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Kulturgut

s. https://www.hr-online.de/website/rubriken/kultur/index.jsp?rubrik=5986&key=standard_document_33923870

Nachtrag 05.03.2008:
FR-Artikel

s. Link

https://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/4568/

Auch dieser Aufsatz zu den Karlsruher Säkularisationsbeständen, die das Haus Baden zu Unrecht beansprucht, ist online.

Hs. aus St. Peter

Insgesamt sind derzeit 13 Aufsätze von Heinzer online.

Heute war im Schwäbischen Tagblatt zu lesen unter der Rubrik 'Stuttgarter Szene', dass am vergangenen Montagabend in einer Sitzung des Landeskabinetts das von Herrn Frankenberg mitgebrachte Hausbuch-Faksimile herumgereicht wurde mit folgendem Kommentar: "Am besten gefiel, wie zu hören war, dass genau zu sehen ist, welche Seiten besonders abgegriffen sind: jene mit den einschlägig erotischen Darstellungen" ...


https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Waldburg_%28Adelsfamilie%29

Schloss Wolfegg

Wulf Rüskamp hat in der Badischen Zeitung vom 28.2.2008 einen ausgezeichneten Kommentar geschrieben, der genau das verlangt, was wir hier wiederholt gefordert haben: ein Gesamtkonzept für den adeligen Kunstbesitz in Baden-Württemberg (Hervorhebung: Archivalia).

Binnen kurzer Zeit ist die Landesregierung gleich zweimal beim Thema
Kunst und Kulturgut aus tatsächlichem oder vermeintlichem Adelsbesitz
vorgeführt worden. Die beiden Fälle --- Haus Baden und Haus
Waldburg-Wolfegg --- mögen im Detail nicht vergleichbar sein. Doch im
Grundsätzlichen zeigen sie, wie wenig man sich in den Stuttgarter
Ministerien auf den Ausverkauf der adeligen Familien eingestellt hat.
Schlimmer noch: Wie hier mit historischen Kulturgütern ersten Ranges
umgegangen wird, ist Ausdruck von Unkenntnis und Desinteresse bei den
Ministerialbeamten --- und Kabinettsmitgliedern.

Darum hat man, ohne weiteres Aktenstudium, den sogenannten Baden-Deal
vorgeschlagen, der die klösterlichen Handschriften aus dem Bestand der
Karlsruher Landesbibliothek preisgeben sollte. Deshalb schrillten in der
Ministerialbürokratie auch nicht die Alarmglocken, als die Familie
Waldburg-Wolfegg 2006 erstmals das 330 Jahre lang von ihr gehütete
mittelalterliche Hausbuch anbot. Handlungsbedarf sah da niemand, man
ließ es treiben.

Darin steckt auch eine groteske Unterschätzung der Bedeutung, die der
Kunsthandel in Gestalt des Grafen Douglas in Adelskreisen hat. Dieser
Mann hat bei Sotheby's gelernt, dass man Kunst und Käufer aktiv
zusammenbringen muss, um gute Geschäfte zu machen. Den klammen
Adelsfamilien kann er dadurch finanziell attraktive Angebote
unterbreiten, denen sie kaum widerstehen können --- und die ihm fette
Provisionen einbringen. Wenn von Ministerpräsident Oettinger der Satz
überliefert wird, Graf Douglas wolle ihm alle paar Jahre
Kunstgegenstände vom Hochadel andrehen, so mag das arrogant klingen;
aber mehr noch ist es ein Zeugnis, dass Oettinger um den Wert des
Hausbuchs ebenso wenig weiß wie von dem der Klosterhandschriften. Und
zwar vom Wert für Baden-Württemberg und dessen Geschichte.

Verharrt das Land in seiner heutigen Passivität, dann lässt sich
voraussagen, dass es bald weitere Hausbuch- oder Baden-Deal-Affären
geben wird. Darum ist nur zu hoffen, dass das Land aus diesen Vorgängen endlich lernt und eine Strategie entwickelt, wie es auf den weiteren Ausverkauf des Adels reagieren soll. Dazu bedarf es keines Grafen
Douglas, sondern einer vorausschauenden Kunstbehörde, die sich um Kulturgüter wirklich sorgt. Und die geräuschlos verhandelt, was
Adelsfamilien nur recht sein sollte: Wer will schon in der Zeitung
lesen, dass er schlecht bei Kasse sei? Die Folge könnte sein, dass die Preise sich nicht an der Gier des Kunstmarkts orientieren, sondern am Boden bleiben.

