Kulturgut
Es war eine groteskes Szene, die sich am vergangenen Mittwoch vor dem Institut für Erziehungswissenschaften in der Franz-Mehring Straße 47 ereignete: Ein LKW fuhr vor und setzte einen Müllcontainer ab. Das ist zunächst noch nichts ungewöhnliches. Ungewöhnlich ist jedoch, dass anschließend der Müllcontainer mit Büchern gefüllt wurde. Es handelt sich hierbei um Bestände der Bibliothek für Erziehungswissenschaften und Psychologie. “Was wollt ihr denn mit den Büchern machen? Wollt ihr sie euch unters Kopfkissen legen?”, spöttelte das die Entsorgung vollziehende Fachpersonal, als sich zahlreiche Studierende um den Container scharten, um die Bücher zu bergen und vor der Vernichtung zu bewahren.
Unter den Büchern befinden sich zum Teil über einhundert Jahre alte Exemplare, darunter beispielsweise Schriften zur Reformpädagogik der 1920iger Jahre sowie zahlreiche Publikationen jüngeren Datums, die sich mit Kindererziehung, Entwicklungspsychologie, aber auch mit Fragen der Fach- und Hochschuldidaktik befassen. Ebenfalls vernichtet wurden bei dieser Aktion zahlreiche Dissertations- und Habilitationsschriften, die zum Teil an der Universität Greifswald verfasst worden sind. Es handelt sich um zirka 1.000 Bücher, die im Keller der Franz-Mehring Straße gelagert wurden. Nicht wenige von ihnen trugen bereits eine neue Signatur, einige waren bereits mit einem Scancode versehen.
INSTITUT, FAKULTÄT, REKTORAT – ALLE WUSSTEN NICHTS
"Neue" Signatur und beinahe auf dem Müll gelandet: Dissertationen und Habilitationen
Auf Nachfrage des Autors erklärte Professor Dr. Andreas Pehnke, Direktor des Instituts für Erziehungswissenschaft, dass er nicht über die Entsorgung der Bücher informiert wurde. Auch die übrigen Mitarbeiterinnen des Instituts wurden davon nicht in Kenntnis gesetzt. Neben dem Institut tappten auch das Dekanat und Rektorat bezüglich dieser Angelegenheit im Dunkeln. “Dann kann ich gleich aufhören, Dekan zu sein, wenn ich nicht einmal erfahre, was der Bibliotheksdirektor mit unseren Institutsbibliotheken macht”, reagierte Professor Dr. Alexander Wöll verärgert, als er während der Vollversammlung Lehrerbildung von dem Vorfall erfuhr. In diesem Zusammenhang sprach er erneut seinen Unmut darüber aus, dass er ebenso wenig in die Frage der geplanten, inzwischen in Vollzug befindlichen, Auflösung der Institutsbibliothek in der Franz-Mehring Straße mit einbezogen worden ist.
DIGITALISIERUNG VOR VERNICHTUNG NICHT VORGENOMMEN
Inzwischen ist bekannt geworden, dass ein Großteil der Bücherbestände derart mit Schimmel befallen gewesen sein soll, dass keine andere Wahl als deren Vernichtung geblieben wäre. Diesbezüglich gäbe es ein entsprechendes Gutachten, das dem webMoritz bislang jedoch noch nicht vorliegt. Sollte tatsächlich dem so gewesen sein, dass kein einziges Buch mehr brauchbar gewesen wäre, bleibt immer noch die Frage offen, weshalb weder Institut, noch Fakultät und Rektorat über den Verfall der Bücher informiert wurden, um gegebenenfalls ein Fenster zu öffnen, einen Teil der Bestände digital erhalten zu können.
Anmerkung: Der Verfasser war Zeuge des Vorfalls und hat in seiner Funktion als studentisches Mitglied der Zentralen Koordinierungsgruppe für Lehrerbildung das Thema auf der im Text erwähnten Vollversammlung Lehrerbildung angesprochen.
https://webmoritz.de/2012/06/08/universitatsbibliothek-greifswald-vernichtet-hunderte-bucher/
Unter den Büchern befinden sich zum Teil über einhundert Jahre alte Exemplare, darunter beispielsweise Schriften zur Reformpädagogik der 1920iger Jahre sowie zahlreiche Publikationen jüngeren Datums, die sich mit Kindererziehung, Entwicklungspsychologie, aber auch mit Fragen der Fach- und Hochschuldidaktik befassen. Ebenfalls vernichtet wurden bei dieser Aktion zahlreiche Dissertations- und Habilitationsschriften, die zum Teil an der Universität Greifswald verfasst worden sind. Es handelt sich um zirka 1.000 Bücher, die im Keller der Franz-Mehring Straße gelagert wurden. Nicht wenige von ihnen trugen bereits eine neue Signatur, einige waren bereits mit einem Scancode versehen.
INSTITUT, FAKULTÄT, REKTORAT – ALLE WUSSTEN NICHTS
"Neue" Signatur und beinahe auf dem Müll gelandet: Dissertationen und Habilitationen
Auf Nachfrage des Autors erklärte Professor Dr. Andreas Pehnke, Direktor des Instituts für Erziehungswissenschaft, dass er nicht über die Entsorgung der Bücher informiert wurde. Auch die übrigen Mitarbeiterinnen des Instituts wurden davon nicht in Kenntnis gesetzt. Neben dem Institut tappten auch das Dekanat und Rektorat bezüglich dieser Angelegenheit im Dunkeln. “Dann kann ich gleich aufhören, Dekan zu sein, wenn ich nicht einmal erfahre, was der Bibliotheksdirektor mit unseren Institutsbibliotheken macht”, reagierte Professor Dr. Alexander Wöll verärgert, als er während der Vollversammlung Lehrerbildung von dem Vorfall erfuhr. In diesem Zusammenhang sprach er erneut seinen Unmut darüber aus, dass er ebenso wenig in die Frage der geplanten, inzwischen in Vollzug befindlichen, Auflösung der Institutsbibliothek in der Franz-Mehring Straße mit einbezogen worden ist.
DIGITALISIERUNG VOR VERNICHTUNG NICHT VORGENOMMEN
Inzwischen ist bekannt geworden, dass ein Großteil der Bücherbestände derart mit Schimmel befallen gewesen sein soll, dass keine andere Wahl als deren Vernichtung geblieben wäre. Diesbezüglich gäbe es ein entsprechendes Gutachten, das dem webMoritz bislang jedoch noch nicht vorliegt. Sollte tatsächlich dem so gewesen sein, dass kein einziges Buch mehr brauchbar gewesen wäre, bleibt immer noch die Frage offen, weshalb weder Institut, noch Fakultät und Rektorat über den Verfall der Bücher informiert wurden, um gegebenenfalls ein Fenster zu öffnen, einen Teil der Bestände digital erhalten zu können.
