Kulturgut
https://books.google.com/books?id=zVKllM0lzq4C&pg=PA234 (US-Proxy)
Demnach wurde die Handschrift zuerst von Hassler auf der Ulmer Altertumsforscherversammlung (gemeint ist die von 1855) gezeigt.
Unidentifiziertes Wappen des Erstbesitzers des Hausbuchs
Demnach wurde die Handschrift zuerst von Hassler auf der Ulmer Altertumsforscherversammlung (gemeint ist die von 1855) gezeigt.

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An zwei Punkten zumindest scheinen das Hausbuch und sein Meister diese
Grenze sogar zu durchbrechen. Auffallend ist die rein profane
Ausrichtung der Blätter, es gibt verschlungene Pärchen hinter den
Büschen, einen Ritter, der kurz vorm Turnier der Dame seines Herzens an
den Busen faßt, Kriegsgerät und Hüttentechnik, Astrologie und
Badeszenen. Einmal sieht man ein Kruzifix fern am Horizont in der
Landschaft stehen, doch wird es überragt vom Galgen, über dem die Krähen
kreisen. Und auf der Doppelseite der Hochwildjagd steht ein Wegkreuz so
verloren in der Landschaft, als sei es längst aller Funktionen enthoben
und ein bloßes Relikt vergangener Zeiten.
Eine ebensolche irritierende Zeitgenossenschaft erreicht das Hausbuch
auf Zeichnungen, die das "Badehaus" und das "Hüttenwerk" darstellen. In
beiden Fällen finden sich früheste Beispiele für jenes von Wolfgang Kemp
geprägte Wort vom Betrachter, der "im Bild ist". Es ist fast verstörend,
mit welcher lässigen Selbstverständlichkeit der junge Höfling mit nichts
anderem beschäftigt scheint, als - stellvertretend für den Betrachter -
die schönen nackten Damen im Bad zu beobachten. Mag aber dieses Motiv
hier noch einen voyeuristischen Unterton haben, den man auch
mythologisch vorgebildet findet, so sind die zwei Herren, die den
Treibofen im Hüttenwerk betrachten, eine motivische Sensation. Die
Eleganz des Strichs, die mühelos an die italienischen Zeitgenossen
heranreicht, wirkt so preziös, als handele es sich bei dem galanten Paar
um Besucher aus einem späteren Jahrhundert. So weit holt der rechte
Höfling mit dem Arm aus, so unübersehbar ist sein "Da, schau
her!"-Gestus, daß er selbst fünfhundert Jahre später noch unsere Blicke
auf den glimmenden Ofen zu lenken vermag.
Florian Illies in der Frankfurter Allgemeine Zeitung, 15.10.1997, Nr. 239, S. 41 über die damalige Staedel-Ausstellung.
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Der seit 1905 dem in Bologna wirkenden Maler Amico Aspertini (1474-1552) zugeschriebene "Codex Wolfegg" ist ein Pergamentband aus 29 Blättern (um 1503). Er "gehört zu den wenigen erhaltenen frühen Zeichnungsbüchern der Renaissance nach Antiken" (Europäische Meisterzeichnungen ... 2003 Besprechung, S. 44 Nr. 10)
Ediert und wissenschaftlich aufgearbeitet wurde die Handschrift von
Schweikhart, Gunter: Der Codex Wolfegg. Zeichnungen nach der Antike von Amico Aspertini, (Studies of the Warburg Institute XXXVIII), London 1986.
Schwarzweissabbildungen der Zeichnungen sind unter
https://www.census.de/
kostenfrei zugänglich.

Ediert und wissenschaftlich aufgearbeitet wurde die Handschrift von
Schweikhart, Gunter: Der Codex Wolfegg. Zeichnungen nach der Antike von Amico Aspertini, (Studies of the Warburg Institute XXXVIII), London 1986.
Schwarzweissabbildungen der Zeichnungen sind unter
https://www.census.de/
kostenfrei zugänglich.

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Zu den Mitteln der parlamentarische Kontrolle gehören kleine und große Anfragen sowie sogenannte Berichtsanträge (siehe Geschäftsordnung des BW-Landtags als PDF). Helen Heberer und fünf andere SPD-Abgeordnete haben nun mit einem Berichtsantrag Auskunft zum Wolfegger Hausbuch verlangt:
https://www2.landtag-bw.de/dokumente/initiativen/initiativen.asp?Drs=14_2339

https://www2.landtag-bw.de/dokumente/initiativen/initiativen.asp?Drs=14_2339

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Alle, die mit dem Ex-Wolfegger Hausbuch nicht vertraut sind und damit bisher nicht das überragende Kulturdenkmal verbinden, das hier verhökert wurde, sollten sich die neu hochgeladenen Bilder auf den Wikimedia Commons anschauen:
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Mittelalterliches_Hausbuch_von_Schloss_Wolfegg?uselang=de
Die Bilder sind recht hochauflösend, also sollte man bei den detailreichen Bildern auf jeden Fall die etwas versteckte Möglichkeit zur Ansicht in Datei-Originalgröße nutzen und direkt unter dem Bild auf den Link "Full Resolution" klicken.

Update: Das Buch wird nun mit Hilfe dieser Bilder auch im Wikipedia-Artikel Hausbuch (Schloss Wolfegg) etwas ausführlicher beschrieben als bisher.
https://commons.wikimedia.org/wiki/Category:Mittelalterliches_Hausbuch_von_Schloss_Wolfegg?uselang=de
Die Bilder sind recht hochauflösend, also sollte man bei den detailreichen Bildern auf jeden Fall die etwas versteckte Möglichkeit zur Ansicht in Datei-Originalgröße nutzen und direkt unter dem Bild auf den Link "Full Resolution" klicken.