Selbstverständlich kann selbst dann das Land nicht alles kaufen, was an wichtigen Kunst- und Kulturgegenständen angeboten wird. Das würde den Etat auch eines reichen Landes überfordern. Es muss daher Prioritäten setzen, daneben aber muss es ein Konzept entwickeln, wie mit Hilfe
privater Käufer die Kunstschätze für das Land und die Öffentlichkeit
bewahrt werden können. Dass dergleichen klappt, lehrt der Verkauf großer Teile der Fürstenbergischen Kunstsammlung 2004 an den Unternehmer Reinhold Würth --- eingefädelt vom Grafen Douglas.

Würth ist im Übrigen ein Beispiel, wie stark sich Bürgerliche in der
moralischen Pflicht sehen können, große Kunst in der Öffentlichkeit zu halten. Ein solches Selbstverständnis geht dem Hochadel zunehmend ab: Er sieht alle Kunst in seinem Besitz als privates Vermögen an, über das er frei verfügen kann, wenn Geld in der eigenen Kasse fehlt. Er übersieht
dabei, dass gerade der Kunstbesitz eng verbunden ist mit der früheren herrschaftlichen Funktion der Familie. Deshalb wurde über besondere Erbregelungen, den sogenannten Fidei-Kommiss, dieser Teil des Besitzes aus der privatrechtlichen Erbteilung herausgehalten.

Die Revolution vor 90 Jahren hat hier nicht reinen Tisch gemacht: Der herrschaftliche Besitz wurde dem neuen demokratischen Staat nicht übereignet. Dessen öffentliche Verpflichtung ist aufs Vorkaufsrecht des Landes geschrumpft. Für das Volk als neuer Souverän liegt darin die letzte Chance, zu erwerben, was der Rechtsidee zufolge ihm schon gehört.
Diese Chance einfach vom Tisch zu wischen, wie es Oettinger offenbar vorhat, ist nicht angemessen. Aber mit seinem rein wirtschaftlichen Kalkül dürfte er sich prächtig verstehen mit einem Adel, der in seinen Kunstsammlungen nur noch verwertbares Kapital sieht.


Vergleichsweise schwach fällt dagegen der Kommentar der FAZ (Rüdiger Soldt) aus. Zitat:

Doch das, was die Beamten von Wissenschaftsminister Frankenberg nach Dienstschluss am Freitagnachmittag aus Schloss Wolfegg zugesandt bekamen, war offenbar so dürftig, dass Ministerpräsident Oettinger jetzt die „Rückabwicklung“ des Verkaufs ankündigen musste. „Dieser Kaufvertrag kann nicht vollzogen werden, der Eigentümerwechsel kann so nicht stattfinden“, erklärte Oettinger an diesem Dienstag. Entweder hat die Familie Waldburg den Kaufvertrag immer noch nicht rausgerückt, oder, schlimmer noch, der Verkauf des auf zwanzig Millionen Euro geschätzten Hausbuchs wurde mit dem als Käufer vermuteten, in Bayern lebenden Industriellen – vorsichtig formuliert – eher formlos abgewickelt; das hieße: Es gibt nichts, was Johannes von Waldburg-Wolfegg kopieren und nach Stuttgart hätte schicken können.

Ziel der Landesregierung sei es sicherzustellen, dass Recht und Gesetz eingehalten würden und das Hausbuch dort bleibe, wo es seit Jahrzehnten aufbewahrt werde, so sprach Oettinger. Bloß, was heißt das? Will das Land das Hausbuch dem Adelshaus abkaufen? Oder soll der Verkauf, kontrolliert von der Landesregierung, jetzt mit einem anderen Käufer nach Recht und Gesetz wiederholt werden? Besser wäre es unbedingt, wenn die Regierung sich nur als Vermittler betätigen würde; denn Baden-Württemberg ist entstanden aus dem buntesten Flickenteppich adliger Herrschaften, der sich vorstellen lässt. Dementsprechend groß dürften geweckte Begehrlichkeiten sein, wenn gekauft würde.



Alarmierend muss vor dem Hintergrund des Hausbuch-Verkaufs der Tenor der Aussagen wirken, die der Hausbuch-Verkäufer Johannes Fürst von Waldburg zu Wolfegg-Waldsee (siehe https://archiv.twoday.net/stories/4691755/ )in einem von Timo John und Sigmund Kopitzki anlässlich der Sigmaringer Ausstellung von 2006 "Adel im Wandel. Oberschwaben von der Frühen Neuzeit bis zur Gegenwart" geführten Interview (abgedruckt im Katalogband 2, S. 841-846) traf.

