Kulturgut
Herrn
Ministerpräsident Günther H. Oettinger, MdL
Staatsministerium Baden-Württemberg
Richard-Wagner-Str. 15
70184 Stuttgart
5. Oktober 2006
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
gestatten Sie, dass wir uns heute an Sie persönlich in der Frage der Auseinandersetzung um die Finanzierung der Unterhaltung von Schloss und Kloster Salem durch den Verkauf von wichtigen und wertvollen Teilen der Badischen Landesbibliothek wenden.
Der Schwäbische Heimatbund ist über den geplanten Verkauf von Handschriftenbeständen der Badischen Landesbibliothek aus seinem Engagement für die Erhaltung kultureller Schätze unseres Landes heraus äußerst betroffen.
Es geht bei diesem drohenden Verkauf um einen Vorgang von grundsätzlicher Tragweite. Es ist für uns nur schwer nachvollziehbar, warum in Baden die Bestände der öffentlichen Kultureinrichtungen, die auf die alten fürstlichen Sammlungen zurückgehen, nicht genauso selbstverständlich als staatliches Kulturgut gelten sollen wie im württembergischen Landesteil, aber auch in anderen deutschen Bundesländern. Die in den Medien verbreiteten verschiedenen juristischen Gutachten scheinen jedenfalls diesen angeblichen Sonderfall nicht zu bestätigen. Es darf auch nicht übersehen werden, dass der Staat selbst, sei es das alte Land Baden oder Baden-Württemberg, seit über 200 Jahren die Konservierung, fachliche Betreuung und Erschließung der Karlsruher Bibliotheksbestände finanziell getragen hat – bis hin zur Neukatalogisierung der Handschriften mit Fördermitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem 1991 eingeweihten Neubau der Landesbibliothek, in dem ein Sonderbereich für die Handschriften mit aufwendiger Sicherheits- und Museumstechnik eingerichtet wurde. Dass sich nun der Staat selbst von Teilen dieser Schätze trennen will, ist deshalb nicht nachvollziehbar.
Schwerer aber wiegen für uns noch die ideellen Aspekte dieses Vorgangs. Nicht nur die internationale Mittelalterforschung droht hier wertvollste Quellengrundlagen ihrer Arbeit zu verlieren, weil eine Abwanderung in den Bereich des freien Handels vieles davon auf lange Zeit, wenn nicht für immer, unzugänglich und unauffindbar machen würde. Die wirklichen Eigentümer dieser Schätze sind die Bürger dieses Landes, und dieser Allgemeinheit möchten wir hier unsere Stimme verleihen. Das ist kein Plädoyer gegen eine Bewahrung von Schloss Salem, denn es kann aus unserer Sicht nicht um eine Verrechnung unterschiedlicher Kulturgüter gehen, bei der Baudenkmäler mit Schriftdenkmälern in Konkurrenz gesetzt werden. Beide gehören zu unserer Geschichte und letztlich zu unserer kulturellen Identität. Hier geht es um Güter, die zutiefst mit unseren kulturellen Wurzeln und unserer Geschichte verbunden sind und letztlich einen wesentlichen Bestandteil dessen darstellen, was wir meinen, wenn wir von gesellschaftlicher Identität sprechen. Handschriften sind das Gedächtnis der Gesellschaft.
Die Politik hat in den letzten Jahren zurecht immer wieder daran erinnert, wie lebenswichtig solche wurzelhaften, identitätsstiftenden Momente der Tradition im Rahmen der zunehmenden Globalisierung unserer Welt für eine Gesellschaft wie die unsere sind. Es kann und darf nicht sein, dass jetzt ein Ausverkauf von Kulturgut ausgerechnet vom Staat selbst ausgeht.
Als eine Vereinigung, die stolz darauf ist, den oft missbrauchten Begriff „Heimat“ immer noch bewusst in ihrem Namen zu tragen, fühlt sich der Schwäbische Heimatbund deshalb im Namen all seiner Mitglieder und aller mit ihrer Heimat verbundenen Baden-Württemberger zutiefst verpflichtet, Sie, Herr Ministerpräsident, mit aller Dringlichkeit zu bitten, von dem geplanten Verkauf Abstand zu nehmen. Sie machen sich damit verdient um die Geschichte, aber auch um die Zukunft unseres Landes und unserer Gesellschaft.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Fritz-Eberhard Griesinger
Vorsitzender
Dr. Walter Kilian
Stv. Vorsitzender
Prof. Dr. Wilfried Setzler
Stv. Vorsitzender
Ministerpräsident Günther H. Oettinger, MdL
Staatsministerium Baden-Württemberg
Richard-Wagner-Str. 15
70184 Stuttgart
5. Oktober 2006
Sehr geehrter Herr Ministerpräsident,
gestatten Sie, dass wir uns heute an Sie persönlich in der Frage der Auseinandersetzung um die Finanzierung der Unterhaltung von Schloss und Kloster Salem durch den Verkauf von wichtigen und wertvollen Teilen der Badischen Landesbibliothek wenden.
Der Schwäbische Heimatbund ist über den geplanten Verkauf von Handschriftenbeständen der Badischen Landesbibliothek aus seinem Engagement für die Erhaltung kultureller Schätze unseres Landes heraus äußerst betroffen.
Es geht bei diesem drohenden Verkauf um einen Vorgang von grundsätzlicher Tragweite. Es ist für uns nur schwer nachvollziehbar, warum in Baden die Bestände der öffentlichen Kultureinrichtungen, die auf die alten fürstlichen Sammlungen zurückgehen, nicht genauso selbstverständlich als staatliches Kulturgut gelten sollen wie im württembergischen Landesteil, aber auch in anderen deutschen Bundesländern. Die in den Medien verbreiteten verschiedenen juristischen Gutachten scheinen jedenfalls diesen angeblichen Sonderfall nicht zu bestätigen. Es darf auch nicht übersehen werden, dass der Staat selbst, sei es das alte Land Baden oder Baden-Württemberg, seit über 200 Jahren die Konservierung, fachliche Betreuung und Erschließung der Karlsruher Bibliotheksbestände finanziell getragen hat – bis hin zur Neukatalogisierung der Handschriften mit Fördermitteln der Deutschen Forschungsgemeinschaft und dem 1991 eingeweihten Neubau der Landesbibliothek, in dem ein Sonderbereich für die Handschriften mit aufwendiger Sicherheits- und Museumstechnik eingerichtet wurde. Dass sich nun der Staat selbst von Teilen dieser Schätze trennen will, ist deshalb nicht nachvollziehbar.
Schwerer aber wiegen für uns noch die ideellen Aspekte dieses Vorgangs. Nicht nur die internationale Mittelalterforschung droht hier wertvollste Quellengrundlagen ihrer Arbeit zu verlieren, weil eine Abwanderung in den Bereich des freien Handels vieles davon auf lange Zeit, wenn nicht für immer, unzugänglich und unauffindbar machen würde. Die wirklichen Eigentümer dieser Schätze sind die Bürger dieses Landes, und dieser Allgemeinheit möchten wir hier unsere Stimme verleihen. Das ist kein Plädoyer gegen eine Bewahrung von Schloss Salem, denn es kann aus unserer Sicht nicht um eine Verrechnung unterschiedlicher Kulturgüter gehen, bei der Baudenkmäler mit Schriftdenkmälern in Konkurrenz gesetzt werden. Beide gehören zu unserer Geschichte und letztlich zu unserer kulturellen Identität. Hier geht es um Güter, die zutiefst mit unseren kulturellen Wurzeln und unserer Geschichte verbunden sind und letztlich einen wesentlichen Bestandteil dessen darstellen, was wir meinen, wenn wir von gesellschaftlicher Identität sprechen. Handschriften sind das Gedächtnis der Gesellschaft.
Die Politik hat in den letzten Jahren zurecht immer wieder daran erinnert, wie lebenswichtig solche wurzelhaften, identitätsstiftenden Momente der Tradition im Rahmen der zunehmenden Globalisierung unserer Welt für eine Gesellschaft wie die unsere sind. Es kann und darf nicht sein, dass jetzt ein Ausverkauf von Kulturgut ausgerechnet vom Staat selbst ausgeht.
Als eine Vereinigung, die stolz darauf ist, den oft missbrauchten Begriff „Heimat“ immer noch bewusst in ihrem Namen zu tragen, fühlt sich der Schwäbische Heimatbund deshalb im Namen all seiner Mitglieder und aller mit ihrer Heimat verbundenen Baden-Württemberger zutiefst verpflichtet, Sie, Herr Ministerpräsident, mit aller Dringlichkeit zu bitten, von dem geplanten Verkauf Abstand zu nehmen. Sie machen sich damit verdient um die Geschichte, aber auch um die Zukunft unseres Landes und unserer Gesellschaft.
Mit freundlichen Grüßen
gez.
Fritz-Eberhard Griesinger
Vorsitzender
Dr. Walter Kilian
Stv. Vorsitzender
Prof. Dr. Wilfried Setzler
Stv. Vorsitzender
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Das von Max Markgraf von Baden unterschriebene Protokoll der Sitzung der Zähringer Stiftung vom 2. Dezember 1983 hat folgenden Wortlaut:
Am 2. Dezember 1983 trat um 0830 Uhr in den Räumen des Generallandesarchivs in Karlsruhe der Stiftungsrat der Zähringer Stiftung zu einer Sitzung zusammen.
Es waren anwesend:
S.K.H. Max Markgraf von Baden als Vorsitzender
Herr Professor Dr. Volker Himmelein
Herr Dr. Hans Georg Zier
Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt:
1) Herr August Herb, Vizepräsident des OLG Karlsruhe, wird mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer der Stiftung bestellt.
2) Der zuletzt gemachte Kompromißvorschlag des Landes Baden-Württemberg bezüglich der Bestände der Zähringer Stiftung wird einstimmig abgelehnt.
3) Es wird beschlossen, zur nächsten Sitzung Herrn Römer von der Badischen Landesbibliothek einzuladen.
4) Es soll ein Staatsbeitrag von DM 1.000,-- p.a. für den laufenden Geschäftsbetrieb angefordert werden.
5) Die bisherige Tätigkeit von Fräulein von Lentzke soll fortgesetzt werden, falls Fräulein von Lentzke dazu bereit ist.
6) Herr Professor Dr. Himmelein ist der Meinung, daß die gegenwärtige Unterbringung der Wessenberg-Stiftung nicht befriedigend ist, daß aber eine Chance für eine Neuaufstellung besteht, nachdem die Stadt Konstanz Petershausen angekauft hat.
Es wird beschlossen, sich in dieser Angelegenheit mit der Stadt Konstanz in Verbindung zu setzen.
7) Aus der Sammlung Kopf könnte eine Büste der Königin Olga gegen eine Büste der Großherzogin Stephanie von Dannecker ausgeliehen werden.
Herr Professor Himmelein wird die Sache weiter besprechen.
8) Das Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt hat um Leihgaben aus der Türkenbeute gebeten.
Es wurde beschlossen, diesem Wunsche zu entsprechen, wobei aber keine Weitergabe in Räume außerhalb [Vorlage: außerhald] des Museums für Kunsthandwerk erfolgen darf.
9) Der Termin der nächsten Sitzung wird für den 2. Februar 1984 um 1100 Uhr im Generallandesarchiv Karlsruhe festgelegt.
Die Sitzung schloß um 0930 Uhr.
Salem, den 8. Dezember 1983
Kommentar:
Wie die Sitzung einer mangels Vermögensmasse bedeutungslosen Stiftung liest sich dieses Protokoll gewiss nicht. Als Bestandteile der Sitzung werden explizit erwähnt: Wessenberg-Stiftung in Konstanz, Sammlung Kopf, Türkenbeute. Außerdem lässt die Einladung an den Leiter der Landesbibliothek darauf schliessen, dass dort ebenfalls Stiftungseigentum lokalisiert wurde.
Von den drei Anwesenden waren zwei Landesbeamte: Himmelein als Direktor des Badischen Landesmuseums, Zier als Direktor des Generallandesarchivs. Gleichwohl wurde ein Kompromißvorschlag des Landes zu den strittigen Eigentumsfragen "einstimmig" abgelehnt.
