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Kulturgut

Nachdem die Presse Max Markgraf von Baden und seinen Sohn, den Generalbevollmächtigten Bernhard Markgraf von Baden aufgrund der skandalösen Verkaufspläne der Karlsruher Handschriften kräftig gerupft hat, sieht sie sich offensichtlich in der Pflicht, als Akt ausgleichender Gerechtigkeit auch die Speichellecker der Redaktion auszusenden, damit dem Prinzip "audiatur et altera pars" Genüge getan wird. Nachdem neulich bereits in der FAZ eine unkritische Salem-Castle-Story zu lesen war, erlaubt sich allerdevotest die Süddeutsche Zeitung (08.12.2006 S. 14) mit einem Artikel von Marcus Jauer der blaublütigen Familie auf den Leim zu gehen: "Führung als Beweisführung".

Berichtet wird - mit starkem "human touch" (Bernhard war in der Kindheit mit einem Bäckserssohn befreundet) - von einem Besuch in Salem.

Salem gehört zu den Besitzungen, die der Familie Anfang des 19. Jahrhunderts von Napoleon zugesprochen wurden, als Entschädigung für Gebiete links des Rheins, die sie an Frankreich abtreten musste. Es ist das einzige Schloss, das sie überhaupt noch besitzt.

Daran ist alles falsch. Nicht die Familie erhielt Salem, sondern der geistliche Staat Salem wurde dem Regenten als Landesoberhaupt im rechtlich extrem fragwürdigen Reichsdeputationshauptschluss zugesprochen. Aus eigener Machtvollkommenheit entzog der Regent den Staat Salem dem Staat und gab ihn seinen nachgeborenen Söhnen als Sekundogenitur-Fideikommiss. Das badische Volk musste viele Jahrzehnte für die Herrscherfamilie mehr Apanage zahlen, als recht und billig war, weil die reichen Salemer Einkünfte in den Apanageanspruch nicht eingerechnet wurden.

Natürlich gehören der Familie heute noch andere Schlösser:

https://www.schloss-zwingenberg.de/start.php
"Die sehr gut erhaltene Burganlage gehört wohl zu den beeindruckendsten Festungen im Neckartal und ist seit 1806 in Markgräflich Badischem Familienbesitz. Derzeit ist das Schloss von Prinz Ludwig von Baden und seiner Familie bewohnt."

https://www.badenpage.de/schloss-staufenberg/
"Das Schloss Staufenberg, im Privatbesitz der Markgrafen von Baden, liegt in der südlichen Ortenau, 7 km von Offenburg entfernt. Hoch über Durbach thront es als Wahrzeichen des bekannten Weinortes und ist Anziehungspunkt für Besucher aus aller Welt."

Richtig ist: In den letzten Jahren haben die Markgrafen traditionelle Familien-Schlösser verkauft (Neues Schloss Baden-Baden, Eberstein).

Jahrhundertelang hatte sich das Vermögen der Familie aus Wald und Wein gespeist.
Mit den Jahren waren Betriebe und Beteiligungen dazugekommen, vom Ladenausbau
bis zur Medizintechnik. Ihre Verwaltung überließ Max von Baden, der Vater
Bernhards, einem Generalbevollmächtigten. Das schien ihm sicherer. Offenbar
hatte dieser Mann in dem Sammelsurium zuletzt aber die Übersicht verloren. Als
die Familie einen neuen Manager einstellte, überschlug dieser erst einmal die
Schulden. Er kam auf 264 Millionen Mark. Das war nicht unerheblich, und ein
wenig peinlich war es auch.

Innerhalb weniger Monate entließ die Familie 1100 ihrer 1500 Angestellten,
verkaufte eine schlechtgehende Maschinenfabrik ebenso wie eine gutgehende für
Kunststoffgranulat und trennte sich von drei ihrer vier Schlösser, darunter auch
vom Neuen Schloss in Baden-Baden, dessen Einrichtung sie zum großen Teil bei
Sotheby"s versteigern ließ. Was blieb, waren der Wald, der Wein und Salem.

"Dass wir in eine Schieflage geraten sind, ist nichts Ehrloses", sagte Prinz Bernhard damals in einem Interview.


Das war schon 1995 zu lesen. Nach der viel kritisierten Versteigerung hiess es, nun sei das Haus Baden auf gutem Kurs. Wenn nunmehr in der Presse und von Politikern eine gravierende finanzielle Schieflage der Firma Markgrafen von Baden immer wieder ins Gespräch gebracht wurde und sich Gerüchte hartnäckig halten, die Schulden seien bei US- und kanadischen Banken aufgelaufen, dann wäre es journalistische Pflicht gewesen nachzuhaken und zu fragen, wieso unter der Verantwortung von Bernhard Markgraf von Baden seit 1995 die Misere nicht beseitigt werden konnte. Das Haus Württemberg hatte da erheblich mehr Fortune.

Die Ausgangsposition war nicht schlecht. Wert des Nachlasses von Berthold Markgraf von Baden (gest. 1963): 13 Mio. DM.

Wieso soll die Öffentlichkeit für Managementfehler oder finanzielle Spekulationen der Markgrafen bluten?

Drei Stunden führt Bernhard von Baden durch Salem. Er steigt in den Dachstuhl
des Münsters, läuft durch Wandelgänge und Innenhöfe, zeigt das Internat, die
Bibliothek, zeigt große und kleine Kabinette


Es ist nicht einzusehen, dass sich das Landesamt für Denkmalpflege kühl mit dem Zutritt zu den der Öffentlichkeit zugänglichen Räumen abgespeist werden durfte, aber ein Journalist durch die angeblich so privaten Wohnräume des Schlosses ohne weiteres geführt wird. Ein Betretungsrecht für Wohnräume steht der staatlichen Denkmalpflege nur bei Gefahr im Verzug zu. Magazinräume für Kunstwerke und eine Bibliothek sind aber keine privaten Wohnräume, die es um jeden Preis zu schützen gilt. Es ist unverständlich, dass die Denkmalpflege ihren gesetzlichen Inventarisierungsauftrag nicht wahrnehmen kann, weil der Markgraf Max von Baden (der wohl nur wenige Räume mit Familienangehörigen selbst bewohnt) behauptet, das ganze Schloss sei eine Privatwohnung. Dass der Bürger einen GEZ-Beauftragten nicht einlassen muss, ist hinreichend bekannt. Die Unverletzlichkeit der Wohnung ist ein hohes Verfassungsgut. Dass aber die Denkmalschützer draussen vor der Tür bleiben müssen, wenn es um hochrangige Kulturgüter geht, ist ein Skandal.