Anmerkung: Der Verfasser war Zeuge des Vorfalls und hat in seiner Funktion als studentisches Mitglied der Zentralen Koordinierungsgruppe für Lehrerbildung das Thema auf der im Text erwähnten Vollversammlung Lehrerbildung angesprochen.
https://webmoritz.de/2012/06/08/universitatsbibliothek-greifswald-vernichtet-hunderte-bucher/
Notizen über Bücherdiebstähle (einschließlich der Girolamini-Bibliothek):
https://www.rbms.info/committees/security/theft_reports/theft_reports_2012.shtml
Ohne RSS-Feed.
https://www.rbms.info/committees/security/theft_reports/theft_reports_2012.shtml
Ohne RSS-Feed.
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https://archaeologik.blogspot.de/2012/06/feuer-auf-apameia.html
Rainer Schreg weist auf einen umfangreichen Report hin:
https://globalheritagenetwork.ning.com/profiles/blogs/new-report-on-damage-to-syria-s-cultural-heritage
Rainer Schreg weist auf einen umfangreichen Report hin:
https://globalheritagenetwork.ning.com/profiles/blogs/new-report-on-damage-to-syria-s-cultural-heritage
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Mir wurde ein Gerücht zugetragen, dass die nichtösterreichischen Bücher, die Zisska zurückziehen musste, siehe
https://archiv.twoday.net/stories/97016670/
aus der Girolamini-Bibliothek in Neapel stammen, über die wir hier auch schon berichtet haben:
https://archiv.twoday.net/stories/96996109/
https://www.historyofinformation.com/index.php?id=3632 schrieb dazu: On May 9, 2012 the book auction house Zisska & Schauer in Munich, Germany, published the following statement on their website concerning their auction to be held that day:
"Zisska & Schauer regrets to announce that the following lots registered under ownership numbers 4 and 132 of the present Auction Sale No. 59 have been withdrawn until recently expressed ownership concerns can be satisfactorily resolved: [...]"
Provenance information had been removed from roughly 500 books in this auction, clumsily and in haste, to the point of defacing some of the volumes; it was believed that they had been stolen from the Girolamini Library in Naples.
Das Abfangen von 500 Büchern in einem Münchner Auktionshaus erwähnt auch:
https://www.larosanera.it/biblioteca-dei-girolamini-scandaloso-furto-alla-cultura
Der umstrittene Bibliotheksdirektor Marino Massimo De Caro sitzt inzwischen in Haft, mehrere Komplizen wurden ebenfalls festgenommen.
Siehe
https://napoli.repubblica.it/cronaca/2012/05/24/news/girolamini_furto_libri_antichi_cinque_arresti_tra_cui_il_direttore-35810353/?ref=HREC1-10
Update:
The Girolamini Library Thefts: a message from ILAB President Arnoud Gerits
"Shortly after the reopening of the Girolamini Library in Naples in April of 2012 the Director, Marino Massimo de Caro, announced that 1500 books were missing (April 17). On April 20 the Library was closed by the Naples Public Prosecutor. Marino Massimo de Caro has been suspended and was investigated for embezzlement. On May 18, 1000 books, 240 of which have ownership stamps from the Girolamini Library were found in storage in Massimo Marino de Caro’s home city of Verona, and on May 24 Mr. de Caro was arrested on the charge of embezzlement along with four others; a search warrant is out for a fifth. In the meantime Massimo Marino de Caro has confessed to the theft of thousands of books from the library and is cooperating with police in tracing them.
A number of stolen items from the library have been confiscated by the authorities in Munich (16 items), London (28 items), New York and Tokyo(uncertain numbers).
According to what is currently known and what Massimo Marino de Caro has confessed so far, it is very likely that the number of stolen books from the Girolamini Library is higher than 1500 but no definitive list of missing items has been published by Italian authorities so far. It appears also to be clear that the stolen books were spread out via the trade in several countries, in both Europe and elsewhere."
https://forums.ebay.com/db1/topic/Booksellers/The-Girolamini-Library/5100077783
https://archiv.twoday.net/stories/97016670/
aus der Girolamini-Bibliothek in Neapel stammen, über die wir hier auch schon berichtet haben:
https://archiv.twoday.net/stories/96996109/
https://www.historyofinformation.com/index.php?id=3632 schrieb dazu: On May 9, 2012 the book auction house Zisska & Schauer in Munich, Germany, published the following statement on their website concerning their auction to be held that day:
"Zisska & Schauer regrets to announce that the following lots registered under ownership numbers 4 and 132 of the present Auction Sale No. 59 have been withdrawn until recently expressed ownership concerns can be satisfactorily resolved: [...]"
Provenance information had been removed from roughly 500 books in this auction, clumsily and in haste, to the point of defacing some of the volumes; it was believed that they had been stolen from the Girolamini Library in Naples.
Das Abfangen von 500 Büchern in einem Münchner Auktionshaus erwähnt auch:
https://www.larosanera.it/biblioteca-dei-girolamini-scandaloso-furto-alla-cultura
Der umstrittene Bibliotheksdirektor Marino Massimo De Caro sitzt inzwischen in Haft, mehrere Komplizen wurden ebenfalls festgenommen.
Siehe
https://napoli.repubblica.it/cronaca/2012/05/24/news/girolamini_furto_libri_antichi_cinque_arresti_tra_cui_il_direttore-35810353/?ref=HREC1-10
Update:
The Girolamini Library Thefts: a message from ILAB President Arnoud Gerits
"Shortly after the reopening of the Girolamini Library in Naples in April of 2012 the Director, Marino Massimo de Caro, announced that 1500 books were missing (April 17). On April 20 the Library was closed by the Naples Public Prosecutor. Marino Massimo de Caro has been suspended and was investigated for embezzlement. On May 18, 1000 books, 240 of which have ownership stamps from the Girolamini Library were found in storage in Massimo Marino de Caro’s home city of Verona, and on May 24 Mr. de Caro was arrested on the charge of embezzlement along with four others; a search warrant is out for a fifth. In the meantime Massimo Marino de Caro has confessed to the theft of thousands of books from the library and is cooperating with police in tracing them.
A number of stolen items from the library have been confiscated by the authorities in Munich (16 items), London (28 items), New York and Tokyo(uncertain numbers).