Himmelein hatte als Leiter des Landesmuseums die Ausleihe von Stücken aus der Türkenbeute zu verantworten, da sie sich in seinem Gewahrsam befanden. Aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht hatte er alles zu vermeiden, was die Rechtsposition des Landes (die er als Mitglied des Stiftungsrats nicht akzeptierte) gefährdete. Hinsichtlich der Entscheidung über eine Leihgabe besteht kein Grund, die Anwendbarkeit des öffentlichen Rechts anzuzweifeln (auch wenn der Leihvertrag privatrechtlichen Charakter haben sollte), es handelt sich eindeutig um einen Verwaltungsakt, für den das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Baden-Württemberg galt. Die Leihgabe war mit einer von der Zähringer Stiftung verfügten Auflage versehen (§ 36 Abs. 2 VwVfG). Zur Besorgnis der Befangenheit bestimmt § 21:
"Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Mißtrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wird von einem Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten. Betrifft die Besorgnis der Befangenheit den Leiter der Behörde, so trifft diese Anordnung die Aufsichtsbehörde, sofern sich der Behördenleiter nicht selbst einer Mitwirkung enthält."
https://dejure.org/gesetze/LVwVfG/21.html
Ein solcher Grund lag vor bei allen Verfügungen über Bestände der Zähringer Stiftung, über deren Umfang Land und Stiftung unterschiedlicher Ansicht waren. Himmelein hatte also seinerzeit einerseits die Interessen der Stiftung und die von ihr verfügte Auflage zu beachten, andererseits als Landesbeamter nach pflichtgemäßem Ermessen über die erbetene Leihgabe zu entscheiden. Es leuchtet ein, dass er sich nicht zweiteilen konnte und ein Interessenskonflikt bestand.
Die Aufsichtsbehörde, also das Ministerium, hätte seit der Stiftungsgründung 1954 sicherstellen müssen, dass sich der jeweilige Leiter des Landesmuseums, der kraft Sitzungssatzung im Stiftungsrat saß, jeglichen Verwaltungshandeln hinsichtlich der strittigen Bestände der Zähringer Stiftung enthielt. Als Stiftungsratsmitglied unterliegt der Direktor keiner dienstlichen Weisung.
Die Amtsführung des Leiters konnte nie und nimmer nach den - hier offensichtlich mit Füßen getretenen - Grundsätzen des öffentlichen Rechts "unparteiisch" erfolgen, da er zugleich Vertreter der Zähringer Stiftung und zur Loyalität verpflichteter Landesbeamter war.
Durch die Stiftungssatzung ist dieser Interessenkonflikt bis auf weiteres vorgegeben. Eine strikt gesetzliche Lösung könnte nur darin bestehen, dass ein anderer Mitarbeiter des Landesmuseums mit der fachlichen Bearbeitung der in die potentiellen Rechte der Stiftung eingreifenden Maßnahmen (insbesondere Leihgaben) betraut wird, die dann von der Aufsichtsbehörde, dem Ministerium, erlassen werden.
Zur Zähringer Stiftung siehe
https://archiv.twoday.net/stories/2834592/ (Materialien zur Zähringer Stiftung, Haupteintrag)
https://archiv.twoday.net/stories/2836746/ (Wessenberg-Galerie in Konstanz)
https://archiv.twoday.net/stories/2835396/ (Stiftung von Louis Jüncke in Baden-Baden)
https://archiv.twoday.net/stories/2823247/ (Klagebefugnis im Stiftungsrecht; erbrechtliches Problem bei der Zähringer Stiftung)
https://archiv.twoday.net/stories/2770378/ (Auszug aus Testament von 1927)
https://archiv.twoday.net/stories/2750198/ (Text der Stiftungssatzung von 1954)
https://archiv.twoday.net/stories/2740166/ (Eintrag im Stiftungsverzeichnis)
Am 2. Dezember 1983 trat um 0830 Uhr in den Räumen des Generallandesarchivs in Karlsruhe der Stiftungsrat der Zähringer Stiftung zu einer Sitzung zusammen.
Es waren anwesend:
S.K.H. Max Markgraf von Baden als Vorsitzender
Herr Professor Dr. Volker Himmelein
Herr Dr. Hans Georg Zier
Es wurden folgende Beschlüsse gefaßt:
1) Herr August Herb, Vizepräsident des OLG Karlsruhe, wird mit sofortiger Wirkung zum Geschäftsführer der Stiftung bestellt.
2) Der zuletzt gemachte Kompromißvorschlag des Landes Baden-Württemberg bezüglich der Bestände der Zähringer Stiftung wird einstimmig abgelehnt.
3) Es wird beschlossen, zur nächsten Sitzung Herrn Römer von der Badischen Landesbibliothek einzuladen.
4) Es soll ein Staatsbeitrag von DM 1.000,-- p.a. für den laufenden Geschäftsbetrieb angefordert werden.
5) Die bisherige Tätigkeit von Fräulein von Lentzke soll fortgesetzt werden, falls Fräulein von Lentzke dazu bereit ist.
6) Herr Professor Dr. Himmelein ist der Meinung, daß die gegenwärtige Unterbringung der Wessenberg-Stiftung nicht befriedigend ist, daß aber eine Chance für eine Neuaufstellung besteht, nachdem die Stadt Konstanz Petershausen angekauft hat.
Es wird beschlossen, sich in dieser Angelegenheit mit der Stadt Konstanz in Verbindung zu setzen.
7) Aus der Sammlung Kopf könnte eine Büste der Königin Olga gegen eine Büste der Großherzogin Stephanie von Dannecker ausgeliehen werden.
Herr Professor Himmelein wird die Sache weiter besprechen.
8) Das Museum für Kunsthandwerk in Frankfurt hat um Leihgaben aus der Türkenbeute gebeten.
Es wurde beschlossen, diesem Wunsche zu entsprechen, wobei aber keine Weitergabe in Räume außerhalb [Vorlage: außerhald] des Museums für Kunsthandwerk erfolgen darf.
9) Der Termin der nächsten Sitzung wird für den 2. Februar 1984 um 1100 Uhr im Generallandesarchiv Karlsruhe festgelegt.
Die Sitzung schloß um 0930 Uhr.
Salem, den 8. Dezember 1983
Kommentar:
Wie die Sitzung einer mangels Vermögensmasse bedeutungslosen Stiftung liest sich dieses Protokoll gewiss nicht. Als Bestandteile der Sitzung werden explizit erwähnt: Wessenberg-Stiftung in Konstanz, Sammlung Kopf, Türkenbeute. Außerdem lässt die Einladung an den Leiter der Landesbibliothek darauf schliessen, dass dort ebenfalls Stiftungseigentum lokalisiert wurde.
Von den drei Anwesenden waren zwei Landesbeamte: Himmelein als Direktor des Badischen Landesmuseums, Zier als Direktor des Generallandesarchivs. Gleichwohl wurde ein Kompromißvorschlag des Landes zu den strittigen Eigentumsfragen "einstimmig" abgelehnt.
Himmelein hatte als Leiter des Landesmuseums die Ausleihe von Stücken aus der Türkenbeute zu verantworten, da sie sich in seinem Gewahrsam befanden. Aufgrund seiner beamtenrechtlichen Treuepflicht hatte er alles zu vermeiden, was die Rechtsposition des Landes (die er als Mitglied des Stiftungsrats nicht akzeptierte) gefährdete. Hinsichtlich der Entscheidung über eine Leihgabe besteht kein Grund, die Anwendbarkeit des öffentlichen Rechts anzuzweifeln (auch wenn der Leihvertrag privatrechtlichen Charakter haben sollte), es handelt sich eindeutig um einen Verwaltungsakt, für den das Verwaltungsverfahrensgesetz des Landes Baden-Württemberg galt. Die Leihgabe war mit einer von der Zähringer Stiftung verfügten Auflage versehen (§ 36 Abs. 2 VwVfG). Zur Besorgnis der Befangenheit bestimmt § 21:
"Liegt ein Grund vor, der geeignet ist, Mißtrauen gegen eine unparteiische Amtsausübung zu rechtfertigen, oder wird von einem Beteiligten das Vorliegen eines solchen Grundes behauptet, so hat, wer in einem Verwaltungsverfahren für eine Behörde tätig werden soll, den Leiter der Behörde oder den von diesem Beauftragten zu unterrichten und sich auf dessen Anordnung der Mitwirkung zu enthalten. Betrifft die Besorgnis der Befangenheit den Leiter der Behörde, so trifft diese Anordnung die Aufsichtsbehörde, sofern sich der Behördenleiter nicht selbst einer Mitwirkung enthält."
https://dejure.org/gesetze/LVwVfG/21.html
Ein solcher Grund lag vor bei allen Verfügungen über Bestände der Zähringer Stiftung, über deren Umfang Land und Stiftung unterschiedlicher Ansicht waren. Himmelein hatte also seinerzeit einerseits die Interessen der Stiftung und die von ihr verfügte Auflage zu beachten, andererseits als Landesbeamter nach pflichtgemäßem Ermessen über die erbetene Leihgabe zu entscheiden. Es leuchtet ein, dass er sich nicht zweiteilen konnte und ein Interessenskonflikt bestand.
Die Aufsichtsbehörde, also das Ministerium, hätte seit der Stiftungsgründung 1954 sicherstellen müssen, dass sich der jeweilige Leiter des Landesmuseums, der kraft Sitzungssatzung im Stiftungsrat saß, jeglichen Verwaltungshandeln hinsichtlich der strittigen Bestände der Zähringer Stiftung enthielt. Als Stiftungsratsmitglied unterliegt der Direktor keiner dienstlichen Weisung.
Die Amtsführung des Leiters konnte nie und nimmer nach den - hier offensichtlich mit Füßen getretenen - Grundsätzen des öffentlichen Rechts "unparteiisch" erfolgen, da er zugleich Vertreter der Zähringer Stiftung und zur Loyalität verpflichteter Landesbeamter war.
Durch die Stiftungssatzung ist dieser Interessenkonflikt bis auf weiteres vorgegeben. Eine strikt gesetzliche Lösung könnte nur darin bestehen, dass ein anderer Mitarbeiter des Landesmuseums mit der fachlichen Bearbeitung der in die potentiellen Rechte der Stiftung eingreifenden Maßnahmen (insbesondere Leihgaben) betraut wird, die dann von der Aufsichtsbehörde, dem Ministerium, erlassen werden.
Zur Zähringer Stiftung siehe
https://archiv.twoday.net/stories/2834592/ (Materialien zur Zähringer Stiftung, Haupteintrag)
https://archiv.twoday.net/stories/2836746/ (Wessenberg-Galerie in Konstanz)
https://archiv.twoday.net/stories/2835396/ (Stiftung von Louis Jüncke in Baden-Baden)
https://archiv.twoday.net/stories/2823247/ (Klagebefugnis im Stiftungsrecht; erbrechtliches Problem bei der Zähringer Stiftung)
https://archiv.twoday.net/stories/2770378/ (Auszug aus Testament von 1927)
https://archiv.twoday.net/stories/2750198/ (Text der Stiftungssatzung von 1954)
https://archiv.twoday.net/stories/2740166/ (Eintrag im Stiftungsverzeichnis)
Im Kulturgüterstreit zwischen den Kantonen Zürich und St. Gallen hatte der St. Galler Rechtsprofessor Rainer Schweizer große Anerkennung als Gutachter erworben, seit einem halben Jahr ist er Präsident der Schweizer Gesellschaft für Kulturgeschichte (GSK), Betreiber eines der grössten Wissenschaftsprojekte, die unter dem Dach der Schweizerischen Akademie für Geistes- und Sozialwissenschaften (SAGW) abgewickelt werden. 35 bis 45 Wissenschaftler sind permanent daran, die «Kunstdenkmäler der Schweiz» aufzuspüren, zu inventarisieren und zu beschreiben (ausführliche Beschreibung im Rahmen der Datenbank Informationsmittel Schweiz (IMCH) der BBS). Die Präsidentschaft ist für Schweizer nicht einfach ein musischer Abstecher. Die Pflege des kulturellen Erbes braucht Schutz durch das Recht. Mehr im
St. Galler Tagblatt vom Mittwoch, 15. November 2006.
St. Galler Tagblatt vom Mittwoch, 15. November 2006.