Natürlich hätte der Journalist auch fragen können, wie das denn mit den ehemaligen Bildern der Kunsthalle steht und mit der Nr. 87 und ob von Schloss Salem aus ein Kunst-Handelsgeschäft betrieben wird, denn in den vergangenen Jahren haben die Markgrafen immer Wieder Kulturgüter verkauft. Bester Kunde: das Land.

"Wir haben das 200 Jahre erhalten", sagt er, "ich kann es nicht mehr, und keiner kann mich dazu zwingen."

Im Grunde führt er einen mittelständischen Betrieb, der ein paar dutzend
Angestellte hat. Er ist einer der größten Winzer im Land, die Familie lebt gut
davon. Ein Bruder arbeitet im Betrieb, der Vater hat sich zurückgezogen, sie
wohnen noch im Schloss. Er ist mit seiner Frau und seinen drei Söhnen in ein
Forsthaus ganz in der Nähe gezogen. Da sitzt er nun abends und rechnet aus, wie
lange sie sich Salem noch leisten können. Nicht mehr lange.

"Aber ich wollte nicht betteln", sagt er, "ich wollte das selbst lösen."


Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass niemand durch den Denkmalschutz enteignet werden darf. Entsprechende Zuschüsse einzufordern und eventuell auch einzuklagen, ist das eine. Wertvollste Kulturgüter, die einem womöglich gar nicht gehören, aber zugunsten der Vetter im Kunsthandel (und insbesondere des dubiosen Grafen Douglas) durch Auktionen in alle Welt verstreuen zu lassen, das andere.

Im Vergleich, den Bernhard von Baden mit dem Land Baden-Württemberg ausgehandelt
hatte, hätte er auf alle Kunstgegenstände verzichtet. Aber dafür wollte er 70
Millionen Euro, mit denen er Kredite für Salem tilgen und eine Stiftung aufbauen
kann, in die er das Schloss einbringt und die es künftig erhält. Er hat gedacht,
er müsse dafür nur Ansprüche gegeneinander aufrechnen. Aber die Öffentlichkeit
hat es anders gesehen. Die Handschriften sollen nicht verkauft werden, irgendeine Lösung aber muss es geben.

"Ich kann nicht warten", sagt Bernhard von Baden, "ich muss es klären."

Wenn gelingt, was er will, wird er Salem verlieren, aber retten. Er wird es in die Stiftung einbringen, dann bleibt der Familie noch ihr Name, als Teil einer
Reihe, die andere fortsetzen. Er heißt "Bernhard Prinz und Markgraf von Baden,
Herzog von Zähringen", Das "und" und das Komma gehören dazu.


Das ist auch falsch. Der bürgerliche Name der Familie ist "Markgraf von Baden", weder Prinz noch Herzog von Zähringen sind offizieller Namensbestandteil. Es ist bedenklich, ehemals regierende Häuser noch als Königliche Hoheiten zu titulieren.

Wenn die BUNTE nicht investigativ den Adel ausspäht, wird man das akzeptieren müssen. Wenn aber eine ehemalige Fürstenfamilie mit Erpressungen und bewussten Lügen (Rechtsanspruch auf die Markgrafentafel) agiert, dann hat die Journaille das Recht und die Pflicht, nachzuhaken. Die SZ hat aber dem betreffenden Adelshaus aber nur alleruntertänigst die Füße geleckt.

Was Jürgen Walter (MdL, GRÜNE) mutmaßt, ist längst nachgewiesen:
https://archiv.twoday.net/stories/2835396/

1995 wurden zwei Werke aus der zur Zähringer Stiftung gehörenden Jüncke'schen Stiftung versteigert: ausgerechnet das Porträt des Stifters Jüncke selbst und ein weiteres Bild.

Ich habe anhand des gedruckten Katalogs der 100 Werke von Schall das Register des Sotheby's-Katalogs zum Gemälde-Teil überprüft und konnte keine weiteren "Versehen" feststellen.

Denkbar ist natürlich, dass Kunstwerke aus dem Kopf'schen Atelier unter den Hammer kamen. Es ist aber kein Inventar bekannt, anhand dessen man das überprüfen könnte.

KopfKopfsches Atelier im BLM

Ursprünglich wollte man eine Pietà Kopfs, die in der Schlosskapelle aufgestellt worden war, versteigern, überwies diese aber dann der Zähringer Stiftung bzw. dem Badischen Landesmuseum (siehe "Für Baden gerettet").

Festzuhalten ist: Das Haus Baden hat seine Sorgfaltspflichten als Besitzer von Vermögensbestandteilen der Zähringer Stiftung 1995 in grob fahrlässiger Weise verletzt. Es ist für den eingetretenen Schaden ersatzpflichtig.

Update: https://archiv.twoday.net/stories/3299134/

Staatsarchiv Freiburg C 25/3 Nr. 111

Die Laufzeit der dünnen Akte ist 1952, sie führt hinein in den Übergang vom Land Baden (Südbaden) zum vereinigten Bundesland Baden-Württemberg. Die weiteren Verhandlungen finden sich in den beiden Akten des Hauptstaatsarchivs Stuttgart, die sich derzeit im GLAK bzw. beim RP Karlsruhe befinden.

Am 27. Mai 1952 richtete Ludwig Schuhmann als Testamentsvollstrecker von Großherzogin Hilda an das Badische Innenministerium in Freiburg einen Antrag auf Errichtung der im Testament Großherzog Friedrichs II. vorgesehenen Stiftungen. Die dort genannten Sammlungen seien noch vollständig vorhanden. "Als Testamentsvollstrecker Jhrer Königlichen Hoheit der Großherzogin Hilda von Baden ist es meine Aufgabe, die Stiftung zu errichten und 2 Mitglieder des Verwaltungsrats zu ernennen". Er fügte einen Satzungsentwurf bei.