According to what is currently known and what Massimo Marino de Caro has confessed so far, it is very likely that the number of stolen books from the Girolamini Library is higher than 1500 but no definitive list of missing items has been published by Italian authorities so far. It appears also to be clear that the stolen books were spread out via the trade in several countries, in both Europe and elsewhere."
https://forums.ebay.com/db1/topic/Booksellers/The-Girolamini-Library/5100077783
In der historischen Literatur zur Geschichte des Hauses Erbach ist der Verlust der Bibliothek immer wieder beklagt worden. Bis auf ganz wenige erhaltene Einzelbände, wie z.B. P.J. Mariettes Traité des pierres gravées du cabinet du roy, Paris 1750, ist der Gesamtbestand über die Jahrhunderte verkauft und verschwunden. Noch in den achtziger Jahren des 20. Jahrhunderts wurden umfangreiche Bestände in München zur Versteigerung gebracht. Besonders schwer wiegen Verluste, wie z.B. die 1982 bei Hartung & Hartung versteigerte d’Hancarville - Ausgabe des Hamiltonschen Vasenwerks, das in einer originalen Ausgabe vorhanden war und für die Ausgestaltung des Etruskischen Kabinetts durch den Hofkünstler Johann Wilhelm Wendt als Vorbild gedient hatte.
https://www.sammlung-erbach.de/bibliothek.html
https://www.sammlung-erbach.de/bibliothek.html
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Der Katalog ist nun online:
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/christiansen1931_11_28
Nach den Provenienzangaben stammen die Stücke offenbar aus dem Kloster Melk.
Ebenso Needhams IPI: MELK, Mellicense, OSB, S. Petrus & Paulus [Cott. 1811; Germ. ben. 3.2.526; cat. incuns.: Rud. Schachinger, 1901; cf. W. Christiansen (Hamburg) Aukt. 39, 29 Nov. 1931: Wertvolle Inkunabel-Sammlung aus Klosterbesitz (Melk), 170 items]: DeR(M) 34.30 (B-526, Yale: sold by Melk 1925 to Emil Semmel, who sold it to Edward Goldston, q.v.), 83; Doh I 25 = BPH 7 (A-441); HEHL 449, 1230, 1676, 1677; Harv. 745, 746, 747; Bodm 211; Ups(a) 1793; Martin/Cz; Kremsm 33*; Klostern 176; Schäfer 309, 368; Mauss 85 = CNY 24 May 2002: 134 (P-488); Geiss/Petrarca; Nakl 58 (S-581); OhStUL M-760; Reuttn 153 (M-760 + V-358: cat. inscr. 1609)
https://ipi.cerl.org/cgi-bin/search.pl
https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/christiansen1931_11_28
Nach den Provenienzangaben stammen die Stücke offenbar aus dem Kloster Melk.
Ebenso Needhams IPI: MELK, Mellicense, OSB, S. Petrus & Paulus [Cott. 1811; Germ. ben. 3.2.526; cat. incuns.: Rud. Schachinger, 1901; cf. W. Christiansen (Hamburg) Aukt. 39, 29 Nov. 1931: Wertvolle Inkunabel-Sammlung aus Klosterbesitz (Melk), 170 items]: DeR(M) 34.30 (B-526, Yale: sold by Melk 1925 to Emil Semmel, who sold it to Edward Goldston, q.v.), 83; Doh I 25 = BPH 7 (A-441); HEHL 449, 1230, 1676, 1677; Harv. 745, 746, 747; Bodm 211; Ups(a) 1793; Martin/Cz; Kremsm 33*; Klostern 176; Schäfer 309, 368; Mauss 85 = CNY 24 May 2002: 134 (P-488); Geiss/Petrarca; Nakl 58 (S-581); OhStUL M-760; Reuttn 153 (M-760 + V-358: cat. inscr. 1609)
https://ipi.cerl.org/cgi-bin/search.pl
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https://en.zisska.de/online-catalogue
Ziskka musste aufgrund ungeklärter Eigentumsverhältnisse über 400 Nummern des Einlieferers mit der Nr. 4 und gut 50 der Nr. 132 zurückziehen.
Zu den Inkunabeln der Nr. 132 gehört auch eine mit Besitzvermerk der Weißenau (OPraem., bei Ravensburg).
Nr. 58 ist ein ehemaliger "Archivbestand" mit Schreiben über das Stift Wilten.
Nr. 4: "Verzeichnis von Einnahmen aus Naturalabgaben zugunsten der Kapelle St. Jakob am Hof im alten Ortsteil Hof in Gries, dem heutigen Stadtteil Gries-Quirein von Bozen. Die ältesten Eintragungen unter den Rubriken "Pfenniggelt", "Chuetzins" (Kuhgeld, Rindersteuer) und "Weintzins" aus dem mittleren 15. Jahrhundert (datiert nach der Schrift), die spätesten mit Jahresangaben von 1600-1603." Etwas fürs Stadtarchiv Bozen?
Nr. 38: "ALBUM AMICORUM – WÜRZBURG –
„STAMBUCH des Balthasar Künig ... Probst des
frl. Stiftes St. Martin und Castulus zu Landshuet.“
Als Stammbuch genutzter Band mit zwei durchschossenen emblematischen Drucken von 1563
und 1569. Mit 9 Wappenminiaturen in tls. gold -
gehöhten Deckfarben. 12 Einträge aus Würzburg
(Stift Neumünster), Landshut und Innsbruck,
1579-91."
Nr. 200 ist ein interessanter Sammelband, der für die Mainzer Geschichte aufschlussreich ist. "II. Johannes Cochlaeus kaufte dieses
Werk für zwei Batzen vor dem (18.) April 1525 in Frankfurt/M. – III. Zunächst das Autorenexemplar. Cochlaeus
schenkte dann seine Schrift im April dem Mainzer Pfarrer
Jacob Merstetter ebenso wie IV. – Die 3 Beibände gehörten
auf Grund der hs. Einträge nachweislich dem Johannes
Cochlaeus (1479-1552), der damals Dekan der Frankfurter
Liebfrauenkirche war. Am 18. April 1525 floh er mit anderen Altkatholiken vor den Lutheranern aus Frankfurt ins
nahegelegene Mainz, wo er einige Tage blieb; möglicherweise fand er Unterkunft bei Jacob Merstetter aus Ehingen,
dem damaligen Pfarrer von St. Emmeran in Mainz. Während der kurzen Zeit dieses Aufenthaltes nach dem 18. April
1525 schenkte Cochlaeus diese drei Schriften dem Jacob
Merstetter. Die erste Schrift „Anti Lutherus“ gehörte mit
Sicherheit nicht zu diesen Geschenken, da der Druck erst
am 26. April in Köln erschien, zu einer Zeit also, als sich
Cochlaeus nicht mehr in Mainz aufhielt. Dieses Werk von
J. Clicthove hat vermutlich Jacob Merstetter kurze Zeit spä-
ter selbst erworben und diese zusammen mit den 3 ge -
schenkten in Mainz binden lassen. – Im Jahre 1556 war der
Sammelband im Besitz eines Martinus Stuber; am Ende des
16. Jahrhunderts trug sich noch ein Jacob Haller als Eigentümer ein.
Am Ende eingebunden: Notariatsinstrument von 1484.
