücke. Max und Berthold zwaren je zur Hälfte Miteigentümer der zu den bisherigen Bodenseefideikommissen gehörigen Vermögensstücke. Doch von über 9400 ha ist nicht die Rede. In den Akten erscheinen am 11. Januar 1926 als gebundener Besitz der Bodenseefideikommiss-Herrschaft gerade einmal gut 30 ha. In der Monarchie war die gesamte Standesherrschaft Salem seit 1813 dem Apanagial-Fideikommiss einverleibt, also ein hausrechtlich gebundenes Vermögen:
https://archiv.twoday.net/stories/2892308/
Von einer "Auflösung" des Fideikommisses kann man angesichts dieser Diskrepanz wirklich nicht sprechen. Ob das in den Akten zutragetretende Vollzugsdefizit mit der vielbeschworenen badischen "Liberalität" zusammenhängt?
Bislang war nur von den "Partikular-Fideikommissen" die Rede (siehe https://archiv.twoday.net/stories/2837017/ ) - was war aber mit dem Hauptfideikommiss, dem Hausfideikommiss, von dem im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit den Sammlungen immer wieder die Rede war?
Es kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass Kapitalvermögen zum Hausfideikommiss zählte, das 1923 ohne viel Federlesen an den ehemaligen Regenten überging. Plausibler ist jedoch die Annahme, dass es sich um einen reinen Mobiliarfideikommiss gehandelt hat, zu dem der Hausschmuck (mit Kroninsignien) und die Silberkammer zählte sowie die von den jeweiligen Regenten erworbenen Mobilien und die Mobilien der Hofausstattung. Zur Vererbung siehe
https://archiv.twoday.net/stories/2832452/
Wenn der Hausfideikommiss (anders als die Parikular-Fideikommisse) keinerlei Grundvermögen umfasste, worauf war er dann radiziert? Man kann sagen: auf das Domänenvermögen, das ja auch als fideikommissarisch gebunden war, oder aber auf die Krone. Dies ist ein weiteres starkes Argument, im Hausfideikommiss kein privatrechtliches Vermögen der Korporation des großherzoglichen Hauses zu sehen, sondern einen staatsrechtlichen Kron-Fideikommiss wie in Sachsen, der beim Lande zu bleiben hatte, wenn die Dynastie wechselte:
https://archiv.twoday.net/stories/2911243/
Was das Domänenvermögen für die Immobilien, war der Hausfideikommiss für die Mobilien. Beides sah der Großherzog und die ihm nahestehenden Juristen als Patrimonialeigentum, beides war unveräußerlich. Beides ist als Pertinenz der Landeshoheit zu sehen. Es war nicht-staatliches Landesvermögen, das 1918 an den Staat mit seinem neuen Souverän, dem Volk, fiel.
Laut Justizministerium war das Gesetz im März 1928 im wesentlichen vollzogen (Badisches Verfassungsrecht, hrsg. von Karl Glockner, Karlsruhe 1930, S. 317).
Baden kann somit als fideikommissauflösungsrechtliches Musterland gelten, denn das Nazi-Gesetz von 1938 über das Erlöschen der Fideikommisse war durch die zögerliche Auflösungspraxis veranlasst worden.
Als Stammgutsbehörde wurde das Oberlandesgericht Karlsruhe bestimmt, von dessen Akten mir im GLAK einige vorgelegt wurden.
Es ergibt sich ein durchaus irritierender Befund.
Laut Beilage 1a zur Niederschrift der Landtagssitzung vom 7. Juni 1923 gab es in Baden 73 Stammgüter der Ritterschaft. Über den Grundbesitz der Fideikommisse des Großherzoglichen Hauses erfährt man (Zahlen in der Vorlage jeweils bereits gerundet):
Bodenseefideikommiss oberhalb der Murg 7341 ha.
- unterhalb der Murg 281 ha.
Pfälzer Fideikommiss 1380 ha.
Fideikommiss Bauschlott 467 ha.
Palaisfideikommiss 2 ha.
Insgesamt 9471 ha.
Nach Badischem Landrecht bedurften Stammgüter der Eintragung ins Grundbuch, während die gebundenen Vermögen der Standesherren den Beschränkungen des Landrechts nicht unterlagen. (Bei Standesherrschaften waren auch Mobiliarfideikommisse zulässig, vgl. Friedrich Wielandt, Das Staatsrecht des Großherzogthums Baden, Freiburg/Leipzig 1895, S. 22).
Auf eine Umfrage des OLG (GLAK 240/8158) nach gebundenem Besitz an die Notariate und städtischen Grundbuchämter kamen fast nur Fehlanzeigen, keine 10 Stammgüter wurden gemeldet.
Von den 73 Stammgütern der Ritterschaft waren demnach die meisten Stammgüter, die mehr oder minder formlos oder durch Hausgesetze errichtet, aber nicht ins Grundbuch eingetragen worden waren. Die Standesherrschaften (z.B. Fürstenberg) waren zwar nach den Hausgesetzen gebundene Vermögen, unterlagen aber nicht den Formerfordernissen des Stammbuchrechts.
Die adeligen Familien konnten die Auflösung ignorieren: die bisherigen hausrechtlichen Regelungen wurden durch Testamente und Verträge beibehalten, die treuen Diener nicht entlassen. Es änderte sich de facto nichts: das bisherige Recht wurde in ein Hausherkommen umgewandelt, das aufgrund der strikten Kastengesinnung der Familienangehörigen unbedingte Verbindlichkeit behielt. Hinsichtlich der kostbaren Sammlungen war man nunmehr frei, mit Veräußerungen den finanziellen Zumutungen der Inflation zu begegnen. Das Vorkaufsrecht des Landes stand nur auf dem Papier.
§ 26 des Stammgüteraufhebungsgesetzes von 1923 lautete:
"Werden Teile des bisherigen Stammgutvermögens, deren Erhaltung für das Land von wissenschaftlichem, geschichtlichem, kunstgeschichtlichem oder künstlerischem Wert ist, veräußert, so steht dem Lande Baden ein besonderes Vorkaufsrecht zu. Dieses Recht kann durch das Ministerium des Kultus und Unterrichts oder eine von diesem zu bezeichnende Behörde ausgeübt werden. Die Frist zur Ausübung des Rechts beträgt drei Monate; im übrigen finden die Vorschriften der §§ 504 bis 512 und 514 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entsprechend Anwendung.