Gegen die Zuständigkeit von Schuhmann argumentierte ein Rechtsgutachten des Rechtsanwalts Camill Wurz vom 7. Juli 1952.

Laut einem Aktenvermerk von 1952 hielt man in Freiburg dieses Gutachten aber nicht für schlüssig. "Wenn ein Testamentsvollstrecker ernannt ist, ist der letzte Wille insoweit nicht vom Erben, sondern vom Testamentsvollstrecker zu erfüllen".

Da Markgraf Berthold Einwände bezüglich der §§ 5 und 6 der Satzung erhob, erklärte sich aber am 19. Juli 1952 Schuhmann mit der Abänderung der Satzung einverstanden. Am 4.9.1952 wurde festgehalten, Baron v. Stotzingen habe seinerzeit erklärt, bei Berücksichtigung der Wünsche des Markgrafen würde man von markgräflicher Seite gegen die Errichtung der Stiftung durch Schuhmann keine Einwände erheben.

Auch der Präsident des Landesbezirks Baden (Abwicklungsstelle) teilte die Ansicht bezüglich des Gutachtens von Wurz. Bei der Testamentsvorschrift handle es sich um eine Auflage nach § 1940 BGB.

Da der Testamentsvollstrecker des Großherzogs Präsident Engelberg bereits am 19. März 1933 verstorben war und die Ernennung eines Ersatzes nicht vorgesehen war, konnte in der Tat natürlich nur Schuhmann als Testamentsvollstrecker wirksam agieren.

Erst 1956 kam die staatliche Bestätigung der Stiftung zustande, nachdem sich der Markgraf und Schuhmann geeinigt hatten:
https://archiv.twoday.net/stories/3009018/ (nach den Stuttgarter Akten).

Da Markgraf Berthold die Errichtung der Stiftung durch Schuhmann akzeptierte, sind meines Erachtens alle erbrechtlichen Förmlichkeiten gewahrt worden. Das Stiftungsvermögen befand sich im Nachlass der Großherzogin, für den Schuhmann als Testamentsvollstrecker bestellt war. Eine formale Unwirksamkeit der Stiftungserrichtung durch Schuhmann ist nicht ersichtlich. Auch wenn man damals irrtümlich davon ausging, die Erstellung genauer Inventare innerhalb weniger Monate bewältigen zu können, so kann doch kein Zweifel daran bestehen, dass die Stiftung rechtswirksam ins Leben gerufen und mit einem gewissen klar umreissbaren Mindestvermögen (Sammlungen Wessenberg, Kopf, Jüncke, wohl auch Türkensammlung), hinsichtlich dessen das sachenrechtliche Bestimmtheitsgebot nicht verletzt ist, ausgestattet wurde.

Soweit die genannten Bestandteile der Zähringer Stiftung ganz oder in Resten erhalten sind, ist sie nach wie vor funktionsfähig. Da man sich immer einig war, dass die Klausel über die Veräußerung zu Erbschaftssteuerzwecken gegenstandslos geworden ist, sind die Stiftungsbestände - anders als das sonstige Inventar der betroffenen Sammlungen - UNVERÄUßERLICH. Die satzungsmäßig festgeschriebene zentrale Aufbewahrung z.B. im Landesmuseum kann auch gegen Forderungen Originale in anderen Museen in der Provinz zu zeigen in Stellung gebracht werden, was anmerkungsweise schon von Arthur von Schneider, Die Erwerbung des Mithrasdenkmals in Heidelberg-Neuenheim, ZGO 107 (1959), S. 507-510, hier 507 A. 9 angedeutet wurde. Wären die Reichenauer Handschriften tatsächlich Teil der Zähringer Stiftung, müsste man de jure nicht befürchten, dass Spitzenstücke in ein Klostermuseum auf der Reichenau abwandern (was in unanständiger Weise der zuständige CDU-Abgeordnete anregte).

Bei der Lektüre der Akten zum Gebaren der Familie mit dem Nachnamen "Markgraf von Baden" drängt sich der Eindruck auf, diese blaublütige Sippschaft sei nach 1918 vor allem auf ihren eigenen Vorteil gedacht gewesen. Ein ständiges Feilschen, um Vermögensvorteile einzuheimsen, durchzieht so gut wie alle einschlägigen Kontakte mit dem Land.

Die Akte des Regierungspräsidiums Freiburg Staatsarchiv Freiburg F 30/2 Nr. 1087 behandelt das Zähringer Museum Baden-Baden (Laufzeit 1957-1962). 1956 musste das heutige Wehrgeschichtliche Museum in Rastatt seine Unterbringung im Neuen Schloss von Baden-Baden räumen. Damit endete ein vom Markgrafenhaus und dem Land gemeinsam betriebenes Museumsprojekt. 1960 eröffnete im Neuen Schloss das markgräfliche Zähringer Museum, zunächst geleitet von Wend Graf Kalnein (seit 1954 markgräflicher Hauptkonservator, so BZ 13.7.1961, abweichend: https://www.buch24.de/8-503353-1.html), der aber schon 1961 Baden-Baden den Rücken kehrte. Zeitungsberichte zum Zähringer Museum erschienen in der Badischen Zeitung 15.8.1960, 13.7.1961 und in der Stuttgarter Zeitung vom 13.8.1960 und 25.5.1962.

Markgraf Berthold meinte Ansprüche aus dem gemeinsamen Betrieb des Historischen Museums zu haben und drängte auf Staats-Zuschüsse für das geplante Museum. In der Tat bewilligte man ihm am 11.12.1958 5000 DM aus Werbefunkmitteln für die Neuordnung der Bücherei, 5000 für den Aufbau des Museums und 10.000 für denkmalpflegerische Maßnahmen am Neuen Schloss.