Deutsche Handschrift auf Pergament. – In Abwesenheit des
„wohlgelehrten Meisters und kaiserlichen Procurators
Jörien Schreutel“ wurde im Jahre 1483 eine Besitzübergabe
vorgenommen, und zwar des Jacob (?) an seine eheliche
Tochter. Gegen die Rechtmäßigkeit dieser Übergabe bzw.
dieses Verkaufs wurden später vom kaiserlichen Prokurator Jörien Schreutel Einwände erhoben. Diese schriftlich
fixierten Einwendungen des kaiserlichen Prokurators werden im Juli 1484 einem Pforzheimer Notar im Beisein
glaubwürdiger Zeugen übergeben. Über diesen Vorgang
sowie über den weiteren Fortgang des anlaufenden Rechtsverfahrens wurde dieses Notariatsinstrument von 1484
angefertigt."
Etliche Bände stammen wieder aus Michaelbeuern:
https://archiv.twoday.net/stories/42999544/
Sorgen bereitet die Einlieferung Nr. 54, 48 Handschriften und Drucke anscheinend aus dem östlichen Österreich, aber die angegebenen Provenienzen schließen sich für mich nicht zu einer bekannten Sammlung zusammen. Entweder ein Sammler hat schon bei den Verkäufen der Klöster und Stifte der 1920er Jahre zugeschlagen oder er hat später "gewildert".
Bei den Inkunabeln gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Stücke einer im GW registrierten Sammlung entstammen, auch wenn die Nr. 91 und 117 für Admont nachgewiesen sind und in Nr. 205 Admont ausdrücklich als Vorbesitzer genannt wird, was man aber merkwürdig fände, wenn alles aus Admont käme. Aber vielleicht gibt es auch hier das "Bauernopfer"? (Man beachte dazu auch Nr. 360 mit der Überschrift "Guttenberg im Mittelalter.)
Bei der Handschrift Nr. 8 aus dieser Einlieferung von 1536 (?) hätte es nahelegen, einem Zusammenhang mit den Werken von Sebastian Franck nachzugehen, was Zisska unterlassen hat.
Nr. 10 (wie alles folgende aus der Nr. 54): "Recht saubere Nachschrift der Vorlesungen verschiedener
Dozenten, vermutlich gehalten an der Universität in Graz.
Der „Tractatus de incarnatione“ wurde „dictatus ab admodum R(everendo) P(atre) Francisco Voglmair S(ocietatis)
J(esu) Professore SS. Theologiae pro tempore secundario“.
Franz Vogelmayr wurde erstmals 1688 Rektor an der Universität in Graz (war laut De Backer-S. VIII, 888 allerdings
auch zeitweise Rektor in Linz und Wien)"
5 Titel stammen aus einer Pfarrbibliothek eines Dorfs in Osttirol mit engen Beziehungen zu Innichen.
Nr. 91, eine Inkunabel: "Besitzvermerke von alter
Hand auf Vorsätzen und Titel, darunter der Pfarrei St. Martin von (Inner)villgraten (Osttirol), datiert 1713."
Nr. 117, ebenso: "Unter den Besitzvermerken derjenige der Pfarrei St. Martin von (Inner)villgraten (Osttirol), datiert 1713."
Nr. 370: "ROYARDUS (ROYAERDS), J., Homiliae in
evangelia feriarum quadragesimae iuxta literam.
Antwerpen, J. Grapheus für J. Steels, 1557. Mit
Druckermarke auf dem Titel. 9 nn., 215 num.,
5 nn. Bl. Blindgepr. Schweinsldr. d. Zt. auf Holzdeckeln mit 2 intakten Schließen (fleckig, be -
schabt). (54) 400,-
Vgl. STC 180 (Ausg. 1544). Adams R 835 (Ausg. 1546). –
NACHGEB.: DERS., Homiliae in omnes epistolas feriales
quadragesimae. Antwerpen, J. Withagius für J. Steels, 1561.
8 nn., 116 num. Bl. – DERS.: Enarratio passionis domini
nostri Iesu Christi. Antwerpen, J. Laet für J. Steels, 1560.
8 nn., 53 num., 2 nn. Bl. – Erster Titel mit durchgestrichenem alten Besitzvermerk und Federproben; gebräunt, gelegentlich etw. fleckig. – Aus der Bibliothek der Pfarrei Sankt
Martin im osttirolischen Innervillgratten mit hs. Eintrag aus
dem Jahr 1713 auf dem Spiegel.
Beiliegen zwei Predigtbände derselben Provenienz mit den
entsprechenden Vermerken ebenfalls von 1713 und in gleichen Schweinslederbänden der Zeit: „Epitome sermonum
dominicalium“ des Mainzers Johann Wild (Ferus), Antwerpen, A. Birckmann, 1562, und 2 Tle. „Concionum in
epitomen redactarum“ des spanischen Dominikaners Luis
de Granada, Lyon, S. a Porta, 1592."
Nr. 396 und 411 mit Besitzvermerk des Kollegiatstifts St. Bartholomäus in Friesach (Kärnten) von 1688.
Nr. 291: "Gestoch. Exlibris des Brixner
Hofrates und Hofkammerdirektors Leopold Peisser von
und zu Peissenau aus dem Jahr 1720."
Nr. 3011: Besitzvermerk „Carolus Kürcher pro tempore parochus in Wulzeshoffen 1776“
Nr. 3020: "Mit gestoch. Exlibris von Hieronymus Marchstaller (1576-
1638), der zwischen 1616 und 1638 Abt des Benediktinerstifts St. Paul im Lavanttal war."
Nr. 3043: "Wappenexlibris des Abtes Maximilian Pagl (Amtszeit im Benediktinerkloster in Lambach von 1705-1725)."
Nr. 4
Ziskka musste aufgrund ungeklärter Eigentumsverhältnisse über 400 Nummern des Einlieferers mit der Nr. 4 und gut 50 der Nr. 132 zurückziehen.
Zu den Inkunabeln der Nr. 132 gehört auch eine mit Besitzvermerk der Weißenau (OPraem., bei Ravensburg).
Nr. 58 ist ein ehemaliger "Archivbestand" mit Schreiben über das Stift Wilten.
Nr. 4: "Verzeichnis von Einnahmen aus Naturalabgaben zugunsten der Kapelle St. Jakob am Hof im alten Ortsteil Hof in Gries, dem heutigen Stadtteil Gries-Quirein von Bozen. Die ältesten Eintragungen unter den Rubriken "Pfenniggelt", "Chuetzins" (Kuhgeld, Rindersteuer) und "Weintzins" aus dem mittleren 15. Jahrhundert (datiert nach der Schrift), die spätesten mit Jahresangaben von 1600-1603." Etwas fürs Stadtarchiv Bozen?
Nr. 38: "ALBUM AMICORUM – WÜRZBURG –
„STAMBUCH des Balthasar Künig ... Probst des
frl. Stiftes St. Martin und Castulus zu Landshuet.“
Als Stammbuch genutzter Band mit zwei durchschossenen emblematischen Drucken von 1563
und 1569. Mit 9 Wappenminiaturen in tls. gold -
gehöhten Deckfarben. 12 Einträge aus Würzburg
(Stift Neumünster), Landshut und Innsbruck,
1579-91."