BCK - am Sonntag, 26. November 2006, 17:53 - Rubrik: Kulturgut
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Man glaubt es kaum: Die Stadt Balve hat als Untere Denkmalbehörde eine simple Vereinsfahne des 19. Jahrhunderts als bewegliches Denkmal in die Denkmalliste eingetragen.
Der Westfälische Anzeiger berichtet (mit Bild der Vereinsfahne):
In der Denkmalliste der Stadt werden die Vereinsfahne des Gesangvereins "Concordia" Beckum und die Landsbergsche Bibliothek auf Schloss Wocklum als bewegliche Denkmäler geführt.
Die Vereinsfahne aus dem Jahr 1896 sei von besonderer Bedeutung, da sie ein Symbol des Gemeindelebens im über 700 Jahre alten Stadtteil Beckum darstelle, heißt es in der Denkmalliste. Weiter: "Die Fahne ist eine Urkunde der Orts- und Vereinsgeschichte und hat wegen ihres hohen Alters auch über den Ort hinausweisenden Zeugniswert für die Geschichte des Sängerwesens." Die Darstellung von Lyra, Schwan, Notenheft, Klarinette und Triangel im Lorbeerkranz sei mit kunsthandwerklichem Anspruch gestaltet und ausgeführt.
Noch weit älter als die Beckumer Vereinsfahne ist die 474 Bände umfassende Bibliothek der Familie Landsberg-Velen auf Schloss Wocklum. Gut 50 Bände stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, darunter zum Beispiel das äußerst seltene "Livre de l'art de faulconnerie" von Jean de Franchières. Auch 22 so genannte Inkunabeln, Anfangserzeugnisse des Buchdrucks aus der Zeit vor 1500, sind noch vorhanden. Bei den restlichen Büchern handelt es sich um Ausgaben des 17. und 18. Jahrhunderts. Ursprünglich bestand die Bibliothek einmal aus rund 13 000 Büchern, zusammengetragen aus den drei Adelsbibliotheken in Wocklum, Velen und Gemen. Sie enthielt auch die naturwissenschaftliche Spezialbibliothek des Engelbert von Landsberg-Drensteinfurt. Der weitaus größte Teil wurde allerdings in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts veräußert.
"Es handelt sich um eine wissenschaftlich bedeutsame, in sich geschlossene Adelsbibliothek mit einer historisch hohen Aussagekraft über die Bildungsintentionen und die Informationsbeschaffung einer politischen und sozialen Führungsschicht", wird die Bedeutung dieser Sammlung in der Denkmalliste der Stadt Balve skizziert. Die Gesamtbibliothek sei ein Zeugnis der Vergangenheit gewesen, die für das Geschichtsbild einer Epoche als bedeutend habe eingestuft werden können. Der verbliebene Rest enthalte noch Spuren dieser ehemaligen Bedeutung. Die Bibliothek ist inzwischen mit EDV-Technik inventarisiert worden und kann über die Universitäts- und Landesbibliothek Münster überregional recherchiert werden.
https://www.come-on.de/lokales/story.php?id=208760
Rechtslage bei beweglichen Denkmälern (außer Bodendenkmälern) in Nordrhein-Westfalen
NRW-Denkmalschutzgesetz
https://www.recht.nrw.de/gesetze/Gesetz4488/4488.pdf
Zuständig für die Eintragung in die Denkmalliste ist die untere Denkmalbehörde (also die Gemeinde). Sie erfolgt im Benehmen mit dem zuständigen Landschaftsverband.
Archivgut kann nach § 2 Abs. 6 nicht in die Denkmalliste eingetragen werden, da es vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen ist - hier hat der Gesetzgeber nachzubessern, denn auch das Archivgesetz enthält keinerlei Vorschriften über privates Archivgut!
§ 3 Abs. 5 lautet:
"Die Denkmalliste steht hinsichtlich der Eintragung von Baudenkmälern und ortsfesten
Bodendenkmälern jedermann zur Einsicht offen. Hinsichtlich der Eintragung von beweglichen
Denkmälern ist die Einsicht nur dem Eigentümer und den sonst dinglich Berechtigten oder von
ihnen besonders Ermächtigten gestattet." Satz 2 geht eindeutig zu weit. § 2 Abs. 1 lautet: "Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung
und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die
Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die
Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung
künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen." Durch die Bindung des Denkmalbegriffs an das öffentliche Interesse in § 2 ist für eine Geheimhaltung der Liste der beweglichen Bodendenkmäler kein Platz - sie ist für wissenschaftliche Forschung und journalistische Recherchen oder Auskunftsersuchen nach dem NRW-IFG gegebenenfalls in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen. Nur soweit die Öffentlichkeit oder hinreichend viele Experten den Denkmalwert anerkennen, kann ein Schutz im öffentlichen Interesse gerechtfertigt werden (analog zu den Baudenkmälern Kleeberg/Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rdnr. 43 mit Anm. 32 auf S. 63). Dass der Staat die Befugnis hat, im Bereich der beweglichen Denkmäler gleichsam exklusiv - also ohne Rücksicht auf die Bevölkerung oder Sachverständige, die ja beide von Gesetz wegen von der Einsicht und damit auch der Kenntnis der Denkmalliste ausgeschlossen sind - zu urteilen, lässt sich keinem Denkmalschutzgesetz entnehmen.
§ 3 bestimmt: "bewegliche Denkmäler sind nur
einzutragen, wenn dies wegen ihrer besonderen Bedeutung, die auch in einem historisch
begründeten Ortsbezug liegen kann, angebracht erscheint. Mit der Eintragung oder der
vorläufigen Unterschutzstellung unterliegen sie den Vorschriften dieses Gesetzes. Werden
bewegliche Denkmäler von einer öffentlichen Einrichtung betreut, so bedürfen sie nicht der
Eintragung in die Denkmalliste; sie unterliegen gleichwohl den Vorschriften dieses Gesetzes."
Eine Enteignung von beweglichen Denkmälern ist nicht vorgesehen.
Den Eigentümer treffen die üblichen Erhaltungspflichten.
§ 22 Abs. 3 nomiert als Aufgabe der Landschaftsverbände: die "wissenschaftliche Untersuchung und Erforschung der Denkmäler sowie deren Veröffentlichung und wissenschaftliche Behandlung der Fragen von Methodik und Praxis der Denkmalpflege". Es ist verfassungsrechtlich anerkannt, dass der Staat kein Forschungs-Monopol beanspruchen kann. Soweit die Landschaftsverbände die Möglichkeit eingeräumt bekommen, über die Auskunfts- und prüfungspflichten des Gesetzes hinaus Forschung an privaten Denkmälern zu betreiben, ist sicherzustellen, dass auch jeder andere Wissenschaftler dies tun kann. Dies ergibt sich aus Art. 5 GG.
Der Westfälische Anzeiger berichtet (mit Bild der Vereinsfahne):
In der Denkmalliste der Stadt werden die Vereinsfahne des Gesangvereins "Concordia" Beckum und die Landsbergsche Bibliothek auf Schloss Wocklum als bewegliche Denkmäler geführt.
Die Vereinsfahne aus dem Jahr 1896 sei von besonderer Bedeutung, da sie ein Symbol des Gemeindelebens im über 700 Jahre alten Stadtteil Beckum darstelle, heißt es in der Denkmalliste. Weiter: "Die Fahne ist eine Urkunde der Orts- und Vereinsgeschichte und hat wegen ihres hohen Alters auch über den Ort hinausweisenden Zeugniswert für die Geschichte des Sängerwesens." Die Darstellung von Lyra, Schwan, Notenheft, Klarinette und Triangel im Lorbeerkranz sei mit kunsthandwerklichem Anspruch gestaltet und ausgeführt.
Noch weit älter als die Beckumer Vereinsfahne ist die 474 Bände umfassende Bibliothek der Familie Landsberg-Velen auf Schloss Wocklum. Gut 50 Bände stammen aus dem 15. und 16. Jahrhundert, darunter zum Beispiel das äußerst seltene "Livre de l'art de faulconnerie" von Jean de Franchières. Auch 22 so genannte Inkunabeln, Anfangserzeugnisse des Buchdrucks aus der Zeit vor 1500, sind noch vorhanden. Bei den restlichen Büchern handelt es sich um Ausgaben des 17. und 18. Jahrhunderts. Ursprünglich bestand die Bibliothek einmal aus rund 13 000 Büchern, zusammengetragen aus den drei Adelsbibliotheken in Wocklum, Velen und Gemen. Sie enthielt auch die naturwissenschaftliche Spezialbibliothek des Engelbert von Landsberg-Drensteinfurt. Der weitaus größte Teil wurde allerdings in den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts veräußert.
"Es handelt sich um eine wissenschaftlich bedeutsame, in sich geschlossene Adelsbibliothek mit einer historisch hohen Aussagekraft über die Bildungsintentionen und die Informationsbeschaffung einer politischen und sozialen Führungsschicht", wird die Bedeutung dieser Sammlung in der Denkmalliste der Stadt Balve skizziert. Die Gesamtbibliothek sei ein Zeugnis der Vergangenheit gewesen, die für das Geschichtsbild einer Epoche als bedeutend habe eingestuft werden können. Der verbliebene Rest enthalte noch Spuren dieser ehemaligen Bedeutung. Die Bibliothek ist inzwischen mit EDV-Technik inventarisiert worden und kann über die Universitäts- und Landesbibliothek Münster überregional recherchiert werden.
https://www.come-on.de/lokales/story.php?id=208760
Rechtslage bei beweglichen Denkmälern (außer Bodendenkmälern) in Nordrhein-Westfalen
NRW-Denkmalschutzgesetz
https://www.recht.nrw.de/gesetze/Gesetz4488/4488.pdf
Zuständig für die Eintragung in die Denkmalliste ist die untere Denkmalbehörde (also die Gemeinde). Sie erfolgt im Benehmen mit dem zuständigen Landschaftsverband.
Archivgut kann nach § 2 Abs. 6 nicht in die Denkmalliste eingetragen werden, da es vom Geltungsbereich des Gesetzes ausgenommen ist - hier hat der Gesetzgeber nachzubessern, denn auch das Archivgesetz enthält keinerlei Vorschriften über privates Archivgut!
§ 3 Abs. 5 lautet:
"Die Denkmalliste steht hinsichtlich der Eintragung von Baudenkmälern und ortsfesten
Bodendenkmälern jedermann zur Einsicht offen. Hinsichtlich der Eintragung von beweglichen
Denkmälern ist die Einsicht nur dem Eigentümer und den sonst dinglich Berechtigten oder von
ihnen besonders Ermächtigten gestattet." Satz 2 geht eindeutig zu weit. § 2 Abs. 1 lautet: "Denkmäler sind Sachen, Mehrheiten von Sachen und Teile von Sachen, an deren Erhaltung
und Nutzung ein öffentliches Interesse besteht. Ein öffentliches Interesse besteht, wenn die
Sachen bedeutend für die Geschichte des Menschen, für Städte und Siedlungen oder für die
Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse sind und für die Erhaltung und Nutzung
künstlerische, wissenschaftliche, volkskundliche oder städtebauliche Gründe vorliegen." Durch die Bindung des Denkmalbegriffs an das öffentliche Interesse in § 2 ist für eine Geheimhaltung der Liste der beweglichen Bodendenkmäler kein Platz - sie ist für wissenschaftliche Forschung und journalistische Recherchen oder Auskunftsersuchen nach dem NRW-IFG gegebenenfalls in anonymisierter Form zur Verfügung zu stellen. Nur soweit die Öffentlichkeit oder hinreichend viele Experten den Denkmalwert anerkennen, kann ein Schutz im öffentlichen Interesse gerechtfertigt werden (analog zu den Baudenkmälern Kleeberg/Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rdnr. 43 mit Anm. 32 auf S. 63). Dass der Staat die Befugnis hat, im Bereich der beweglichen Denkmäler gleichsam exklusiv - also ohne Rücksicht auf die Bevölkerung oder Sachverständige, die ja beide von Gesetz wegen von der Einsicht und damit auch der Kenntnis der Denkmalliste ausgeschlossen sind - zu urteilen, lässt sich keinem Denkmalschutzgesetz entnehmen.