Den 5000 DM Zuschuss für den Aufbau der "Zähringer Bücherei" bzw. den Wiederaufbau der Grossherzoglichen Bibliothek standen laut Verwendungsnachweis vom 13. Juni 1960 nur 6000 DM Eigenmittel gegenüber. Es wurden damit - den Angaben des Verwendungsnachweises zufolge, der nicht kontrolliert werden kann - vor allem Bücherregale angeschafft.

Irgendeinen bekanntgewordenen Nutzen hatte das Land oder die Öffentlichkeit von diesem Zuschuss nicht, denn eine öffentlich zugängliche Zähringer Bücherei hat es offenbar nie gegeben. Irgendwelche Auflagen wurden bei dem Zuschuss nicht gemacht.

DuerrOriginal-Aquarell von Wilhelm Dürr aus einer Hebel-Ausgabe (1856) der Schlossbibliothek Baden-Baden

Den Erwerb der betreffenden Bibliothek 1995 haben Ehrle und Schlechter beschrieben:
https://www.ub.uni-freiburg.de/eucor/infos/7-1995/06.html

Nachdem ursprünglich vorgesehen war, die ca. 35.000 Titel umfassende wertvolle Bibliothek, die manche Schätze enthielt, im Zuge der großen Baden-Badener Sotheby's Versteigerung von 1995 zu verscherbeln, konnte das Land Baden-Württemberg die extrem schlecht untergebrachten Buchbestände (ein nicht geringer Teil war schimmelgeschädigt!) für 2,5 Mio. DM nahezu geschlossen erwerben. Ein kleiner Teil der Bibliothek sowie familienhistorisch relevante Dinge (Familienchronik, Bibel mit Widmung) blieben bei der Familie.

Es heisst in dem Artikel: "Die Existenz einer größeren Bibliothek in Baden-Baden war der BLB bis zum April 1995 nicht bekannt."

Was die Käufer wohl gedacht hätten, hätten sie gewusst, dass einige Jahrzehnte das Haus Baden für genau diese Bibliothek 5000 DM Fördermittel des Werbefunks (1959 keine gar so kleine Summe) eingestrichen hatte.

Die Pressekonferenz der Grünen zur Rolle der Zähringer-Stiftung am 5.12. in Stuttgart hat ein starkes Presseecho gefunden.

F.A.Z., 06.12.06, Nr. 284, Feuilleton, S. 37
Eingetragen. Die Schätze der Zähringer: Was gehört der Stiftung? / Von Rüdiger Soldt

(...) Für die Grünen im baden-württembergischen Landtag ist die Zähringer Stiftung der Schlüssel zur Klärung der zwischen der Landesregierung und dem ehemaligen markgräflichen Herrscherhaus Baden umstrittenen Eigentumsfragen. Als die Regierung Oettinger ihren Plan lancierte, Karlsruher Handschriften zum Verkauf an die Markgrafenfamilie herauszugeben, um der Familie die Sanierung von Schloß Salem zu ermöglichen, hatte sie wissen lassen, es sei heute nicht mehr feststellbar, ob tatsächlich Kunstschätze des Hauses Baden rechtswirksam in die Stiftung übertragen worden seien. Das entsprach der Strategie der Regierung, alle juristischen Fragen in diesem Zusammenhang als so kompliziert hinzustellen, daß ein Vergleich den einzigen Ausweg zu weisen schien.

Als vorauseilende Räumung von Besitz- und Rechtspositionen des Staates ist diese Haltung einhelliger öffentlicher Kritik verfallen. Es erwies sich, daß etwa das Eigentum am Säkularisationsgut sich durchaus nicht der Feststellbarkeit entziehen muß. Die Dynamik der Debatte hat nun auch die Zähringer Stiftung erfaßt. Jürgen Walter, kulturpolitischer Sprecher der Grünen im Landtag, stellt nach Aktenstudien im Landesarchiv in Karlsruhe die Grundfrage jetzt neu: "Es steht nicht zur Diskussion, ob die Kunstschätze dem Haus Baden oder dem Land Baden-Württemberg gehören, sondern zu klären ist, ob sie Eigentum der Zähringer Stiftung oder des Landes sind."

Auch die Landesregierung habe früher die Auffassung vertreten, daß strittig bestenfalls sei, "ob das Land oder die Zähringer Stiftung als eingetragene Stiftung öffentlichen Rechts Eigentum erworben hat", heißt es in einem Antrag der Grünen. Es gebe in den Akten zahlreiche Hinweise dafür, daß die Kunstschätze in die Stiftung übertragen worden seien, wie dies zur Erfüllung des Stiftungszwecks anzunehmen ist. Die Landesregierung habe nicht hinreichend Auskunft darüber gegeben, warum Ministerpräsident Oettinger im Parlament gesagt habe, es handle sich eindeutig um das Eigentum des Hauses Baden. Die Grünen belegen die ordnungsgemäße Arbeit der Stiftung mit zahlreichen Aktenfunden: So schrieb Berthold Markgraf von Baden im Dezember 1955 an den damaligen Kultusminister: "Eine Verbringung dieser Sammlungen oder von Teilen derselben nach einem anderen Ort ist nur in besonderen Fällen und für begrenzte Zeit mit Genehmigung des Verwaltungsrates gestattet. Vor einer Verlegung von Bibliotheksbeständen ist der Direktor der badischen Landesbibliothek zu hören." Das heißt: Berthold Markgraf von Baden war offenbar selbst der Überzeugung, in der Stiftung Kunstschätze zu verwalten. Sonst gäbe es allerdings auch nichts zu verwalten für den Verwaltungsrat.

Auch im Sitzungsprotokoll der "Eröffnungssitzung des Vorstandes" vom April 1957 heißt es: "Die Zähringer Stiftung ist der Rest der Kunstsammlungen der badischen Markgrafen und Großherzöge, der in jahrhundertelanger Arbeit zusammengetragen worden ist. (. . .) Mit der Türkenbeute, der Waffensammlung, der Vasensammlung, dem Münzkabinett und den Beständen der früheren vereinigten Sammlungen ist nun auch der Rest dieses großen Kunstkomplexes dem Zähringer Haus verloren gegangen." In den sechziger Jahren waren die veränderten Rechtsverhältnisse Gegenstand eines Schriftwechsels zwischen Stiftung und Kultusministerium, weil es Unklarheiten über Ausleihen gab.