Nr. 200 ist ein interessanter Sammelband, der für die Mainzer Geschichte aufschlussreich ist. "II. Johannes Cochlaeus kaufte dieses
Werk für zwei Batzen vor dem (18.) April 1525 in Frankfurt/M. – III. Zunächst das Autorenexemplar. Cochlaeus
schenkte dann seine Schrift im April dem Mainzer Pfarrer
Jacob Merstetter ebenso wie IV. – Die 3 Beibände gehörten
auf Grund der hs. Einträge nachweislich dem Johannes
Cochlaeus (1479-1552), der damals Dekan der Frankfurter
Liebfrauenkirche war. Am 18. April 1525 floh er mit anderen Altkatholiken vor den Lutheranern aus Frankfurt ins
nahegelegene Mainz, wo er einige Tage blieb; möglicherweise fand er Unterkunft bei Jacob Merstetter aus Ehingen,
dem damaligen Pfarrer von St. Emmeran in Mainz. Während der kurzen Zeit dieses Aufenthaltes nach dem 18. April
1525 schenkte Cochlaeus diese drei Schriften dem Jacob
Merstetter. Die erste Schrift „Anti Lutherus“ gehörte mit
Sicherheit nicht zu diesen Geschenken, da der Druck erst
am 26. April in Köln erschien, zu einer Zeit also, als sich
Cochlaeus nicht mehr in Mainz aufhielt. Dieses Werk von
J. Clicthove hat vermutlich Jacob Merstetter kurze Zeit spä-
ter selbst erworben und diese zusammen mit den 3 ge -
schenkten in Mainz binden lassen. – Im Jahre 1556 war der
Sammelband im Besitz eines Martinus Stuber; am Ende des
16. Jahrhunderts trug sich noch ein Jacob Haller als Eigentümer ein.
Am Ende eingebunden: Notariatsinstrument von 1484.
Deutsche Handschrift auf Pergament. – In Abwesenheit des
„wohlgelehrten Meisters und kaiserlichen Procurators
Jörien Schreutel“ wurde im Jahre 1483 eine Besitzübergabe
vorgenommen, und zwar des Jacob (?) an seine eheliche
Tochter. Gegen die Rechtmäßigkeit dieser Übergabe bzw.
dieses Verkaufs wurden später vom kaiserlichen Prokurator Jörien Schreutel Einwände erhoben. Diese schriftlich
fixierten Einwendungen des kaiserlichen Prokurators werden im Juli 1484 einem Pforzheimer Notar im Beisein
glaubwürdiger Zeugen übergeben. Über diesen Vorgang
sowie über den weiteren Fortgang des anlaufenden Rechtsverfahrens wurde dieses Notariatsinstrument von 1484
angefertigt."
Etliche Bände stammen wieder aus Michaelbeuern:
https://archiv.twoday.net/stories/42999544/
Sorgen bereitet die Einlieferung Nr. 54, 48 Handschriften und Drucke anscheinend aus dem östlichen Österreich, aber die angegebenen Provenienzen schließen sich für mich nicht zu einer bekannten Sammlung zusammen. Entweder ein Sammler hat schon bei den Verkäufen der Klöster und Stifte der 1920er Jahre zugeschlagen oder er hat später "gewildert".
Bei den Inkunabeln gibt es keine Anhaltspunkte, dass die Stücke einer im GW registrierten Sammlung entstammen, auch wenn die Nr. 91 und 117 für Admont nachgewiesen sind und in Nr. 205 Admont ausdrücklich als Vorbesitzer genannt wird, was man aber merkwürdig fände, wenn alles aus Admont käme. Aber vielleicht gibt es auch hier das "Bauernopfer"? (Man beachte dazu auch Nr. 360 mit der Überschrift "Guttenberg im Mittelalter.)
Bei der Handschrift Nr. 8 aus dieser Einlieferung von 1536 (?) hätte es nahelegen, einem Zusammenhang mit den Werken von Sebastian Franck nachzugehen, was Zisska unterlassen hat.
Nr. 10 (wie alles folgende aus der Nr. 54): "Recht saubere Nachschrift der Vorlesungen verschiedener
Dozenten, vermutlich gehalten an der Universität in Graz.
Der „Tractatus de incarnatione“ wurde „dictatus ab admodum R(everendo) P(atre) Francisco Voglmair S(ocietatis)
J(esu) Professore SS. Theologiae pro tempore secundario“.
Franz Vogelmayr wurde erstmals 1688 Rektor an der Universität in Graz (war laut De Backer-S. VIII, 888 allerdings
auch zeitweise Rektor in Linz und Wien)"
5 Titel stammen aus einer Pfarrbibliothek eines Dorfs in Osttirol mit engen Beziehungen zu Innichen.
Nr. 91, eine Inkunabel: "Besitzvermerke von alter
Hand auf Vorsätzen und Titel, darunter der Pfarrei St. Martin von (Inner)villgraten (Osttirol), datiert 1713."
Nr. 117, ebenso: "Unter den Besitzvermerken derjenige der Pfarrei St. Martin von (Inner)villgraten (Osttirol), datiert 1713."
Nr. 370: "ROYARDUS (ROYAERDS), J., Homiliae in
evangelia feriarum quadragesimae iuxta literam.
Antwerpen, J. Grapheus für J. Steels, 1557. Mit
Druckermarke auf dem Titel. 9 nn., 215 num.,
5 nn. Bl. Blindgepr. Schweinsldr. d. Zt. auf Holzdeckeln mit 2 intakten Schließen (fleckig, be -
schabt). (54) 400,-
Vgl. STC 180 (Ausg. 1544). Adams R 835 (Ausg. 1546). –
NACHGEB.: DERS., Homiliae in omnes epistolas feriales
quadragesimae. Antwerpen, J. Withagius für J. Steels, 1561.
8 nn., 116 num. Bl. – DERS.: Enarratio passionis domini
nostri Iesu Christi. Antwerpen, J. Laet für J. Steels, 1560.
8 nn., 53 num., 2 nn. Bl. – Erster Titel mit durchgestrichenem alten Besitzvermerk und Federproben; gebräunt, gelegentlich etw. fleckig. – Aus der Bibliothek der Pfarrei Sankt
Martin im osttirolischen Innervillgratten mit hs. Eintrag aus
dem Jahr 1713 auf dem Spiegel.
Beiliegen zwei Predigtbände derselben Provenienz mit den
entsprechenden Vermerken ebenfalls von 1713 und in gleichen Schweinslederbänden der Zeit: „Epitome sermonum
dominicalium“ des Mainzers Johann Wild (Ferus), Antwerpen, A. Birckmann, 1562, und 2 Tle. „Concionum in
epitomen redactarum“ des spanischen Dominikaners Luis
de Granada, Lyon, S. a Porta, 1592."