Der letzte Stammherr oder seine Erben haben die dem Vorkaufsrecht unterliegenden Sachen zu verzeichnen und das Verzeichnis dem Ministerium des Kultus und Unterrichts vorzulegen. Dieses kann die dem Vorkausrecht unterliegenden Sachen durch Sachverständige nachprüfen und zu diesem Zwecke in Augenschein nehmen lassen."
Aufgehoben wurde das zuletzt 1961 geänderte badische Gesetz von 1923 erst 1983 (GBl. S. 693) mit Wirkung zum 1.4.1984, wobei freilich § 1 von Art. 4 dieses Aufhebungsgesetzes zu beachten ist, wonach die auf Grund des bisherigen Rechts entstandenen Rechtsverhältnisse aufrechterhalten bleiben.
Ich wurde darauf hingewiesen, dass § 26 bereits durch das GrdstVG von 1962, also ein Bundesgesetz aufgehoben wurde:
https://bundesrecht.juris.de/grdstvg/__39.html
Soweit aber bewegliche Kulturgüter betroffen waren, fehlte dem aufhebenden Bundesgesetz die Sachkompetenz. Das Bundesgesetz betraf lediglich Rechtsgeschäfte über Immobilien, die eher denkmalschutzrechtliche Regelung des § 26 wurde erst 1983 beseitigt, wobei das seinerzeit begründete Vorkaufsrecht aber zu den Rechtsverhältnissen, deren Bestand garantiert wurde, gehörte.
Das GLAK konnte bislang keine Akten über dieses Vorkaufsrecht und die danach vorzulegenden Listen nachweisen. Es ist daher anzunehmen, dass § 26 komplett ignoriert wurde.
Zur Nichtanwendung durch das Land 1995:
https://archiv.twoday.net/stories/2876347/
Zurecht schärfer waren die Regelungen in den Auflösungsbeschlüsse in den anderen Ländern nach 1938 bzw. 1945, die überwiegend eine Zugänglichkeit insbesondere der Archive, und eine Staatsaufsicht anordneten. Siehe dazu das BayObLG
https://archiv.twoday.net/stories/2823424/
und die Materialien auf
https://www.jurawiki.de/FideiKommiss
Aufgrund seiner herausgehobenen Position konnte die Familie der Markgrafen von Baden die Auflösung der in der Badischen Verfassung genannten Fideikommisse nicht ignorieren. Nach GLAK 240/8161 schlossen die Prinzen Maximilian und Berthold am 17. Dezember 1919 einen notariellen und Erbvertrag und gründeten 1919 eine Stiftung "Markgräflicher Pensionsfonds", der aus einer Höchstbetragshypothek von 1,5 Mio. Goldmark auf den gesamten Waldbesitz der frühen Bodenseefideikommisse bestand.
Max war Eigentümer der zum bisherigen Palastfideikommiss (das sog. Hochberg'sche Palais in Karlsruhe) und zum bisherigen Fideikommiss Bauschlott gehörigen Vermögensstücke. Max und Berthold zwaren je zur Hälfte Miteigentümer der zu den bisherigen Bodenseefideikommissen gehörigen Vermögensstücke. Doch von über 9400 ha ist nicht die Rede. In den Akten erscheinen am 11. Januar 1926 als gebundener Besitz der Bodenseefideikommiss-Herrschaft gerade einmal gut 30 ha. In der Monarchie war die gesamte Standesherrschaft Salem seit 1813 dem Apanagial-Fideikommiss einverleibt, also ein hausrechtlich gebundenes Vermögen:
https://archiv.twoday.net/stories/2892308/
Von einer "Auflösung" des Fideikommisses kann man angesichts dieser Diskrepanz wirklich nicht sprechen. Ob das in den Akten zutragetretende Vollzugsdefizit mit der vielbeschworenen badischen "Liberalität" zusammenhängt?
Bislang war nur von den "Partikular-Fideikommissen" die Rede (siehe https://archiv.twoday.net/stories/2837017/ ) - was war aber mit dem Hauptfideikommiss, dem Hausfideikommiss, von dem im 19. Jahrhundert im Zusammenhang mit den Sammlungen immer wieder die Rede war?
Es kann natürlich nicht ausgeschlossen werden, dass Kapitalvermögen zum Hausfideikommiss zählte, das 1923 ohne viel Federlesen an den ehemaligen Regenten überging. Plausibler ist jedoch die Annahme, dass es sich um einen reinen Mobiliarfideikommiss gehandelt hat, zu dem der Hausschmuck (mit Kroninsignien) und die Silberkammer zählte sowie die von den jeweiligen Regenten erworbenen Mobilien und die Mobilien der Hofausstattung. Zur Vererbung siehe
https://archiv.twoday.net/stories/2832452/
Wenn der Hausfideikommiss (anders als die Parikular-Fideikommisse) keinerlei Grundvermögen umfasste, worauf war er dann radiziert? Man kann sagen: auf das Domänenvermögen, das ja auch als fideikommissarisch gebunden war, oder aber auf die Krone. Dies ist ein weiteres starkes Argument, im Hausfideikommiss kein privatrechtliches Vermögen der Korporation des großherzoglichen Hauses zu sehen, sondern einen staatsrechtlichen Kron-Fideikommiss wie in Sachsen, der beim Lande zu bleiben hatte, wenn die Dynastie wechselte:
https://archiv.twoday.net/stories/2911243/
Was das Domänenvermögen für die Immobilien, war der Hausfideikommiss für die Mobilien. Beides sah der Großherzog und die ihm nahestehenden Juristen als Patrimonialeigentum, beides war unveräußerlich. Beides ist als Pertinenz der Landeshoheit zu sehen. Es war nicht-staatliches Landesvermögen, das 1918 an den Staat mit seinem neuen Souverän, dem Volk, fiel.