§ 3 bestimmt: "bewegliche Denkmäler sind nur
einzutragen, wenn dies wegen ihrer besonderen Bedeutung, die auch in einem historisch
begründeten Ortsbezug liegen kann, angebracht erscheint. Mit der Eintragung oder der
vorläufigen Unterschutzstellung unterliegen sie den Vorschriften dieses Gesetzes. Werden
bewegliche Denkmäler von einer öffentlichen Einrichtung betreut, so bedürfen sie nicht der
Eintragung in die Denkmalliste; sie unterliegen gleichwohl den Vorschriften dieses Gesetzes."
Eine Enteignung von beweglichen Denkmälern ist nicht vorgesehen.
Den Eigentümer treffen die üblichen Erhaltungspflichten.
§ 22 Abs. 3 nomiert als Aufgabe der Landschaftsverbände: die "wissenschaftliche Untersuchung und Erforschung der Denkmäler sowie deren Veröffentlichung und wissenschaftliche Behandlung der Fragen von Methodik und Praxis der Denkmalpflege". Es ist verfassungsrechtlich anerkannt, dass der Staat kein Forschungs-Monopol beanspruchen kann. Soweit die Landschaftsverbände die Möglichkeit eingeräumt bekommen, über die Auskunfts- und prüfungspflichten des Gesetzes hinaus Forschung an privaten Denkmälern zu betreiben, ist sicherzustellen, dass auch jeder andere Wissenschaftler dies tun kann. Dies ergibt sich aus Art. 5 GG.
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Heft 2006/4 der Schwäbischen Heimat dokumentiert einen Protestbrief des Schwäbischen Heimatbundes vom 5.10.2006 gegen den Verkauf von wichtigen und wertvollen Teilen der Badischen Landesbibliothek, adressiert an den MP Oettinger und unterzeichnet vom Vorstand (Fritz-Eberhard Griesinger, Dr. Walter Kilian und Prof. Dr. Wilfried Setzler).
"Der Schwäbische Heimatbund ist über den geplanten Verkauf von Beständen der Badischen Landesbibliothek aus seinem Engagement für die Erhaltung kultureller Schätze unseres Landes heraus äußerst betroffen. (...)"
"... Die wirklichen Eigentümer dieser Schätze sind die Bürger dieses Landes, und dieser Allgemeinheit möchten wir hier unsere Stimme verleihen. Das ist kein Plädoyer gegen die Bewahrung von Schloss Salem, denn es kann aus unserer Sicht nicht um eine Verrechnung unterschiedlicher Kulturgüter gehen, bei der Baudenkmäler mit Schriftdenkmälern in Konkurrenz gesetzt werden. Beide gehören zu unserer Geschichte und letztlich zu unserer kulturellen Identität."
"... Als eine Vereinigung, die stolz darauf ist, den oft mißbrauchten Begriff "Heimat" immer noch bewusst in ihrem Namen zu tragen, fühlt sich der Schwäbische Heimatbund deshalb im Namen all seiner Mitglieder und aller mit ihrer Heimat verbundenen Baden-Württemberger zutiefst verpflichtet, Sie, Herr Ministerpräsident, mit aller Dringlichkeit zu bitten, von dem geplanten Verkauf Abstand zu nehmen. (...)"
Im gleichen Heft auch ein Artikel der Journalistin Sabine Freudenberg, Zur Sache: der Staat - treuhänderischer Verwalter von Kulturgut oder Kassenwart?
"... Um einen Vergleich mit dem Haus Baden finanzieren zu können, wurden dessen Kulturgüter gegeneinander in Stellung gebracht: Schloss und Münster Salem, Gemälde und Münzen, Türkenbeute und Handschriftensammlung. Als die Proteste eskalierten, sprach die Landesregierung vom Dilemma: strittige Eigentumsfragen und Kulturgüterschutz. Doch dieses Dilemma, und das ist der eine kulturpolitische Skandal, ist selbstverschuldet. ..."
(via Presseberichte BLB Karlsruhe)
"Der Schwäbische Heimatbund ist über den geplanten Verkauf von Beständen der Badischen Landesbibliothek aus seinem Engagement für die Erhaltung kultureller Schätze unseres Landes heraus äußerst betroffen. (...)"
"... Die wirklichen Eigentümer dieser Schätze sind die Bürger dieses Landes, und dieser Allgemeinheit möchten wir hier unsere Stimme verleihen. Das ist kein Plädoyer gegen die Bewahrung von Schloss Salem, denn es kann aus unserer Sicht nicht um eine Verrechnung unterschiedlicher Kulturgüter gehen, bei der Baudenkmäler mit Schriftdenkmälern in Konkurrenz gesetzt werden. Beide gehören zu unserer Geschichte und letztlich zu unserer kulturellen Identität."
"... Als eine Vereinigung, die stolz darauf ist, den oft mißbrauchten Begriff "Heimat" immer noch bewusst in ihrem Namen zu tragen, fühlt sich der Schwäbische Heimatbund deshalb im Namen all seiner Mitglieder und aller mit ihrer Heimat verbundenen Baden-Württemberger zutiefst verpflichtet, Sie, Herr Ministerpräsident, mit aller Dringlichkeit zu bitten, von dem geplanten Verkauf Abstand zu nehmen. (...)"
Im gleichen Heft auch ein Artikel der Journalistin Sabine Freudenberg, Zur Sache: der Staat - treuhänderischer Verwalter von Kulturgut oder Kassenwart?
"... Um einen Vergleich mit dem Haus Baden finanzieren zu können, wurden dessen Kulturgüter gegeneinander in Stellung gebracht: Schloss und Münster Salem, Gemälde und Münzen, Türkenbeute und Handschriftensammlung. Als die Proteste eskalierten, sprach die Landesregierung vom Dilemma: strittige Eigentumsfragen und Kulturgüterschutz. Doch dieses Dilemma, und das ist der eine kulturpolitische Skandal, ist selbstverschuldet. ..."
(via Presseberichte BLB Karlsruhe)
BCK - am Samstag, 25. November 2006, 00:58 - Rubrik: Kulturgut
Neu eingestellt auf dem Landtagsserver wurden seit dem 14.11.
Drs 14/495 (Ausgegeben: 09.11.2006)
https://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0495_d.pdf
Darin (S. 2 - 8, lfd. Nr. 1):
Beschlussempfehlung des Finanzausschusses
vom 19.10.2006 und Bericht vom 30.10.2006
Zu
a) dem Antrag der Fraktion der SPD und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/341 - mit dem dazu eingebrachten Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE – Drucksache 14/402
– Die „unvollendete Revolution“ in Baden – Hintergründe des geplanten Verkaufs von Kulturgütern des Landes
b) dem Antrag der Fraktion GRÜNE und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/343 Abschnitt I
– Sicherung der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek
c) dem Antrag der Abg. Renate Rastätter u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/382
– Eigentumsrechte an den Handschriften der Badischen Landesbibliothek
Beschlussempfehlung [vom 19.10.2006]
Der Landtag wolle beschließen,
I.
1. Der Landtag unterstützt die Landesregierung darin,
a) die über Generationen währende Auseinandersetzung zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Baden um das Eigentum an den ehemals großherzoglichen Kunst- und Kulturgütern endgültig beizulegen und so das badische Kulturerbe langfristig zu sichern,
b) die für die kulturelle Identität des Landes bedeutsame Klosteranlage Schloss Salem dauerhaft zu sichern.
2. Die Landesregierung wird gebeten, auf der Grundlage der dem Landtag am 10. Oktober 2006 vom Ministerpräsidenten vorgestellten Konzeption die zur Umsetzung dieser Ziele erforderlichen Schritte einzuleiten und dem Landtag vor Abschluss der Vereinbarung zu berichten.
[II. und III.
die genannten Anträge der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE abzulehnen bzw. (mitsamt der dazu eingegangenen Eingaben) für erledigt zu erklären.]
Bericht [vom 30.10.2006]
Der Finanzausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/341 mit dem dazu eingebrachten Änderungsantrag Drucksache 14/402, den Antrag Drucksache 14/343 – diese Anträge hatte das Plenum des Landtags in seiner 9. Sitzung am 11. Oktober 2006 an den Finanzausschuss überwiesen –, den Antrag Drucksache 14/382 sowie sechs Eingaben in seiner 3. Sitzung am 19. Oktober 2006.
Mit zur Beratung vor lag ein von den Fraktionen der CDU und der FDP/DVP in der Sitzung eingebrachter Antrag [dem der Ausschuss schlußendlich mehrheitlich zustimmte].
Auf Wunsch des Finanzministeriums nahm Professor Dr. Thomas Würtenberger für Auskünfte zu Rechtsfragen an der Beratung teil.
Ausführliches Sitzungsprotokoll (Berichterstatter: Groh) in Drs 14/495, Nr.1, S.2 - 8,
https://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0495_d.pdf
Drs 14/526 vom 8.11.2006 (Ausgegeben: 09.11.2006)
https://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0526_d.pdf
Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
zu der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses
– Drucksache 14/495 lfd. Nr. 1
zu den Anträgen der Fraktion der SPD, der Fraktion GRÜNE
und der Abg. Renate Rastätter u. a. GRÜNE
– Drucksachen 14/341, 14/402, 14/343 Abschnitt I und 14/382
Die „unvollendete Revolution“ in Baden – Hintergründe des
geplanten Verkaufs von Kulturgütern des Landes
Der Landtag wolle beschließen,
Abschnitt I der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – Drucksache 14/495 lfd. Nr. 1 – in folgender Fassung zuzustimmen:
„I.
Die Landesregierung zu ersuchen,
1. unverzüglich die Verhandlungen über einen Vergleich mit dem ,Haus Baden‘ über Kunst- und Kulturgüter zu stoppen;
2. eine Liste derjenigen Kunst- und Kulturgüter vorzulegen, die nach Auffassung der Landesregierung unstreitig dem ,Haus Baden‘ gehören;
3. diese Liste durch unabhängige Wissenschaftler überprüfen zu lassen;
4. einen Bericht vorzulegen, auf welche Art und Weise die Landesregierung ihre bisherigen Informationen und Erkenntnisse darüber gewonnen hat, welche Kunst- und Kulturgüter angeblich im unstreitigen Eigentum des ,Hauses Baden‘ sind.“
07. 11. 2006
Vogt
und Fraktion
Begründung:
(...) Bei allen vom Ministerpräsidenten hier aufgeführten Kunstwerken wurde mittlerweile der Nachweis geführt, dass sie gerade nicht unstreitig dem „Hause Baden“ gehören, sondern ganz im Gegenteil unstreitig dem Land Baden-Württemberg. Die gesamte Argumentation des Ministerpräsidenten für einen Vergleich des Landes mit dem „Hause Baden“ in Höhe von 60 bis 70 Mio. € zu Gunsten des Adelshauses ist damit hinfällig und den Verhandlungen des Landes mit dem „Haus Baden“ die Grundlage entzogen.
Plenarprotokoll 14/12 09.11.2006 der 12. Sitzung der 14. Wahlperiode des Landtags von Baden-Württemberg, jetzt online unter
https://www3.landtag-bw.de/Wp14/Plp/14_0012_09112006.pdf
In der Fragestunde (TOP 7, Ziffer 4, Seite 603 (44 von 91)) wurde u.a. die Frage des Abg. Jürgen Walter GRÜNE zum Ankauf badischer Kulturgüter durch das Land Baden (Drs. 14/496, vgl. https://archiv.twoday.net/stories/2870261/ ) von Staatssekretär Birk beantwortet. Birk sagt zu der Liste von Kunstgegenständen, die von der Vereinbarung von 1930 zur Abtretung von Kunstwerken der Badischen Kunsthalle und des Kupferstichkabinetts an das Land Baden ausgenommen worden sei, an der Spitze stehe die Nr. 87, "Hans Baldung, genannt Grien, Markgraf von Baden". Birk: "Nach neuestem Erkenntnisstand handelt es sich dabei um eine Kopie des Originals, nicht um eine deckungsgleiche Kopie, sondern um einen Bildausschnitt, also einen Portraitauszug dieses Markgrafenbildes. Walter stellt noch eine Zusatzfrage nach dem Volumen eines 1983 angestrebten Vergleichsvorschlags (Birk sagt Prüfung zu), eine 2. Zusatzfrage, ob Birk die Auffassung teile, dass durch das Gesetz von 1930 das Eigentum an einer ganzen Reihe von Kunstgegenständen unzweifelhaft auf das Land Baden und damit jetzt auf das Land Baden-Württemberg übergegangen sei, wird mit dem Verweis auf die spätere Debatte zu diesem Sachverhalt nicht zugelassen (ebenso wie noch zwei weitere Zusatzfragen). Birk sagt aber auf Nachfrage von Boris Palmer: "Ich muss Ihnen auch sagen: Wir sind dankbar, dass dieses Gesetz aus dem Jahr 1930 jetzt auch entsprechend in die Diskussion mit eingebracht wurde. Dieser Sachverhalt war uns bislang nicht bekannt. Wir werden ihn natürlich rechtlich würdigen."