Der Chef des Hauses blickt streng auf dem Foto und macht bereits bei der Antwort auf die erste Frage klar, dass er die Frage adeligen Kulturbesitzes höchst unsentimental sieht.

Der Interviewer spricht die Welfen-Auktion in Hannover an, bei der einem das Herz blute, "was da an Kunstschätzen unter den Hammer kam".

Seine Durchlaucht ist ungerührt: "Warum blutet wem das Herz, das ist hier die Frage."

Vermutlich meint S.D., dass nur bürgerliche Ladenschwengel aus romantischer Nostalgie die nüchterne Umschichtung von Vermögen bedauern.

Der Interviewer gibt zu, dass dem Kunsthistoriker und Museumsmann auf jeden Fall das Herz blute, da die Sammlung als solche verloren sei.

S.D. lässt sich auf solche Gefühlsduselei nicht ein:

"Ich sehe das nicht so mit Herzblut wie Sie, gerade im besonderen Fall der Welfen nicht. Das ist ja eine Immobilie, die kaum oder gar nicht genutzt wurde". Man habe auch bei den Fürstenberg-Sammlungen gesehen, dass diese eine sehr geringe Besucherfrequenz gehabt hätten. Er habe das Problem auf der Waldburg auch.

"Das Interesse der Öffentlichkeit wird manchmal überbewertet. Zum anderen können Sammlungen nicht entstehen, wenn es nichts zu erwerben gibt. Ohne entsprechende Angebote hätten nie neue Sammlungen entstehen können. Natürlich sind neue Sammlungen auch auf Objekte aus alten Sammlungen angewiesen. Insofern sehe ich das nicht so statisch. Man darf der Dynamik in den kunstsammlerischen Kreisen nicht zu viel in den Weg legen".

Kein anderer der interviewten Adeligen (Württemberg, Hohenzollern, Bernadotte) hat sich so nassforsch die Ideologie des Kunsthandels zu eigen gemacht.

Nun fängt wieder das Herz des Interviewers an zu bluten abgesichts des Auseinanderbrechens profilierter Sammlungen, doch pariert S.D. kalt mit Ökonomie. Es gehe eigentlich nicht um "Notverkäufe", sondern um Vermögensverwaltung: "Da gibt es keine Tabus mehr." Wenn er gezwungen sei, einen Hufschmiedebetrieb auf Ewigkeit zu führen, könnte er damit gar nichts mehr machen.

Auch auf den Einwand, ursprünglich solle der Besitz zusammengehalten werden, um die Überlebensfähigkeit des Hauses zu sichern, antwortet S.D. mit dem Vokabular des Wirtschaftsmannes (Portfoliostruktur, Benchmarks). Die Kunstverkäufe seien nicht aus der Not heraus geboren, sondern hätten mit "einer ganz rationalen Betrachtung der Vermögensstruktur" zu tun.

Zur Waldseemüller-Karte sagt S.D., die Library of Congess sei nun der "ideale Besitzer".

Zum Kupferstichkabinett vernimmt man nur Vages:

"Wie abgeschlossen ist die Sache, oder wie statisch muss man denken. Noch kaufe ich Arbeiten dazu, moderne, zeitgenössische Stiche". Immerhin gibt S.D. zu, dass sie als unverändert gebliebene Sammlung des 17. Jahrhunderts ein "spannender Stoff" sei. Das limitiere aber auch etwas die Ergänzung.

"Aber es wäre doch schade, wenn dieses Ordnungsprinzip zerschlagen würde", bohrt der Interviewer nach. S.D. windet sich:

"Es ist sehr schwierig, diesen strukturellen Zusammenhang zu bewahren, ohne dass man es damit stört. Das hat eben diesen zusätzlichen Effekt diese Ordnungsstruktur."

Verstehe das, wer wolle.

Ob er sich vorstellen könne, die Sammlungen zu veräußern?

Nebulös S.D.: Das eine liege ihm näher am Herzen (plötzlich hat er eins!), das andere weniger. Wenn es hart auf hart komme, müsse man überlegen, ob man zunächst das veräußere, was Einnahmen bringe oder das, was Geld koste.