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https://commons.wikimedia.org/wiki/Katalog_der_Kunsthalle_zu_Karlsruhe_1915
Aus dem Büchlein ("Katalog der Gemälde-Galerie") von Karl Koelitz (7. Auflage 1915) liegen bislang gescannt auf Wikimedia Commons vor:
*Titelblatt
*Gebrauchsanleitung (Werke mit Sternchen sind Grossherzogl. Privateigentum)
*Seiten zu den Baldung-Bilder 87 und 88
*Seiten zu den Cranach-Rundbildern 119 und 120
Das Gesetz mit angehängtem Vertragsabdruck von 1930 ist einsehbar unter:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Gesetz_%C3%BCber_den_Ankauf_von_Kunstgegenst%C3%A4nden_f%C3%BCr_die_Kunsthalle_Karlsruhe_1930
Die Mitteilungen von Dieter Mertens aus der Akte des badischen Kultusministeriums GLAK 235/40264 sind im Volltext nachzulesen unter:
https://archiv.twoday.net/stories/2880867/
Aus diesen Quellen ergibt sich zwingend:
1. Im Februar 1930 wurde um ein Bild gerungen, das als "Votivtafel" bezeichnet wurde (so auch Markgraf Berthold in seiner Abtretungserklärung). Es handelt sich einwandfrei um das heute als "Markgrafentafel" bekannte große Bild von Hans Baldung, das bei Koelitz unter der Nummer 88 und den Maßen 64/216 cm geführt wird:
"Votivbild des Obigen und seiner Familie" (Koelitz betrachtete es irrtümlich als Antependium im Kloster Lichtental)
"Obiger" bezieht sich auf das vorhergehende Bild, eine kleine Lindenholztafel (40/33 cm) ebenfalls Hans Baldung zugeschrieben, eine Kopie nach dem Holzschnitt Baldungs von 1511. Es zeigt ausschließlich Markgraf Christoph I. von Baden, während dieser auf dem Votivbild im Kreis seiner Familie dargestellt wird.
Beide Bilder tragen bei Koelitz ein Sternchen, sind also als Eigentum des Hauses Baden bezeichnet. Aus der gesamten Gruppe der Altdeutschen Bilder erscheint im Vertrag von 1930 nur Nr. 87, der kleine Baldung, als dem Haus Baden vorbehaltenes Familienbild.
Die Argumentation des Hauses Baden nach den Enthüllungen von Mertens ist hahnebüchen, wie schon unter https://archiv.twoday.net/stories/2905478/
gezeigt wurde. Aus heutiger Sicht kann man Nr. 87, den "kleinen Baldung", als Nachahmung bezeichnen, Nr. 87 ist eindeutig nicht die originale Votivtafel Nr. 88.
2. Wieso die beiden Cranach-Rundbilder als Eigentum der Familie Baden angesprochen wurden, ist rätselhaft. Sie tragen bei Koelitz keinen Stern (Nr. 119, 120) und erscheinen auch nicht unter den vorbehaltenen Familienbildern des Vertrags von 1930.
Ebenfalls dort nicht erwähnt wird das von der Landesregierung genannte Bild von Ch. Amberger (Seite bei Koelitz liegt mir nicht vor). Siehe https://archiv.twoday.net/stories/2885228/
FOLGERUNGEN
Laut https://archiv.twoday.net/stories/2905478/ stellt das Haus Baden fest:
"Die Rechtslage am Original des Gemäldes war Gegenstand einer gemeinsamen Überprüfung durch das Haus Baden und der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe im Jahr 2002. Beide Seiten sind damals vom Eigentum des Hauses Baden ausgegangen, wobei beiden Seiten der genaue Text der Vereinbarung aus dem Jahre 1930, wie sie im Gesetzesblatt abgedruckt ist, bekannt war."
2002 wurde also eindeutig Landeseigentum als Eigentum des Hauses Baden in der Ausstellung gezeigt. Da bei Koelitz nun einmal zwei aufeinanderfolgende Bilder von Baldung mit dem gleichen Dargestellten gelistet werden, hätte es bei pflichtgemäßem Verwaltungshandeln nahegelegen, jeden Zweifel hinsichtlich einer Verwechslung auszuschliessen. Die Koelitz-Nummern sind nach wie vor die gültigen Inventarnummern der Kunsthalle. Durch die Leihgabe als Privatbesitz hat Prof. Schrenk als Leiter der Kunsthalle eine disziplinarrechtlich zu ahndende Amtspflichtverletzung begangen.
Der Untersuchungsausschuss hat darauf zu dringen, dass in den Kulturinstitutionen des Landes Provenienzforschung betrieben wird. Dies ist nicht nur in Bezug auf die NS-Zeit geboten. Hinsichtlich aller Gegenstände, die nicht eindeutig dem Land gehören, die also als private Leihgaben anzusprechen sind, ist die entsprechende Vertragsgrundlage zu ermitteln und es ist erforderlichenfalls mit den Eigentümern Kontakt aufzunehmen. (Das schliesst natürlich die Inventarisierung der Objekte der Zähringer-Stiftung mit ein.)
"Dauerleihgaben", die jederzeit gekündigt werden können, sind auf Dauer nicht sinnvoll. Siehe auch https://archiv.twoday.net/stories/2872643/
Beim Naturkundemuseum in Karlsruhe
https://archiv.twoday.net/stories/2898603/
das nie von Ansprüchen des Hauses Baden erfasst wurde, obwohl die Rechtslage an sich die gleiche ist, ist sicherzustellen, dass keine Ansprüche der Familie geltend gemacht werden. Gleiches gilt für weitere badische Sammlungen, die vom grossherzoglichen Haus dotiert wurden, z.B. in dem in städtischer Trägerschaft befindlichen Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim (siehe die Museumsgeschichte unter https://www.reiss-museum.de/ )
Bei der Kunsthalle sind nur diejenigen Stücke als badisches Eigentum anzusehen, die im Gesetz von 1930 als solches gekennzeichnet wurden und nicht ins Neue Schloss nach Baden-Baden verbracht wurden. Diese Verbringung steht im Widerspruch zu der Erklärung des Markgrafen im Jahr 1919, der eine Belassung in der Kunsthalle versprach:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Baden_landtagsverhandlungen_1919_220.JPG
Am 1. November habe ich die folgende Anfrage an die Kunsthalle gestellt:
"1. Welche Werke (Kuenstler, Titel und Koelitz-Nummer) verwahrt die Kunsthalle als Dauerleihgabe des Hauses Baden?