Kritik üben die Grünen auch an der Zusammensetzung des Verwaltungsrates der Stiftung, dem seit 2002 der Kunsthändler Graf Douglas angehört, der Mitte der neunziger Jahre Eigentum des Hauses Baden versteigert habe. Zum Verwaltungsrat gehören außerdem Bernhard von Baden und der Direktor des Badischen Landesmuseums, Harald Siebenmorgen. Graf Douglas sei zumindest mit Billigung der Landesregierung im Stiftungsrat gewesen. Vielleicht, so eine Vermutung der Grünen, sei bei der Versteigerung der Kunstschätze 1995 auch Eigentum der Zähringer Stiftung verkauft worden.

Nach Auffassung der Landesregierung ist eine rechtswirksame Übertragung der Kunstgegenstände in die Stiftung unsicher, weil Paragraph 929 des BGB die Vereinbarung eines "Besitzkonstitutes oder die Abtretung der entsprechenden Herausgeberansprüche an die Zähringer Stiftung" erfordert, wie es einer Antwort von Wissenschaftsminister Frankenberg (CDU) auf eine parlamentarische Anfrage heißt. Ob es Dokumente gibt, die im Sinne des BGB eine ausreichende Willenserklärung zur Übertragung des Eigentums sind, müssen Juristen in der von der Landesregierung eingesetzten Arbeitsgruppe klären. Sollte der Beweis gelingen, daß die Zähringer Stiftung tatsächlich Eigentümerin der Wessenbergischen Gemäldesammlung oder eben der Türkenbeute ist, dann käme ein Vergleich mit dem Haus Baden wohl nicht mehr in Frage. RÜDIGER SOLDT

Reutlinger Generalanzeiger, 06.12.06:

Kulturgüter - Opposition sieht genügend Beweise zur Klärung von Eigentumsfragen. Fragwürdige Auktion 1995
Grüne lehnen Handschriften-Ausschuss ab / von Stephanie Danner.

(...) »Was als Antrag vorliegt, ist allenfalls eine große Anfrage«, sagte Walter. »Er lässt die Schlüsselfrage nach der Zähringerstiftung außen vor.«
Die Grünen haben sich in den vergangenen Wochen ausführlich mit der Rolle dieser Stiftung befasst und sind zum Ergebnis gekommen, dass die Eigentumsverhältnisse an vielen Kunstgegenständen eindeutig geklärt sind. Walter führte als Beweis unter anderen das Testament des Großherzogs Friedrich von Baden an. Dieser vermachte beispielsweise die Türkensammlung, das Münzkabinett sowie die Wessenberg'sche Gemäldesammlung seiner Frau mit der Auflage, nach deren Tod eine Stiftung zu gründen. Diese Stiftung sollte die Kunstgegenstände der Öffentlichkeit zugänglich machen. Die Aktenlage beweise eindeutig, dass die Zähringerstiftung seit 1956 existiert und öffentlich-rechtlich ist, betonte Walter. Somit gehörten die Kunstgegenstände dem Land. Außerdem sei in verschiedenen Schreiben »eindeutig betont«, dass die Gegenstände gesichert seien. Ein Armutszeugnis sei es, dass Ministerpräsident Günther Oettinger (CDU) behaupte, in den vergangenen zwei Jahren habe eine gründliche Rechtsprüfung stattgefunden. Schließlich habe die Regierung nicht einmal ihre eigenen Akten durchgearbeitet. »Oder man wollte das Geschäft einfach so durchziehen«, vermutete Walter. Nun müsse geklärt werden, wer die politische Verantwortung für dieses Handeln trage.

Als fragwürdig bezeichnete der Kulturpolitiker die Zusammensetzung des Stiftungsrates, in dem laut Satzung ein Regierungsvertreter sitzen soll. Seit 2002 sei dies Christoph Graf Douglas, ein Verwandter des Hauses Baden. So habe sich die Landesregierung den Einblick in die Arbeit der Stiftung verbaut. Die Grünen wollen auch klären lassen, ob bei einer Auktion 1995 bereits Dinge verkauft wurden, die eindeutig der Stiftung gehört hatten. Diese Fragen umfasse der SPD-Antrag nicht. »Es ist leichtfertig, die schärfste Waffe des Parlaments so früh zu ergreifen.« Zunächst solle die vom Wissenschaftsministerium eingesetzte Arbeitsgruppe strittige Fragen klären. Der Landtag stimmt heute über die Einsetzung des Ausschusses ab. (GEA)

vgl. auch
Welche Rolle spielt Graf Douglas?
Grüne legen im Kulturstreit Fragenkatalog vor / SPD beantragt heute Ausschuss. / Wolfgang Voigt, Badische Neueste Nachrichten, 6.12.2006 (via BLB).

Zum Antrag der Fraktion GRÜNE vom 05.12.2006
Stiftungsaufsichtsrechtliche Maßnahmen
und Zusammenarbeit der Landesregierung mit der Zähringer-Stiftung

vgl. https://archiv.twoday.net/stories/3026530/

(swr und eigener Bericht)

CDU stellt Antrag gegen Untersuchungsauschuss

Der von der SPD-Fraktion beantragte Untersuchungsausschuss über den Eigentumsstreit um die badischen Kunstschätze ist wider Erwarten nicht eingesetzt worden. Die CDU-Fraktion erwirkte im Landtag mit einem Antrag eine Überweisung an den Ständigen Ausschuss. Begründung: Es gebe noch gar kein Regierungshandeln, das untersucht werden könnte. Deshalb bestünden Zweifel an der Zulässigkeit des Gremiums.

Für den Antrag stimmte neben der CDU auch der Koalitionspartner FDP. Dagegen votierten neben der SPD die Grünen. Der ständige Ausschuss soll sich in den nächsten Tagen mit der Angelegenheit befassen, sodass es bis zur nochmaligen Beratung über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses im Landtag maximal eine Woche Verzögerung geben könne, falls der Antrag für zulässig erklärt wird.