Update: Das Buch wird nun mit Hilfe dieser Bilder auch im Wikipedia-Artikel Hausbuch (Schloss Wolfegg) etwas ausführlicher beschrieben als bisher.
Ladislaus - am Samstag, 9. Februar 2008, 19:58 - Rubrik: Kulturgut
In den Stuttgarter Nachrichten vom 19.11.2007 konnte man einen Bericht über ein zeitzeugen-Interview mit Johannes Fürst zu Waldburg-Wolfegg lesen. Auszug:
Kunst soll öffentlich zugänglich sein, dazu bekennt sich der studierte Wirtschafts- und Forstwissenschaftler, der im Allgäu große Ländereien sein Eigen nennt: "Ich lasse auch gern Menschen an der Schönheit meines Schlosses teilhaben." Das zeigt sich darin, dass er die prächtige Kulisse kostenlos für Veranstaltungen zur Verfügung stellt - zum Beispiel für die Internationalen Wolfegger Konzerte oder die Internationalen Festspiele Baden-Württemberg.
Grenzen setzt Fürst Johannes der öffentlichen Teilhabe allerdings dort, wo die Kunstwerke Schaden nehmen. Seine Kupferstichsammlung zum Beispiel - mit rund 100 000 Stichen mit der des englischen Königshauses vergleichbar - ist extrem licht- und temperaturempfindlich. Ein Großteil der Wolfegger Kunstschätze bleiben also allein der Familie vorbehalten. Das heißt nun nicht, dass seine Kinder - Leonardo (12), der jüngste, sitzt unter den 400 Zuhörern - im Schloss nichts anfassen dürfen. "Auch Kinder haben einen natürlichen Respekt vor gewissen heiligen Dingen", sagt der Fürst. Und wenn mal was zu Bruch gehe, dann sei das eben so.
Leisten kann sich die Familie eine solche Großzügigkeit allemal: Der in der Schweiz erzogene Adelige hat den Strukturwandel mit seinem Forst- und Agrarbetrieb erfolgreich bewältigt. Aus früheren Wiesen wurden zum Beispiel zwei meisterschaftstaugliche Golfplätze - samt Hotel, Wellnessfarm und allem, was dazu gehört. "Das ist kein allgemeingültiges Modell", sagt Fürst Johannes, "aber man kann und soll den Wandel nicht verhindern."
Vielleicht hat man ja das Hausbuch verkauft, damit Leonardo nicht mit seinen Marmeladenfingern nicht länger darauf rumtatscht?
Dass der Fürst seine Schätze in den letzten jahren für Ausstellungen zur Verfügung gestellt hat, war verdienstvoll und aller Ehren wert. Durch seinen kaltschnäuzigen "Verkauf" des Hausbuchs, da ungenehmigt eine illegale Transaktion, hat er nun seinen guten Ruf kräftig demoliert. Oder wie er selbst sagte: Wenn mal was zu Bruch geht, dann ist das eben so.

Kunst soll öffentlich zugänglich sein, dazu bekennt sich der studierte Wirtschafts- und Forstwissenschaftler, der im Allgäu große Ländereien sein Eigen nennt: "Ich lasse auch gern Menschen an der Schönheit meines Schlosses teilhaben." Das zeigt sich darin, dass er die prächtige Kulisse kostenlos für Veranstaltungen zur Verfügung stellt - zum Beispiel für die Internationalen Wolfegger Konzerte oder die Internationalen Festspiele Baden-Württemberg.
Grenzen setzt Fürst Johannes der öffentlichen Teilhabe allerdings dort, wo die Kunstwerke Schaden nehmen. Seine Kupferstichsammlung zum Beispiel - mit rund 100 000 Stichen mit der des englischen Königshauses vergleichbar - ist extrem licht- und temperaturempfindlich. Ein Großteil der Wolfegger Kunstschätze bleiben also allein der Familie vorbehalten. Das heißt nun nicht, dass seine Kinder - Leonardo (12), der jüngste, sitzt unter den 400 Zuhörern - im Schloss nichts anfassen dürfen. "Auch Kinder haben einen natürlichen Respekt vor gewissen heiligen Dingen", sagt der Fürst. Und wenn mal was zu Bruch gehe, dann sei das eben so.
Leisten kann sich die Familie eine solche Großzügigkeit allemal: Der in der Schweiz erzogene Adelige hat den Strukturwandel mit seinem Forst- und Agrarbetrieb erfolgreich bewältigt. Aus früheren Wiesen wurden zum Beispiel zwei meisterschaftstaugliche Golfplätze - samt Hotel, Wellnessfarm und allem, was dazu gehört. "Das ist kein allgemeingültiges Modell", sagt Fürst Johannes, "aber man kann und soll den Wandel nicht verhindern."
Vielleicht hat man ja das Hausbuch verkauft, damit Leonardo nicht mit seinen Marmeladenfingern nicht länger darauf rumtatscht?
Dass der Fürst seine Schätze in den letzten jahren für Ausstellungen zur Verfügung gestellt hat, war verdienstvoll und aller Ehren wert. Durch seinen kaltschnäuzigen "Verkauf" des Hausbuchs, da ungenehmigt eine illegale Transaktion, hat er nun seinen guten Ruf kräftig demoliert. Oder wie er selbst sagte: Wenn mal was zu Bruch geht, dann ist das eben so.

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Wolfgang Messner äußerte heute scharfe Kritik am Verkauf:
Wo beginnt Privateigentum? Auf diese Frage kann man kommen, wenn man die unklaren Umstände des Verkaufs des Mittelalterlichen Hausbuchs näher betrachtet. Sicher handelte es sich bei dem Kompendium um privates Eigentum des Fürstenhauses Waldburg-Wolfegg. Aber durfte es deshalb damit machen, was es wollte? Durfte es einfach so verkauft werden, ohne zu fragen? Nein. Das Mittelalterliche Hausbuch ist keine Vase, kein Geschirr oder irgend ein röhrender Hirsch auf Öl. Mehr als jedes Privatgut stellt diese Zusammenstellung aus dem Alltagsleben ein schützenswertes Kulturgut dar. Ein Nationalerbe von überragender Bedeutung.
Dass solche Werke durch historische Zufälle überhaupt in das Eigentum von wenigen Adeligen gekommen sind, ist schon ein Ärgernis. Spätestens mit dem Beginn der Weimarer Republik wurde die Gelegenheit verpasst, die Eigentumsverhältnisse zu klären. Wenn überhaupt, hätten höchstens Schlösser, Burgen und andere Liegenschaften bei den Markgrafen, Herzögen und Fürsten verbleiben sollen. Kulturgüter, zumal von solch unwiderbringlichem Wert, sollten dem Staat, und damit der Allgemeinheit gehören. Teure Streitereien um Bilder und Handschriften der Fürsten zu Fürstenberg und wie jetzt wieder um die Kulturgüter des badischen Markgrafen hätten so vermieden werden können.
Nahezu unverfroren scheint es, dass Fürst Waldburg-Wolfegg den Käufer des Mittelalterlichen Hausbuchs "zum Schutz des Werkes" nicht preisgeben will. Befürchtungen, die einzigartige Handschrift könnte für immer für Wissenschaft und Öffentlichkeit verloren sein, werden so eher bestätigt.
Der Verkauf ist nicht nur unverfroren, sondern meines Erachtens auch nichtig, da ohne vorherige Genehmigung kein gültiges Rechtsgeschäft zustandekommen konnte.
Ob das Stück "für immer" verloren ist, wird die Zukunft zeigen.
Das immer wieder anzutreffende Argument mit den verpassten Chancen der Weimarer Republik ist zu relativieren. Nur in einem autoritärem Regime mit gleichgeschalteter Justiz wären entsprechende Enteignungen möglich gewesen. Auf das konservative Reichsgericht konnte sich die aristokratische Corona verlassen. Als Standesherren waren die Waldburger in einer ganz anderen Lage als die ehemals regierenden Häuser. Ihr Eigentum stand genauso ausser Frage wie das Eigentum des Hauses Baden an der Salemer Säkularisationsbeute. Eine entschädigungslose Enteignung etwa der Wolfegger Sammlungen wäre nicht möglich gewesen, und die hohen Entschädigungssummen hätte sich die Weimarer Republik nach 1918 ganz gewiss nicht leisten können.