Auf den Seiten 640-648 (81-89 von 91) Debatte und Beschluss zu der oben zitierten Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (Drs 14/495, lfd. Nr. 1) vom 19.10. und zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Drs 14/526) vom 08.11.2006, mit Redebeiträgen von Nils Schmidt (SPD), Christoph Palm (CDU), Jürgen Walter (GRÜNE), Heiderose Berroth (FDP/DVP) und Minister Peter Frankenberg.
Das Plenum hat folgende Beschlüsse gefasst:
Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Drs 14/526) zur Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (Drs 14/495, lfd. Nr. 1) wurde abgelehnt, die Beschlussempfehlung in namentlicher Abstimmung angenommen.
(Es wurden 113 Stimmen abgegeben, davon 70 mit Ja, 43 mit Nein. Es gab keine "Abweichler", die Abg. der CDU und FDP/DVP stimmten für den Antrag, die Abg. der SPD und GRÜNE gegen den Antrag.)
Zum Auftritt des Juristen Würtenberger im Finanzausschuss (der im nun veröffentlichte Bericht an den Landtag ausführlich dokumentiert ist, s.o.) vgl. auch
https://archiv.twoday.net/stories/2847715/
https://archiv.twoday.net/stories/2892161/
Die Fraktion GRÜNE hat im Anschluß an die Sitzung des Finanzausschusses vom 19.10. am 25.10. einen Berichtsantrag zur rechtlichen Stellung der Zähringer- Stiftung gestellt, vgl. https://archiv.twoday.net/stories/2870261/ , der im Landtag noch nicht behandelt wurde und zu dem die Landesregierung erst am 20.11. (?) Stellung genommen hat (vgl. https://archiv.twoday.net/stories/2967042/ , Pressemitt. der Fraktion GRÜNE NR. 319/2006). Gleiches gilt für einen Antrag der Fraktion der SPD ("Das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes und insbesondere seine Handhabung in Bezug auf die Kulturgüter im Eigentum des Hauses Baden", a.a.O.).
Die Fraktion der SPD im Landtag von Baden-Württemberg hat am 07.11.2006 beschlossen, einen Untersuchungsausschuss nach Artikel 35 der Landesverfassung zum Ausverkauf landeseigener Kulturgüter durch die Landesregierung zu beantragen, vgl. https://archiv.twoday.net/stories/2905516/ . Konkretisiert wurde der Untersuchungsauftrag am 21.11.2006 ("SPD beschließt Untersuchungsauftrag zum Umgang der Landesregierung mit badischen Kulturgütern", Pressemitt. , vgl. a. https://archiv.twoday.net/stories/2967177/ ).
Antrag Fraktion SPD,
21.11.2006, Drs 14/577
https://www.landtag-bw.de/WP14/drucksachen/Txt/14_0577.html
Einsetzung und Auftrag des Untersuchungsausschusses
„Das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden beim Erwerb von Kunst- und Kulturgütern aus dem vermuteten oder tatsächlichen Eigentum des Hauses Baden“
Über den Antrag soll der Landtag auf seiner kommenden Plenarsitzung am Nikolaustag (6.12.) entscheiden. Die SPD verfügt über genügend Mandate, um ihn alleine durchzusetzen (vgl. swr.de, 21.11.2006).
Frühere Einträge zu Parlamentaria:
https://archiv.twoday.net/stories/2905516/ (Stand 07.11.)
https://archiv.twoday.net/stories/2870261/ (Stand 30.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2847715/ (Stand 24.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2834389/ (Stand 21.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2831349/ (Stand 20.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2787230/ (Stand 11.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2749087/ (Stand 02.10.)
Drs 14/495 (Ausgegeben: 09.11.2006)
https://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0495_d.pdf
Darin (S. 2 - 8, lfd. Nr. 1):
Beschlussempfehlung des Finanzausschusses
vom 19.10.2006 und Bericht vom 30.10.2006
Zu
a) dem Antrag der Fraktion der SPD und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/341 - mit dem dazu eingebrachten Änderungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE – Drucksache 14/402
– Die „unvollendete Revolution“ in Baden – Hintergründe des geplanten Verkaufs von Kulturgütern des Landes
b) dem Antrag der Fraktion GRÜNE und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/343 Abschnitt I
– Sicherung der Handschriftensammlung der Badischen Landesbibliothek
c) dem Antrag der Abg. Renate Rastätter u. a. GRÜNE und der Stellungnahme des Finanzministeriums – Drucksache 14/382
– Eigentumsrechte an den Handschriften der Badischen Landesbibliothek
Beschlussempfehlung [vom 19.10.2006]
Der Landtag wolle beschließen,
I.
1. Der Landtag unterstützt die Landesregierung darin,
a) die über Generationen währende Auseinandersetzung zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Baden um das Eigentum an den ehemals großherzoglichen Kunst- und Kulturgütern endgültig beizulegen und so das badische Kulturerbe langfristig zu sichern,
b) die für die kulturelle Identität des Landes bedeutsame Klosteranlage Schloss Salem dauerhaft zu sichern.
2. Die Landesregierung wird gebeten, auf der Grundlage der dem Landtag am 10. Oktober 2006 vom Ministerpräsidenten vorgestellten Konzeption die zur Umsetzung dieser Ziele erforderlichen Schritte einzuleiten und dem Landtag vor Abschluss der Vereinbarung zu berichten.
[II. und III.
die genannten Anträge der Fraktion der SPD und der Fraktion GRÜNE abzulehnen bzw. (mitsamt der dazu eingegangenen Eingaben) für erledigt zu erklären.]
Bericht [vom 30.10.2006]
Der Finanzausschuss beriet den Antrag Drucksache 14/341 mit dem dazu eingebrachten Änderungsantrag Drucksache 14/402, den Antrag Drucksache 14/343 – diese Anträge hatte das Plenum des Landtags in seiner 9. Sitzung am 11. Oktober 2006 an den Finanzausschuss überwiesen –, den Antrag Drucksache 14/382 sowie sechs Eingaben in seiner 3. Sitzung am 19. Oktober 2006.
Mit zur Beratung vor lag ein von den Fraktionen der CDU und der FDP/DVP in der Sitzung eingebrachter Antrag [dem der Ausschuss schlußendlich mehrheitlich zustimmte].
Auf Wunsch des Finanzministeriums nahm Professor Dr. Thomas Würtenberger für Auskünfte zu Rechtsfragen an der Beratung teil.
Ausführliches Sitzungsprotokoll (Berichterstatter: Groh) in Drs 14/495, Nr.1, S.2 - 8,
https://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0495_d.pdf
Drs 14/526 vom 8.11.2006 (Ausgegeben: 09.11.2006)
https://www.landtag-bw.de/WP14/Drucksachen/0000/14_0526_d.pdf
Änderungsantrag
der Fraktion der SPD
zu der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses
– Drucksache 14/495 lfd. Nr. 1
zu den Anträgen der Fraktion der SPD, der Fraktion GRÜNE
und der Abg. Renate Rastätter u. a. GRÜNE
– Drucksachen 14/341, 14/402, 14/343 Abschnitt I und 14/382
Die „unvollendete Revolution“ in Baden – Hintergründe des
geplanten Verkaufs von Kulturgütern des Landes
Der Landtag wolle beschließen,
Abschnitt I der Beschlussempfehlung des Finanzausschusses – Drucksache 14/495 lfd. Nr. 1 – in folgender Fassung zuzustimmen:
„I.
Die Landesregierung zu ersuchen,
1. unverzüglich die Verhandlungen über einen Vergleich mit dem ,Haus Baden‘ über Kunst- und Kulturgüter zu stoppen;
2. eine Liste derjenigen Kunst- und Kulturgüter vorzulegen, die nach Auffassung der Landesregierung unstreitig dem ,Haus Baden‘ gehören;
3. diese Liste durch unabhängige Wissenschaftler überprüfen zu lassen;
4. einen Bericht vorzulegen, auf welche Art und Weise die Landesregierung ihre bisherigen Informationen und Erkenntnisse darüber gewonnen hat, welche Kunst- und Kulturgüter angeblich im unstreitigen Eigentum des ,Hauses Baden‘ sind.“
07. 11. 2006
Vogt
und Fraktion
Begründung:
(...) Bei allen vom Ministerpräsidenten hier aufgeführten Kunstwerken wurde mittlerweile der Nachweis geführt, dass sie gerade nicht unstreitig dem „Hause Baden“ gehören, sondern ganz im Gegenteil unstreitig dem Land Baden-Württemberg. Die gesamte Argumentation des Ministerpräsidenten für einen Vergleich des Landes mit dem „Hause Baden“ in Höhe von 60 bis 70 Mio. € zu Gunsten des Adelshauses ist damit hinfällig und den Verhandlungen des Landes mit dem „Haus Baden“ die Grundlage entzogen.
Plenarprotokoll 14/12 09.11.2006 der 12. Sitzung der 14. Wahlperiode des Landtags von Baden-Württemberg, jetzt online unter
https://www3.landtag-bw.de/Wp14/Plp/14_0012_09112006.pdf
In der Fragestunde (TOP 7, Ziffer 4, Seite 603 (44 von 91)) wurde u.a. die Frage des Abg. Jürgen Walter GRÜNE zum Ankauf badischer Kulturgüter durch das Land Baden (Drs. 14/496, vgl. https://archiv.twoday.net/stories/2870261/ ) von Staatssekretär Birk beantwortet. Birk sagt zu der Liste von Kunstgegenständen, die von der Vereinbarung von 1930 zur Abtretung von Kunstwerken der Badischen Kunsthalle und des Kupferstichkabinetts an das Land Baden ausgenommen worden sei, an der Spitze stehe die Nr. 87, "Hans Baldung, genannt Grien, Markgraf von Baden". Birk: "Nach neuestem Erkenntnisstand handelt es sich dabei um eine Kopie des Originals, nicht um eine deckungsgleiche Kopie, sondern um einen Bildausschnitt, also einen Portraitauszug dieses Markgrafenbildes. Walter stellt noch eine Zusatzfrage nach dem Volumen eines 1983 angestrebten Vergleichsvorschlags (Birk sagt Prüfung zu), eine 2. Zusatzfrage, ob Birk die Auffassung teile, dass durch das Gesetz von 1930 das Eigentum an einer ganzen Reihe von Kunstgegenständen unzweifelhaft auf das Land Baden und damit jetzt auf das Land Baden-Württemberg übergegangen sei, wird mit dem Verweis auf die spätere Debatte zu diesem Sachverhalt nicht zugelassen (ebenso wie noch zwei weitere Zusatzfragen). Birk sagt aber auf Nachfrage von Boris Palmer: "Ich muss Ihnen auch sagen: Wir sind dankbar, dass dieses Gesetz aus dem Jahr 1930 jetzt auch entsprechend in die Diskussion mit eingebracht wurde. Dieser Sachverhalt war uns bislang nicht bekannt. Wir werden ihn natürlich rechtlich würdigen."
Auf den Seiten 640-648 (81-89 von 91) Debatte und Beschluss zu der oben zitierten Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (Drs 14/495, lfd. Nr. 1) vom 19.10. und zum Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Drs 14/526) vom 08.11.2006, mit Redebeiträgen von Nils Schmidt (SPD), Christoph Palm (CDU), Jürgen Walter (GRÜNE), Heiderose Berroth (FDP/DVP) und Minister Peter Frankenberg.
Das Plenum hat folgende Beschlüsse gefasst:
Der Änderungsantrag der Fraktion der SPD (Drs 14/526) zur Beschlussempfehlung des Finanzausschusses (Drs 14/495, lfd. Nr. 1) wurde abgelehnt, die Beschlussempfehlung in namentlicher Abstimmung angenommen.