2. Aufgrund welcher vertraglichen Vereinbarung (Text?) erfolgt die Verwahrung?
3. Wann wurden die im Vertrag von 1930 benannten Werke, die dem Haus Baden zugestanden wurden, ins Neue Schloss nach Baden-Baden verbracht?
4. Da der Vertrag von 1930 die Verbringung nicht regelt und die
Erklaerung von 1919 eine dauerhafte Aufbewahrung auch der
Familienbilder in der Kunsthalle zusichert - gibt es hinsichtlich
dieses Widerspruchs weitere Dokumente?"
Darauf antwortete der Direktor am 8. November:
"die in Ihrem Schreiben aufgeführten Fragen 1 und 2 sind gegenwärtig noch einmal zum Gegenstand einer genauen Prüfung durch die Landesregierung bestimmt worden, deren Ergebnisse wir selbstverständlich abwarten müssen.
Ihre Frage 3 lässt sich dahingehend beantworten, dass die im Vertrag von 1930 als Eigentum des Hauses Baden bestimmten Kunstwerke 1930 abgegeben wurden. Nach unseren Unterlagen wurden folgende Kunstwerke mit den Koelitz-Nummern 87, 178, 224, 225, 231, 522, 689, 690, 769, 770, 858, 859, 862, 905, 1062 und 1063 in das Neue Schloss nach Baden-Baden gebracht.
Hinsichtlich Ihrer Frage 4 sind uns keine weiteren Dokumente bekannt."
Vergleicht man diese Liste mit dem Gesetz, stellt man fest: Es befinden sich aus dem von Koelitz erfassten Bestand nur noch als Eigentum des Hauses Baden in der Kunsthalle:
537 Feodor Dietz: Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden
790 Johann Baptist Tuttine: Festzug der badischen Landestrachten
882 Wilhelm Camphausen: Kaiser Friedrich III. als Kronprinz mit Feldmarschall Graf Blumenthal
997 Fritz Geiges: St. Bernhard, Markgraf von Baden
1071 Caroline Luise, Markgräfin von Baden: Venus und Amor.
[Nachtrag 5.1.2007: Nach den Ermittlungen von BCK in den Kommentaren ist der oben angestellte Vergleich dank der Inkompetenz von Prof. Schrenk hinfällig. Wie auch den parlamentarischen Materialien zum Gesetz von 1930 zu entnehmen ist, wurden ALLE dem Haus Baden zugesprochenen Gemälde diesem überstellt. In der Kunsthalle gibt es unter den Gemälden somit kein einziges, das noch dem Haus Baden gehören würde. Als ich mit Prof. Schrenk telefonierte, bevor die Recherchen von Mertens publiziert wurden, sagte er, dass n (meiner Erinnerung nach 5-6) Werke Dauerleihgaben des Hauses Baden seien, darunter die Markgrafentafel. KG]
Nr. 87, der "kleine Baldung", der im Gesetz dem Haus Baden zugesprochen wurde, braucht von diesem nicht mehr herausgeklagt werden, denn Nr. 87 wurde als Familienbild 1930 nach Baden-Baden gebracht - ein weiterer Beweis für die an das Kriminelle grenzende Argumentation des Hauses Baden.
Keine Kopie: Münchner Gemälde Markgraf Christophs von Baldung
Bei den fünf verbliebenen Bildern handelt es sich offenkundig um geringwertige Stücke, deren Ankauf keine besonderen finanziellen Anstrengungen voraussetzen würde.
Zum "Speculum humanae salvationis" (LB Karlsruhe Cod. H 78, siehe https://archiv.twoday.net/stories/2836945/ ) hat sich ein MdL geäußert:
"Von den drei Objekten, die Ministerpräsident Günther Oettinger in der Landtagsdebatte am 11. Oktober 2006 unstrittig als Eigentum des Hauses Baden bezeichnet hatte, bleibt nun Gott sei Dank nichts mehr übrig", stellt der Karlsruher SPD-Abgeordnete Stober zufrieden fest. Dies gelte nicht nur für die "Markgrafentafel" von Hans Baldung Grien und die beiden Medaillons von Cranach dem Älteren, die heute in der Karlsruher Kunsthalle ausgestellt sind. Genauso sei damit auch für die Hinterlegung "Speculum humanae salvationis" (deutsch) in der Badischen Landesbibliothek, die ebenfalls Teil des Kupferstichkabinetts war, die Eigentumsfrage zu Gunsten des Landes Baden-Württemberg eindeutig geklärt."
Nach Schlechter/Stamm kam H. 78 vor 1827 in das Großherzoglich Badische Kupferstichkabinett, am 11.12.1919 wurde es an die BLB abgegeben. Damit gehört diese wertvollste Handschrift der Hinterlegungen zum Inventar des Kupferstichkabinetts, auf das im Vertrag von 1930 Bezug genommen wird. Es muss ermittelt werden, ob sie im Verzeichnis von Brambach oder im Inventar von 1884 erscheint. Ist dies der Fall, so ist das Stück nach dem Wortlaut des Vertrags Landeseigentum (sein Lagerort kann keine Rolle spielen); ihm fehlt ja auch der Familienbezug, der die 1930 vorbehaltenen Stücke auszeichnet.
Dass die badische Regierung davon ausging, das Kupferstichkabinett gehöre allein dem Haus Baden, bedeutet nicht, dass dem tatsächlich so war (siehe meine Thesen zum Hausfideikommiss https://archiv.twoday.net/stories/2835237/). Eine Herausgabeklage hinsichtlich des Speculum setzt voraus, dass der Kläger nachweist, dass
*entgegen der hier vertretenen Rechtsauffassung das Kupferstichkabinett als Teil des Hausfideikommisses als Domanial-Fideikommiss (siehe https://archiv.twoday.net/stories/2911243/) nicht bereits mit der Resignation in das Eigentum des Hauses Baden überging und
*dass das Speculum beim Verkauf 1930 nicht der Hauptsache, dem in toto (mit bezeichneten Ausnahmen) verkauften Kupferstichkabinett gefolgt ist.