Nr. 396 und 411 mit Besitzvermerk des Kollegiatstifts St. Bartholomäus in Friesach (Kärnten) von 1688.
Nr. 291: "Gestoch. Exlibris des Brixner
Hofrates und Hofkammerdirektors Leopold Peisser von
und zu Peissenau aus dem Jahr 1720."
Nr. 3011: Besitzvermerk „Carolus Kürcher pro tempore parochus in Wulzeshoffen 1776“
Nr. 3020: "Mit gestoch. Exlibris von Hieronymus Marchstaller (1576-
1638), der zwischen 1616 und 1638 Abt des Benediktinerstifts St. Paul im Lavanttal war."
Nr. 3043: "Wappenexlibris des Abtes Maximilian Pagl (Amtszeit im Benediktinerkloster in Lambach von 1705-1725)."

Die Wetterauer Zeitung berichtet in ihrer Onlineausgabe vom 07.05.2012 über das baufällige "Bandhaus" in Büdingen, in dem sich "eine große Masse an Akten der Regierungsbehörden (Regierung und Rentkammer) der drei Teilgrafschaften Ysenburg in Büdingen, Ysenburg in Wächtersbach und Ysenburg in Meerholz" befinden soll. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst sieht das Archiv dagegen als "Privatsache der Ysenburger" an.
https://www.wetterauer-zeitung.de/Home/Kreis/Staedte-und-Gemeinden/Buedingen/Artikel,-Wichtiges-Archiv-in-Insolvenzstrudel-geraten-_arid,339109_costart,1_regid,3_puid,1_pageid,91.html
https://www.wetterauer-zeitung.de/Home/Kreis/Staedte-und-Gemeinden/Buedingen/Artikel,-Wichtiges-Archiv-in-Insolvenzstrudel-geraten-_arid,339109_costart,1_regid,3_puid,1_pageid,91.html
ingobobingo - am Montag, 7. Mai 2012, 16:12 - Rubrik: Kulturgut
The Birmingham Medical Institute is to auction its 5,000-book library, containing many rare medical volumes, in a bid to raise £500,000. The institute, which was founded in 1875, said it faced increasing rent costs and falling income. Some of the books date to 1500 and the collection includes the first book on anatomy in English. Prof Keith Shinton, the institute’s president, said: “It’s a sad day for all the medical people in Birmingham."
https://www.bbc.co.uk/news/uk-england-birmingham-17733768
Mit dem Ergebnis der beiden Skandal-Auktionen, die jeglichen Sinn für ein gewachsenes Ensemble vermissen lassen, ist der Eigentümer zufrieden:
https://www.birminghampost.net/news/2012/04/21/birmingham-medical-institute-raises-400k-by-selling-off-historic-books-65233-30808608/
https://www.bbc.co.uk/news/uk-england-birmingham-17733768
Mit dem Ergebnis der beiden Skandal-Auktionen, die jeglichen Sinn für ein gewachsenes Ensemble vermissen lassen, ist der Eigentümer zufrieden:
https://www.birminghampost.net/news/2012/04/21/birmingham-medical-institute-raises-400k-by-selling-off-historic-books-65233-30808608/
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Neulich berichteten wir wieder über die unendliche Geschichte des skandalösen Umgangs mit Kulturgut durch die Ysenburger.
https://archiv.twoday.net/stories/96989939/
Nun hat sich die Evangelische Kirche entschlossen, gegen den Fürsten vorzugehen:
https://www.wetterauer-zeitung.de/Home/Kreis/Staedte-und-Gemeinden/Buedingen/Artikel,-Kirche-geht-gegen-Fuerst-zu-Ysenburg-vor-_arid,337123_regid,3_puid,1_pageid,91.html
Der Adlige soll die Stiftung mit dubiosen Geschäften zur Begleichung von Familienschulden missbraucht haben: Er verkaufte mehrere Immobilien und Liegenschaften an die Stiftung, der er selber vorstand. Als Privatmann Fürst zu Ysenburg hat er also Geschäfte mit dem Stiftungsvorsitzenden Fürst zu Ysenburg gemacht. »Außerdem soll er sich selber Darlehen gegeben haben«, fügt Schmidt an.
In den vergangenen Jahren habe die EKHN über eine Million Euro in die Sanierung der beiden Büdinger Kirchen gesteckt. »Die Stiftung hat gerade mal zwei Prozent beigesteuert«, beklagt sich Schmidt. Laut Satzung ist die Stiftung Eigentümer der Marien- und der Remigiuskirche, der beiden Pfarrhäuser und des Friedhofs. Zweck der Stiftung ist laut Satzung die »Erhaltung, Unterhaltung und Ermöglichung der Nutzung dieser Grundstücke und Naturdenkmäler.«
Die Kritik der Kirche richtet sich jedoch nicht nur gegen das Fürstenhaus – auch beim Land Hessen habe es Versäumnisse gegeben: Seit über zwei Jahren warne man das Regierungspräsidium vor den Machenschaften des Fürsten. »Die Verantwortlichen sehen aber wohl keinen Anlass zum Handeln«, sagt Schmidt. Stattdessen habe das RP Anfang des Jahres eine Satzung der Stiftung genehmigt, die dem Fürsten praktisch die Verfügung über das Stiftungskapital einräume. Die neue Satzung ermögliche es ihm zudem, die 750 Jahre alte Stiftung aufzulösen. Kirchen, Pfarrhäuser und Friedhof gingen dann an die EKHN, »das sonstige Vermögen fällt an den dann lebenden Chef des Fürstlichen Hauses zu Ysenburg und Büdingen«, heiße es in der Satzung – also auch jene Grundstücke, die er der Stiftung verkauft habe.
Die Versäumnisse nimmt die Kirche zum Anlass, eine Amtshaftungsklage gegen das Land Hessen zu prüfen.
Heimatforscher Christian Vogel ( Vorsitzender der Vereinigung für Heimatforschung in Vogelsberg, Wetterau und Kinzigtal) macht sich Sorgen um eines der fürstlichen Archive.
Herr Vogel, Sie setzen sich für die Sicherung des Ysenburger Archivgutes in Büdingen ein. Welche Bedeutung haben diese Archive?
In Büdingen gibt es mindestens zwei Ysenburger Archive. Da gibt es einmal das „Brauhaus“ gleich beim Schloss, dort liegen vor allem die Urkunden aus dem Mittelalter und die Akten der Neuzeit bis zum 17. Jahrhundert. Diese Archivalien waren gemeinsames Eigentum der drei Linien Büdingen, Wächtersbach und Meerholz, in die sich Ende des 17. Jahrhunderts das Haus Ysenburg aufgespalten hatte und die seit 1941 wieder in Büdingen vereint sind. Bei der Auflösung der Fideikommisse wurden 1931 diese gemeinschaftlichen Archivalien auf eine Stiftung übertragen.