Wo beginnt Privateigentum? Auf diese Frage kann man kommen, wenn man die unklaren Umstände des Verkaufs des Mittelalterlichen Hausbuchs näher betrachtet. Sicher handelte es sich bei dem Kompendium um privates Eigentum des Fürstenhauses Waldburg-Wolfegg. Aber durfte es deshalb damit machen, was es wollte? Durfte es einfach so verkauft werden, ohne zu fragen? Nein. Das Mittelalterliche Hausbuch ist keine Vase, kein Geschirr oder irgend ein röhrender Hirsch auf Öl. Mehr als jedes Privatgut stellt diese Zusammenstellung aus dem Alltagsleben ein schützenswertes Kulturgut dar. Ein Nationalerbe von überragender Bedeutung.
Dass solche Werke durch historische Zufälle überhaupt in das Eigentum von wenigen Adeligen gekommen sind, ist schon ein Ärgernis. Spätestens mit dem Beginn der Weimarer Republik wurde die Gelegenheit verpasst, die Eigentumsverhältnisse zu klären. Wenn überhaupt, hätten höchstens Schlösser, Burgen und andere Liegenschaften bei den Markgrafen, Herzögen und Fürsten verbleiben sollen. Kulturgüter, zumal von solch unwiderbringlichem Wert, sollten dem Staat, und damit der Allgemeinheit gehören. Teure Streitereien um Bilder und Handschriften der Fürsten zu Fürstenberg und wie jetzt wieder um die Kulturgüter des badischen Markgrafen hätten so vermieden werden können.
Nahezu unverfroren scheint es, dass Fürst Waldburg-Wolfegg den Käufer des Mittelalterlichen Hausbuchs "zum Schutz des Werkes" nicht preisgeben will. Befürchtungen, die einzigartige Handschrift könnte für immer für Wissenschaft und Öffentlichkeit verloren sein, werden so eher bestätigt.
Der Verkauf ist nicht nur unverfroren, sondern meines Erachtens auch nichtig, da ohne vorherige Genehmigung kein gültiges Rechtsgeschäft zustandekommen konnte.
Ob das Stück "für immer" verloren ist, wird die Zukunft zeigen.
Das immer wieder anzutreffende Argument mit den verpassten Chancen der Weimarer Republik ist zu relativieren. Nur in einem autoritärem Regime mit gleichgeschalteter Justiz wären entsprechende Enteignungen möglich gewesen. Auf das konservative Reichsgericht konnte sich die aristokratische Corona verlassen. Als Standesherren waren die Waldburger in einer ganz anderen Lage als die ehemals regierenden Häuser. Ihr Eigentum stand genauso ausser Frage wie das Eigentum des Hauses Baden an der Salemer Säkularisationsbeute. Eine entschädigungslose Enteignung etwa der Wolfegger Sammlungen wäre nicht möglich gewesen, und die hohen Entschädigungssummen hätte sich die Weimarer Republik nach 1918 ganz gewiss nicht leisten können.

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Wer kein angestellter Journalist ist, sondern wie ich nebenher recherchiert, wird von Institutionen nicht selten wie der letzte Kehricht behandelt. Und das liegt nicht an meinem Auftreten.
Vorgestern nachmittag rief ich beim Staedel-Museum an, um eine Stellungnahme zur Bedeutung des Hausbuchs einzuholen. Der Direktor war nicht zu sprechen, ich gelangte an eine Pressemitarbeiterin namens Wiener, die von der ganzen Sache und auch vom Mittelalterlichen Hausbuch keine Ahnung hatte und darum bat, eine Mail mit weiteren Angaben zu senden. Man würde dann prüfen, ob der Direktor oder der Kurator Dr. Brinkmann Stellung nehmen würde.
Ich schrieb also artig sofort die Mail und hängte als Scan auch meine presserechtliche Legitimation an. Keine Reaktion.
In der Stuttgarter Zeitung von heute konnte dagegen eine Stellungnahme von Dr. Brinkmann nachgelesen werden.
"Das Mittelalterliche Hausbuch ist ein nationales Denkmal von höchstem Rang", erklärt Bodo Brinkmann, Kunsthistoriker beim Städel-Museum in Frankfurt. "Mit weitem Abstand" stelle es das bedeutendste historische, kunst- und kulturgeschichtliche schriftliche Zeugnis des 15. Jahrhunderts in Deutschland dar und sei für die Alltags-und- Sozial-Geschichte von unschätzbarem Wert.
"Wäre es verschwunden, wäre das so, als ob der Kölner Dom gestohlen worden wäre", sagte Brinkmann. Das Frankfurter Städel-Museum hatte das Hausbuch vom September bis November 1997 erstmals einer großen Öffentlichkeit gezeigt. Zur Jahreswende 1998 wanderte die Schau unter anderem nach Washington in die National Gallery und ins Metropolitan Museum of Art nach New York.
Das Staedel ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechts und unterliegt daher grundsätzlich keinen Regeln, die für Behörden gelten. Trotzdem ist es denkbar schlechter Stil, Pressevertreter eklatant ungleich zu behandeln.