Zum möglichen Anspruch des Hauses Baden auf Petershausener Drucke unter den Hinterlegungen der BLB siehe
https://archiv.twoday.net/stories/2836945/
Die Formulierung "Großherzogl. Privateigentum" bei Koelitz 1925, S. 25 hat im übrigen keinerlei Beweiskraft. Koelitz (und Brambach) haben offenbar nicht zwischen dem Eigentum des Hausfideikommisses (dem natürlich das Votivbild Baldungs gehörte) und dem Eigentum des regierenden Großherzogs als Privatmann unterschieden, obwohl es darauf zentral ankommt. Das vor 1872 vorhandene Inventar der großherzoglichen Sammlungen wurde vom Hausfideikommiss als Eigentum beansprucht, ebenso das der Kunsthalle. In diesem Inventar befanden sich - jedenfalls in der Landesbibliothek - große Bestände, die als Säkularisationsgut nach staatsrechtlichen Grundsätzen als Staatsgut anzusehen sind. Es befanden sich ebenfalls Stücke darin, die dem Großherzog (oder seinen Vorgängern) in seiner Eigenschaft als Landesherrn geschenkt wurden (die Reuchlin-Handschriften sollten ewig in St. Michael in Porzheim bleiben) oder für die nicht nachzuweisen ist, dass sie aus privaten Mitteln erworben wurden. Daraus kann man gemäß
https://archiv.twoday.net/stories/2835237/
die folgenden verschiedenen Konsequenzen ziehen:
*Die in den öffentlichen Institutionen befindlichen Sammlungen des ehemaligen Hausfideikommisses sind - ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung - 1923 freies Eigen geworden, sie sind nicht wirksam der Zähringer-Stiftung durch Berthold Markgraf von Baden übereignet worden.
Diese Maximalposition, die das Haus Baden vertritt, ist offenkundig unhaltbar und vor Gericht nicht beweisbar. Dass beim Hausfideikommiss die gleiche Gemengelage von staatlichem und privatem Eigentum vorlag wie bei den Domänen ist evident. Diese Position läuft darauf hinaus, dass das Land Baden 1918/1923 enteignet wurde hinsichtlich des staatlichen Eigentumsanteils am Hausfideikommiss. Dass die Kroninsignien eindeutig staatlichen Charakter hatten, also Pertinenz und Symbole der Landeshoheit waren, kann keinem Zweifel unterliegen - trotzdem hat das Haus Baden nach 1918 Ansprüche darauf erhoben!
*Die in den öffentlichen Institutionen befindlichen Sammlungen des ehemaligen Hausfideikommisses sind - ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung - 1923 freies Eigen geworden, sie sind wirksam der Zähringer-Stiftung durch Berthold Markgraf von Baden übereignet worden.
Daraus geht hervor, dass das Haus Baden nicht über sie verfügen kann, sondern die Zähringer-Stiftung sie gemäß dem Willen des Stifters weiterhin in staatlicher Obhut belassen muss.
*Es liegt ein Miteigentum des Staates nach § 948 BGB vor.
Siehe https://archiv.twoday.net/stories/2835237/
Soweit man nicht der Ansicht ist, dass 1919 eine abschließende Regelung auch hinsichtlich des Hausfideikommisses getroffen wurde, führt das dazu, dass dem Haus Baden ein finanzieller Ersatz für das Bruchteilseigentum zusteht. Welcher Bruchteil anzusetzen ist, kann unmöglich empirisch ermittelt werden, es kann hier nur eine gütliche Einigung gesucht werden.
*Das Miteigentumsverhältnis wurde 1919 aufgelöst, das Haus Baden umfassend (mit Ausnahme der Kunsthallenbestände) abgefunden.
Indem dem Haus Baden unermessliche Kunstschätze (auch aus dem staatlichen Säkularisationsgut, etwa die Speyerer Greifenklaue) unter Einschluss des Zähringer Museums im Schloss (der badischen "Kunstkammer") zugestanden wurden und auch die Standesherrschaft Salem verblieb, sind weitere Ansprüche nicht gerechtfertigt.
*1919 fielen die Sammlungen als Teil des Domänenvermögens/Patrimonialeigentums nach § 59 der Badischen Verfassung an das Land
Das Resultat ist exakt das Gleiche, nur fehlt hier die Argumentation mit der staatsrechtlichen Natur des Hausfideikommisses.
*1918 fielen die Sammlungen mit der Resignation des Regenten als Kron- oder Domanial-Fideikommiss, der Pertinenz der Landeshoheit war, an das Land
Siehe https://archiv.twoday.net/stories/2911243/
Auch hier kann man natürlich auch vom Übergang des staatlichen Teils des Domänenvermögens sprechen.
FAZIT:
Bei der Kunsthalle ist die Rechtslage klar. Viel zu holen ist für das Haus Baden nicht mehr.
Bei Landesbibliothek und Landesmuseum kann wohl ausgeschlossen werden, dass der Familie der Beweis gelingt, dass ihr alles oder auch nur ein großer Teil gehört, da dies voraussetzt, dass die Zähringer Stiftung ihrer Rechte beraubt wird, was wiederum Amtshaftungssprüche der Stiftung gegenüber dem Land in entsprechender Höhe auslöst. (Eine Ausnahme gilt möglicherweise nur für einige Petershausener Altdrucke, die aber wertmäßig zu vernachlässigen sind.)