S.D. erhalte ja keine Unterstützung etwa vom Landkreis für seinen Kunstbesitz, meint der Interviewer verständnisvoll, was S.D. Gelegenheit gibt, über die im Dritten Reich aufgestellte nationale Kulturgüterliste herzuziehen. Er habe sechs Objekte auf dieser Liste, die es, wie angeblich ein Landesbeamter gesagt habe, ja deshalb gebe, um dem Land die Möglichkeit zu verschaffen, die entsprechenden Objekte günstig zu erwerben.

Nein, S.D. wäre es nicht lieber gewesen, er hätte 30 Prozent weniger für die Waldseemüller-Karte erhalten, wenn diese nun im Deutschen Historischen Museum in Berlin wäre. Die USA seien mit dem Stück sehr viel emotionaler verbunden.

Aus den Passagen zum Denkmalschutz greife ich noch heraus, dass S.D. im Kuratorium der Stiftung Denkmalschutz sitzt (Sapienti sat!) und man die Denkmalpflege privatisieren solle.

Schließlich wettert S.D. noch gegen die Erbschaftssteuer, ein "Relikt kommunistischen Gedankenguts in Europa" und meint auf die Aussage des Interviewers, mit manchem Erben würde man schon gerne tauschen, reichlich von oben herab: "Aber nur aus der Sicht derer, die nicht viel haben vielleicht".

Dass man sich als Adeliger nicht unbedingt als arroganter Kotzbrocken bloßstellen muss, dem an Kulturgütern wenig liegt, zeigen, wie gesagt, die freundlichen und verbindlichen Worte der anderen Adeligen, die interviewt wurden.

Nach diesen entlarvenden Aussagen bin ich geneigt, keinen roten Heller mehr auf den dauerhaften Zusammenhalt des von Max Willibald zusammengetragenen Wolfegger Ensembles zu verwetten. Dieses muss ins Denkmalbuch - sofort!

Der wegen seiner Härte berüchtigte "Bauernjörg" aus der Wolfegger Pappenheim-Chronik

Mein Text in der Kunstchronik 2005, den es als Volltext unter
https://archiv.twoday.net/stories/2944976/
gibt, ist aus Anlass des Hausbuch-Verkaufs aktuell wie nie.


Am 16. Januar 2008 bemerkte das Heidelberger Institut für Kunst und Recht zu Recht:

Das Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes ist nur schwer öffentlich zugänglich, so schwer, dass es sich die SPD-Fraktion des Landtages Baden-Württemberg nicht nehmen ließ, über eine Anfrage an den Landtag (Drucks. 14/510 vom 25. 10. 2006) das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst im Zusammenhang mit der Handhabung des Verzeichnisses in Bezug auf die Kulturgüter des Hauses Baden Stellung nehmen zu lassen, "durch welche Quelle die Öffentlichkeit sich zuverlässig und vollständig informieren kann über jene Gegenstände im Land Baden-Württemberg, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt im Verzeichnis national wertvollen Kulturgutes eingetragen sind" (aaO S. 1, Frage 1).

In der Tat ist die Einsichtnahme über Internet nicht ganz einfach. Die Antwort des Ministeriums beschränkt sich darauf, auf die Internetseite www.zoll.de zu verweisen. Dort hat der Autor dieser Zeilen allerdings erst nach Anfrage bei der Pressestelle des Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien fündig werden können, nämlich indem er rechts anklickte "EZT-online (Zolltarif)", danach links "Auskunftsanwendungen", sodann "Texte" und auf der erscheinenden Seite nach ganz unten scrollte zu "VuB-Kulturgüter-Gesamtverzeichnis Kulturgüter (Teil A) - (SV 1402)" sowie zu "VuB-Kulturgüter-Gesamtverzeichnis Archive (Teil B) - (SV 1402)". Dort finden sich dann die genannten Verzeichnisse.

Dies bedarf der Verbesserung: sowohl die Landesministerien wie auch der Beauftragte der Bundesregierung sollten unmittelbare links zu diesen Verzeichnissen einrichten.


https://ifkur.de/index.php?option=com_content&task=view&id=366&Itemid=2&lang=ge

https://www.freidok.uni-freiburg.de/volltexte/4458/

Endlich ist dieser wichtige Aufsatz von Felix Heinzer aus Bibliothek und Wissenschaft 22 (1988), S. 1-127 online!

Die Reichenauer Inkunabeln gehören ja zu dem Bestand, auf den das Haus Baden schändliche Eigentumsansprüche erhebt.

Ein Glanzstück des Beitrags ist der Nachweis der Bücher des Chronisten Gallus Öhem.

 

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