Vorgestern nachmittag rief ich beim Staedel-Museum an, um eine Stellungnahme zur Bedeutung des Hausbuchs einzuholen. Der Direktor war nicht zu sprechen, ich gelangte an eine Pressemitarbeiterin namens Wiener, die von der ganzen Sache und auch vom Mittelalterlichen Hausbuch keine Ahnung hatte und darum bat, eine Mail mit weiteren Angaben zu senden. Man würde dann prüfen, ob der Direktor oder der Kurator Dr. Brinkmann Stellung nehmen würde.
Ich schrieb also artig sofort die Mail und hängte als Scan auch meine presserechtliche Legitimation an. Keine Reaktion.
In der Stuttgarter Zeitung von heute konnte dagegen eine Stellungnahme von Dr. Brinkmann nachgelesen werden.
"Das Mittelalterliche Hausbuch ist ein nationales Denkmal von höchstem Rang", erklärt Bodo Brinkmann, Kunsthistoriker beim Städel-Museum in Frankfurt. "Mit weitem Abstand" stelle es das bedeutendste historische, kunst- und kulturgeschichtliche schriftliche Zeugnis des 15. Jahrhunderts in Deutschland dar und sei für die Alltags-und- Sozial-Geschichte von unschätzbarem Wert.
"Wäre es verschwunden, wäre das so, als ob der Kölner Dom gestohlen worden wäre", sagte Brinkmann. Das Frankfurter Städel-Museum hatte das Hausbuch vom September bis November 1997 erstmals einer großen Öffentlichkeit gezeigt. Zur Jahreswende 1998 wanderte die Schau unter anderem nach Washington in die National Gallery und ins Metropolitan Museum of Art nach New York.
Das Staedel ist eine Stiftung des bürgerlichen Rechts und unterliegt daher grundsätzlich keinen Regeln, die für Behörden gelten. Trotzdem ist es denkbar schlechter Stil, Pressevertreter eklatant ungleich zu behandeln.