Bei anderen Sammlungen, die bislang unstrittig sind (Naturkundemuseum, Mannheim), kann das Land den Einwand der Verjährung ins Feld führen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit ist ein Vergleich mit dem Haus Baden in maximaler Höhe von 10 Mio. Euro vertretbar, wenn mindestens
*die Zähringer-Bildnisgalerie und
*das markgräfliche Archivgut
vom Haus Baden draufgelegt wird. Weitere denkmalschutzrechtliche Ansprüche des Hauses Baden aus der Salemer Baulast bleiben unberührt, siehe https://archiv.twoday.net/stories/2915856/
Aus dem Büchlein ("Katalog der Gemälde-Galerie") von Karl Koelitz (7. Auflage 1915) liegen bislang gescannt auf Wikimedia Commons vor:
*Titelblatt
*Gebrauchsanleitung (Werke mit Sternchen sind Grossherzogl. Privateigentum)
*Seiten zu den Baldung-Bilder 87 und 88
*Seiten zu den Cranach-Rundbildern 119 und 120
Das Gesetz mit angehängtem Vertragsabdruck von 1930 ist einsehbar unter:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Gesetz_%C3%BCber_den_Ankauf_von_Kunstgegenst%C3%A4nden_f%C3%BCr_die_Kunsthalle_Karlsruhe_1930
Die Mitteilungen von Dieter Mertens aus der Akte des badischen Kultusministeriums GLAK 235/40264 sind im Volltext nachzulesen unter:
https://archiv.twoday.net/stories/2880867/
Aus diesen Quellen ergibt sich zwingend:
1. Im Februar 1930 wurde um ein Bild gerungen, das als "Votivtafel" bezeichnet wurde (so auch Markgraf Berthold in seiner Abtretungserklärung). Es handelt sich einwandfrei um das heute als "Markgrafentafel" bekannte große Bild von Hans Baldung, das bei Koelitz unter der Nummer 88 und den Maßen 64/216 cm geführt wird:
"Votivbild des Obigen und seiner Familie" (Koelitz betrachtete es irrtümlich als Antependium im Kloster Lichtental)
"Obiger" bezieht sich auf das vorhergehende Bild, eine kleine Lindenholztafel (40/33 cm) ebenfalls Hans Baldung zugeschrieben, eine Kopie nach dem Holzschnitt Baldungs von 1511. Es zeigt ausschließlich Markgraf Christoph I. von Baden, während dieser auf dem Votivbild im Kreis seiner Familie dargestellt wird.
Beide Bilder tragen bei Koelitz ein Sternchen, sind also als Eigentum des Hauses Baden bezeichnet. Aus der gesamten Gruppe der Altdeutschen Bilder erscheint im Vertrag von 1930 nur Nr. 87, der kleine Baldung, als dem Haus Baden vorbehaltenes Familienbild.
Die Argumentation des Hauses Baden nach den Enthüllungen von Mertens ist hahnebüchen, wie schon unter https://archiv.twoday.net/stories/2905478/
gezeigt wurde. Aus heutiger Sicht kann man Nr. 87, den "kleinen Baldung", als Nachahmung bezeichnen, Nr. 87 ist eindeutig nicht die originale Votivtafel Nr. 88.
2. Wieso die beiden Cranach-Rundbilder als Eigentum der Familie Baden angesprochen wurden, ist rätselhaft. Sie tragen bei Koelitz keinen Stern (Nr. 119, 120) und erscheinen auch nicht unter den vorbehaltenen Familienbildern des Vertrags von 1930.
Ebenfalls dort nicht erwähnt wird das von der Landesregierung genannte Bild von Ch. Amberger (Seite bei Koelitz liegt mir nicht vor). Siehe https://archiv.twoday.net/stories/2885228/
FOLGERUNGEN
Laut https://archiv.twoday.net/stories/2905478/ stellt das Haus Baden fest:
"Die Rechtslage am Original des Gemäldes war Gegenstand einer gemeinsamen Überprüfung durch das Haus Baden und der Staatlichen Kunsthalle Karlsruhe im Jahr 2002. Beide Seiten sind damals vom Eigentum des Hauses Baden ausgegangen, wobei beiden Seiten der genaue Text der Vereinbarung aus dem Jahre 1930, wie sie im Gesetzesblatt abgedruckt ist, bekannt war."
2002 wurde also eindeutig Landeseigentum als Eigentum des Hauses Baden in der Ausstellung gezeigt. Da bei Koelitz nun einmal zwei aufeinanderfolgende Bilder von Baldung mit dem gleichen Dargestellten gelistet werden, hätte es bei pflichtgemäßem Verwaltungshandeln nahegelegen, jeden Zweifel hinsichtlich einer Verwechslung auszuschliessen. Die Koelitz-Nummern sind nach wie vor die gültigen Inventarnummern der Kunsthalle. Durch die Leihgabe als Privatbesitz hat Prof. Schrenk als Leiter der Kunsthalle eine disziplinarrechtlich zu ahndende Amtspflichtverletzung begangen.
Der Untersuchungsausschuss hat darauf zu dringen, dass in den Kulturinstitutionen des Landes Provenienzforschung betrieben wird. Dies ist nicht nur in Bezug auf die NS-Zeit geboten. Hinsichtlich aller Gegenstände, die nicht eindeutig dem Land gehören, die also als private Leihgaben anzusprechen sind, ist die entsprechende Vertragsgrundlage zu ermitteln und es ist erforderlichenfalls mit den Eigentümern Kontakt aufzunehmen. (Das schliesst natürlich die Inventarisierung der Objekte der Zähringer-Stiftung mit ein.)
"Dauerleihgaben", die jederzeit gekündigt werden können, sind auf Dauer nicht sinnvoll. Siehe auch https://archiv.twoday.net/stories/2872643/
Beim Naturkundemuseum in Karlsruhe
https://archiv.twoday.net/stories/2898603/
das nie von Ansprüchen des Hauses Baden erfasst wurde, obwohl die Rechtslage an sich die gleiche ist, ist sicherzustellen, dass keine Ansprüche der Familie geltend gemacht werden. Gleiches gilt für weitere badische Sammlungen, die vom grossherzoglichen Haus dotiert wurden, z.B. in dem in städtischer Trägerschaft befindlichen Reiss-Engelhorn-Museum in Mannheim (siehe die Museumsgeschichte unter https://www.reiss-museum.de/ )
Bei der Kunsthalle sind nur diejenigen Stücke als badisches Eigentum anzusehen, die im Gesetz von 1930 als solches gekennzeichnet wurden und nicht ins Neue Schloss nach Baden-Baden verbracht wurden. Diese Verbringung steht im Widerspruch zu der Erklärung des Markgrafen im Jahr 1919, der eine Belassung in der Kunsthalle versprach:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Image:Baden_landtagsverhandlungen_1919_220.JPG
Am 1. November habe ich die folgende Anfrage an die Kunsthalle gestellt:
"1. Welche Werke (Kuenstler, Titel und Koelitz-Nummer) verwahrt die Kunsthalle als Dauerleihgabe des Hauses Baden?