Update 15:00
Landtag BW, Pressemitteilung 083/2006 06.12.2006

Klarstellung des Landtagspräsidenten zu den Äußerungen von Ute Vogt im Plenum in Sachen Untersuchungsausschuss

Stuttgart. Landtagspräsident Peter Straub legt Wert auf die Feststellung, dass entgegen der von der SPD-Fraktionsvorsitzenden Ute Vogt am Mittwoch, 6. Dezember 2006, in der Plenarsitzung getroffenen Behauptung, die Landtagsverwaltung habe sich zur Zulässigkeit des Einsetzungsantrags der SPD positiv geäußert, keine gutachtliche Stellungnahme der Landtagsverwaltung vorliegt. Die Tatsache, dass der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses „Erwerb von badischen Kulturgütern“ heute unter Tagesordnungspunkt 4 aufgerufen wurde, beruht laut Straub auf gesetzlichen und geschäftsordnungsrechtlichen Vorschriften. Danach ist ein Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ein „gebotener“ Dringlicher Antrag, der auf die Tagesordnung der nächsten Plenarsitzung zwingend gesetzt werden muss. Der Präsident des Landtags hat insoweit kein Ermessen.

(ddp) F.A.Z., 24.11.2006, Nr. 274, S. 37 (Feuilleton)
"Entstaatlichung". Verfassungsrichter rügt Oettinger.

Bundesverfassungsrichter Herbert Landau hat die baden-württembergische Landesregierung im Streit um die vom vormals regierenden badischen Fürstenhaus beanspruchten Kulturgüter kritisiert. Eine Vermögensprivatisierung werde dann politisch brisant, wenn der Staat "nicht bemerkt, daß sie der Sache nach eine Entstaatlichung bedeutet", sagte Landau, der Mitglied der CDU ist und vor seiner Wahl zum Mitglied des Zweiten Senats von 1999 bis 2005 als Staatssekretär im hessischen Justizministerium amtierte, gestern im baden-württembergischen Triberg. Nachdem die baden-württembergische Regierung unter öffentlichem Druck von ihrem Plan Abstand genommen hatte, zur Abgeltung von Ansprüchen der Markgrafenfamilie Handschriften aus der Badischen Landesbibliothek in Karlsruhe zu verkaufen, hatte Ministerpräsident Oettinger sich die Veräußerung von Museumsbeständen im Dienste der Profilbildung der staatlichen Sammlungen ausdrücklich vorbehalten. Landau nannte nun die Aufbewahrung historischer Schriftstücke eine Staatsaufgabe. Wenn Museumsbestände ohne Sicherstellung ihrer weiteren Zugänglichkeit für die Allgemeinheit verkauft würden, verletze der Staat seine ureigene Pflicht der Bewahrung und Erschließung dieses Bestandes.

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Über 50 hochkarätige Juristen aus ganz Deutschland trafen sich am 23.-24.11.2006 zum 27. Triberger Symposium des Justizministeriums Baden-Württemberg. Justizminister Professor Ulrich Goll hielt das einführende Referat zum Thema: "Wieviel Staat braucht das Land". Bundesverfassungsrichter Professor Herbert Landau sprach im Anschluss daran in einem eigenen Vortrag die durch das Grundgesetz gesetzten Grenzen der Privatisierung an.

Antrag
Fraktion GRÜNE vom 05.12.2006 Drs 14/669
Stiftungsaufsichtsrechtliche Maßnahmen
und Zusammenarbeit der Landesregierung mit der Zähringer-Stiftung


Der Landtag wolle beschließen,
die Landesregierung zu ersuchen,

I. zu berichten:

1. Inwieweit war das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst seit dem Jahr 2003 (einschl.) in Maßnahmen der Stiftungsaufsicht in Bezug auf die Zähringer-Stiftung einbezogen?

2. Inwieweit war das Staatsministerium seit dem Jahr 2003 in Maßnahmen der Stiftungsaufsicht in Bezug auf die Zähringer-Stiftung einbezogen?

3. Trifft es zu, dass es in Bezug auf ein geplantes Satzungsänderungsverfahren Ende 2004 oder Anfang 2005 eine Besprechung mit Prinz Bernhard im Staatsministerium gegeben hat? Wenn ja, wann? Wer hat ggf. an dieser Besprechung teilgenommen? Welche Punkte wurden mit welchem Ergebnis besprochen?

4. Wann und mit welchem Schreiben und mit welcher Begründung hat das Haus Baden zum ersten Mal nicht für die Zähringer-Stiftung, sondern für die Erben des Großherzogs Friedrich II von Baden eine Eigentümerstellung in Bezug auf Kunstgegenstände reklamiert, die lt. § 2 der Satzung der Zähringer-Stiftung als Stiftungsgut eingebracht waren (vgl. Drs. 14/507 mit Hinweis auf ein Schreiben vom Juni 2002)?

5. Wie interpretiert die Landesregierung das Protokoll der Verwaltungsratssitzung der Zähringer-Stiftung vom 7.10.2004, in dem unter Ziffer 2 festgehalten wird, dass nach den Erkenntnissen von Prof. Dr. Dolzer die Zähringer-Stiftung „ohne Inhalt“ sein soll und welche Maßnahmen zur Klärung dieser Rechtsfrage wurden seitdem seitens der Stiftungsaufsicht unternommen?

6. In welcher Fassung gilt derzeit die Satzung der Zähringer-Stiftung, nach dem das Satzungsänderungsverfahren im Jahr 2005 auf Weisung des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst für ruhend erklärt wurde?

7. Welche konkreten Befürchtungen veranlassten Herrn Minister a. D. Prof. Engler die zwischen der Zähringer-Stiftung und dem Land umstrittenen eigentumsrechtlichen Fragen offen zu lassen und dem auf Klärung drängenden Rechnungshof mitteilen zu lassen: „Eine weitere Klärung von Eigentumsfragen kann deshalb auf sich beruhen und sollte dies bis auf weiteres auch, weil sonst gravierende Belastungen des Verhältnisses zur Zähringer-Stiftung und zum Hause Baden unvermeidlich wären, was nicht im kulturpolitischen Interesse des Landes läge.“?