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Die Südwestpresse hat weitere Details aufgedeckt. (Update zu:
https://archiv.twoday.net/stories/4688838/ )
KULTURGUT / Beim Verkauf des Mittelalterlichen Hausbuches von Schloss Wolfegg ging es nicht mit rechten Dingen zu
Die Landesregierung schön düpiert
Minister Pfister wusste seit August 2007 von dem Geschäft und gab erst mit Verspätung Alarm
Beim Verkauf des Mittelalterlichen Hausbuchs von Schloss Wolfegg ist die Landesregierung ganz schön an der Nase herumgeführt worden. Bei der millionenschweren Transaktion umging der Fürst die Landesbehörden. Lässt sich der Verkauf rückgängig machen?
RAIMUND WEIBLE BETTINA WIESELMANN
Noch am Mittwoch behauptete Bernd Mayer, Leiter der Kunstsammlungen auf Schloss Wolfegg, es sei "alles im Fluss". Und der promovierte Kustos erweckte den Eindruck, als ob noch keine Tatsachen geschaffen worden wären. Damit wollte er offenbar eine unangenehme Anfrage der SÜDWEST PRESSE abblocken. Mit der Wahrheit rückte er gegenüber der Öffentlichkeit erst gestern Vormittag heraus. Mayer bestätigte nun endlich auch gegenüber der Öffentlichkeit, dass sich das oberschwäbische Adelshaus von einem seiner wertvollsten Archivalien getrennt hat, dem Mittelalterlichen Hausbuch.
350 Jahre lang wurde dieses Werk, das mit künstlerischer Brillanz seltene Einblicke in das Alltagsleben der Menschen des 15. Jahrhunderts gibt, auf Schloss Wolfegg im Kreis Ravensburg aufbewahrt. Reichserbtruchsess (Verwalter der Reichsgüter) Maximilian Willibald (1604-1667), ein großer Sammler vor dem Herrn und Begründer des Kupferstichkabinetts auf Schloss Wolfegg, hatte die in Fragmenten vorliegende Handschrift von einem unbekannten Vorbesitzer erworben. Sie steht auf der Liste der nationalen Kulturgüter und gehört zu den Juwelen Baden-Württembergs.
Nun ist das Buch weg, so wie schon 2001 die Waldseemüller-Weltkarte, ein weiteres Glanzstück der Sammlungen auf Schloss Wolfegg. Die Weltkarte, auf der Kartograph Martin Waldseemüller als erster den vierten Kontinent mit dem Namen Amerika bezeichnete, war mit der notwendigen Genehmigung des Beauftragten der Bundesregierung an die Kongressbibliothek in Washington gegangen.
Wieder geht Kulturgut baden
Das Versteckspiel geht aber weiter. Mayer will nicht sagen, an welchen Ort das Hausbuch gewandert ist, und er will nicht sagen, wie der neue Besitzer heißt. "Über die Einzelheiten der Transaktion sowie die Identität des neuen Eigentümers wurde zum Schutz des Werkes Stillschweigen vereinbart", teilte er lediglich mit. Die Begründung "Schutz des Werks" ist als Vorwand leicht zu durchschauen. Vielmehr wird es so sein, dass der Erwerber nicht im Rampenlicht stehen will. Er hat sich Diskretion ausgebeten.
Nach Informationen der SÜDWEST PRESSE handelt es sich bei dem neuen Eigentümer, wie berichtet, um den öffentlichkeitsscheuen Ex-Bankier August Baron von Finck, ein Milliardär mit Wohnsitz im schweizerischen Thurgau. Wirtschaftsminister Ernst Pfister kennt den Namen des neuen Hausbuch-Eigentümers spätestens seit dem 15. Januar 2008. An jenem Tag, so war gestern überraschend aus seinem Ministerium zu hören, habe sich ihm der Vermittler des Hauses Waldburg-Wolfegg offenbart. Der Vermittler ist eine bekannte Figur im internationalen Kunsthandel: Christoph Graf Douglas. Der smarte, 60-jährige Adelige ist meist dabei, wenn es um Transaktionen wertvoller Kulturgüter aus deutschem Adelsbesitz geht. Als Ernst-August Prinz von Hannover sich von mehr oder weniger wertvollem Nippes aus seinem Schloss trennte, stand ihm der ehemalige Sothebys- Deutschland-Direktor zur Seite. Auch wenn es um Schätze aus dem Hause Fürstenberg in Donaueschingen oder aus dem Hause Baden ging, war Douglas stets zur Stelle. Und jetzt half er dem Wolfegger Fürsten Johannes, das Hausbuch zu klingender Münze zu verwandeln. 20 Millionen Euro sind im Gespräch, etwas mehr als das Doppelte, was der Waldseemüller-Transfer nach Amerika eingebracht hatte. Der Aachener Hochschul-Archivar Klaus Graf, der seit Jahren die Geschäfte des listigen Sachverständigen für Antiquitäten und Kunst beobachtet, redet aufgebracht von einer "erneuten Schurkentat" des alerten Grafen.
Der Sprecher des Wissenschaftsministeriums, Jochen Laun, drückt sich nicht so derb aus, aber er macht deutlich, dass die Transaktion nicht sauber über die Bühne gegangen ist. Bei dem Verkauf ist beispielsweise Paragraph neun des Bundesgesetzes zum Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwanderung verletzt worden. Diese Vorschrift verlangt vom Besitzer der Preziose, dass er unverzüglich der obersten Landesbehörde, im Fall Baden-Württemberg dem Wissenschaftsministerium, mitzuteilen hat, wenn das Objekt an einen anderen Ort gebracht wird. Bei einer Ausfuhr ins Ausland sind, wie der Fall der Weltkarte zeigte, noch viel strengere Vorschriften zu beachten. Bei einem Verstoß drohen sogar bis zu drei Jahre Haft.
Das Land vorgeführt
Für das Hausbuch liegt zudem eine absolute Verfügungsbeschränkung vor. Es fällt unter den Fideikommiss (dabei geht es darum, eine Erbschaft unter behördlicher Aufsicht zusammenzuhalten), und deswegen hätten sich die Wolfegger vor Vertragsunterschrift vom Regierungspräsidium Tübingen als Denkmalbehörde eine Genehmigung einholen müssen. Das haben sie nicht getan. Graf schimpft: "Es geht ganz und gar nicht an, wie sich hier ein Adelshaus über geltendes Recht hinwegsetzt und das Land einmal mehr vorführt."
In den Amtsstuben der Ministerien gab es in den vergangenen Tagen fiebrige Recherchen zum Ablauf des Geschäfts. Inzwischen ist sicher: Schon im August 2006 gab es deutliche Anzeichen, dass Wolfegg sich von dem Hausbuch trennen will. Vermittler war eben Graf Douglas, der an das Land herantrat.
Damals bot er dem Frankenberg-Ministerium das Hausbuch zum Verkauf oder zum Tausch gegen vermarktbare Archivalien an. Ohne Erfolg. Staatssekretär Dietrich Birk lehnte das Angebot schriftlich ab. Ein hoher Beamter dazu: "Wir sind ja nicht auf dem arabischen Bazar." Ein anderer Beamter witzelte: "Jetzt weiß man, dass es nicht nur Geld- sondern auch Buchwäsche gibt."
Die schwächste Stelle
Die Landesregierung hat sich in der Hausbuch-Affäre wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Am wenigsten professionell handelte Wirtschaftsminister Ernst Pfister. Er erfuhr im August 2007 von dem Verkauf und sah offenbar keinen Grund, die anderen Landesbehörden sofort zu informieren, die in die Sache eingebunden sein müssen. Zielsicher hat Douglas wohl die schwächste Stelle in der Regierung ausgesucht, nach der Abfuhr vom Wissenschaftsministerium im August 2006.
Deswegen muss die Landesregierung nun auch Schelte von der Opposition einstecken. Für Helen Heberer, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, zeigt der Vorgang Parallelen "zu dem geschichtslosen Dilettantismus der Regierung im Umgang mit den badischen Kulturgütern". Sie verlangt Auskunft über die Verhandlungen zwischen dem Haus Wolfegg und dem Land. "Die Landesregierung muss lückenlos offenlegen, warum es ihr nicht gelang, einen Kauf- oder Tauschvertrag mit dem Adelshaus Waldburg-Wolfegg zu schließen.".
Wenn vor dem Verkauf nicht die notwendige Zustimmung eingeholt worden ist, dann ist die Rechtmäßigkeit des Vertrags in Zweifel zu ziehen. Auf die Frage der SÜDWEST PRESSE, ob sich das Ministerium nun darum kümmern wird, den Verkauf rückgängig zu machen und das Buch wieder ins Land zu holen, sagte Laun: "Man wird sich innerhalb der beteiligten Behörden abstimmen müssen, wie weiter zu verfahren ist."
Kommentar:
Ministerialdirektor Klaus Tappeser vom Wissenschaftsministerium wollte noch gestern Morgen keine Informationen über den Verbleib des Buches haben. Auch Landesamt-Chef Planck, mit dem ich vorgestern sprach, war offenbar nicht vom Wirtschaftsministerium ins Bild gesetzt worden.
Nun kennt man auch genauer die Chronologie der Kontakte: Wenn Graf Douglas im August 2006 den Tauschhandel vorschlug, dann war das vor dem Bekanntwerden des Baden-Deals Ende 2006. Alles spricht also dafür, dass er der Spiritus rector der schändlichen Idee ist, im Tausch gegen andere Kulturgüter Objekte aus staatlichen Sammlungen dem Markt zuzuführen.
Nicht besonders klar wird in dem Artikel, was es mit dem Fideikommiss auf sich hat. Instruktiv dazu ist die Lektüre des Beschlusses des Fideikommisssenats des (inzwischen aufgelösten) Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 27.10.2004 auf Wikisource.
"Ein Familienfideikommiss ist ein durch privates Rechtsgeschäft gebundenes Sondervermögen, das grundsätzlich unveräußerlich und unbelastbar ist, von bestimmten Familienmitgliedern nacheinander in einer von vornherein festgelegten Folgeordnung genutzt wird und dazu bestimmt ist, die wirtschaftliche Kraft und das soziale Ansehen einer Familie dauernd zu erhalten. Die Fideikommisse verdanken ihre Entstehung dem Wunsch der grundbesitzenden Familien, insbesondere des Adels, ihren Besitzstand geschlossen zu erhalten (Koehler-Heinemann, S. 67). Fideikommissvermögen wurde in der Regel unter dem Privileg einer herrschaftlichen Position geschaffen oder erworben."
Die Fideikommissauflösungsgesetzgebung nach 1918 und insbesondere das Fideikommissauflösungsgesetz vom 6.7.1938 behielt im öffentlichen Interesse die rechtlichen Bindungen bei. Das Gericht bemerkte, dass "Beschlüsse des OLG keine Beschränkungen bestimmen, die nicht schon vorher bestanden haben. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die vorher im Interesse der Familie bestehenden Beschränkungen nunmehr im öffentlichen Interesse aufrechterhalten wurden".
Die ehemalige Sonderrolle der Eigentümer rechtfertigt es nach Ansicht des Gerichts, ehemaliges Fideikommissvermögen anders zu behandeln als anderes Vermögen.
Die bayerische Entscheidung ist 1:1 auf den Wolfegger Fall übertragbar.
Die Beschlüsse des Fideikommissgerichts aus den 1950er Jahren über die Wolfegger Sammlungen sind formell und materiell rechtskräftig. Es ist auch keine wesentliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse eingetreten. Das betroffene Kulturgut ist wie damals schützenswert und schutzbedürftig. Die Beschlüsse sind auch nicht verfassungswidrig. Der angeordnete Genehmigungsvorbehalt beschränkt in zulässiger Weise Inhalt und Schranken des Eigentums, um wertvolles Kulturgut zu schützen. Dies ist vom Eigentümer entschädigungslos als Ausfluß der Sozialbindung des Eigentümers hinzunehmen.
Einen Antrag auf Aufhebung der Beschlüsse hat der Eigentümer nicht gestellt.
Die Aufhebung von Fideikommiss-Auflösungsrecht am 23.11.2007 hat keine Änderung bewirkt. Bestehende Rechte und Pflichte bleiben nach § 2 unberührt:
https://www.buzer.de/gesetz/7964/index.htm
Daraus folgt: Die fideikommissrechtlichen Beschränkungen sind nach wie vor zu beachten, der Verkauf ist ohne entsprechende Genehmigung nichtig.
Instruktiv nicht nur zur hessischen Rechtslage ist ein Auszug aus dem Kommentar zum hessischen Denkmalschutzrecht.
"Die im öffentlichen Interesse getroffenen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen wirken auch gegenüber jedem Erwerber oder Besitzer des geschützten Kulturdenkmals (§ 7 Abs. 2 Satz 1 DV FidErIG)".
Bei Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen der Genehmigungsbehörde kann der Eigentümer mit Geld- oder Haftstrafen (Erzwingungsstrafen) belegt werden (§ 7 Abs. 2 Satz 2 DV FidErIG).
In Bayern ließ vor Jahren das OLG Bamberg das Bibra'sche Archiv unter Polizeischutz ins Staatsarchiv Bamberg verbringen.
Das Reichsgesetzblatt von 1938 mit dem Text des damals beschlossenen Gesetzes ist online.
Zum Thema siehe auch:
https://www.jurawiki.de/FideiKommiss
https://archiv.twoday.net/search?q=fideikomm