(Es wurden 113 Stimmen abgegeben, davon 70 mit Ja, 43 mit Nein. Es gab keine "Abweichler", die Abg. der CDU und FDP/DVP stimmten für den Antrag, die Abg. der SPD und GRÜNE gegen den Antrag.)
Zum Auftritt des Juristen Würtenberger im Finanzausschuss (der im nun veröffentlichte Bericht an den Landtag ausführlich dokumentiert ist, s.o.) vgl. auch
https://archiv.twoday.net/stories/2847715/
https://archiv.twoday.net/stories/2892161/
Die Fraktion GRÜNE hat im Anschluß an die Sitzung des Finanzausschusses vom 19.10. am 25.10. einen Berichtsantrag zur rechtlichen Stellung der Zähringer- Stiftung gestellt, vgl. https://archiv.twoday.net/stories/2870261/ , der im Landtag noch nicht behandelt wurde und zu dem die Landesregierung erst am 20.11. (?) Stellung genommen hat (vgl. https://archiv.twoday.net/stories/2967042/ , Pressemitt. der Fraktion GRÜNE NR. 319/2006). Gleiches gilt für einen Antrag der Fraktion der SPD ("Das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes und insbesondere seine Handhabung in Bezug auf die Kulturgüter im Eigentum des Hauses Baden", a.a.O.).
Die Fraktion der SPD im Landtag von Baden-Württemberg hat am 07.11.2006 beschlossen, einen Untersuchungsausschuss nach Artikel 35 der Landesverfassung zum Ausverkauf landeseigener Kulturgüter durch die Landesregierung zu beantragen, vgl. https://archiv.twoday.net/stories/2905516/ . Konkretisiert wurde der Untersuchungsauftrag am 21.11.2006 ("SPD beschließt Untersuchungsauftrag zum Umgang der Landesregierung mit badischen Kulturgütern", Pressemitt. , vgl. a. https://archiv.twoday.net/stories/2967177/ ).
Antrag Fraktion SPD,
21.11.2006, Drs 14/577
https://www.landtag-bw.de/WP14/drucksachen/Txt/14_0577.html
Einsetzung und Auftrag des Untersuchungsausschusses
„Das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden beim Erwerb von Kunst- und Kulturgütern aus dem vermuteten oder tatsächlichen Eigentum des Hauses Baden“
Über den Antrag soll der Landtag auf seiner kommenden Plenarsitzung am Nikolaustag (6.12.) entscheiden. Die SPD verfügt über genügend Mandate, um ihn alleine durchzusetzen (vgl. swr.de, 21.11.2006).
Frühere Einträge zu Parlamentaria:
https://archiv.twoday.net/stories/2905516/ (Stand 07.11.)
https://archiv.twoday.net/stories/2870261/ (Stand 30.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2847715/ (Stand 24.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2834389/ (Stand 21.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2831349/ (Stand 20.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2787230/ (Stand 11.10.)
https://archiv.twoday.net/stories/2749087/ (Stand 02.10.)
BCK - am Mittwoch, 22. November 2006, 07:00 - Rubrik: Kulturgut
PRESSE- UND INFORMATIONSAMT DER BUNDESREGIERUNG
PRESSEMITTEILUNG NR.: 410 Mo, 20.11.2006
Erster Konsens bei Gesprächen über NS-Raubkunst
Neumann kommt mit dem Expertengespräch der Bitte von Museumsdirektoren nach, Probleme und Fragen im Zusammenhang mit der Restitution von Kunstwerken zu erörtern. (...) Neumann sagte, aus den Museen kämen viele Vorschläge zur Veränderung bei der Handhabung. „Die Museen beklagen, dass es inzwischen einen regelrechten Restitutionshandel gebe, der knallhart kommerzialisiert sei.“ Er wolle deswegen über diese Thematik in einem ersten Schritt mit den Museen sprechen, aber er werde auch mit Vertretern der Opferseite zusammenkommen. (dpa)
Deutschlandradio Kultur berichtete hierüber ausführlich in mehreren Beiträgen:
Die neuen Rückgabe-Forderungen an deutsche Museen / von Susanne Kaufmann. Gesprächsteilnehmer: Dr. Martin Roth - Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden; Prof. Dr. Christoph Stölzl - Kulturpolitiker, CDU, Geschäftsführer des Auktionshauses Villa Grisebach, Berlin; Dr. Hannes Hartung - Rechtsanwalt aus München und Autor des Buches "Kunstraub in Krieg und Verfolgung
Vgl. auch Stuttgarter Zeitung 21.11.2006. Museen und Forscher werden allein gelassen. "Auf der Suche nach dem verlorenen Kunstwerk": in Dresden haben Experten am Wochenende getagt / Von Ute Grundmann.
Mit Links zu:
PRESSEMITTEILUNG NR.: 410 Mo, 20.11.2006
Erster Konsens bei Gesprächen über NS-Raubkunst
Neumann kommt mit dem Expertengespräch der Bitte von Museumsdirektoren nach, Probleme und Fragen im Zusammenhang mit der Restitution von Kunstwerken zu erörtern. (...) Neumann sagte, aus den Museen kämen viele Vorschläge zur Veränderung bei der Handhabung. „Die Museen beklagen, dass es inzwischen einen regelrechten Restitutionshandel gebe, der knallhart kommerzialisiert sei.“ Er wolle deswegen über diese Thematik in einem ersten Schritt mit den Museen sprechen, aber er werde auch mit Vertretern der Opferseite zusammenkommen. (dpa)
Deutschlandradio Kultur berichtete hierüber ausführlich in mehreren Beiträgen:
- Die Debatte um Raub- und Fluchtkunst in deutschen Museen : Restitutions-Gipfel bei Kulturstaatsminister Neumann / von Stefan Koldehoff (Sendung: Kulturinterview, 20.11.2006 09:10, mp3, 02:42 min, Text)
- Krisengipfel bei Kulturstaatsminister Neumann / Kulturinterview mit Dr. Martin Roth, Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden (20.11.2006 09:12, mp3, 06:42 min, Text)
- Das Treffen Kulturstaatsminister, Museumsdirektoren und Galeristen / von Markus Rimmele (Sendung: Fazit, 20.11.2006 19:08, mp3, 03:31 min)
- Deutschland ist in der Pflicht - Kritik am Fehlen der Opferverbände / von Julius Schoeps, Leiter d. Moses Mendelssohn Zentrum und S. Brinkmann (Sendung: Fazit, 20.11.2006 19:13, mp3, 04:56 min, Text)
- Schnelle und faire Lösungen? Nach dem Treffen / von Christina Feilchenfeldt, Kunsthistorikerin (Sendung: Fazit, 20.11.2006 19:19, mp3, 07:31 min, Text)
Die neuen Rückgabe-Forderungen an deutsche Museen / von Susanne Kaufmann. Gesprächsteilnehmer: Dr. Martin Roth - Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden; Prof. Dr. Christoph Stölzl - Kulturpolitiker, CDU, Geschäftsführer des Auktionshauses Villa Grisebach, Berlin; Dr. Hannes Hartung - Rechtsanwalt aus München und Autor des Buches "Kunstraub in Krieg und Verfolgung
Vgl. auch Stuttgarter Zeitung 21.11.2006. Museen und Forscher werden allein gelassen. "Auf der Suche nach dem verlorenen Kunstwerk": in Dresden haben Experten am Wochenende getagt / Von Ute Grundmann.
Mit Links zu:
- ArtLoss Register, https://www.artloss.com/
(kommerzielle Datenbank von Kunsthandel und Versicherungen) - LostArt, https://www.lostart.de
(Freizugängliche Online-Datenbank der "Koordinierungsstelle für Kulturgutverluste" in Magdeburg, finanziert vom Bund und den Ländern)
BCK - am Dienstag, 21. November 2006, 22:01 - Rubrik: Kulturgut
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SPD-Fraktion Baden-Württemberg
Pressemitteilung vom 21.11.2006 (html, pdf)
Ute Vogt: „Wir wollen umfassend aufklären, wie es zu dem unverantwortlichen Umgang der Regierung mit Kulturgütern und Landesvermögen kommen konnte“
Untersuchungsausschuss soll auch Empfehlungen für den künftigen Umgang mit Kulturgütern geben.
(...) Der Antrag der Fraktion zu „Einsetzung und Auftrag des Untersuchungs- ausschusses“ gemäß Artikel 35 der Landesverfassung trägt den Titel „Das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden beim Erwerb von Kunst- und Kulturgütern aus dem vermuteten oder tatsächlichen Eigentum des Hauses Baden“.
(...) Die SPD will laut Einsetzungsantrag das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden in drei Komplexen untersuchen:
Der Untersuchungsauftrag im Einzelnen
In dem vierseitigen Antrag zur Einsetzung und zum Auftrag des Untersuchungsausschusses verlangt die SPD-Landtagsfraktion die Hinzuziehung aller Akten, die für die Erfüllung des Untersuchungsauftrags von Bedeutung sind. Untersucht werden sollen insbesondere folgende Vorgänge:
Update 23.11.2006 - Antrag im Landtagsserver eingestellt:
Antrag Fraktion SPD,
21.11.2006, Drs 14/577
https://www.landtag-bw.de/WP14/drucksachen/Txt/14_0577.html
Pressemitteilung vom 21.11.2006 (html, pdf)
Ute Vogt: „Wir wollen umfassend aufklären, wie es zu dem unverantwortlichen Umgang der Regierung mit Kulturgütern und Landesvermögen kommen konnte“
Untersuchungsausschuss soll auch Empfehlungen für den künftigen Umgang mit Kulturgütern geben.
(...) Der Antrag der Fraktion zu „Einsetzung und Auftrag des Untersuchungs- ausschusses“ gemäß Artikel 35 der Landesverfassung trägt den Titel „Das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden beim Erwerb von Kunst- und Kulturgütern aus dem vermuteten oder tatsächlichen Eigentum des Hauses Baden“.
(...) Die SPD will laut Einsetzungsantrag das Handeln von Landesregierung und Landesbehörden in drei Komplexen untersuchen:
- bei der Übereinkunft mit dem Haus Baden über den Erwerb von Kunst- und Kulturgütern
- bei der Frage, ob und wie versucht wurde, Klarheit über die Eigentumsverhältnisse der infrage stehenden Kunst- und Kulturgüter zu erhalten
- bei der materiellen und finanziellen Umsetzung einer Vereinbarung mit dem Haus Baden über den Erwerb von Kunst- und Kulturgütern.
Der Untersuchungsauftrag im Einzelnen
In dem vierseitigen Antrag zur Einsetzung und zum Auftrag des Untersuchungsausschusses verlangt die SPD-Landtagsfraktion die Hinzuziehung aller Akten, die für die Erfüllung des Untersuchungsauftrags von Bedeutung sind. Untersucht werden sollen insbesondere folgende Vorgänge:
- Auf welche Kunst- und Kulturgüter im Einzelnen bezog sich die Übereinkunft zwischen dem Land Baden-Württemberg und dem Haus Baden, die Gegenstand des Kabinettsbeschlusses vom 9. Oktober 2006 war
- Wer auf Seiten der Landesregierung war an den Verhandlungen des Landes mit dem Haus Baden beteiligt, die zu dieser Übereinkunft führten
- Wurde von Seiten der Landesregierung die finanzielle Situation des Hauses Baden insgesamt geprüft, die nach den Angaben der Landesregierung Ursache und Ausgangspunkt der gemeinsamen Verhandlungen war
- Auf welchen Grundlagen wurden die Gegenstandslisten erarbeitet, die der Übereinkunft mit dem Haus Baden zugrunde liegen, wer war verantwortlich, wer war beteiligt
- Wurde das Gutachten, auf das sich die Landesregierung bei der Beurteilung der Eigentumsfrage bezog, ergebnisoffen in Auftrag gegeben oder sollte diese Expertise die mit dem Haus Baden ausgehandelte Übereinkunft rechtlich absichern
- Warum wurde bei der Klärung der Eigentumsfragen auf den Rat namhafter Wissenschaftler verzichtet
- Wie kommt die 300-Millionen-Euro-Schätzung der Landesregierung für die fraglichen Kunst- und Kulturgegenstände im vermuteten Eigentum des Hauses Baden zustande
- Treffen die Summen zu, die in der Übereinkunft der Landesregierung mit dem Haus Baden für die Sanierung der Salemer Liegenschaften (30 Millionen Euro) und als Kapitalstock der auffangenden Stiftung (40 Millionen Euro) als notwendig erachtet werden
Update 23.11.2006 - Antrag im Landtagsserver eingestellt:
Antrag Fraktion SPD,
21.11.2006, Drs 14/577
https://www.landtag-bw.de/WP14/drucksachen/Txt/14_0577.html
BCK - am Dienstag, 21. November 2006, 20:48 - Rubrik: Kulturgut
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Die GRÜNEN im Landtag lehnen einen Untersuchungsausschuss zur Kulturgüterposse in BW ab. Das "dilettantische Handeln" der Landesregierung sei bereits bekannt, es handele sich "nur um gewöhnliches politisches Versagen der Landesregierung". Die GRÜNEN wollen lieber juristische Fragen geklärt wissen, wie die nach den realen Eigentumsverhältnissen und nach der rechtlichen Stellung der Zähringer Stiftung.
Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg
PRESSEMITTEILUNG NR. 319/2006, 21. November 2006
Untersuchungsausschuss ist das falsche Instrument
Kretschmann: „Aufklärung mit anderen Mitteln vorantreiben“
(...) So räume die Landesregierung in ihrer heute eingegangenen Antwort auf einen Antrag der Grünen ein, dass „das Land bisher stets die Rechtsauffassung vertreten [hat], dass die streitgegenständlichen Bestände entweder im Eigentum des Landes oder Eigentum der Zähringer-Stiftung stehen“. Jürgen Walter, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion: „Es wird immer deutlicher, dass es nicht um einen Vergleich mit dem Haus Baden ging, der auf den realen Eigentumsverhältnissen beruht, sondern um einen Vergleich, der das Haus Baden zufrieden stellt und finanziell saniert.“ So schreibt die Landesregierung in ihrer Antwort, dass „ein Bücherbestand im finanziellen Gegenwert von 70 Mio. €“ bereits in dem Untersuchungsauftrag an die Gutachter Würtenberger und Wax von der Landesregierung vorgegeben war.
(...) Kretschmann: „Wir werden alles daran setzen, durch das Studium der Akten, durch weiteres beharrliches Nachfragen die Vorgänge aufzuklären, und so die Landesregierung zu einem endgültigen Kurswechsel zu bewegen.“ Um die Rolle der Zähringer-Stiftung noch eingehender zu beleuchten, werden die Grünen in die Akten der Stiftung Einsicht nehmen.
Jürgen Walter betonte nochmals die falsche Grundlage der Politik der Landesregierung: „Die Landesregierung hat das Pferd von hinten aufgezäumt. Erst wurde die Vergleichssumme gebildet und dann die dazu passende rechtliche Konstruktion. Es zeigt sich zunehmend, dass das Land in einer starken rechtlichen Stellung ist, sowohl was das direkte Eigentum badischer Kulturgüter als auch diejenigen, die in der Zähringer-Stiftung eingebracht sind, betrifft. Ein Vergleich, der auf der Basis der realen Eigentumsverhältnisse berechnet wird, wird sicher deutlich unter den 70 Mio. € liegen. Der Umgang des Landes mit dem kulturellen Erbe Badens ist und bleibt beschämend.“
Fraktion GRÜNE im Landtag von Baden-Württemberg
PRESSEMITTEILUNG NR. 319/2006, 21. November 2006
Untersuchungsausschuss ist das falsche Instrument
Kretschmann: „Aufklärung mit anderen Mitteln vorantreiben“
(...) So räume die Landesregierung in ihrer heute eingegangenen Antwort auf einen Antrag der Grünen ein, dass „das Land bisher stets die Rechtsauffassung vertreten [hat], dass die streitgegenständlichen Bestände entweder im Eigentum des Landes oder Eigentum der Zähringer-Stiftung stehen“. Jürgen Walter, kulturpolitischer Sprecher der Fraktion: „Es wird immer deutlicher, dass es nicht um einen Vergleich mit dem Haus Baden ging, der auf den realen Eigentumsverhältnissen beruht, sondern um einen Vergleich, der das Haus Baden zufrieden stellt und finanziell saniert.“ So schreibt die Landesregierung in ihrer Antwort, dass „ein Bücherbestand im finanziellen Gegenwert von 70 Mio. €“ bereits in dem Untersuchungsauftrag an die Gutachter Würtenberger und Wax von der Landesregierung vorgegeben war.
(...) Kretschmann: „Wir werden alles daran setzen, durch das Studium der Akten, durch weiteres beharrliches Nachfragen die Vorgänge aufzuklären, und so die Landesregierung zu einem endgültigen Kurswechsel zu bewegen.“ Um die Rolle der Zähringer-Stiftung noch eingehender zu beleuchten, werden die Grünen in die Akten der Stiftung Einsicht nehmen.
Jürgen Walter betonte nochmals die falsche Grundlage der Politik der Landesregierung: „Die Landesregierung hat das Pferd von hinten aufgezäumt. Erst wurde die Vergleichssumme gebildet und dann die dazu passende rechtliche Konstruktion. Es zeigt sich zunehmend, dass das Land in einer starken rechtlichen Stellung ist, sowohl was das direkte Eigentum badischer Kulturgüter als auch diejenigen, die in der Zähringer-Stiftung eingebracht sind, betrifft. Ein Vergleich, der auf der Basis der realen Eigentumsverhältnisse berechnet wird, wird sicher deutlich unter den 70 Mio. € liegen. Der Umgang des Landes mit dem kulturellen Erbe Badens ist und bleibt beschämend.“
BCK - am Dienstag, 21. November 2006, 20:23 - Rubrik: Kulturgut
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Deutschlandfunk 11.11.2006 17:38 (mp3, 04:42 min)
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/11/11/dlf_200611111738.mp3
Luther digital - Herzog August Bibliothek stellt Schriften des Reformators ins Netz
Autor: Stenke, Wolfgang, Sendung: Kultur heute. Text zum Beitrag:
https://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/562579/
Der Titel der Sendung des DLF ist etwas irreführend - nicht die Drucke selbst, sondern ihr Katalog wurde ins Netz gestellt. Dieser allerdings hat es in sich. Ein Großprojekt findet nach 4 Durchgängen und zwei Metamorphosen (Buchdruck -> CD-ROM -> Online) eines umfangreichen und komplizierten Manuskripts 36 Jahre nach seinem Beginn nun seinen vorläufigen Abschluß in der Form einer Internetdatenbank. Der Katalog enthält vollständige Druckbeschreibungen, mit der erstmaligen Abbildung sämtlicher Titelrahmen und Textillustrationen und mit der Angabe aller Provenienzen und handschriftlichen Einträge. Die Illustrationen und Provenienzen sind recherchierbar.
Lutherkatalog - Projektbeschreibung (HAB):
Im Rahmen der Verzeichnung und Beschreibung einzelner Bestandsgruppen wurde der Katalog der zeitgenössischen Lutherdrucke 1513 bis 1546 herausgegeben, die Bibelausgaben ausgenommen. 6000 Bücher verteilen sich auf 2300 Drucke und bilden heute die größte Luthersammlung der Welt. Die Drucke sind detailliert beschrieben, und ihre Merkmale in besonderen Registern erfasst. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Buchschmuck mit 2400 Holzschnitten und seinen reichen Motiven sowie den 940 genannten und den unzählbaren anonymen Vorbesitzern samt ihren Einträgen vom 16. Jahrhundert an. Der umfangreiche Katalog war ab 1970 für den Buchdruck erarbeitet worden und wurde im November 2006 als Internet-Portal öffentlich zugänglich gemacht.
Finanzierung der Publikation: Deutsche Forschungsgemeinschaft
Bearbeiterin: Dr. Maria von Katte, Datenbank: Christian Knoop
Datenbank:
Katalog der Wolfenbütteler Luther-Drucke 1513 bis 1546 / Erstellt von Maria von Katte. Datenbank von Christian Knoop.
https://diglib.hab.de/edoc/ed000007/start.htm
urn:nbn:de:gbv:23-edoc/ed0000073
Auszüge aus der Einleitung von Maria von Katte:
Provenienzen:
"Auf dem Grund einer alten Bibliothek schlummern Bibliotheken. Wie in einem Mikroskop sieht man, dass hier Bewegung war. (...)"
941 Eigentümer nennen sich oder werden in Einzeldrucken und Sammelbänden genannt. Darunter sind sieben Klöster, ein Stift, eine Kirche, eine Stadt und eine Bibliothek. (...) Die Hälfte der 941 Genannten ist in biografischen Nachschlagewerken nicht verzeichnet. Sie treten uns aus dem Buch entgegen, das sie kauften, lasen oder binden ließen, das sie verschenkten oder erhielten, vererbten oder erbten. Ihre eigenen biografischen Angaben und Lesespuren sind das einzige, was von ihnen überliefert ist. (...) Ihnen stehen die Lesespuren Anonymer gegenüber, deren Zahl sich nicht schätzen läßt. (...)
In den biografischen Angaben des Personenindex’ steht die Beziehung zu Luther und zu Luthers Werk im Mittelpunkt, das heißt, die Lebensstationen sind erwähnt im Hinblick auf Begegnung und Lektüre. Sind Besitz- oder Lektürevermerk nicht datiert, wurde in jedem Fall eine Datierung angestrebt.
Neben dem Personenindex, dessen Beschreibungsteil Volltextsuche erlaubt, stehen drei Register in einer PDF-Datei zur Verfügung:
1. Chronologie der Einträge und Aufdrucke im Hinblick auf Bucherwerb, Lektüre, Bindedatum und Nachlaß, 2. Orte und Länder der Herkunft und Wirkung, des Bucherwerbs und der Lektüre, 3. Die Einträge nach ihren Gegenständen.
Die Eigentümer von Beginn an bis zum Jahr 1700 sind geistlichen oder weltlichen Standes. Unter ihnen sind Angehörige von Orden und Ordensgeistliche, Priores und Äbte (beider Konfessionenen), Kaplane und Priester, Bischöfe (beider Konfessionen), Domherren (beider Konfessionen), Professoren der Theologie und gelehrte Theologen (verschiedener Konfessionen), Diakone, Vikare und Prediger (auch an Schloß und Hof), Pastoren, Küster und Patrone. Daneben gibt es Studenten, Lehrer und Schuldirektoren, Kantoren, Organisten und Komponisten, Dichter und Historiker, Sekretäre und Kanzler, Ratsherren sowie Rats- und Visitationsschreiber, Mediziner und Apotheker. Es erscheint auch ein Torwärter, und Handwerker nennen sich, so ein Barbier, ein Schneider und ein Schuster, ein Posamentierer, ein Buchdrucker, ein Uhrmacher, zwei Büchsenmacher, ein Medailleur und ein Glockengießer. Schließlich gibt es Obristen und Landsknechte. Und alle lasen sie Martin Luther, aber aus unterschiedlichen Beweggründen.
(...) unter das wohlgeordnete Inhaltsverzeichnis im Vorderdeckel, das unter anderem neun Autographen von Luther und Bugenhagen aufführt, schrieb der Meister mit fester, klarer Handschrift: "Jst ein Herlich Gutt Buch". Dieses Urteil steht im Gegensatz zu den antireformatorischen Kraftworten von unmißverständlicher Bedeutung, die manch anderes Buch zieren. Aber: Auch Gegner waren Käufer. (...)
Schließlich gehörten nicht wenige Bücher Frauen, die sie ohne Ausnahme besonders sorgfältig behandelt haben. (...) Vollendet wird unser Eindruck von der Wertschätzung eines Buches aber erst dann, wenn wir einer jener feinen Gelehrtenhände begegnen, die den Namen ihres Vorgängers mit Nachdruck ausgestrichen oder weggekratzt haben, als sollte ein Widersacher vernichtet werden. Aber: Ehre, wem Ehre gebührt.
Illustrationen:
H 990: || Maße außen: 6,9 x 5,4 cm || Generelle Motive: Katechismus: 6. Gebot. || Biblische Inhalte: König David sieht beim Psalmodieren Bathseba. || Verwendung: 1608.