8. Teilt die Landesregierung die Auffassung, dass das Mitglied des Verwaltungsrates der Zähringer-Stiftung, das nach § 5 der Satzung als Vertreter der Landesregierung bestimmt wird, die kulturpolitischen und sonstigen Interessen des Landes vertreten soll, und welche diesbezüglichen Absprachen oder Vereinbarungen wurden getroffen, als der Auktionator Dr. Christoph Graf Douglas mit Zustimmung von Herrn Minister Prof. Frankenberg im Juni 2002 als Vertreter der Landesregierung in den Verwaltungsrat berufen wurde?

9. Trifft es zu, dass bei der internationalen Auktion durch die Firma Sotheby`s im Jahr 1995 keine Gegenstände versteigert wurden, die zum Stiftungsgut der Zähringer-Stiftung gehörten, und wie, wann und durch wen wurde dies überprüft?

10. Trifft es zu, dass im Rahmen der Übereinkunft der Landesregierung mit dem Haus Baden für den Fall des geplanten Erwerbs von Kunstgegenständen eine Provision vorgesehen war für Graf Douglas, der als Vertreter des Landes Mitglied im Verwaltungsrat der Zähringer-Stiftung ist, und sollte dieser Provisionsanspruch ggf. auch bestehen, wenn Gegenstände der Zähringer- Stiftung erworben werden sollten?

II. dem Landtag Akteneinsicht zu gewähren in die Akten des Staatsministeriums zur Zähringer-Stiftung.

III. dem Landtag eine Aufstellung der bei der Auktion der Firma Sotheby´s im Jahre 1995 versteigerten badischen Kulturgüter vorzulegen und den Auftrag der eingesetzten Expertengruppe dahingehend zu erweitern, dass auch geprüft wird, ob Stücke aus dem Eigentum der Zähringer-Stiftung unter dem Auktionsgut waren und inwieweit diese verkauft wurden.

Stuttgart, den 5.12.2006
Kretschmann, Walter und Fraktion

Begründung :

Die Beantwortung des Antrags der Fraktion GRÜNE, Drs. 14/507 lässt nicht erkennen, wie und wann der Sinneswandel erfolgte, die Herrn Ministerpräsident Oettinger zu der Aussage veranlassten, Kunstgegenstände, die als Stiftungsgut in die Zähringer-Stiftung eingebracht wurden, gehörten dem „Haus Baden“, d.h. nicht der Stiftung, sondern den Erben Großherzogs Friedrich II. von Baden.

Nach Akteneinsicht in die Akten der Stiftungsaufsicht (mit Ausnahme der noch nicht gesichteten Akten des Staatsministeriums) steht für die Fraktion GRÜNE fest, dass die streitigen eigentumsrechtlichen Fragen und die Schwierigkeiten der Inventarisierung der konkreten Stücke, die zum Stiftungsgut der Zähringer-Stiftung gehören, immer nur die zwei Alternativen betrafen, ob das Land oder die Zähringer-Stiftung als eingetragene Stiftung des öffentlichen Rechts Eigentum erworben hat.
Diese Rechtsauffassung hat auch bisher die Landesregierung vertreten.

Wenn sie in der Antwort zum Antrag 14/507 darauf hinweist, dass es sich dabei um eine strittige Rechtsposition handelt, so betrifft der Streit nach Aktenlage immer nur die beiden oben genannten Alternativen in Bezug auf die Eigentümerstellung.

Die Landesregierung ist daher nach wie vor eine Antwort auf die Frage schuldig, wann seitens des Hauses Baden zum ersten Mal Eigentum zu Lasten der Stiftung und zugunsten der Erben Friedrichs II. reklamiert wurde und wie sie den von Prof. Dolzer konstruierten Einwand bewertet, die Zähringer-Stiftung sei mangels (inventarisierten?) Stiftungsguts möglicherweise nicht wirksam zu Stande gekommen.

Nach Aktenlage ist die Rolle des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst und des Staatsministeriums weiter aufklärungsbedürftig, insbesondere in Bezug auf die Entsendung des Auktionators Dr. Graf Douglas und in Bezug auf die Vorbereitung des geplanten Erwerbs von Kunstgegenständen.

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Vgl. hierzu auch die aktuelle dpa/lsw Meldung
https://www.stuttgarter-nachrichten.de/stn/page/detail.php/1309231

AUDIO: Neues zum Handschriftenverkauf (Ausschnitte aus der Presseerklärung von Jürgen Walter GRÜNE und Fraktion vor der Landespressekonferenz in Stuttgart vom 05.12.2006, 10h), DLF, 05.12.2006 14:18 ("Deutschland heute", Autor: Uschi Götz)
https://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2006/12/05/dlf_200612051418.mp3
(Die Landesregierung hat übrigens dementiert, dass Graf Douglas 2002 als Vertreter der Landesregierung in den Verwaltungsrat der Zähringer-Stiftung berufen worden sei.)

Die SPD (Pressemitteilung vom 05.12.2006, auch als pdf) äußert hingegen weiter "Unverständnis über (die) Untersuchungsausschuss-Verweigerung der Grünen". Arbeitsgruppen, wie von den Grünen vorgeschlagen, könnten einen Untersuchungsausschuss nie und nimmer ersetzen, da nur dort die Zeugen wie vor Gericht unter Wahrheitspflicht stünden, sagt der designierte Obmann der SPD im Untersuchungsausschuss, Nils Schmid.

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Update 8.1.2007: Stellungnahme des MWK vom 2.1.2007 unter
https://archiv.twoday.net/stories/3159358/

Kleine Anfrage
Dieter Kleinmann FDP/DVP
Drs 14/655 30.11.2006

Klöster in Baden-Württemberg
(...)
8) Ist davon auszugehen, dass bei einem Rückzug von Ordensgemeinschaften aus Baden-Württemberg Kulturgüter das Land und den Bund verlassen, weil sie verkauft werden oder weil sie im Sinne einer traditionellen Weiterführung der Gemeinschaften im Ausland dorthin verbracht werden?