https://archiv.twoday.net/stories/4688838/ )
KULTURGUT / Beim Verkauf des Mittelalterlichen Hausbuches von Schloss Wolfegg ging es nicht mit rechten Dingen zu
Die Landesregierung schön düpiert
Minister Pfister wusste seit August 2007 von dem Geschäft und gab erst mit Verspätung Alarm
Beim Verkauf des Mittelalterlichen Hausbuchs von Schloss Wolfegg ist die Landesregierung ganz schön an der Nase herumgeführt worden. Bei der millionenschweren Transaktion umging der Fürst die Landesbehörden. Lässt sich der Verkauf rückgängig machen?
RAIMUND WEIBLE BETTINA WIESELMANN
Noch am Mittwoch behauptete Bernd Mayer, Leiter der Kunstsammlungen auf Schloss Wolfegg, es sei "alles im Fluss". Und der promovierte Kustos erweckte den Eindruck, als ob noch keine Tatsachen geschaffen worden wären. Damit wollte er offenbar eine unangenehme Anfrage der SÜDWEST PRESSE abblocken. Mit der Wahrheit rückte er gegenüber der Öffentlichkeit erst gestern Vormittag heraus. Mayer bestätigte nun endlich auch gegenüber der Öffentlichkeit, dass sich das oberschwäbische Adelshaus von einem seiner wertvollsten Archivalien getrennt hat, dem Mittelalterlichen Hausbuch.
350 Jahre lang wurde dieses Werk, das mit künstlerischer Brillanz seltene Einblicke in das Alltagsleben der Menschen des 15. Jahrhunderts gibt, auf Schloss Wolfegg im Kreis Ravensburg aufbewahrt. Reichserbtruchsess (Verwalter der Reichsgüter) Maximilian Willibald (1604-1667), ein großer Sammler vor dem Herrn und Begründer des Kupferstichkabinetts auf Schloss Wolfegg, hatte die in Fragmenten vorliegende Handschrift von einem unbekannten Vorbesitzer erworben. Sie steht auf der Liste der nationalen Kulturgüter und gehört zu den Juwelen Baden-Württembergs.
Nun ist das Buch weg, so wie schon 2001 die Waldseemüller-Weltkarte, ein weiteres Glanzstück der Sammlungen auf Schloss Wolfegg. Die Weltkarte, auf der Kartograph Martin Waldseemüller als erster den vierten Kontinent mit dem Namen Amerika bezeichnete, war mit der notwendigen Genehmigung des Beauftragten der Bundesregierung an die Kongressbibliothek in Washington gegangen.
Wieder geht Kulturgut baden
Das Versteckspiel geht aber weiter. Mayer will nicht sagen, an welchen Ort das Hausbuch gewandert ist, und er will nicht sagen, wie der neue Besitzer heißt. "Über die Einzelheiten der Transaktion sowie die Identität des neuen Eigentümers wurde zum Schutz des Werkes Stillschweigen vereinbart", teilte er lediglich mit. Die Begründung "Schutz des Werks" ist als Vorwand leicht zu durchschauen. Vielmehr wird es so sein, dass der Erwerber nicht im Rampenlicht stehen will. Er hat sich Diskretion ausgebeten.
Nach Informationen der SÜDWEST PRESSE handelt es sich bei dem neuen Eigentümer, wie berichtet, um den öffentlichkeitsscheuen Ex-Bankier August Baron von Finck, ein Milliardär mit Wohnsitz im schweizerischen Thurgau. Wirtschaftsminister Ernst Pfister kennt den Namen des neuen Hausbuch-Eigentümers spätestens seit dem 15. Januar 2008. An jenem Tag, so war gestern überraschend aus seinem Ministerium zu hören, habe sich ihm der Vermittler des Hauses Waldburg-Wolfegg offenbart. Der Vermittler ist eine bekannte Figur im internationalen Kunsthandel: Christoph Graf Douglas. Der smarte, 60-jährige Adelige ist meist dabei, wenn es um Transaktionen wertvoller Kulturgüter aus deutschem Adelsbesitz geht. Als Ernst-August Prinz von Hannover sich von mehr oder weniger wertvollem Nippes aus seinem Schloss trennte, stand ihm der ehemalige Sothebys- Deutschland-Direktor zur Seite. Auch wenn es um Schätze aus dem Hause Fürstenberg in Donaueschingen oder aus dem Hause Baden ging, war Douglas stets zur Stelle. Und jetzt half er dem Wolfegger Fürsten Johannes, das Hausbuch zu klingender Münze zu verwandeln. 20 Millionen Euro sind im Gespräch, etwas mehr als das Doppelte, was der Waldseemüller-Transfer nach Amerika eingebracht hatte. Der Aachener Hochschul-Archivar Klaus Graf, der seit Jahren die Geschäfte des listigen Sachverständigen für Antiquitäten und Kunst beobachtet, redet aufgebracht von einer "erneuten Schurkentat" des alerten Grafen.
Der Sprecher des Wissenschaftsministeriums, Jochen Laun, drückt sich nicht so derb aus, aber er macht deutlich, dass die Transaktion nicht sauber über die Bühne gegangen ist. Bei dem Verkauf ist beispielsweise Paragraph neun des Bundesgesetzes zum Schutz deutschen Kulturguts gegen Abwanderung verletzt worden. Diese Vorschrift verlangt vom Besitzer der Preziose, dass er unverzüglich der obersten Landesbehörde, im Fall Baden-Württemberg dem Wissenschaftsministerium, mitzuteilen hat, wenn das Objekt an einen anderen Ort gebracht wird. Bei einer Ausfuhr ins Ausland sind, wie der Fall der Weltkarte zeigte, noch viel strengere Vorschriften zu beachten. Bei einem Verstoß drohen sogar bis zu drei Jahre Haft.
Das Land vorgeführt
Für das Hausbuch liegt zudem eine absolute Verfügungsbeschränkung vor. Es fällt unter den Fideikommiss (dabei geht es darum, eine Erbschaft unter behördlicher Aufsicht zusammenzuhalten), und deswegen hätten sich die Wolfegger vor Vertragsunterschrift vom Regierungspräsidium Tübingen als Denkmalbehörde eine Genehmigung einholen müssen. Das haben sie nicht getan. Graf schimpft: "Es geht ganz und gar nicht an, wie sich hier ein Adelshaus über geltendes Recht hinwegsetzt und das Land einmal mehr vorführt."
In den Amtsstuben der Ministerien gab es in den vergangenen Tagen fiebrige Recherchen zum Ablauf des Geschäfts. Inzwischen ist sicher: Schon im August 2006 gab es deutliche Anzeichen, dass Wolfegg sich von dem Hausbuch trennen will. Vermittler war eben Graf Douglas, der an das Land herantrat.