2. Aufgrund welcher vertraglichen Vereinbarung (Text?) erfolgt die Verwahrung?
3. Wann wurden die im Vertrag von 1930 benannten Werke, die dem Haus Baden zugestanden wurden, ins Neue Schloss nach Baden-Baden verbracht?
4. Da der Vertrag von 1930 die Verbringung nicht regelt und die
Erklaerung von 1919 eine dauerhafte Aufbewahrung auch der
Familienbilder in der Kunsthalle zusichert - gibt es hinsichtlich
dieses Widerspruchs weitere Dokumente?"
Darauf antwortete der Direktor am 8. November:
"die in Ihrem Schreiben aufgeführten Fragen 1 und 2 sind gegenwärtig noch einmal zum Gegenstand einer genauen Prüfung durch die Landesregierung bestimmt worden, deren Ergebnisse wir selbstverständlich abwarten müssen.
Ihre Frage 3 lässt sich dahingehend beantworten, dass die im Vertrag von 1930 als Eigentum des Hauses Baden bestimmten Kunstwerke 1930 abgegeben wurden. Nach unseren Unterlagen wurden folgende Kunstwerke mit den Koelitz-Nummern 87, 178, 224, 225, 231, 522, 689, 690, 769, 770, 858, 859, 862, 905, 1062 und 1063 in das Neue Schloss nach Baden-Baden gebracht.
Hinsichtlich Ihrer Frage 4 sind uns keine weiteren Dokumente bekannt."
Vergleicht man diese Liste mit dem Gesetz, stellt man fest: Es befinden sich aus dem von Koelitz erfassten Bestand nur noch als Eigentum des Hauses Baden in der Kunsthalle:
537 Feodor Dietz: Markgraf Ludwig Wilhelm von Baden
790 Johann Baptist Tuttine: Festzug der badischen Landestrachten
882 Wilhelm Camphausen: Kaiser Friedrich III. als Kronprinz mit Feldmarschall Graf Blumenthal
997 Fritz Geiges: St. Bernhard, Markgraf von Baden
1071 Caroline Luise, Markgräfin von Baden: Venus und Amor.
[Nachtrag 5.1.2007: Nach den Ermittlungen von BCK in den Kommentaren ist der oben angestellte Vergleich dank der Inkompetenz von Prof. Schrenk hinfällig. Wie auch den parlamentarischen Materialien zum Gesetz von 1930 zu entnehmen ist, wurden ALLE dem Haus Baden zugesprochenen Gemälde diesem überstellt. In der Kunsthalle gibt es unter den Gemälden somit kein einziges, das noch dem Haus Baden gehören würde. Als ich mit Prof. Schrenk telefonierte, bevor die Recherchen von Mertens publiziert wurden, sagte er, dass n (meiner Erinnerung nach 5-6) Werke Dauerleihgaben des Hauses Baden seien, darunter die Markgrafentafel. KG]
Nr. 87, der "kleine Baldung", der im Gesetz dem Haus Baden zugesprochen wurde, braucht von diesem nicht mehr herausgeklagt werden, denn Nr. 87 wurde als Familienbild 1930 nach Baden-Baden gebracht - ein weiterer Beweis für die an das Kriminelle grenzende Argumentation des Hauses Baden.

Bei den fünf verbliebenen Bildern handelt es sich offenkundig um geringwertige Stücke, deren Ankauf keine besonderen finanziellen Anstrengungen voraussetzen würde.
Zum "Speculum humanae salvationis" (LB Karlsruhe Cod. H 78, siehe https://archiv.twoday.net/stories/2836945/ ) hat sich ein MdL geäußert:
"Von den drei Objekten, die Ministerpräsident Günther Oettinger in der Landtagsdebatte am 11. Oktober 2006 unstrittig als Eigentum des Hauses Baden bezeichnet hatte, bleibt nun Gott sei Dank nichts mehr übrig", stellt der Karlsruher SPD-Abgeordnete Stober zufrieden fest. Dies gelte nicht nur für die "Markgrafentafel" von Hans Baldung Grien und die beiden Medaillons von Cranach dem Älteren, die heute in der Karlsruher Kunsthalle ausgestellt sind. Genauso sei damit auch für die Hinterlegung "Speculum humanae salvationis" (deutsch) in der Badischen Landesbibliothek, die ebenfalls Teil des Kupferstichkabinetts war, die Eigentumsfrage zu Gunsten des Landes Baden-Württemberg eindeutig geklärt."
Nach Schlechter/Stamm kam H. 78 vor 1827 in das Großherzoglich Badische Kupferstichkabinett, am 11.12.1919 wurde es an die BLB abgegeben. Damit gehört diese wertvollste Handschrift der Hinterlegungen zum Inventar des Kupferstichkabinetts, auf das im Vertrag von 1930 Bezug genommen wird. Es muss ermittelt werden, ob sie im Verzeichnis von Brambach oder im Inventar von 1884 erscheint. Ist dies der Fall, so ist das Stück nach dem Wortlaut des Vertrags Landeseigentum (sein Lagerort kann keine Rolle spielen); ihm fehlt ja auch der Familienbezug, der die 1930 vorbehaltenen Stücke auszeichnet.
Dass die badische Regierung davon ausging, das Kupferstichkabinett gehöre allein dem Haus Baden, bedeutet nicht, dass dem tatsächlich so war (siehe meine Thesen zum Hausfideikommiss https://archiv.twoday.net/stories/2835237/). Eine Herausgabeklage hinsichtlich des Speculum setzt voraus, dass der Kläger nachweist, dass
*entgegen der hier vertretenen Rechtsauffassung das Kupferstichkabinett als Teil des Hausfideikommisses als Domanial-Fideikommiss (siehe https://archiv.twoday.net/stories/2911243/) nicht bereits mit der Resignation in das Eigentum des Hauses Baden überging und
*dass das Speculum beim Verkauf 1930 nicht der Hauptsache, dem in toto (mit bezeichneten Ausnahmen) verkauften Kupferstichkabinett gefolgt ist.
