"Um 1900 wurden psychisch kranke Menschen in Irrenanstalten eingesperrt. Heute können viele Patienten dank medikamentöser Behandlung die Klinik schon bald wieder verlassen und in ihrer vertrauten Umgebung ein ganz normales Leben führen. Diesen Wandel in der praktischen psychiatrischen Versorgung zeigen die mehr als 11 500 Patientenakten des Ameos-Klinikums Neustadt aus der Zeit von 1893 bis 1950, die in den vergangenen drei Jahren im Landesarchiv Schleswig-Holstein erfasst und dokumentiert wurden. Zum Abschluss des Projektes übergab der Leiter des Archivs, Rainer Hering, der Leitung des Klinikums am Montag vier sogenannte Findbücher, in denen die Akten mit ihren Archivnummern erfasst sind.
«Dadurch haben Wissenschaftler jetzt Zugang zu den Dokumenten, die sowohl die Geschichte des Krankenhauses als auch die Entwicklung der Psychiatrie in Schleswig-Holstein dokumentieren», sagte der Geschäftsführer des heute zur Schweizer Ameos-Gruppe gehörenden Klinikums, Michael Dieckmann. Das Krankenhaus hat sich mit 55 000 Euro an den Kosten der Erfassung beteiligt. «Wir wollten einfach nicht, dass die Akten verloren gehen oder vernichtet werden», sagte Diekmann. Eine wissenschaftliche Auswertung sei bislang nicht geplant, werde aber bestimmt nicht lange auf sich warten lassen.
Nach Ansicht des Direktors des Instituts für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung der Universität Lübeck, Cornelius Borck, sind die Akten eine Fundgrube für Mediziner und Historiker. Die Akten aus der Zeit vom Kaiserreich bis in die frühe Nachkriegszeit umfassten einen Zeitraum, in dem sich nicht nur politische Systeme, sondern auch medizinische Weltanschauungen verändert hätten, sagte er.
Die Klinik in Neustadt im Kreis Ostholstein wurde 1893 unter dem Namen Provinzial-Pflegeanstalt als Außenstelle der «Irrenanstalt zu Schleswig» gegründet. Zwischen 1939 und 1945 wurden die meisten Patienten von den Nationalsozialisten verschleppt und in Konzentrationslagern ermordet. Nach 1945 wurde die Klinik zu einem Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie, seit 1978 werden hier auch Suchtkranke behandelt. 2005 übernahm die Schweizer Ameos-Gruppe die Einrichtung."
Quelle: Welt, 23.1.2012
«Dadurch haben Wissenschaftler jetzt Zugang zu den Dokumenten, die sowohl die Geschichte des Krankenhauses als auch die Entwicklung der Psychiatrie in Schleswig-Holstein dokumentieren», sagte der Geschäftsführer des heute zur Schweizer Ameos-Gruppe gehörenden Klinikums, Michael Dieckmann. Das Krankenhaus hat sich mit 55 000 Euro an den Kosten der Erfassung beteiligt. «Wir wollten einfach nicht, dass die Akten verloren gehen oder vernichtet werden», sagte Diekmann. Eine wissenschaftliche Auswertung sei bislang nicht geplant, werde aber bestimmt nicht lange auf sich warten lassen.
Nach Ansicht des Direktors des Instituts für Medizingeschichte und Wissenschaftsforschung der Universität Lübeck, Cornelius Borck, sind die Akten eine Fundgrube für Mediziner und Historiker. Die Akten aus der Zeit vom Kaiserreich bis in die frühe Nachkriegszeit umfassten einen Zeitraum, in dem sich nicht nur politische Systeme, sondern auch medizinische Weltanschauungen verändert hätten, sagte er.
Die Klinik in Neustadt im Kreis Ostholstein wurde 1893 unter dem Namen Provinzial-Pflegeanstalt als Außenstelle der «Irrenanstalt zu Schleswig» gegründet. Zwischen 1939 und 1945 wurden die meisten Patienten von den Nationalsozialisten verschleppt und in Konzentrationslagern ermordet. Nach 1945 wurde die Klinik zu einem Fachkrankenhaus für Psychiatrie und Neurologie, seit 1978 werden hier auch Suchtkranke behandelt. 2005 übernahm die Schweizer Ameos-Gruppe die Einrichtung."
Quelle: Welt, 23.1.2012
Wolf Thomas - am Montag, 23. Januar 2012, 20:26 - Rubrik: Staatsarchive