Damals bot er dem Frankenberg-Ministerium das Hausbuch zum Verkauf oder zum Tausch gegen vermarktbare Archivalien an. Ohne Erfolg. Staatssekretär Dietrich Birk lehnte das Angebot schriftlich ab. Ein hoher Beamter dazu: "Wir sind ja nicht auf dem arabischen Bazar." Ein anderer Beamter witzelte: "Jetzt weiß man, dass es nicht nur Geld- sondern auch Buchwäsche gibt."
Die schwächste Stelle
Die Landesregierung hat sich in der Hausbuch-Affäre wahrlich nicht mit Ruhm bekleckert. Am wenigsten professionell handelte Wirtschaftsminister Ernst Pfister. Er erfuhr im August 2007 von dem Verkauf und sah offenbar keinen Grund, die anderen Landesbehörden sofort zu informieren, die in die Sache eingebunden sein müssen. Zielsicher hat Douglas wohl die schwächste Stelle in der Regierung ausgesucht, nach der Abfuhr vom Wissenschaftsministerium im August 2006.
Deswegen muss die Landesregierung nun auch Schelte von der Opposition einstecken. Für Helen Heberer, kulturpolitische Sprecherin der SPD-Landtagsfraktion, zeigt der Vorgang Parallelen "zu dem geschichtslosen Dilettantismus der Regierung im Umgang mit den badischen Kulturgütern". Sie verlangt Auskunft über die Verhandlungen zwischen dem Haus Wolfegg und dem Land. "Die Landesregierung muss lückenlos offenlegen, warum es ihr nicht gelang, einen Kauf- oder Tauschvertrag mit dem Adelshaus Waldburg-Wolfegg zu schließen.".
Wenn vor dem Verkauf nicht die notwendige Zustimmung eingeholt worden ist, dann ist die Rechtmäßigkeit des Vertrags in Zweifel zu ziehen. Auf die Frage der SÜDWEST PRESSE, ob sich das Ministerium nun darum kümmern wird, den Verkauf rückgängig zu machen und das Buch wieder ins Land zu holen, sagte Laun: "Man wird sich innerhalb der beteiligten Behörden abstimmen müssen, wie weiter zu verfahren ist."
Kommentar:
Ministerialdirektor Klaus Tappeser vom Wissenschaftsministerium wollte noch gestern Morgen keine Informationen über den Verbleib des Buches haben. Auch Landesamt-Chef Planck, mit dem ich vorgestern sprach, war offenbar nicht vom Wirtschaftsministerium ins Bild gesetzt worden.
Nun kennt man auch genauer die Chronologie der Kontakte: Wenn Graf Douglas im August 2006 den Tauschhandel vorschlug, dann war das vor dem Bekanntwerden des Baden-Deals Ende 2006. Alles spricht also dafür, dass er der Spiritus rector der schändlichen Idee ist, im Tausch gegen andere Kulturgüter Objekte aus staatlichen Sammlungen dem Markt zuzuführen.
Nicht besonders klar wird in dem Artikel, was es mit dem Fideikommiss auf sich hat. Instruktiv dazu ist die Lektüre des Beschlusses des Fideikommisssenats des (inzwischen aufgelösten) Bayerischen Obersten Landesgerichts vom 27.10.2004 auf Wikisource.
"Ein Familienfideikommiss ist ein durch privates Rechtsgeschäft gebundenes Sondervermögen, das grundsätzlich unveräußerlich und unbelastbar ist, von bestimmten Familienmitgliedern nacheinander in einer von vornherein festgelegten Folgeordnung genutzt wird und dazu bestimmt ist, die wirtschaftliche Kraft und das soziale Ansehen einer Familie dauernd zu erhalten. Die Fideikommisse verdanken ihre Entstehung dem Wunsch der grundbesitzenden Familien, insbesondere des Adels, ihren Besitzstand geschlossen zu erhalten (Koehler-Heinemann, S. 67). Fideikommissvermögen wurde in der Regel unter dem Privileg einer herrschaftlichen Position geschaffen oder erworben."
Die Fideikommissauflösungsgesetzgebung nach 1918 und insbesondere das Fideikommissauflösungsgesetz vom 6.7.1938 behielt im öffentlichen Interesse die rechtlichen Bindungen bei. Das Gericht bemerkte, dass "Beschlüsse des OLG keine Beschränkungen bestimmen, die nicht schon vorher bestanden haben. Der einzige Unterschied besteht darin, dass die vorher im Interesse der Familie bestehenden Beschränkungen nunmehr im öffentlichen Interesse aufrechterhalten wurden".
Die ehemalige Sonderrolle der Eigentümer rechtfertigt es nach Ansicht des Gerichts, ehemaliges Fideikommissvermögen anders zu behandeln als anderes Vermögen.
Die bayerische Entscheidung ist 1:1 auf den Wolfegger Fall übertragbar.
Die Beschlüsse des Fideikommissgerichts aus den 1950er Jahren über die Wolfegger Sammlungen sind formell und materiell rechtskräftig. Es ist auch keine wesentliche Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse eingetreten. Das betroffene Kulturgut ist wie damals schützenswert und schutzbedürftig. Die Beschlüsse sind auch nicht verfassungswidrig. Der angeordnete Genehmigungsvorbehalt beschränkt in zulässiger Weise Inhalt und Schranken des Eigentums, um wertvolles Kulturgut zu schützen. Dies ist vom Eigentümer entschädigungslos als Ausfluß der Sozialbindung des Eigentümers hinzunehmen.
Einen Antrag auf Aufhebung der Beschlüsse hat der Eigentümer nicht gestellt.
Die Aufhebung von Fideikommiss-Auflösungsrecht am 23.11.2007 hat keine Änderung bewirkt. Bestehende Rechte und Pflichte bleiben nach § 2 unberührt:
https://www.buzer.de/gesetz/7964/index.htm
Daraus folgt: Die fideikommissrechtlichen Beschränkungen sind nach wie vor zu beachten, der Verkauf ist ohne entsprechende Genehmigung nichtig.
Instruktiv nicht nur zur hessischen Rechtslage ist ein Auszug aus dem Kommentar zum hessischen Denkmalschutzrecht.
"Die im öffentlichen Interesse getroffenen Schutz- und Sicherungsmaßnahmen wirken auch gegenüber jedem Erwerber oder Besitzer des geschützten Kulturdenkmals (§ 7 Abs. 2 Satz 1 DV FidErIG)".
Bei Zuwiderhandlungen gegen Anordnungen der Genehmigungsbehörde kann der Eigentümer mit Geld- oder Haftstrafen (Erzwingungsstrafen) belegt werden (§ 7 Abs. 2 Satz 2 DV FidErIG).
In Bayern ließ vor Jahren das OLG Bamberg das Bibra'sche Archiv unter Polizeischutz ins Staatsarchiv Bamberg verbringen.
Das Reichsgesetzblatt von 1938 mit dem Text des damals beschlossenen Gesetzes ist online.
Zum Thema siehe auch:
https://www.jurawiki.de/FideiKommiss
https://archiv.twoday.net/search?q=fideikomm