Erfaßt und abgebildet sind insgesamt 2373 Bilder auf den Titelblättern und im Text: ... Titeleinfassungen, teils mit zusätzlichem Holzschnitt oder Leiste(n), Titelholzschnitte, Titelleisten, teils mit Holzschnitt, Textholzschnitte bzw. Textleisten, Druckermarken und Lutherbildnisse. Sie alle erweitern das Feld, auf dem die Entwicklung der protestantischen Ikonografie untersucht werden kann.
(...) Neben Hans Baldung Grien, Hans Brosamer, Hans Burgkmair, Hans und Lucas Cranach d.J., Urs Graf, Georg Lemberger, Hans Schäufelein, Heinrich Vogtherr d.Ä. und Anton Woensam von Worms signieren Maler oder Formschneider, die nicht identifiziert sind. Die meisten aber sind ungenannt, und wir kennen nur die Werkstätten, wo ihre heute nicht mehr bekannten Bilder entstanden sind oder wo sie verwendet wurden. Deren künstlerische Qualität ist unterschiedlich, aber selbst die schlichteren unter ihnen, die an vergleichbare Illustrationen aus Basel, Colmar oder Antwerpen nicht heranreichen, überraschen durch Ausdrucksstärke. Sie sind geprägt von plastischer Volkstümlichkeit, wie in Magdeburg und Erfurt, von reformatorischer Bekenntnisfreude, vor allem in Wittenberg, Straßburg und Augsburg, oder von reformatorischer Angriffslust, wie zum Beispiel in Nürnberg – und alle zeichnet eine besondere Innigkeit in den Passionsdarstellungen aus. (...)
(...) Form und Inhalte des Bildmaterials ... sind durch ein ausdruckbares Bildregister erschlossen, das dem Betrachter einen formalen und inhaltlichen Überblick sowie die Möglichkeit zu gezielter Suche und zum Vergleichen bietet. (...)
Zukunft:
An dem Bildregister hat aus eigenem wissenschaftlichen Interesse Dr. Wilhelm Velten mitgewirkt, sowohl Theologe als auch Kunsthistoriker und ehemals Leiter der Bibliothek des evangelischen Ministeriums im Evangelischen Augustinerkloster zu Erfurt. Für die Zukunft wäre es ein Gewinn, wenn sich ein Kenner der christlichen Ikonografie wie er der Untersuchung einzelner Bilder oder Bildserien widmen und die Ergebnisse hier mitteilen würde. Im Hinblick auf die 500-jährige Geschichte der Reformation wäre die künftige Erweiterung der Abbildungen auf 100% wünschenswert, entweder durch Zukauf einiger Drucke oder mit Hilfe auswärtiger Vorlagen. Daneben sind Untersuchungen zu den Eigentümern und Lesern vielversprechend, auch zu den anonymen unter ihnen, deren Schriftzüge bildlich erfaßt werden könnten. Einzelne Einbände sind ebenfalls näherer Untersuchung wert.
Der Katalog, der am Ende steht, könnte ein Anfang sein.
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/11/11/dlf_200611111738.mp3
Luther digital - Herzog August Bibliothek stellt Schriften des Reformators ins Netz
Autor: Stenke, Wolfgang, Sendung: Kultur heute. Text zum Beitrag:
https://www.dradio.de/dlf/sendungen/kulturheute/562579/
Der Titel der Sendung des DLF ist etwas irreführend - nicht die Drucke selbst, sondern ihr Katalog wurde ins Netz gestellt. Dieser allerdings hat es in sich. Ein Großprojekt findet nach 4 Durchgängen und zwei Metamorphosen (Buchdruck -> CD-ROM -> Online) eines umfangreichen und komplizierten Manuskripts 36 Jahre nach seinem Beginn nun seinen vorläufigen Abschluß in der Form einer Internetdatenbank. Der Katalog enthält vollständige Druckbeschreibungen, mit der erstmaligen Abbildung sämtlicher Titelrahmen und Textillustrationen und mit der Angabe aller Provenienzen und handschriftlichen Einträge. Die Illustrationen und Provenienzen sind recherchierbar.
Lutherkatalog - Projektbeschreibung (HAB):
Im Rahmen der Verzeichnung und Beschreibung einzelner Bestandsgruppen wurde der Katalog der zeitgenössischen Lutherdrucke 1513 bis 1546 herausgegeben, die Bibelausgaben ausgenommen. 6000 Bücher verteilen sich auf 2300 Drucke und bilden heute die größte Luthersammlung der Welt. Die Drucke sind detailliert beschrieben, und ihre Merkmale in besonderen Registern erfasst. Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Buchschmuck mit 2400 Holzschnitten und seinen reichen Motiven sowie den 940 genannten und den unzählbaren anonymen Vorbesitzern samt ihren Einträgen vom 16. Jahrhundert an. Der umfangreiche Katalog war ab 1970 für den Buchdruck erarbeitet worden und wurde im November 2006 als Internet-Portal öffentlich zugänglich gemacht.
Finanzierung der Publikation: Deutsche Forschungsgemeinschaft
Bearbeiterin: Dr. Maria von Katte, Datenbank: Christian Knoop
Datenbank:
Katalog der Wolfenbütteler Luther-Drucke 1513 bis 1546 / Erstellt von Maria von Katte. Datenbank von Christian Knoop.
https://diglib.hab.de/edoc/ed000007/start.htm
urn:nbn:de:gbv:23-edoc/ed0000073
Auszüge aus der Einleitung von Maria von Katte:
Provenienzen:
"Auf dem Grund einer alten Bibliothek schlummern Bibliotheken. Wie in einem Mikroskop sieht man, dass hier Bewegung war. (...)"
941 Eigentümer nennen sich oder werden in Einzeldrucken und Sammelbänden genannt. Darunter sind sieben Klöster, ein Stift, eine Kirche, eine Stadt und eine Bibliothek. (...) Die Hälfte der 941 Genannten ist in biografischen Nachschlagewerken nicht verzeichnet. Sie treten uns aus dem Buch entgegen, das sie kauften, lasen oder binden ließen, das sie verschenkten oder erhielten, vererbten oder erbten. Ihre eigenen biografischen Angaben und Lesespuren sind das einzige, was von ihnen überliefert ist. (...) Ihnen stehen die Lesespuren Anonymer gegenüber, deren Zahl sich nicht schätzen läßt. (...)
In den biografischen Angaben des Personenindex’ steht die Beziehung zu Luther und zu Luthers Werk im Mittelpunkt, das heißt, die Lebensstationen sind erwähnt im Hinblick auf Begegnung und Lektüre. Sind Besitz- oder Lektürevermerk nicht datiert, wurde in jedem Fall eine Datierung angestrebt.
Neben dem Personenindex, dessen Beschreibungsteil Volltextsuche erlaubt, stehen drei Register in einer PDF-Datei zur Verfügung:
1. Chronologie der Einträge und Aufdrucke im Hinblick auf Bucherwerb, Lektüre, Bindedatum und Nachlaß, 2. Orte und Länder der Herkunft und Wirkung, des Bucherwerbs und der Lektüre, 3. Die Einträge nach ihren Gegenständen.
Die Eigentümer von Beginn an bis zum Jahr 1700 sind geistlichen oder weltlichen Standes. Unter ihnen sind Angehörige von Orden und Ordensgeistliche, Priores und Äbte (beider Konfessionenen), Kaplane und Priester, Bischöfe (beider Konfessionen), Domherren (beider Konfessionen), Professoren der Theologie und gelehrte Theologen (verschiedener Konfessionen), Diakone, Vikare und Prediger (auch an Schloß und Hof), Pastoren, Küster und Patrone. Daneben gibt es Studenten, Lehrer und Schuldirektoren, Kantoren, Organisten und Komponisten, Dichter und Historiker, Sekretäre und Kanzler, Ratsherren sowie Rats- und Visitationsschreiber, Mediziner und Apotheker. Es erscheint auch ein Torwärter, und Handwerker nennen sich, so ein Barbier, ein Schneider und ein Schuster, ein Posamentierer, ein Buchdrucker, ein Uhrmacher, zwei Büchsenmacher, ein Medailleur und ein Glockengießer. Schließlich gibt es Obristen und Landsknechte. Und alle lasen sie Martin Luther, aber aus unterschiedlichen Beweggründen.
(...) unter das wohlgeordnete Inhaltsverzeichnis im Vorderdeckel, das unter anderem neun Autographen von Luther und Bugenhagen aufführt, schrieb der Meister mit fester, klarer Handschrift: "Jst ein Herlich Gutt Buch". Dieses Urteil steht im Gegensatz zu den antireformatorischen Kraftworten von unmißverständlicher Bedeutung, die manch anderes Buch zieren. Aber: Auch Gegner waren Käufer. (...)
Schließlich gehörten nicht wenige Bücher Frauen, die sie ohne Ausnahme besonders sorgfältig behandelt haben. (...) Vollendet wird unser Eindruck von der Wertschätzung eines Buches aber erst dann, wenn wir einer jener feinen Gelehrtenhände begegnen, die den Namen ihres Vorgängers mit Nachdruck ausgestrichen oder weggekratzt haben, als sollte ein Widersacher vernichtet werden. Aber: Ehre, wem Ehre gebührt.
Illustrationen:

Erfaßt und abgebildet sind insgesamt 2373 Bilder auf den Titelblättern und im Text: ... Titeleinfassungen, teils mit zusätzlichem Holzschnitt oder Leiste(n), Titelholzschnitte, Titelleisten, teils mit Holzschnitt, Textholzschnitte bzw. Textleisten, Druckermarken und Lutherbildnisse. Sie alle erweitern das Feld, auf dem die Entwicklung der protestantischen Ikonografie untersucht werden kann.
(...) Neben Hans Baldung Grien, Hans Brosamer, Hans Burgkmair, Hans und Lucas Cranach d.J., Urs Graf, Georg Lemberger, Hans Schäufelein, Heinrich Vogtherr d.Ä. und Anton Woensam von Worms signieren Maler oder Formschneider, die nicht identifiziert sind. Die meisten aber sind ungenannt, und wir kennen nur die Werkstätten, wo ihre heute nicht mehr bekannten Bilder entstanden sind oder wo sie verwendet wurden. Deren künstlerische Qualität ist unterschiedlich, aber selbst die schlichteren unter ihnen, die an vergleichbare Illustrationen aus Basel, Colmar oder Antwerpen nicht heranreichen, überraschen durch Ausdrucksstärke. Sie sind geprägt von plastischer Volkstümlichkeit, wie in Magdeburg und Erfurt, von reformatorischer Bekenntnisfreude, vor allem in Wittenberg, Straßburg und Augsburg, oder von reformatorischer Angriffslust, wie zum Beispiel in Nürnberg – und alle zeichnet eine besondere Innigkeit in den Passionsdarstellungen aus. (...)
(...) Form und Inhalte des Bildmaterials ... sind durch ein ausdruckbares Bildregister erschlossen, das dem Betrachter einen formalen und inhaltlichen Überblick sowie die Möglichkeit zu gezielter Suche und zum Vergleichen bietet. (...)
Zukunft:
An dem Bildregister hat aus eigenem wissenschaftlichen Interesse Dr. Wilhelm Velten mitgewirkt, sowohl Theologe als auch Kunsthistoriker und ehemals Leiter der Bibliothek des evangelischen Ministeriums im Evangelischen Augustinerkloster zu Erfurt. Für die Zukunft wäre es ein Gewinn, wenn sich ein Kenner der christlichen Ikonografie wie er der Untersuchung einzelner Bilder oder Bildserien widmen und die Ergebnisse hier mitteilen würde. Im Hinblick auf die 500-jährige Geschichte der Reformation wäre die künftige Erweiterung der Abbildungen auf 100% wünschenswert, entweder durch Zukauf einiger Drucke oder mit Hilfe auswärtiger Vorlagen. Daneben sind Untersuchungen zu den Eigentümern und Lesern vielversprechend, auch zu den anonymen unter ihnen, deren Schriftzüge bildlich erfaßt werden könnten. Einzelne Einbände sind ebenfalls näherer Untersuchung wert.
Der Katalog, der am Ende steht, könnte ein Anfang sein.
BCK - am Sonntag, 19. November 2006, 23:30 - Rubrik: Kulturgut
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