Der Fideikommiss war ein Jahrhundertealtes Erbrecht, um das Familienvermögen adliger Familien zu sichern. 1938 wurde der Fideikommiss aufgehoben. An Oberlandesgerichten wurden Senate eingesetzt, um künstlerisch, wissenschaftlich und geschichtlich wertvolles Gut zu sichern. Die Rechtsvorschriften gelten bis heute.
Ist das die Stiftung, die die kirchlichen Güter in Büdingen verwaltet und bei der jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Verdachtes der Untreue ermittelt?
Nein, es handelt sich um eine andere Stiftung, die „Versorgungsstiftung Ysenburg und Büdingen“, deren Vorsitzender wohl immer noch ebenfalls Wolfgang Ernst zu Ysenburg ist. Neben dem Archiv im „Brauhaus“ gibt es aber noch ein zweites Ysenburger Archiv im „Bandhaus“ in etwas größerer Entfernung vom Schloss. Dort lagern die Akten der Rentkammerarchive von Wächtersbach, Meerholz und teilweise auch von Büdingen. Um diese Akten geht es zurzeit vordringlich.
Und alle diese Archive gehören der Familie Ysenburg?
Otto Friedrich Fürst zu Ysenburg hat mit dem gesamten Ysenburger Vermögen 1941 auch die drei Rentkammerarchive geerbt und die Schriften und Akten in Büdingen vereinigt.
Welche Bedeutung haben diese Archive?
Es handelt sich bei den Rentkammerarchiven um eine riesige Masse von Verwaltungsakten staatlichen Handelns vor allem aus dem 18. Jahrhundert, als die Papierflut zunahm.
Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich aus diesen Akten?
Sie sind die wichtigste Quelle überhaupt für bis zu 60 Ortschaften. Wer zum Beispiel über Bruchenbrücken oder Bönstadt im 18. Jahrhundert und teilweise auch im 17. und 19. Jahrhundert arbeiten will, ist auf diese Archive angewiesen.
Diese Archive sind von erheblichem öffentlichem Interesse?
Ja, ihr Verlust wäre für die Geschichtsschreibung betroffener Orte von Bruchenbrücken über Büdingen bis Wächtersbach eine Katastrophe.
Sie sind also keine Privatsache?
Es handelt sich um keine Familienpapiere, sondern um Verwaltungsakten öffentlichen staatlichen Charakters aus der Zeit, als die Ysenburger Lande noch selbstständige Staaten waren. Zwischen 1806 und 1835 lief dies langsam aus. Da die Häupter der drei Ysenburger Linien bis 1919, - wenn auch nur noch theoretisch, - Unterregenten blieben, beließ man ihnen diese staatlichen Archive. Nach 1919 wurde dann zumindest für eine staatliche Aufsicht gesorgt, die eine sichere Aufbewahrung und den Zugang zu ermöglichen hat.
Was muss getan werden, um diese staatliche Aufsicht durchzusetzen?
Das Archiv im „Brauhaus“ mag zurzeit außer Betracht bleiben, da es einer Stiftung gehört und das Gebäude in leidlichem Zustand ist. Mit dem Archiv im „Bandhaus“ muss aber etwas geschehen. Das Gebäude ist innen wie außen in ruinösem Zustand. Es gehört der BEHA Immobilien GmbH, die ihren Sitz von Flieden ins Büdinger Schloss verlegt hat und vermutlich längst in den Konkurs des gesamten von Otto Friedrich Fürst zu Ysenburg hinterlassenen Vermögens geraten ist.
Was befindet sich in dem Bandhaus?
Was sich im Einzelnen in dem Gebäude an für die Forschung unzugängliches Archivgut befindet, ist nicht bekannt. Eben sowenig bekannt ist auch, wem dies Archivgut gehört. Seit 1990 gibt es kein einheitliches Ysenburger Vermögen mehr. Otto Friedrich zu Ysenburg wurde beerbt von zwei Söhnen und einem Enkel, denen drei GbRs und noch ein paar andere Firmen gehörten. Es gab dann immer wieder Veränderungen. Wenn man mit Ysenburgischem zu tun hat, weiß man daher meist nicht, wer dahinter steckt.
Wer muss unter diesen Umständen schnell handeln?
Unter diesen Umständen muss der Staat im öffentlichen Interesse für Transparenz, Sicherheit und Zugänglichkeit sorgen. Die Fideikommissgesetzgebung gibt ihm hierzu die Handhabe. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat das Recht über einen Antrag beim Fideikommissgericht in Kassel zu bewirken, dass das Staatsarchiv in Darmstadt endlich tätig werden kann. Zu lange Zeit ist es schon trotz Mahnungen untätig geblieben.
Das Interview führte Bruno Rieb
https://www.fr-online.de/bad-vilbel/heimatforscher-vogel--verlust-waere-eine-katastrophe-,1472868,15055750.html
Update:
https://archiv.twoday.net/stories/97014410/

Foto des Büdinger Schlosses: Sven Teschke https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.de
https://archiv.twoday.net/stories/96989939/
Nun hat sich die Evangelische Kirche entschlossen, gegen den Fürsten vorzugehen:
https://www.wetterauer-zeitung.de/Home/Kreis/Staedte-und-Gemeinden/Buedingen/Artikel,-Kirche-geht-gegen-Fuerst-zu-Ysenburg-vor-_arid,337123_regid,3_puid,1_pageid,91.html
Der Adlige soll die Stiftung mit dubiosen Geschäften zur Begleichung von Familienschulden missbraucht haben: Er verkaufte mehrere Immobilien und Liegenschaften an die Stiftung, der er selber vorstand. Als Privatmann Fürst zu Ysenburg hat er also Geschäfte mit dem Stiftungsvorsitzenden Fürst zu Ysenburg gemacht. »Außerdem soll er sich selber Darlehen gegeben haben«, fügt Schmidt an.
In den vergangenen Jahren habe die EKHN über eine Million Euro in die Sanierung der beiden Büdinger Kirchen gesteckt. »Die Stiftung hat gerade mal zwei Prozent beigesteuert«, beklagt sich Schmidt. Laut Satzung ist die Stiftung Eigentümer der Marien- und der Remigiuskirche, der beiden Pfarrhäuser und des Friedhofs. Zweck der Stiftung ist laut Satzung die »Erhaltung, Unterhaltung und Ermöglichung der Nutzung dieser Grundstücke und Naturdenkmäler.«
Die Kritik der Kirche richtet sich jedoch nicht nur gegen das Fürstenhaus – auch beim Land Hessen habe es Versäumnisse gegeben: Seit über zwei Jahren warne man das Regierungspräsidium vor den Machenschaften des Fürsten. »Die Verantwortlichen sehen aber wohl keinen Anlass zum Handeln«, sagt Schmidt. Stattdessen habe das RP Anfang des Jahres eine Satzung der Stiftung genehmigt, die dem Fürsten praktisch die Verfügung über das Stiftungskapital einräume. Die neue Satzung ermögliche es ihm zudem, die 750 Jahre alte Stiftung aufzulösen. Kirchen, Pfarrhäuser und Friedhof gingen dann an die EKHN, »das sonstige Vermögen fällt an den dann lebenden Chef des Fürstlichen Hauses zu Ysenburg und Büdingen«, heiße es in der Satzung – also auch jene Grundstücke, die er der Stiftung verkauft habe.