https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2008/426/
Klaus Graf: Fragwürdige Auktion: Das Inventar des Klosters zum Heiligen Grab in Baden-Baden wurde versteigert, in: Das Münster 56 (2003), S. 233-234
Meine damalige Weblog-Berichterstattung erfolgte in netbib:
https://log.netbib.de/?s=sepulch
Der Artikel in der "Kunstchronik" entstand vor der Versteigerung und ist wesentlich optimistischer gehalten als der Artikel im "Münster", der darstellt, dass es - ohne Not - erheblich schlimmer gekommen ist als gedacht.
Der Artikel in der Kunstchronik ist ebenfalls in ARTDok online:
https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2007/369/
Beitrag in H-MUSEUM (Ende März 2003)
Ich schrieb auch einen Kurzbericht im Rheinischen Merkur (Nr. 23/2003, S. 30).
In der FAZ vom 13.6.2003 widmete sich Michael Gassmann dem Fall (Zitate).
Zur unnötigen Zerstückelung eines wertvollen Teils der Klosterbibliothek:
https://www.ub.uni-dortmund.de/Listenarchive/INETBIB/200306/20030613.html#0
Quelle: www.hl-grab.de
Klaus Graf: Fragwürdige Auktion: Das Inventar des Klosters zum Heiligen Grab in Baden-Baden wurde versteigert, in: Das Münster 56 (2003), S. 233-234
Meine damalige Weblog-Berichterstattung erfolgte in netbib:
https://log.netbib.de/?s=sepulch
Der Artikel in der "Kunstchronik" entstand vor der Versteigerung und ist wesentlich optimistischer gehalten als der Artikel im "Münster", der darstellt, dass es - ohne Not - erheblich schlimmer gekommen ist als gedacht.
Der Artikel in der Kunstchronik ist ebenfalls in ARTDok online:
https://archiv.ub.uni-heidelberg.de/artdok/volltexte/2007/369/
Beitrag in H-MUSEUM (Ende März 2003)
Ich schrieb auch einen Kurzbericht im Rheinischen Merkur (Nr. 23/2003, S. 30).
In der FAZ vom 13.6.2003 widmete sich Michael Gassmann dem Fall (Zitate).
Zur unnötigen Zerstückelung eines wertvollen Teils der Klosterbibliothek:
https://www.ub.uni-dortmund.de/Listenarchive/INETBIB/200306/20030613.html#0

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