Zum möglichen Anspruch des Hauses Baden auf Petershausener Drucke unter den Hinterlegungen der BLB siehe
https://archiv.twoday.net/stories/2836945/
Die Formulierung "Großherzogl. Privateigentum" bei Koelitz 1925, S. 25 hat im übrigen keinerlei Beweiskraft. Koelitz (und Brambach) haben offenbar nicht zwischen dem Eigentum des Hausfideikommisses (dem natürlich das Votivbild Baldungs gehörte) und dem Eigentum des regierenden Großherzogs als Privatmann unterschieden, obwohl es darauf zentral ankommt. Das vor 1872 vorhandene Inventar der großherzoglichen Sammlungen wurde vom Hausfideikommiss als Eigentum beansprucht, ebenso das der Kunsthalle. In diesem Inventar befanden sich - jedenfalls in der Landesbibliothek - große Bestände, die als Säkularisationsgut nach staatsrechtlichen Grundsätzen als Staatsgut anzusehen sind. Es befanden sich ebenfalls Stücke darin, die dem Großherzog (oder seinen Vorgängern) in seiner Eigenschaft als Landesherrn geschenkt wurden (die Reuchlin-Handschriften sollten ewig in St. Michael in Porzheim bleiben) oder für die nicht nachzuweisen ist, dass sie aus privaten Mitteln erworben wurden. Daraus kann man gemäß
https://archiv.twoday.net/stories/2835237/
die folgenden verschiedenen Konsequenzen ziehen:
*Die in den öffentlichen Institutionen befindlichen Sammlungen des ehemaligen Hausfideikommisses sind - ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung - 1923 freies Eigen geworden, sie sind nicht wirksam der Zähringer-Stiftung durch Berthold Markgraf von Baden übereignet worden.
Diese Maximalposition, die das Haus Baden vertritt, ist offenkundig unhaltbar und vor Gericht nicht beweisbar. Dass beim Hausfideikommiss die gleiche Gemengelage von staatlichem und privatem Eigentum vorlag wie bei den Domänen ist evident. Diese Position läuft darauf hinaus, dass das Land Baden 1918/1923 enteignet wurde hinsichtlich des staatlichen Eigentumsanteils am Hausfideikommiss. Dass die Kroninsignien eindeutig staatlichen Charakter hatten, also Pertinenz und Symbole der Landeshoheit waren, kann keinem Zweifel unterliegen - trotzdem hat das Haus Baden nach 1918 Ansprüche darauf erhoben!
*Die in den öffentlichen Institutionen befindlichen Sammlungen des ehemaligen Hausfideikommisses sind - ungeachtet ihrer öffentlich-rechtlichen Zweckbestimmung - 1923 freies Eigen geworden, sie sind wirksam der Zähringer-Stiftung durch Berthold Markgraf von Baden übereignet worden.
Daraus geht hervor, dass das Haus Baden nicht über sie verfügen kann, sondern die Zähringer-Stiftung sie gemäß dem Willen des Stifters weiterhin in staatlicher Obhut belassen muss.
*Es liegt ein Miteigentum des Staates nach § 948 BGB vor.
Siehe https://archiv.twoday.net/stories/2835237/
Soweit man nicht der Ansicht ist, dass 1919 eine abschließende Regelung auch hinsichtlich des Hausfideikommisses getroffen wurde, führt das dazu, dass dem Haus Baden ein finanzieller Ersatz für das Bruchteilseigentum zusteht. Welcher Bruchteil anzusetzen ist, kann unmöglich empirisch ermittelt werden, es kann hier nur eine gütliche Einigung gesucht werden.
*Das Miteigentumsverhältnis wurde 1919 aufgelöst, das Haus Baden umfassend (mit Ausnahme der Kunsthallenbestände) abgefunden.
Indem dem Haus Baden unermessliche Kunstschätze (auch aus dem staatlichen Säkularisationsgut, etwa die Speyerer Greifenklaue) unter Einschluss des Zähringer Museums im Schloss (der badischen "Kunstkammer") zugestanden wurden und auch die Standesherrschaft Salem verblieb, sind weitere Ansprüche nicht gerechtfertigt.
*1919 fielen die Sammlungen als Teil des Domänenvermögens/Patrimonialeigentums nach § 59 der Badischen Verfassung an das Land
Das Resultat ist exakt das Gleiche, nur fehlt hier die Argumentation mit der staatsrechtlichen Natur des Hausfideikommisses.
*1918 fielen die Sammlungen mit der Resignation des Regenten als Kron- oder Domanial-Fideikommiss, der Pertinenz der Landeshoheit war, an das Land
Siehe https://archiv.twoday.net/stories/2911243/
Auch hier kann man natürlich auch vom Übergang des staatlichen Teils des Domänenvermögens sprechen.
FAZIT:
Bei der Kunsthalle ist die Rechtslage klar. Viel zu holen ist für das Haus Baden nicht mehr.
Bei Landesbibliothek und Landesmuseum kann wohl ausgeschlossen werden, dass der Familie der Beweis gelingt, dass ihr alles oder auch nur ein großer Teil gehört, da dies voraussetzt, dass die Zähringer Stiftung ihrer Rechte beraubt wird, was wiederum Amtshaftungssprüche der Stiftung gegenüber dem Land in entsprechender Höhe auslöst. (Eine Ausnahme gilt möglicherweise nur für einige Petershausener Altdrucke, die aber wertmäßig zu vernachlässigen sind.)
Bei anderen Sammlungen, die bislang unstrittig sind (Naturkundemuseum, Mannheim), kann das Land den Einwand der Verjährung ins Feld führen.
Aus Gründen der Rechtssicherheit ist ein Vergleich mit dem Haus Baden in maximaler Höhe von 10 Mio. Euro vertretbar, wenn mindestens
*die Zähringer-Bildnisgalerie und
*das markgräfliche Archivgut
vom Haus Baden draufgelegt wird. Weitere denkmalschutzrechtliche Ansprüche des Hauses Baden aus der Salemer Baulast bleiben unberührt, siehe https://archiv.twoday.net/stories/2915856/