Die Versäumnisse nimmt die Kirche zum Anlass, eine Amtshaftungsklage gegen das Land Hessen zu prüfen.
Heimatforscher Christian Vogel ( Vorsitzender der Vereinigung für Heimatforschung in Vogelsberg, Wetterau und Kinzigtal) macht sich Sorgen um eines der fürstlichen Archive.
Herr Vogel, Sie setzen sich für die Sicherung des Ysenburger Archivgutes in Büdingen ein. Welche Bedeutung haben diese Archive?
In Büdingen gibt es mindestens zwei Ysenburger Archive. Da gibt es einmal das „Brauhaus“ gleich beim Schloss, dort liegen vor allem die Urkunden aus dem Mittelalter und die Akten der Neuzeit bis zum 17. Jahrhundert. Diese Archivalien waren gemeinsames Eigentum der drei Linien Büdingen, Wächtersbach und Meerholz, in die sich Ende des 17. Jahrhunderts das Haus Ysenburg aufgespalten hatte und die seit 1941 wieder in Büdingen vereint sind. Bei der Auflösung der Fideikommisse wurden 1931 diese gemeinschaftlichen Archivalien auf eine Stiftung übertragen.
Der Fideikommiss war ein Jahrhundertealtes Erbrecht, um das Familienvermögen adliger Familien zu sichern. 1938 wurde der Fideikommiss aufgehoben. An Oberlandesgerichten wurden Senate eingesetzt, um künstlerisch, wissenschaftlich und geschichtlich wertvolles Gut zu sichern. Die Rechtsvorschriften gelten bis heute.
Ist das die Stiftung, die die kirchlichen Güter in Büdingen verwaltet und bei der jetzt die Staatsanwaltschaft wegen Verdachtes der Untreue ermittelt?
Nein, es handelt sich um eine andere Stiftung, die „Versorgungsstiftung Ysenburg und Büdingen“, deren Vorsitzender wohl immer noch ebenfalls Wolfgang Ernst zu Ysenburg ist. Neben dem Archiv im „Brauhaus“ gibt es aber noch ein zweites Ysenburger Archiv im „Bandhaus“ in etwas größerer Entfernung vom Schloss. Dort lagern die Akten der Rentkammerarchive von Wächtersbach, Meerholz und teilweise auch von Büdingen. Um diese Akten geht es zurzeit vordringlich.
Und alle diese Archive gehören der Familie Ysenburg?
Otto Friedrich Fürst zu Ysenburg hat mit dem gesamten Ysenburger Vermögen 1941 auch die drei Rentkammerarchive geerbt und die Schriften und Akten in Büdingen vereinigt.
Welche Bedeutung haben diese Archive?
Es handelt sich bei den Rentkammerarchiven um eine riesige Masse von Verwaltungsakten staatlichen Handelns vor allem aus dem 18. Jahrhundert, als die Papierflut zunahm.
Welche Erkenntnisse erhoffen Sie sich aus diesen Akten?
Sie sind die wichtigste Quelle überhaupt für bis zu 60 Ortschaften. Wer zum Beispiel über Bruchenbrücken oder Bönstadt im 18. Jahrhundert und teilweise auch im 17. und 19. Jahrhundert arbeiten will, ist auf diese Archive angewiesen.
Diese Archive sind von erheblichem öffentlichem Interesse?
Ja, ihr Verlust wäre für die Geschichtsschreibung betroffener Orte von Bruchenbrücken über Büdingen bis Wächtersbach eine Katastrophe.
Sie sind also keine Privatsache?
Es handelt sich um keine Familienpapiere, sondern um Verwaltungsakten öffentlichen staatlichen Charakters aus der Zeit, als die Ysenburger Lande noch selbstständige Staaten waren. Zwischen 1806 und 1835 lief dies langsam aus. Da die Häupter der drei Ysenburger Linien bis 1919, - wenn auch nur noch theoretisch, - Unterregenten blieben, beließ man ihnen diese staatlichen Archive. Nach 1919 wurde dann zumindest für eine staatliche Aufsicht gesorgt, die eine sichere Aufbewahrung und den Zugang zu ermöglichen hat.
Was muss getan werden, um diese staatliche Aufsicht durchzusetzen?
Das Archiv im „Brauhaus“ mag zurzeit außer Betracht bleiben, da es einer Stiftung gehört und das Gebäude in leidlichem Zustand ist. Mit dem Archiv im „Bandhaus“ muss aber etwas geschehen. Das Gebäude ist innen wie außen in ruinösem Zustand. Es gehört der BEHA Immobilien GmbH, die ihren Sitz von Flieden ins Büdinger Schloss verlegt hat und vermutlich längst in den Konkurs des gesamten von Otto Friedrich Fürst zu Ysenburg hinterlassenen Vermögens geraten ist.
Was befindet sich in dem Bandhaus?
Was sich im Einzelnen in dem Gebäude an für die Forschung unzugängliches Archivgut befindet, ist nicht bekannt. Eben sowenig bekannt ist auch, wem dies Archivgut gehört. Seit 1990 gibt es kein einheitliches Ysenburger Vermögen mehr. Otto Friedrich zu Ysenburg wurde beerbt von zwei Söhnen und einem Enkel, denen drei GbRs und noch ein paar andere Firmen gehörten. Es gab dann immer wieder Veränderungen. Wenn man mit Ysenburgischem zu tun hat, weiß man daher meist nicht, wer dahinter steckt.
Wer muss unter diesen Umständen schnell handeln?
Unter diesen Umständen muss der Staat im öffentlichen Interesse für Transparenz, Sicherheit und Zugänglichkeit sorgen. Die Fideikommissgesetzgebung gibt ihm hierzu die Handhabe. Das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst hat das Recht über einen Antrag beim Fideikommissgericht in Kassel zu bewirken, dass das Staatsarchiv in Darmstadt endlich tätig werden kann. Zu lange Zeit ist es schon trotz Mahnungen untätig geblieben.
Das Interview führte Bruno Rieb
https://www.fr-online.de/bad-vilbel/heimatforscher-vogel--verlust-waere-eine-katastrophe-,1472868,15055750.html
Update:
https://archiv.twoday.net/stories/97014410/

Foto des Büdinger Schlosses: Sven Teschke https://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/deed.de
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