9) Sind die Kulturgüter in klösterlichem Eigentum erfasst (im Bedarfsfall im „Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes“) und wie können kulturell wertvolle Klosterkomplexe inklusive ihres Kulturgutes auch für zukünftige Generationen in Baden-Württemberg erhalten bleiben?

Stuttgart, den 27. November 2006

Badische Neueste Nachrichten, 5.12.2006 (Faksimile bei der BLB)
Ein Mantel ohne Inhalt im Brennpunkt des Interesses
Der Direktor des Badischen Landesmuseums äußert sich zum Kulturgüterstreit und zur Zähringer-Stiftung. / Michael Hübl

Im Streit um den geplanten Ausverkauf von Kulturgütern zu Gunsten der Familie von Baden ist neuerdings die Zähringer-Stiftung in den Brennpunkt des Interesses gerückt. (...) Zu den drei Mitgliedern des Stiftungsrates gehört neben Bernhard von Baden und dem Grafen Douglas der Direktor des Badischen Landesmuseums, Harald Siebenmorgen. Befragt, wo für ihn die Bedeutung der Zähringer- Stiftung liege, verweist der engagierte Kunsthistoriker zunächst auf deren Geschichte: "Die Zähringer-Stiftung ist aufgrund des Testaments von Friedrich II. eingerichtet worden, der verfügt hat, dass eine Reihe von Sammlungskomplexen, die er als sein Eigentum bezeichnet hat, nach dem Tod seiner Gattin in das Eigentum einer Stiftung übergehen soll. Bis dahin sollte die Familie nur in einer Notlage Teile der Sammlungen verkaufen dürfen. "1930 war durch die Folgen der Inflation eine solche Notlage entstanden, und man hat sich an das Land Baden gewandt", referiert Siebenmorgen und fügt hinzu: "Daraufhin hat das Land etwas sehr Sinnvolles getan. Es hat gesagt: Wenn Ihr Geld wollt, müsst Ihr etwas hergeben." Das Ergebnis war der noch im gleichen Jahr vereinbarte Vertrag. Damals erwarb das Land Baden für vier Millionen Reichsmark (zuzüglich Zinsen) rund 450 Kunstobjekte, die bis dato als Privateigentum des letzten Großherzogs gegolten hatten.
(...) Nach der Revolution von 1918 (...) habe man dem Großherzog immerhin einen Bestand von rund 20000 Objekten, zu denen allerdings auch zahlreiche Münzen und Medaillen gehörten, als "freies Eigentum" zugestanden. Siebenmorgen ist in diesem Punkt überzeugt: "Dadurch, dass der badische Staat 1930 bereit war, Gemälde von der großherzoglichen Familie zu kaufen, hat er den Eigentumsanspruch anerkannt."

[Zur Strittigkeit der Inhalte der Bestandteile der Zähringer-Stiftung nach ihrer Errichtung 1954:] "Man hat sich in den 50er Jahren durchaus strittig darüber unterhalten, was in dem Komplex hofeigenen Staatsbesitz und was Privatbesitz darstellt", betont der Direktor des Landesmuseums und macht darauf aufmerksam, dass in dieser Zeit seitens seines Hauses umfangreiche Recherchen hinsichtlich der Herkunft strittiger Stücke angestellt worden seien. In diesem Zusammenhang sei vom zuständigen Ministerium in Stuttgart Weisung ergangen, im Zweifelsfalle die Stücke vorerst als Eigentum des ehemaligen Herrscherhauses zu betrachten.

(...) Zudem habe sich nach 1945 einiges Sammlungsgut "selbständig" gemacht; so seien etwa 200 Waffen, die in einem von den Nationalsozialisten eingerichteten militärgeschichtlichen Museum im ehemaligen Marstall des Karlsruher Schlosses untergebracht waren, nach Salem gelangt und dort einfach einbehalten worden.

[Zur Expertenkommission der Landesregierung:] Trotz dieser Ansammlung von Sachverstand meint Siebenmorgen: "Das kriegen wir alles nicht gelöst."

Zumal das entscheidende Problem offenbar doch bei der Zähringer-Stiftung liegt. So heißt es in einer Stellungnahme des baden-württembergischen Fianzministeriums zu einer Anfrage der SPD-Fraktion im Landtag: "Die zwischen 1918 und 2003 vorgelegten Gutachten zur Frage der eigentumsrechtlichen Zuordnung der streitigen Sammlungen kommen zu unterschiedlichen Ergebnissen." Diese wollte Bernhard von Baden in einer Zusammenschau gegenüberstellen lassen. Auf diese Weise kam das sogenannte Dolzer-Gutachten zustande, wobei, so Siebenmorgen, "Rudolf Dolzer feststellte, dass die Zähringer-Stiftung nicht rechtskräftig zustande gekommen ist. Sie ist ein Mantel ohne Inhalt, denn es fehlt ein Verzeichnis mit dem Stiftungsgut. Wenn ihr aber kein Stiftungsgut unterlegt ist, dann ist sie nicht arbeitsfähig."

Siebenmorgen plädiert dafür, die Einrichtung einer solchen Stiftung nachzuholen, zumal sich seiner Ansicht nach die entscheidenden Differenzen nicht in einer grundsätzlichen Weise lösen lassen. Befragt, ob es denn nicht intelligentere Lösungen gebe, als durch Spendensammlung und Einsparungen im Kulturbereich Geld für einen Ausgleich mit der Familie von Baden zusammenzubringen, gibt er allerdings nur eine Antwort als Privatperson: Auf Schloss Salem gebe es noch eine Menge Kulturgüter, die dem Haus Baden gehören und die zum Verkauf gebracht werden könnten, darunter der sogenannte Feldschreibtisch des Türkenlouis, eine kostbare Taufschale aus dem 16. Jahrhundert und die Fidelitas-Pokale, die kurzfristig auch schon einmal im Badischen Landesmuseum zu sehen waren. Ein Gutes hat der Streit um die badischen Kulturgüter für Siebenmorgen immerhin bereits erbracht: "Er hat gezeigt, wie wichtig die Kultur innerhalb der gesellschaftlichen Diskussion ist und wie ernst sie genommen wird."

 

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